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Der character hypostaticus.

licher. Da aber Schleiermachern der Begriff der absoluten göttlichen Persönlichkeit mangelt, so mangelt ihm damit auch die Grundbedingung zu einer lebendigen und folgercichen Umbildung der herkömmlichen Trinitätslehre.

§. 61. Und doch hat sich Schleiermacher auch in Betreff dieser Lehre ein wesentliches Verdienst erworben. Wenn noch in neuester Zeit anerkannt worden ist, daß die von ihm gegen dieselbe geführte negative Kritik eine meisterhafte sei;*) wenn er selbst von dem Bedürfnisse einer durchgreifenden Revision dieser Lehre tief durchdrungen war**); wenn auch sonst streng kirchliche Theologen sich genöthigt sahen, nach seinem Vorgange zum Zwecke einer Umgestaltung derselben sich in die ganze Entwicklung der neuen speculativen Theologie hinein und zugleich mit ihr auseinanderzusehen ***): sind denn das nicht Mahustimmen, daß die theologische Wissenschaft sich mit den hergebrachten trinitarischen Formeln nicht länger begnügen darf? Ergeht nicht namentlich an uns vom Gewissensstandpunkt aus die cruste Aufforderung, dieses Dogma einer genauen Prüfung zu unterziehen, und an der Er neuerung desselben aus den Tiefen des Gewissens und der Schrift nach Kräften zu arbeiten?

Es sind insbesondere zwei Säße, auf welchen die hergebrachte Trinitätslehre, wie auf zwei Angelpunkten, ruht: erstens, daß Gott Einer sei, und zweitens, daß er als Einer in den drei Personen des Vaters, Sohnes und h. Geistes subsistiret). Mit Recht ist der Saß von der Einheit Gottes

*) Baur, a. a. D., III, 854, Anm. 15.

**) Der christl. Glaube, §. 172: „Da wir diese Lehre um so weniger für abgeschlossen halten können, als sie bei der Feststellung der evangelischen Kirche keine neue Bearbeitung erfahren hat: so muß ihr noch eine auf ihre ersten Anfänge zurückgehende, Umgestaltung bevorstehen.“

***) Liebner, a. a. D., 70.

+) Hollaz (examen, 282 sq.): Augustissimum venerandae Trinitatis mysterium modo simplicissimo et planissimo idiotis traditurus ostendat: 1) quod Deus sit unus; 2) quod unus Deus sit Pater, Filius et Spiritus S.; 3) quod alius sit Pater, alius Filius, alius Spiritus S.; 4) quod Pater in aeternum generet Filium, Filius ab aeterno a Patre sit genitus, Spiritus S. a Patre et Filio procedat.

immer als der fundamentale vorangestellt worden. Jede Bes einträchtigung des Begriffes der göttlichen Einheit ist eine Zerstörung des Gottesbegriffes selbst, ein Rückfall von dem christlichen Monotheismus in den Paganismus. Würde die Trinitätslehre mit der Lehre von der Einheit Gottes sich als unvereinbar erzeigen, so wäre sie dadurch mit dem Zeugnisse des Gewissens und der Schrift in einen unversöhnlichen Gegensaß getreten. Aus diesem Grunde hat auch schon das Athanasianische Bekenntniß den soge nannten Tritheismus, d. h. die Vorstellung, daß es drei Götter, einen Vater, einen Sohn und einen h. Geist gebe, ents schieden verworfen *).

Nur genügt es freilich nicht, einen Irrthum principiell zu verwerfen; er muß auch in den Lehrausführungen sorgfältig vermieden werden. Das heißt mit Beziehung auf die Trinitätslehre: es darf von Gott nichts ausgesagt werden, was mit seiner Einheit irgendwie sich nicht verträgt. Auf die Frage nun, wodurch der Begriff der göttlichen Einheit in der Trinität gesichert werde, antwortet die hergebrachte Dogmatik: durch die Sicherung der Einheit seines Wesens **). Diese Antwort beweist jedoch für einmal nur, wie bedenklich es ist, die Kategorieen der „Substanz“ oder des „Wesens" ohne Weiteres auf Gott anzuwenden ***). Worin soll denn das Wesen Gottes, als das die göttliche Einheit in der Trinität bedingende, eigentlich nun bestehen? Wenn Aristoteles als das Wesen eines Gegenstandes das Eigenthümliche und Besondere desselben bezeichnet: †) so hat die hergebrachte Dogmatik das „Wesen Gottes" in der Trinitätslehre so wenig im aristotelischen Sinne verstanden, daß fie umgekehrt unter demselben das reine und allgemein gött

*) Patris et Filii et Spiritus S. una est Divinitas.

