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Johannis nämlich diejenigen zwei, an welche hier überhaupt gedacht werden konnte: der zweite und dritte – desgleichen die Weisheit Salomo's, obgleich nicht von Sal. selbst, sondern nur in honorem ipsius geschrieben, ,,in catholica habentur." Ob homologumena oder nicht, ob inspirirt oder menschlichen Ursprungs, darauf kömmt dem Verf. für seinen Zweck nichts an; er will nur zwischen den (inspirirten oder uninspirirten) rechtgläubigen und den häretischen Schriften unterscheiden; er will, um es näher zu bezeichnen, dem Mißverständnisse vorbauen, als ob er den Br. Judä, den 2ten u. 3ten Brief Joh. und die Sap. Sal. für häretisch erklären und mit den Briefen an die Laodicener und Alexandriner zusammenwerfen wollte. - Nun ist er mit den Briefen zu Ende. Von den Worten Epistolae autem Pauli an bis zu den Worten in honorem ipsius scripta erstreckt sich also ein zweiter Abschnitt des Fragmentes. Mit den Worten: Apocalypse etiam Ioannis et Petri tantum recipimus, quam quidam ex nostris legi in ecclesia nolunt, beginnt ein selbständiger dritter Abschnitt. Nachdem er von den pseudopaulinischen Briefen geredet und ihnen die heilige Siebenzahl der gnesiopaulinischen Briefe entgegengestellt und dabei gelegent= lich dem Verdachte, als ob er Jud. u. 2 u. 3 Joh. für häretisch halte, vorgebaut hat, so wendet er sich nun der apokalyptischen Literatur zu, um auch hier die rechtgläubigen apokalyptischen Schriften (abermals sowohl homologumena als antilegomena, sowohl inspirirte als rein-menschliche) aufzuzählen, und ihnen alsdann die häretischen Schriften apokalyptischen und pseudoprophetischen Inhalts gegenüberzustellen. Dieser dritte Hauptabschnitt beginnt deshalb mit den Worten: Apokalypsen" (apocalypses, denn so wird das sinnlose apocalypse zu ergänzen sehn),,nehmen wir nur von Johannes und von Petrus an, welche (lehtere) einige von den Unsern nicht in der Kirche gelesen wissen wollen." Gleich hier wird ein Homologumenon zusammengestellt mit einem Buche, das wohl nicht bloß antilegomenon, das wohl nothon, d. h. fingirt, aber im Schooße der Kirche entstanden war; denn auch hier soll eben nur Kirchliches und Häretisches gesondert werden. Ebendaher zählt der Verf. alsdann auch den,,Hirten" auf,,,den Hermas ganz kürzlich (nuperrime) zu unsern Zeiten zu Rom geschrieben hat, während sein

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Bruder Pius auf dem bisch. Stuhle saß“ (142—157), und bemerkt ausdrücklich, daß dies Buch zwar (ohne Schaden der Verführung) gelesen werden könne, sich aber zur gottesdienstlichen Lektion nicht eigne, da es nicht wirklich prophetisch noch apostolisch (nicht inspirirt) sei. Diesen dreien Schriften, der (inspirirten und apostolischen) johanneischen, der in beiderlei Hinsicht zweifelhaften petrinischen Apokalypse, und dem entschieden uninspirirten Hirten des Hermas, als den drei orthodoren apokalyptischen Schriften, stellt er sodann die häretischen Pseudoprophetien des Arsinous, Valentinus und Miltiades entgegen.

Bei dieser unbefangenen und zwanglosen Betrachtungsweise des muratorischen Fragmentes fällt die vermeintliche Zusammenstellung und Gleichstellung der johanneischen Apok. mit der Weish. Sal. von vorn herein hinweg; aus der Zusammenstellung mit der Apok. des Petrus und dem Hirten des Hermas aber folgt nicht das Mindeste gegen die Apostolicität und Inspiration der joh. Apokalypse. Daß dem Verf. des Fragmentes dieselbe vielmehr feststand, ergiebt sich schon negativ aus dem Mangel jeglicher derartigen Bemerkung, wie er sie der Apok. Petri und dem Hirten des Hermas (u. im zweiten Abschnitte der Weish. Sal.) beifügt; und vollends positiv aus der Art, wie er (im zweiten Abschnitt) die sieben Sendschreiben der joh. Apok. mit den sieben ächten paulinischen Gemeinde-Briefen zusammenstellt.

