Imágenes de páginas
PDF
EPUB

zur

Geschichte des Hexenwahns

und der

Hexenverfolgung

im Mittelalter.

Von

Joseph Hansen.

Mit einer Untersuchung der Geschichte des Wortes Hexe

von Johannes Franck.

Bonn

Carl Georgi, Universitäts- Buchdruckerei und Verlag

1901.

Harvard Co-lege Library Von Maurer Colection Gift of A. C. Coolidge July 18, 1904

548

Vorwort.

Die vorliegende Sammlung von Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter bildet eine, etwas später als beabsichtigt erscheinende, Ergänzung zu meinem darstellenden Buch: Zauberwahn, Inquisition und Hexenprocess im Mittelalter und die Entstehung der grossen Hexenverfolgung, München, R. Oldenbourg, 19001. Sie enthält theils wichtige Quellen für jene Darstellung, theils Vorstudien zu derselben, theils nähere Ausführungen, die aus ihr ausgeschieden werden mussten, um nicht den an und für sich schon verwickelten Gang der Untersuchung und Darstellung störend zu beeinflussen. Die vorliegende Sammlung beschränkt sich aber so gut wie vollständig auf das 14. und 15. Jahrhundert, d. h. auf die für die Entwicklung des Hexenwahns und des Hexenprocesses im Rahmen der christlichen Kultur kritische Zeit, in der durch die vom Papstthum neubegründete Ketzerinquisition vermittelst der scholastischen Theologie und des kanonischen Strafprocesses jener verhängnissvolle Sammelbegriff vom Hexenwesen, der die Grundlage der grossen, epidemischen Hexenverfolgung bildete, geschaffen, verwerthet und von den Organen der Kirche den weltlichen Instanzen überliefert wurde. Dass an einzelnen Stellen in das 13. Jahrhundert zurückgegriffen und dass anderseits die Entwicklung bis zum J. 1540 berücksichtigt worden ist, wird man billigen. Meine Absicht war, in den beiden eng zusammengehörigen Büchern die seither nach so manchen Seiten räthselhafte Entwicklung des Hexenwahns und des Herenprocesses bis in das Zeitalter der Reformation hinein endgültig klarzustellen; die späteren Processe, die Fortführung der wahnerfüllten Hexenverfolgung bis über das Jahr 1700 hinaus offenbaren, wie ich bereits S. 4 ff. ausgeführt habe, nur das naturgemässe Ausklingen der um die Wende des Mittelalters und der Neuzeit bereits völlig entwickelten Vorstellungen, die, durch die Reformationsbewegung nur wenig beeinflusst, noch weit in die neuzeitlichen Jahrhunderte hineinragten und erst unter dem Einfluss der modernen, naturwissenschaftlich, nicht theologisch begründeten Weltanschauung wirksam bekämpft worden sind.

1 Auf dieses Buch ist in der vorliegenden Sammlung stets in der Form S. 1 ff. hingewiesen worden.

Wie in meinem darstellenden Buch, sind auch hier die englischen und die nordischen Verhältnisse nicht berücksichtigt worden, da sie zur Erklärung nichts von Bedeutung beibringen, ausserdem aber auch in Leas History of the Inquisition of the Middle Ages Bd. III (1887) noch neuerdings ausreichende Erörterung gefunden haben. Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Alpengebiete bilden auch hier den geographischen Bereich.

