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Freilich soll nach Lücke (S. 527) noch ein besonderer Beweis dafür vorhanden seyn, daß Papias in seiner Schrift die Apokal. nicht als ein Werk des Apostels betrachtet haben könne. Hätten sich nämlich solche, Stellen bei Papias gefunden, so würde Eusebius, der sonst sehr sorgsam gerade die älteren Zeugnisse über die neutestamentlichen Bücher, besonders über die Apokalypse, sammelt," gewiß nicht unterlassen haben, diese Stellen des Papias zu erwähnen. Ganz richtig. Stellen, wo Papias über die Verabfaffung der Apok. durch den Apostel Johannes ausdrücklich spräche, wird auch Andreas nicht gefunden haben, sondern nur (wie ja Läcke selbst zugicbt) eine Behandlungsweise der Apokalypse als eines nicht untergeschobenen, sondern wirkliche Offenbarung enthaltenden Buches. Und eben darum konnte Euseb. keine einzelnen Aussprüche des Papias über den Verfasser der Apok. citiren. Uns genügt aber, daß Papias die Apok. als ein reell prophetisches, folglich nicht betrügerisch untergeschobenes, folglich von „Johannes“ Apok. 1, 9 geschriebenes Buch kannte. Denn daß sie nicht von dem Presbyter Joh. herrühren kann, ergiebt sich alsdann (wie gesagt) aus der Erwähnung des Erils auf Patmos (1, 9).

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Gehen wir zu dem Zeugniß des Justinus dial. c. Tryph. c. 81 über. Die Beweiskraft desselben hat man nicht anders anzufechten gewußt, als indem man*) die Stelle für interpolirt erklärte, und das zwar aus Gründen, deren Nichtigkeit selbst Lücke (S. 553 ff.) darzuthun sich getrieben fühlte. Wenn Hieronymus in seiner übersehung des Chronicon Eusebii die Worte: Joh. habe auf Patmos die Apok. geschrieben, ὡς δηλοῖ Εἰρηναῖος überfekt bat „, quam (mie) interpretatur Irenaeus," und wenn er dann de vir. ill. cp. 9 sagt, Joh. habe auf Patmos die Apok. geschrieben,,, quam interpretatur Justinus et Irenaeus," so will er hier sich offenbar nur auf das Zeugniß beider Väter für die Ächtheit und Entstehungszeit

war, und als diesen Empfänger der Offenbarung nennt er den Johannes, der an Jesu Brust gelegen!! Eines der merkwürdigsten positiven Zeugnisse für die apostolische Abfassung der Apokalypse!

*) Rettig über das erweislich älteste Zeugniß für die Ächtheit der Apokalypse.

der Apokalypse berufen, nicht aber sagen, daß Justin und Irenäus Commentare über dieselbe geschrieben hätten, von welchen ja das ganze Alterthum sonst nichts weiß.

Das wichtige Zeugniß des Polykrates (um 198) haben wir S. 7 in der Anm. bereits beleuchtet. Priester mit dem Brustschilde" heißt Joh. weder, weil alle Christen Priester sind, wie Hengstenberg will, noch weil er Stellvertreter Christi des Hohenpriesters gewesen, wie Hr. v. Baur philosophirt; sondern um die Bedeutung des Ausdrucks zu verstehen, muß man beachten, daß gerade das Brustschild mit dem Urim und Thummim erwähnt ist, welches der Priester trug, um Offenbarungen im Allerheiligsten zu empfangen. Hier sehen wir also in sinnbildlicher Weise deutlich genug den bezeichnet, welcher bis in's himmlische Allerheiligste entrückt ward (Apok. 15, 5), um Offenbarungen zu empfangen. Und dieser ist nach Polykrates derselbe, der an Jesu Brust geLegen.