Wenn Dionysius von Alexandria (bei Eus. 7, 25) den Chiliasten gegenüber aus rein innern Gründen (weil Joh. in dem Ev. und den Briefen sich nicht mit Namen nenne, weil die Sprache eine verschiedene sey u. s. w.) die Apokalypse nicht für ein Werk des Apostels Johannes hielt, sondern auf den Presbyter rieth, so hat dies natürlich keine kritische Bedeutung; so wenig, daß dadurch selbst der Antichiliaft Eusebius (3, 24) nicht veranlaßt ward, die Apok. den Antilegomenen zuzuzählen, sondern sie unter den Homologumenen aufführte éx tõę tŵv ápxaíwv paptopías, und dann später nur die Notiz beifügte, daß einige (die Aloger und die Anhänger des Dionyfius) fie für ein vódov erklärten.

Wenn der Laodic. Kanon und wenn ebenso Cyrill in seinem Kanon (cat. IV. p. 36 sqq.) die Apok. ganz mit Still

schweigen übergeht, so bedenke man, daß der Zweck der ist, die Bücher aufzuzählen, welche den Katechumenen und Gemeinden zur Lektüre empfohlen werden sollten, und dazu eignete sich natürlich die Apok. nicht. Daß Cyr. die Apok. für kanonisch hielt, zeigt er, indem er sich öfters auf Stellen derselben beruft. So sprechen also die äußeren Zeugnisse ganz entschieden für die apostolische Abfassung der Apokalypse.

§. 2. Die verschiedenen Auslegungen der Offenbarung Johannis.

Ein prophetisches Buch, wie die Offenbarung Johannis, welches über die Zukunft bis zu Christi Wiederkommen und dem Ende der Dinge Aufschlüsse enthält, mußte nothwendig zur Auslegung reizen, und in der That dürfte über kein anderes Buch der heil. Schrift alten und neuen Testamentes eine so große, fast unübersehbare Anzahl von Commentaren und anderweitigen Bearbeitungen vorhanden seyn, wie über dieses. Schon Melito von Sardes hat, wie bereits bemerkt worden, eine (verloren ge= gangene) Schrift über die Apokalypse geschrieben. De Wette zählt in der ausgewählten ereg. Literatur zur Apokalypse" in seinem ereg. Handbuch allein 71 bedeutendere Commentatoren derselben auf, eine Anzahl, welche durch ihn und Hengstenberg, denen noch Brandt und Hebart beigezählt werden können, bereits auf 75 gestiegen ist, und wobei minder selbstständige Arbeiten, wie z. B. die Siegsgeschichte der christl. Religion, in einer gemeinnüßigen Erklärung der Offenb. Joh. von Stilling" noch gar nicht mitgezählt sind.

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Und doch sind es nicht allein und nicht einmal vorzugsweise diese Commentare und monographischen Abhandlungen, in welchen wir das aufgehende und wachsende Verständniß der Apokalypse zu suchen hätten. Es liegt in der Natur dieses Buches als eines prophetischen, daß zu dem Eindringen in dasselbe der Weg der bloß wissenschaftlichen Forschung nicht hinreichen kann, daß vielmehr hier wenn irgendwo der Geist des Herrn selbst der Ausleger seines Wortes seyn muß. Und zwar kann dazu der Geist christlichen Glaubens, der gläubige Standpunkt also im Allgemeinen, für sich allein noch nicht hinreichen; es maß dem Einzelnen und muß einer ganzen Zeit mit einander

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von oben herab Licht gegeben und — im Zusammenhange mit der fortschreitenden Erfüllung das Verständniß in den Sinn der Weissagung schrittweise erschlossen werden. Wir werden sehen, wie zur Zeit der Reformation ein solcher Geist der Erleuchtung allgemein über die evang. Kirche ausgegossen ward, sodaß jene Zeit gleichsam eine erste Stufe des Eindringens in das Verständniß der Offenbarung bildete, dessen Spuren aber weniger in den Commentaren als in der gesammten theologischen, hauptsächlich dogmatischen Literatur verstreut liegen. Wir werden ferner sehen, wie jezt in unserer Zeit eine zweite Stufe noch tieferen Eindringens begonnen hat.

