Vorwort. 1 In einer neuen Ausgabe der Scriptores rerum Livonicarum mußten die Origines die erste Stelle einnehmen. Der verdiente Herausgeber beabsichtigte einen genauen Wiederabdruck der besten Ausgaben; schon damit war ich an Grubers Uusgabe gewiesen, die einzige, welche es giebt. In der That ist sie aber auch tüchtig genug, um im Wesentlichen, wie sie ist, zu genügen, ungeachtet ihres mehr als hundertjährigen Alters. Dennoch gab es Grund zu Uenderungen. 1) In Grubers Handschrift war eine Lücke (s. Praef. p. IV. (11.): Tchon ürndt füllte sie aus durch seine Handschriften (S. 166 — 177. seiner Uebersebung); 2) Arndt erhielt zum zweiten Theile seines Werkes von Gruber eine Reihe von Verbesserungen, theils aus genauerer Lesung der Handschrift, theils aus Vermuthungen und neu gewonnenen Kenntnissen, die er Th. II. S. 8. Anm. **) bekannt ges macht hat. 3) Gruber hat in seinem zweiten und dritten Index eine Anzahl von Bemerkungen, welche als nachträgliche Anmerkungen zu betrachten sind. goh hoffte ganz im Sinne Grubers zu handeln, indem ich diese drei Stüde an den geeigneten Drten einfügte mit den Kennzeichen A., Gr. 2. und Index II. Dazu aber ist eine Uebersepung gekommen. Wir besaßen eine solche von 30h. Gottfr. Arndt, Halle 1747; jedoch der ganze Ton derselben, Joh , mehr als einige, nicht immer unbedeutende Nachlässigkeiten oder Jrrthümer, machte ihren Wiederabdruck unräthlich. Ich habe vorgezogen, sie von Anfang an neu zu geben, mit möglichst genauem Anschlusse an das meist biblische Latein des Verfassers, ohne dabei Ärndts Hülfe völlig zu verschmähen; er hat mir nicht selten das schlagende Wort, die treffende Wendung dargereicht. Eine Uebersebung der Gruber schen Anmerkungen, wie er sie der seinigen beigegeben hat, würde den Umfang der neuen Ausgabe, ohne wesentlichen Vortheil zu gewähren, zu sehr angeschwellt haben. Weiter habe ich dieser Ausgabe zwei neue Abhandlungen vorausgesandt; in der ersten (S. 15—22.) hoffe ich die Frage über den Verfasser der Origines noch etwas entschiedener und sicherer beantwortet zu haben, als Gruber; aber ganz zur volleren Bestätigung der von ihm aufgestellten Meinung. Die zweite (S. 23—43.) steht mit dem verehrten ersten Herausgeber in Widerspruch, konnte aber unmöglich wegbleiben, weil sie einen Gegenstand be trifft , der sich durch das ganze Werë zieht, und einen Irrthum Grubers theils aus Heinrich selbst, theils aus fremden Zeugnissen von Zeitgenossen, berichtigt, welcher in der Hauptsache darin besteht, daß Gruber den In halt der letzten 27 Abschnitte jeden um ein volles Jahr vor der wahren Zeit ansetzte. Das hatte zur Folge, daß die falsche Jahreszahl, mit welcher Gruber jede Seite seines Tertcs versehen hatte, hier weggelassen werden mußte. Zum Ersatze dafür habe ich auf dem oberen Ende jeder Seite meiner Uebersetzung die berichtigte Zahl beigefügt und, was bei Grubern nicht geschehen war, alle zwischenliegenden Zeitbestimmungen aus dem Terte, die von einem Jahre in das andere führen, am Rande besonders hervorgehoben. Auch die Bezeichnung der Abschnitte nach Jahren, wie sie Gruber eingeführt, mußte dadurch unbrauchbar werden: hätte ich sie durch die berichtigten Jahreszahlen ersetzt, so hätte ich den Leser in Verlegenheit gesetzt bei dem Gebrauche der Citate Grubers, die fast immer nach seinen Zahlen gemacht sind; hätte ich sie stehen lassen, so war der beständige Widerspruch zwischen den Zahlen links und rechts eine Pedanterie. Ich zog es vor, jeden Abschnitt mit einer von der Chronologie unabhängigen Zahl zu versehen, von I bis XXX; zum Behufe der Gruberschen Citate ist (S. 44 — 49.) seine Uebersicht mit meinen Capitel- und seinen Jahreszahlen zusammen vorgedruckt. Auch geht durch die ganze neue Ausgabe die Gruber sche Seitenzahl; selbst in den Indices habe ich sie zusammengestellt, die neue in Parenthesen neben der alten. Einige Anmerkungen Grubers, die zur unmittelbaren Erläuterung des Tertes unnöthig und durch ihren Umfang störend waren, sind mit der erforderlichen Hinweisung auf ihre neue Stelle an das Ende der Capitel, zu denen sie gehörten, gerückt worden. Uebrigens ist an den Anmerkungen selbst keine Verkürzung vorgenommen. Nothwendige Zusätze sind eingeschoben oder angehängt; ganz neue Bemerkun= gen unter den Gruberschen mit anderen Zeichen und kleinerer Schrift angebracht. Meine Zusätze sind in deutscher Sprache; einiges von Arndt Entlehnte ist mit A. bezeichnet. Die von Gruber silva documentorum genannte Sammlung von gleichzeitigen Berichten und Urkunden hat durch die Sorgfalt des Herrn Dr. Napiersky in Riga, welchem keine Gelegenheit entgeht, um aus seinen reichen Schätzen die