Wenn Melito (um 168) ein Buch леρi τhe άлоиαλúеws 'Iwávvov schrieb, so glaubt Lücke mit Recht, daß Melito die apostolische Abfassung der Apok. darin nicht bezweifelt haben werde, weil sonst Euseb. das Gegentheil gewiß nicht würde unerwähnt gelassen haben. Wenn Theophilus sich gegen den Antimontanisten Hermogenes auf die Apok. berufen konnte, so seht dies (Lücke S. 565) eine sehr allgemeine Anerkennung der Apok. voraus. Ebenso erkannte Apollonius, obgleich Gegner der Montanisten, dennoch die Apokalypse als kanonisch, ja allem Anscheine nach als apostolisch an. Melito wirkte in Sardes, einer der sieben apokalyptischen Gemeinden, Theophilus in Antiochia, Apollonius in Kleinasien; auch die Gemeinden von Vienne und Lyon citiren in ihrem Briefe öfters die Apokalypse. So finden wir also am Ende des zweiten Jahrhunderts die apostolische Abfassung der Apok. bei Chiliasten und Antichiliasten, Montanisten und Antimontanisten, von Syrien bis an die Ufer des Rhone, vor allem in dem Kreise derjenigen Gemeinden, wo Joh. selbst gewirkt hatte, allgemein anerkannt.

Hiefür spricht denn auch das Zeugniß des Irenäus (5, 30), woraus überdies hervorgeht, daß man gegen Ende des zweiten Jahrhunderts bereits vielfach in der christlichen Kirche sich mit

der Deutung der Apok. beschäftigt hat. Wenn er nun für eine Lesart an einer Stelle der Apok. sich auf das Zeugniß derer beruft, welche den Joh. von Angesicht gesehen hatten: wie kann man da bei einiger Besonnenheit einwenden (Lücke S. 574), Fren. sage nicht, daß jene Ewpaxótes ihm auch Bürgen seyen für die apostol. Abfassung der Apok., sondern nur für die ächte Lesart?! Warum beruft sich denn Irenäus für jene Lesart auf das Zeugniß derer, die den Joh. selbst gesehen und gesprochen hatten? Doch wohl dàrum, weil er vorauszusehen Ursache hat, daß diese Männer auch über jene Zahl des Antichrist mit Joh. selbst gesprochen, von ihm selbst Belehrung werden empfangen haben *). Irenäus seht dies aber nicht bloß voraus; er weiß, daß diese Männer (mündlich) die Lesart 666 für die richtige erklären; er weiß es, weil er mit solchen Männern (wie Polykarp) in seiner Jugend selbst umgegangen ist, weil er seine christliche Erziehung im unmittelbaren Kreise der direkten johanneischen Tradition empfangen hat. Wie konnte nun Iren. sich auf jenes Zeugniß für die Lesart berufen wie konnte ihm gerade der persönliche Umgang jener Männer mit Joh. so wichtig und entscheidend für ihr Zeugniß von der Lesart seyn wie anders war dies möglich, als wenn darüber, daß die Apokalypse vom Apostel Joh. verfaßt sey, nicht der leiseste (objektive) Zweifel Raum hatte? Wie konnten jene Männer über den Inhalt der Apok. von Joh. einen Aufschluß erhalten, der dem Iren. mindestens ebenso viel galt als das Zeugniß alter Handschriften, wenn Iren. nicht ebenso gut und sicher wußte, daß nach dem Zeugniß der gleichen Männer die Apok. von Joh. verfaßt war. Denken wir uns, es behauptete Einer, Schiller habe im Handschuh ursprünglich geschrieben: „Und der Nitter sich tiefverbeugend spricht," und ein Anderer, der mit Zeitgenossen Schiller's persönlich bekannt wäre, sagte dagegen: ,,Nein, daß die andre Lesart die ursprüngliche, und jene eine von Schiller selbst vorgenommene Verbesserung ist, geht nicht

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*) Nicht daß sie ihn über die Variante befragt hätten, und daß diese damals schon existirt hätte! sondern daß sie darum im Stande seyen, an= zugeben, welche Zahl die richtige sey, weil sie mit Joh. verkehrt und auch über den Inhalt der Apok. verkehrt hatten.

nur aus den Ausgaben hervor, sondern wird auch durch das Zeugniß derer bestätigt, die Schillern persönlich nahe standen"

wer in aller Welt würde hierin nur eine Bürgschaft für das Alter der einen oder anderen Lesart, und nicht auch eine Bürgschaft für die Schiller'sche Autorschaft des ganzen Gedichtes finden!!

Daß der Widerspruch der Aloger gegen die Apokalypse im dritten Jahrhundert, auf rein innern Gründen beruhend, ohne kritische Bedeutung ist, hat Hug längst erwiesen und Lücke zugegeben.

