Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Der Riterlichen Meilter

vnd Bruder zu Nieflant

geschicht, wie sie von wegn des Christen glaubens, vom tusent hundirt vnd dri virzig iar an, biß

vf tusent zwey hundirt neunzig iar mitt

den heiden gott zur ere, inen zur

selen seligkeit gefochten

haben.

[graphic][merged small][merged small][merged small]

15 Allen Zungen ist zu smal,

jot der himel vnd erden
Zu dem ersten lies 1) gewerden
Bnd alles, das darinne ist,
Geschuf in vil kurzer vrist. 2)
Sonne, mane, sterne schin
Loufent nach dem willen sin;
Tier, vnde uische,

Vogel in lebender vrische,
Die hat er vnderscheiden.
An iuden, vnd an beiden
Hat er bieuor in alden tagen,
Als manch buch kan von im faen,
Begangen manch wunder gros,
Des finer gute nicht verdros.

Zu sprechen von des wunders zal,
Das got die menscheit an sich nam.
Was selden vns da von bequam,
Das fan uch niemant vollen sagen;
20 Da von mus ich der rede dagen.
Allen menschen, was der ist
Geborn von adames vrist
Vnd noch zu dem lesten zil,
Das got ein ende machen wil
25 Der werde an der lesten stunt;
Kunde sprechen, was ie munt
In luft, in erde ie gewan;
Vnd weren wise, als der man,
Der salomon genennet was;
30 Kunde sant, loup vnd gras

Lobelich sprechen von der tat,
Die got an vns begangen hat:
[B. 35] Die funden in nicht vollen loben.
Da von solden vnser herze toben
35 Nach finer liebe zu aller stunt;
Gerde, wille, zunge, munt
Solde im stete sin bereit.
Das got began der cristenheit
Vnd vns von tode hat irlost,
40 Das ist ein seliclicber trost
Allen den, die cristen sint,
Wen wir heisen gotes fint.
Ob wir den namen eren
Vnd vns von sunden keren,
45 So wil er vns zu lone geben
Dort bie im ein ewig leben.

Varianten der Heidelberger Handschrift.

1) Zu den ersthen lys. 2) geschuf zo yn korßer vrist.

Paraphrase der livländischen Reimchronik.

1. Einleitung, B. 1-112.

Nachdem Gott die Welt erschaffen mit Allem, was darinnen, und an Juden und Heiden manch Wunder in alten Tagen gethan aus Güte, hat er das größeste dadurch bewiesen, daß er menschliche Natur angenommen. Die Gnade, die uns dadurch geworden, kann ein Mensch, und sei er auch so weise als Salomo, nie genug preisen; ja, wenn Sand, Laub und Gras davon reden könnten, so würden sie nicht vermögen, Gott dafür genugsam zu loben. Unser Herz sollte darob vor Freuden springen, und mit Herz und Mund sollten wir Gott stets rühmen, daß er das Christenthum gestiftet und uns vom Tode erlöset hat, ein seliger Troft allen Christen, die nun Gottes Kinder sich nennen dürfen. Ehren wir diesen Namen und bekehren wir uns von der Sünde, so giebt er uns zum Lohne dort bei sich ein ewiges Leben.

[ocr errors]

Wir fullen ein rede beben an.
Do got der cristenheit began
Mit sin felbes menscheit
50 Vnd die martere geleit,

Do irstunt er an dem dritten tage
Vnd loste manche sele us clage;
Mit den er von hinnen vur
Zu bimele von der werlde vlur, ')
55 Do sante er sinen heiligen geist
Zu des gelouben volleist.
Dannoch was vil manich lant,
Da sin lob was vmbekant:
Do sante er fine boten bin. 2)
60 Sine gnade was mit in,

Wa fie quamen in die lant,
Da er sie batte bin gesant,
Das sie das volc beferten
Vnd den gelouben lerten.