Mittel zur Erforschung der Geschichte Livlands zu mehren, höchst werthvolle Bereicherungen empfangen. Den Dank dafür kann ein Anfänger, wie ich, nur in Beziehung auf dieses Buch aussprechen. Ich selbst habe nur die Numern LXI. bis LXIX. hinzugefügt. Auch hier und da in den Noten zu den Origines selbst finden sich Bereicherungen und Nachweise, welche nur von ihm stammen können. Den zweiten Index habe ich gelegentlich vermehrt, den dritten jedoch völlig umgearbeitet nach Umfang und Inhalt. So weit es in dieser Gestalt möglich wäre, sollte er eine Zusammenstellung des - Inhaltes des vorliegenden Werkes bilden, und ich glaube, es ist mir mit manchen Stücken gelungen, die Nachweisungen so zu ordnen, daß sich aus ihnen mit leichter Mühe die Rubriken ersehen lassen, nach welchen sie ohne Rücksicht auf die Folge im Buche geordnet sind. Im Ganzen kam ich zu dieser Erschwerung meiner Arbeit erst im Fortschritte des Index; selbst so, daß der letzte größere Artikel dieser Art (Wironia) mir am besten gelungen erscheint; aber auch in den übrigen habe ich im Ganzen nach demselben Ziele gestrebt und hoffe keine wesentliche Beziehung übersehen zu haben, selbst wo sie nicht in der rechten Ordnung angebracht ist. Zu einem auch nur einigermaßen vollständigen Nachweise genügte Grubers Index III. keinesweges; indeß habe ich zu gestehen, daß der Inhalt der Silva documentorum auch jetzt wohl noch manche Bereicherung abgeben kann. Zwischen der Absendung meiner Handschrift und der Abfassung dieses Vorwortes sind beinahe zwei Jahre vergangen, welche ich zur Verbesserung meiner Arbeit wegen der gar zu großen Entfernung vom Druckorte kaum habe benutzen können. Einige kleinere Verbesserungen, namentlich zu den mir jetzt gedruckt vorliegenden 17 Bogen will ich weiter unten anhängen; hier folgen zunächst umfassendere Bemerkungen. Eine neue Bearbeitung des Gruber schen Tertes lag nicht in dem Plane eines genauen Wiederabdruckes der älteren Ausgabe; auch fehlen mir dazu bis jetzt die Mittel. Zu dem, was Arndt aus seinen zwei Handschriften (Revaliensis und Rigensis) gelegentlich beibringt, hatte ich eine vollständige Handschrift aus dem Nachlasse des Gen. Superint. Knüpffer, von 1660, die meist auch in Schreibfehlern mit Gruber übereinstimmt; das wenige, was sie an Ausbeute gewährte, habe ich, mit Kn. bezeichnet, unter dem Terte angemerkt; nur an zwei bis drei Stellen gewährte sie eine sichere Verbesserung; durch die Gefälligkeit des Herrn Ed. Pabst in Reval erhielt ich später eine andere zugesandt, welche völlig unergiebig ist.*) Aber in seiner Schrift Meinhart Livlands Apostel I. Reval 1847. werden wir auf eine beachtenswerthe Handschrift aufmerksam gemacht, welche ihm jetzt nicht zu Gebote steht, aber werth ist, näher verglichen zu werden: I. 2. fehlt paulo ante; I. 5. idem praedicator cum Yxkolensibus sylvis committitur, was schon wegen der Uebereinstimmung mit Hjärn S. 66. merkwürdig ist. Zu meiner Bearbeitung der Origines Livoniae hatte ich die Gruber sche Ausgabe von einem Freunde geliehen erhalten und war um so weniger veran= laßt, das Eremplar, welches die Universitäts-Bibliothek besitzt, zu benutzen. Nachdem ich aber obiges Eremplar zur Einsicht bei dem Abdrucke mit nach Deutschland gesandt hatte, war ich genöthigt, mir jenes zu erbitten und erlaube mir daraus diese kleine Mittheilung. Unten auf dem Haupt-Titelblatte steht Donum Editoris. C. A. Heumann 1740. Auf dem Vortitel steht Germanica huius libri versio prodiit Halae 1747. Vid. Götting. Gel. Zeit. 1747 p. 795. et Leipz. Gel. Zeit. 1747. p. 893. Der Besizer also war der in der Geschichte der Theologie nicht unbekannte Christoph August Heumann in Göttingen (st. 1764). Am Rande seines Exemplars der Orig. hat er eine Anzahl theils Erklärungen theils Vermuthungen zur Verbesserung des Textes verzeichnet, die, wenn auch von sehr verschiedenem Werthe, doch erhalten und bekannt gemacht zu werden verdienen. Von einigen fremden Rand-Bemerkungen unterscheidet sie die Handschrift sehr leicht. Auch lassen sich die durch mehrmalige Erneuerung des Einbandes geschchenen Einbußen meist erseßen. Praef. Grub. p. III. 1. 2. zu MCCVI. n. 7.; et ad a. 1207. n. 6. Praef. Grub. p. IV. trifft er mit der von mir gemachten Benutzung einer von Gruber übersehenen, aber für die Bestimmung des Verfassers der Origines wichtigen Stelle überein, indem er zu den Worten: Tum quae ad annum 1219 setzt: *) Derselbe theilte mir mit, daß er im Jahr 1846 Grubers Exemplar auf der Bremer Stadtbibliothek vorfand mit der Inschrift von ihm: S. P. Q. Bremensi, portus Livonici primo repertori, tantae rei testem omni exceptione maiorem commendat Editor. |