Non tres

aeterni, sed unus aeternus. ... Ita Deus Pater, Deus Filius, Deus Spiritus Sanctus: et tamen non tres Dii, sed unus est Deus. **) Chemniß (loci th., I, 42): Recte dicitur: Una et indistincta natura; una eademque substantia; simplex, una et indivisa divinitas; una et indifferens essentia: in essentia est unitas.

***) Siehe unsere frühere Ausführung, S. 8 ff.

+) Metaphys. IV, 1. Vergl. hierüber Strümpell (die Gesch. der th. Phil. der Griechen, 212, besonders die Note).

liche Sein verstand*). Allein ein reines" und allgemeines" ist als solches auch ein blos vorgestelltes, noch kein wirklich gewordenes Sein. Und so geschieht es denn in der That, daß die kirchlichen Dogmatiker das göttliche Wesen ganz deistisch als einen leeren Begriff beschreiben, als eine Abstraktion, welche die volle Wirklichkeit der Gottespersönlichkeit noch gar nicht in sich schließt. Das ist aber eine Entleerung des Gottesbegriffs, welche der kirchlichen Gotteslehre selbst auf's Entschiedenste widerspricht. Lassen es nun auch spätere Dogmatiker an Versuchen nicht fehlen, das Wesen Gottes lebendiger zu beschreiben **), so ist dennoch, so lange sie dasselbe lediglich als „Natur“ oder „Substanz“ bezeichnen, dem Bedenken nicht auszuweichen, daß Gott als bloße Substanz, wie wir früher dargethan haben, noch nicht der wahre und lebendige Gott, daß er dies erst als Subject, als Persönlichkeit ist. Oder wie? so müssen wir an dieser Stelle fragen gehört es denn nicht gerade zum Wesen Gottes, absolutes Subject, absolute Persönlichkeit, absoluter Geist, absolutes Selbstbewußtsein zu sein? Ift, wie wir dargethan haben, das Wesen Gottes, oder ist Gott selbst, wesent lich Geist: muß er denn nicht als solcher nothwendig auch wesentlich Persönlichkeit sein? Und ist es nicht um so ungehöriger, von einer „Natur“ oder „Substanz“ Gottes im Allge

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*) Schon Augustinus erklärt sich gegen den Gebrauch des Begriffes substantia in der Trinitätslehre und räth dafür den von essentia, ovóia, an (de Trinitate, VII, 5): Corpus subsistit, et ideo substantia est. Res mutabiles neque simplices proprie dicuntur substantiae. Unde manifestum est, Deum abusive substantiam vocari, ut nomine usitatiore intelligatur essentia, quod vere ac proprie dicitur, ita ut fortasse solum Deum dici oporteat essentiam. Est enim vero solus, quia incommutabilis est . . . sed tamen sive essentia dicatur, quod proprie dicitur, sive substantia, quod abusive, utrumque ad se dicitur, non relative ad aliquid. Unde hoc est Deo esse quod subsistere, et ideo si una essentia trinitas, una etiam substantia. Quenstedt (systema, I. 320) sagt: Est essentia simplex rei cujusque et omnibus suis proprietatibus atque accidentibus carens constitutio.

**) Hollaz (examen, 284): Essentia Dei est natura Dei spiritualis et independens. Baier (a. a. D., 224) ähnlich: intelligitur nomine essentiae . . . ipsa natura divina, qualis in re absolute, quaeque una cum attributis simplicissime una ac singularis.

meinen zu reden, als die Dogmatiker es überhaupt vermeiden, auch nur mit einiger Bestimmtheit anzugeben, was sie sich unter einer solchen „Natur“ denken, und worin eine solche,,Substanz" bestehe?

Die scheue Zurückhaltung und vage Unsicherheit der Dogmatiker in Betreff dieses Punktes vermag freilich ihre wahre Quelle nicht zu verläugnen. Innerhalb des einen göttlichen Wesens müssen ja drei „Personen“, d. h. besondere „Subjecte“, unterschieden werden. Wenn nun Gott an sich, d. h. wenn er wesentlich als Geist, oder absolute Persönlichkeit, aufgefaßt wird: so entsteht das verwickelte Problem: wie es möglich sei, ein Subject als drei Subjecte, eine Persönlichkeit als drei Persönlichkeiten vorzustellen? Dieser geradezu unauflöslichen Schwierigkeit vermochte die herkömmliche Dogmatik nur dadurch aus dem Wege zu gehen, daß sie Gott an sich nicht als Person, sondern lediglich als Substanz oder Wesen, d. h. als einen abstrakten Begriff, nicht als eine lebendige Thatsache, auffaßte. Erst in den drei Personen das ist augenscheinlich wird nach der kirchlichen Vorstellung Gott zum Subjecte, und zwar nicht zu einer einfachen, sondern zu einer dreifachen Persönlichkeit*). Der Vater, der Sohn und der heilige Geist find im Sinne des überlieferten Dogmas wirkliche Subjecte oder Persönlichkeiten, das Wesen Gottes dagegen ist unpersönlich.