65 [B. 4] Des wart in manich wider stos.
Got fine gnade uf sie gos
Mit manchem grosen zeichen.
Das begunde irweichen
Sumeliche böse beidenschaft,
70 Do sie der apostolen craft
Ir gote saben touben
Vnd ires gewaldes rouben.
Sumeliche warf der tuvel nider,
Das er nimmer wider 3)

75 Gemachet wart von menschen bant.
Sus wart bekart uil manch lant+),
Dar man nu cristen lute sicht,

Da ir hie beuor was nicht.

Dis triben sie bis in den tot;

80 Do nam sie got von aller not
Vnd hat in grosen lon gegeben,
Im bimelriche ein ewig leben.
Es ist hieuor wol beschriben,
Was got mit in hat getriben,
85 War von man sie loben sol
Vnd mit vire eret wol
In der reinen cristenbeit.
Das ist uch dicke wol geseit;
Da von mus ich der rede dagen.
90 Jcb ban willen mer zu sagen,
Wie gotes gute bat gesant
Den cristentum in manch lant,
Dar nie kein apostol quam,
Do die got zu himele nam.
95 Doch was von irre lere
Befart uil manich bere,

[B. 4b] Die nach ir ziten bliben
Vnd uil manchen darzu triben,
Das sie den touf entpfiengen.
100 Sumeliche selbe giengen

Vnd entpfiengen den touf:
Das was der sele ein boher kouf.
Alsus bat gotes wisheit
Den cristentum gemachet breit

5 Vnd mit siner gnaden gift
Wol irluchtit mit der schrift,
Das man dar abe bekennet wol,

Was man zu rechte tun sol.

Wer nach der schrift wil rechte leben, 10 Dem wirt ein selig lon gegeben

Mit gote in bimelriche:

Da ist man vreuden riche.

1) von der erde vlur. 2) do santhe her synyn bothen hyn. 3) uymmer mere wedir. 4) bekannt manch vil lant.

Durch seine Menschwerdung und sein Marterleiden hat Gott das Christenthum ge= stiftet: darnach erstand er am dritten Tage und erlöste manche Seele von ihrer Betrübniß, worauf er von dieser Welt gen Himmel fuhr; dann sandte er den heil. Geist zur Vollendung des Glaubens. Aber sein Lob (und Erkenntniß) blieb noch unbekannt in manchem Land; da sandte er seine Boten hin und gab ihnen seine Gnade, daß sie den Glauben lehrten und die Völker bekehrten, troz manchen Widerstandes. Seine Gnade ergoß Gott auf sie in manchen großen (Wunder-) Zeichen, wodurch der bösen Heiden Sinn erweicht ward; und als diese sahen, wie der Apostel Kraft ihre Gößen vernichtete und ihrer Gewalt beraubte, da stürzte der Teufel sie alle nieder, daß dergleichen nicht mehr durch Menschenhand mehr gemacht wurde. So ward (durch die Apostel) manch Land zum Christenthum bekehrt; denn dieß Werk trieben sie bis an ihren Tod, da Gott sie aus aller Noth erlöste und ihnen zu großem Lohne im Himmel ein ewig Leben gab. Die Werke Gottes an ihnen (und durch sie) find hinlänglich beschrieben und ich muß mich enthalten, davon zu sprechen; ich will vielmehr erzählen, wie Gottes Güte das Christenthum in manches Land verbreitet hat, wohin nie ein Apostel kam. Denn durch der Apostel Lehre waren so Manche bekehrt, durch die nach ihren Zeiten gar viele zur Annahme der Taufe gebracht wurden, so daß durch Gottes weise Fügung das Christenthum sich weit ausgebreitet hat und nach seiner Gnade die Welt durch die Schrift erleuchtet worden, aus der man erkennet, was recht ist zu thun. Wer nach ihr recht leben will, dem wird ein seliger Lohn von Gott im Himmelreiche gegeben, wo der Freuden Fülle ist.

Nu ban ich uch gesaget
Von gotes sune vnn der maget
15 Marien, der vrowen min,
Der himelischen fvnigin,
Vnd wie sin gotli cher rat
Hin vnd her geteilet hat

Den cristentum in manich lant. 20 Nu wil ich machen uch bekant, Wie der cristentum ist komen

Zu nieflant, als ich han vernomen
Bon allen wisen luten.