So müssen wir also von vorn herein zwei Wege des Eindringens in den Sinn der Apokalypse unterscheiden: 1) den Weg der wissenschaftlichen Exegese, 2) den Weg der kirchengeschichtlichen Erleuchtung. Die Exegese geht von dem Text aus, fragt zuerst, was geweissagt stehe, und kommt alsdann erst zu der Frage, wo und wie und wieweit und ob dies schon erfüllt sey; die kirchengeschichtliche Erleuchtung geht von einer tiefen und universellen Betrachtung des Ganges aus, den die Entwicklung der Kirche Christi in ihren Grundzügen und Hauptepochen genommen, und findet zu ihrer Überraschung diesen Gang in der Offenbarung bereits geweissagt.

Beide Wege müssen verbunden und miteinander verglichen werden, um sich gegenseitig vor Verwirrung zu bewahren. Die Exegese allein hat sich unendlich oft von dem wissenschaftlichen Standpunkte hinweg auf den der bloßen Curiosität verirrt und ist in eine Willkührlichkeit gerathen, welche dann wohl bei solchen, die an der Oberfläche hängen bleiben, alle Bemühung um Auslegung der Apokalypse in Mißcredit gebracht hat. Die kirchenhistorische Erleuchtung allein aber, ohne gründliche Exegese, giebt nur Hauptgesichtspunkte und läßt im Betreff des Einzelnen einer schrankenlosen Willkühr, ja positivem Irrthum Raum, welcher nur durch keusche, nüchterne wissenschaftliche Forschung abgewehrt und überwunden zu werden vermag.

Betrachten wir im Lichte des Gesagten den Gang, den die Auslegung der Apokalypse bisher genommen, so werden wir die einzelnen Auslegungen nicht nach der Zufälligkeit classificiren dürfen, ob die sieben Siegel mit den sieben Posaunen und sieben

Zornschaalen identificirt wurden oder nicht, sondern wir werden vielmehr vor allem fragen müssen, von welchem Grundprincip aus sich den Auslegern das Verständniß erschloß.

Da begegnet uns nun erstlich eine Reihe von Commentatoren, welche von vornherein die theoretische Vorausseßung mitbrachten, daß in der Offenbarung der ganze Gang der Kirchengeschichte seinen Hauptperioden nach geweissagt seyn müsse. Wir wollen diese Schule (die zahlreichste unter allen) die historiologische nennen. Sie ging nicht aus von dem, was wir eben „kirchengeschichtliche Erleuchtung“ genannt haben, sondern gerade umgekehrt blieb sie auf dem Standpunkte der Curiosität stehen. Vom Verstande, nicht von tiefer Geschichts- und Lebens-Erfahrung aus, schritt sie zum Verständniß des neutestamentlichen Propheten. Als einer ihrer bedeutendsten älteren Vertreter ist der Abt Joachim (um 1180) zu nennen, dessen expositio magni prophetae Abbatis Joachimi in Apocalypsin zu Venedig 1527 in Druck erschienen ist. Er theilte die Kirchengeschichte, soweit sie bis zu seiner Zeit verlaufen war, in sechs Perioden, und fand diese Perioden in den sechs ersten Siegeln, Posaunen und Zornschaalen wieder, sodaß im Wesentlichen das in den Siegeln Geweissagte sich in den Posaunen und in den Zornschaalen wiederholte. Ähnlich der viel spätere Nicolas Colladon (method. explicandae apoc. Lausonii 1551) und Thom. Brightman (apocalypsis apocalypseos, Frankf. 1609). Auch Vitringa (anacrisis apoc. apocalypseos Franek. 1705) parallelisirte die Siegel mit den Posaunen und Zornschaalen; doch ging er dabei schon mehr von einem idealistischen Princip aus, indem er in den Sendschreiben die Kirche. selbst nach ihren Hauptperioden, in den Siegeln die Schicksale der Kirche, in den Posaunen die Schicksale des heidnischen und des mittelalterlichen Roms, in den Zornschaalen die schließlichen Strafgerichte über Babel-Rom geweissagt fand. Von wissenschaftlicher Seite aus war seine Auffassung vorbereitet durch Pareus (comm. in apoc. Heidelb. 1618), welcher schon so weit gekommen war, die Siegel und Posaunen als Weissagungen all= gemeiner kirchengeschichtlicher Entwickelungen von den Zornschaalen als den Weissagungen der letten Strafgerichte zu unterscheiden. Innerlich aber wirkte bei Vitringa noch ein anderer Faktor; er Commentar z. N. T. VII.

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