Ein doppeltes Bedenken tritt hiermit der überlieferten Lehre entgegen. Wie in Gemäßheit derselben auf der einen Seite Gott als Einer gedacht gar nicht Person ist: so besteht er auf der anderen Seite trinitarisch gedacht aus drei Personen, die gleichwohl nicht als drei Götter, sondern lediglich als ein Gott vorgestellt werden sollen. Unstreitig hängt hier Alles davon ab, wie die Begriffe Wesen“ und „Person" in ihrem Verhältnisse zu einander bestimmt werden, wenn anders die Wesenseinheit innerhalb der Drei persönlichkeit Gottes einigermaßen denkbar gemacht werden soll? Daß es die Lehrer der alten Kirche an einer scharfen Bestimmung jener beiden Begriffe fehlen ließen, zeigt schon

*) Vaier (a. a. D., 215): Quod ad Personas divinas attinet, simplicissime tenendum est, quod essentia omnesque perfectiones divinae, sine divisione aut multiplicatione, communes sint his tribus distinctis, quos scriptura vocat Patrem, Filium et Spiritum Sanctum.

das Beispiel des sonst so präcisen Tertullians, da wo er das Wort, d. h. den Sohn Gottes, als Person bezeichnet*). Ihm ist der Sohn so entschieden ein wesentlich Anderer als der Vater, so ohne alle Frage dem Vater untergeordnet, daß er ihn deßhalb auch als eine dem Vater an Dignität nachstehende Persönlichkeit beschreiben muß. Wenn dagegen die kirchliche Lehre Alles aufbietet, um neben dem von ihr behaupteten trinitarischen Personens unterschiede die volle göttliche Einheit geltend zu machen: dann hat fie unumwunden darzuthun, in wie fern es denkbar ist, daß der persönliche Unterschied zwischen Vater, Sohn und h. Geist der göttlichen Wesenseinheit keinen Eintrag thut? Eignet es, wie dieß die Dogmatiker versichern **), dem Wesen einer Person, in der Form des Bewußtseins für sich zu sein und sich von Anderen durch dieses Fürschsein bewußt zu unterscheiden; ist also jede Person im Besize eines individuellen Selbstbewußtseins und eines ihr eigenthümlichen Selbstbestimmungsvermögens; und müssen mithin nothwendig diese Merkmale auf den Begriff der Person auch im trinitarischen Sinne des Wortes ihre Anwendung finden: dann ist jede trinitarische Person demzufolge eine wirkliche Persönlichkeit, ein selbstständig fürfichseiendes Geistwesen, und es war daher nur folgerichtig, wenn in der älteren Dogmatif das Merkmal der individuellen Existenz den trinitarischen Personen ohne Weiteres belegt worden ist ***).

*) Adversus Praxean. 17: Si invisibilia illa, quaecunque sunt, habent apud Deum et suum corpus et suam formam, per quae soli Deo visibilia sunt, quanto magis quod ex ipsius substantia emissum est sine substantia non erit. Quaecunque ergo substantia sermonis fuit, illam dico personam, et illi nomen filii vindico, et dum filium agnosco, secundum a patre defendo. Wie Tertullian sein persona gemeint hat, zeigt er, wenn er a. a. D., 9, sagt: Pater tota substantia est, filius vero derivatio totius et portio (!), sicut ipse profitetur, quia pater major me est.

**) J. Gerhard sagt (loc. th.. III, 2, §. 62): Ad personam (vzoórádeos idiórng) tria requiruntur: a) ut per se subsistat, nec sit in alio tanquam in subjecto; b) ut sit intelligentis naturae; c) ut ab alia distinguatur, neque de alia persona in casu recte praedicetur.

***) In dem, dem Boetius fäschlich zugeschriebenen, liber de duabus naturis et una persona Christi, 17, wird persona als rationalis naturae individua substantia beschrieben, eine Beschreibung, welche Thomas

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