Das wil ich uch beduten,
25 So ich allir beste kan.
In gotes namen hebe ich an.
Kouflute waren geseßen,
Riche vnd vnvormeßen ')
[B. 5a] An eren vnd an gute,
30 Den quam in ir gemute,

Das sie gewinnen wolden gut,
Als noch uil mancher tut.
Got der wisete sie dar an,
Das sie gewunnen einen man,
35 Dem vremde lant waren funt:
Der brachte sie zu einer stunt
Mit schiffen uf die oster see.
Was sal ich da von sagen me.2)
Die dune ein wasser ist genant,
40 Des vlus geet von rusen lant.3)
Daruffe waren gesessen'
Heiden, gar vormessen,
Liwen waren sie genant.

Das stoset an der selen lant;4)

45 Das was ein heidenschaft vil sur,
Sie waren der rusen nakebur.
Dar vmme lac vil manich lant,

Die ouch heiden waren genant.
Die dutschen hatten wol vernomen,
50 Das man mit sorgen muste komen
Zu der selben beiden lant;
Doch wurden sie dar hin gesant.
Von der starken winde craft
Kegen der selben heidenschaft.
55 Da sie quamen so nahen,
Das sie die dune saben,

Do mochtes anders nicht gesin.
Mit sorgen vuren sie dar in.
Do man irre fumfte wart gewar,
60 Do samete sich vil manche schar
[B. 5b] Mit schiffen, vnn ouch ubir lant
Quam manch beiden zu gerant.
Also was ir allir mut,

Das sie liep vnd gut

65 Den cristen wolden haben genomen.
Do sie hatten das vernomen,
Menlich quamen sie zu der were
Snelle fegen der heiden here.
Mit schiefen vnd mit steinen
70 Begunden sie die meinen,
Wer in quam so nahen.
Do das die beiden sahen,
Snelle hatte sie entsaben,

Das fie ir mochten nicht gehaben; 5) 75 Wenn ir wart in kurzer stunt®) Von scbiesen sumelicher wunt.

Do sprachen sie vmme einen vride
Vnd lobeten den bie der wide.
Die cristen wurden ouch des vro;
80 Mit gelubde sie giengen do

Zu in vrielich uf das lant.
Got der hatte sie gesant

1) Riche unde vor meßen. 2) was sal ich ewch dovon sagen me. 3) des vlos get uz russen lant. 4) das stozen an derselben lant. 5) das sy ir nicht mochtyn gehaben. 6) wer erwart in kurzer stunt.

2. Erste Ankunft und Ansiedelung der Deutschen in Livland, V. 113-228.

Nachdem ich euch von Gottes Sohn und der Magd Maria, meiner Gebieterin, der himmlischen Königin gesagt, und wie sein göttlicher Rath das Christenthum in manch Land verbreitet hat, so will ich euch nun erzählen, wie das Christenthum nach Livland gekommen, so wie ich es von allen Verständigen vernommen, nach meinem besten Vermögen. Reiche und ehrenbegabte Kaufleute (in Deutschland) dachten auf Handelsunternehmungen und wurden irgend einmal von einem Manne, der fremde Länder kannte, mit ihren Schiffen auf die Ostsee gebracht, wovon ich nicht mehr erzählen will. Dort wird ein Fluß die Düna genannt, welcher aus der Russen Land fließt. An demselben hatten Heiden ihre Wohnsize, die Liven, Selen, Russen und andre. In ihr Land zu kommen, war gefährlich, das wußten die Deutschen, aber durch Sturm wurden sie dahin verschlagen und fuhren sorgenvoll in die Düna. Gleich nach ihrer Ankunft sammelten sich Schaaren von Heiden, theils auf Schiffen (Böten), theils zu Lande, um den Christen Leben und Eigenthum zu nehmen. Diese aber erwehrten sich mit Tapferkeit der Heiden, welche bald entnahmen, daß ste derselben nicht mächtig werden würden, da ihrer so viele in kurzer Zeit verwundet wurden, und (daher) mit den Christen einen Frieden bei Strafe des Hängens für den, der ihn brechen würde, machten. Des waren auch

« AnteriorContinuar »