Das hier abgedruckte Quellenmaterial war zum Theil schon früher, aber meist zerstreut, mangelhaft und an schwer zugänglichen Stellen, veröffentlicht, zum grossen Theil ist es aber neu aus handschriftlichen Quellen gewonnen worden. Eine systematische Quellensammlung zur Geschichte des Hexenwahns existirte seither nicht. Für die Würdigung der in Abschnitt II vereinigten Quellen zur Litteratur dieses Wahnes verweise ich auf * S. 404, 445 ff., 507 ff. Was die in Abschnitt VI vereinigten Nachrichten über nachweisbare Herenprocesse betrifft, so bin ich weit entfernt, dieselben für vollständig zu halten. Vor allem bei der Liste der Hexenprocesse vor dem Forum der Inquisitio haereticae pravitatis hat man sich gegenwärtig zu halten, wie wenig von den ursprünglich streng geheim gehaltenen, dann vielfach absichtlich zerstörten Archiven dieser Ketzergerichte auf unsere Zeit gekommen und seither der wissenschaftlichen Forschung zugänglich geworden ist. Eine vollständige Uebersicht der Hexenprocesse würde ein besonderes Buch erfordern, das aber wohl erst dann an das Licht treten wird, wenn es der Geschichte des geistigen Lebens, seiner gesunden und seiner nicht minder wirksamen krankhaften Strömungen, gelingen sollte, neben der Geschichte der politischen, wirthschaftlichen und rechtlichen Vorgänge und Zustände das Interesse der historischen Publicationsgesellschaften und Einzelforscher in stärkerm Mass als bisher in Bewegung zu setzen. Es ist seltsam genug, wie wenig in unserer Zeit einer hoch entwickelten Veberproduction an Urkundenbüchern, Regesten-, Depeschen- und Briefsammlungen grösserer und kleinerer Kreise oder Einzelpersönlichkeiten die geschichtliche Quellenforschung besonders in Deutschland es sich angelegen sein lässt, das reiche und vielfach noch ungehoben in den, Bibliotheken und Archiven ruhende Material für die Erkenntniss der geistigen Strömungen der Vergangenheit, ihres Verlaufs und ihrer Wirkungen objectiv und übersichtlich zu sammeln und der Forschung dauernd zugänglich zu machen.

Für die vorliegende Sammlung hat eine sehr grosse Anzahl von Archiven und Bibliotheken in Deutschland, in der Schweiz, in Oesterreich, in Italien, in Frankreich und in Belgien das Material an Handschriften, Incunabeln und anderen seltenen Drucken beigesteuert. Sie hier aufzuzählen, ist nicht erforderlich, da bei jedem Stück die Provenienz genau bezeichnet ist. Doch drängt es mich, allen diesen Anstalten und ebenso allen Fachgenossen, die mir bei der Sammlung des Materials ihr Entgegenkommen und, häufig in umfassender Weise, ihre selbstlose Hülfe gelichen haben, auch öffentlich auszusprechen, wie

[ocr errors][merged small][merged small]

Besondern

sehr ich mich ihnen für diese Förderung verpflichtet fühle.
Dank schulde ich Herrn Professor Dr. Johannes Franck in Bonn,
der auf meine Bitte im Abschnitt VII dieser Sammlung der Geschichte
des Wortes Here eine eingehende, die bisherigen Missdeutungen be-
seitigende Untersuchung gewidmet hat, und Herrn Arthur vom Rath
in Köln, der mir nicht nur seine werthrolle Sammlung an Incunabeln
und sonstigen seltenen Veröffentlichungen aus dem Gebiete der In-
quisition und des Hexenwahns zur Verfügung gestellt, sondern auch
in der liberalsten Weise die Drucklegung dieses Buches ermöglicht
hat. Auch der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
darf ich nicht unterlassen, gelegentlich der Herausgabe dieser Samm-
lung öffentlich Dank zu sagen; indem sie für die von mir geplante
Geschichte der Inquisition in Deutschland ihre Beihülfe gewährte, hat
sie mich in den Stand gesetzt, in Deutschland und in Italien archi-
valische Forschungen anzustellen, welche nicht nur wichtige hand-
schriftliche Quellen für letzteres Werk, sondern auch sehr werthvolles
und umfassendes Material für die vorliegende Sammlung erschlossen
haben.

Köln, im April 1901.

Joseph Hansen.

« AnteriorContinuar »