Das Fehlen der Apok. in der Peschito erklären wir weder mit Wichelhaus daraus, daß die Peschito schon im ersten Jahrhundert, früher als die Apok., noch mit Hengstenberg daraus, daß die Peschito erst am Ende des dritten unter antichiliastischem Einflusse verfertigt worden sey; auch nicht mit Lücke daraus, daß die fyr. Kirche im zweiten Jahrh. die Apok. nicht allgemein anerkannt habe; noch nehmen wir mit Hug und Thiersch an, die Apok. habe ursprünglich in der Peschito gestanden und sey dann weggelassen worden; sondern am natürlichsten scheint uns die Annahme, daß die Peschito für die Gemeinden (nicht für die des Griechischen kundigen Theologen) und für die gottesdienstlichen Lektionen verfertigt wurde, und daß man daher die Apok., die zur Lektion sich nicht eignete und zur Privatlektüre der Gemeinden nicht als geeignet erscheinen mochte, nicht mit übersehte, da= her sie dann erst später in anderen übersehungen Eingang in die syrische Literatur fand. Zweifel an der Kanonicität und Apostolicität brauchen also keineswegs angenommen zu werden, um das Fehlen der Apok. in der Peschito zu erklären. Wäre man aber dennoch genöthigt, solche Zweifel vorauszusehen, so müßten diese dann dennoch Bedenken innerer Art (wie später bei den Alogern), nicht traditioneller Art gewesen seyn (also ohne kritisches Gewicht), indem ja, wie Lücke selbst bemerkt, in der antiochenischen Kirche, der literarisch-theologischen Mutterkirche der syrischen, die Authentie und Kanonicität der Apok. im zweiten Jahrh. erwiesenermaßen feststand. Aber auch Ephraem (um 370) braucht die Apok., wie man eine anerkannte Schrift gebraucht. Jene Zweifel müßten also überdies bald genug überwunden worden sein.

Der sogen. muratorische Kanon ist ein Fragment, welches nicht den Zweck hatte, die kanonischen Schriften des neuen Testamentes aufzuzählen, geschweige zwischen Homologumenen und Antilegomenen zu unterscheiden (wie Lücke S. 596 anzunehmen scheint, wenn er meint, die Apok. Joh. werde nur in dem Sinn für apostolisch erklärt, wie die Weisheit Salomonis für salomonisch), sondern vielmehr*) den Zweck hatte, häretische Schriften zu bekämpfen und zu verwerfen, und den häretischen Machwerken die in der Kirche recipirten analogen Schriften gegenüberzustellen. So wird, nachdem die Quadriga der Evangelien nebst der Apostelgeschichte besprochen ist, alsdann auf die Siebenzahl der (ächten) an Gemeinden gerichtefen paulinischen Briefe ein Werth gelegt, und schon hier eine innere Nothwendigkeit dieser Siebenzahl dargethan durch die Bemerkung: cum ipse beatus apostolus Paulus sequens praedecessoris sui loannis ordinem nonnisi nominatim septem ecclesiis scribat. Daß hier idealistisch und von aller Chronologie absehend Johannes als Vorbild für die Siebenzahl der Briefe dargestellt wird, ist seltsam, mindert aber nicht das Gewicht der Thatsache, daß der Verf. des Fragmentes offenbar das jene sieben Sendschreiben enthaltende johanneische Buch als ein anerkannt apostolisches betrachtete. Nach Aufzählung jener sieben paulinischen Briefe folgt noch in wiederholter Erwähnung der Apokalypse: Et Ioannes enim in Apocalypsi, licet septem ecclesiis scribat, tamen omnibus dicit (was er jenen sieben Gemeinden schrieb, gilt für alle). — Nun werden die vier paulinischen Briefe an Einzelpersonen als kirchlich geheiligt aufgezählt, dagegen die von Häretikern fingirten (fictae ad haeresem Marcionis) fälschlich des Paulus Namen tragenden Briefe an die Laodicener und Alexandriner und alia plura (d. h. viele andere pseudoapostolische, von Häretikern fingirte Briefe) verworfen, weil man nicht Honig unter die Galle mischen dürfe. Damit man aber nicht meine, der Verf. wolle auch die kirchlichen Antilegomena unter diese häretischen Schriften zählen, so fügt er die Bemerkung bei, daß der Brief Judä und die zwei Briefe

*) Vgl. die im wesentlichen treffenden Bemerkungen von Dietlein in dessen Com. über 2 Petri, Einl. S. 41 ff.

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