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V.

Aus dem Bulghar Dagh des cilicischen Taurus.

Herr Theodor Kotschy, k. k. Custos - Adjunct am botanischen Hof-Cabinet in Wien, der frühere Begleiter des Ober-Bergrath J. Russegger in den Jahren 1835-1841 auf dessen afrikanischen und syrischen Reisen, brachte mit demselben auch im cilicischen Taurus einige Zeit zu, setzte dann aber selbständig seine Jahre langen (seit 1844) Reisen als Naturforscher in Persien und Kurdistan fort, bis Mosul. Viele seiner botanischen und zoologischen Entdeckungen sind bekannt geworden. In der Allgemeinen Erdkunde Band XVII. konnten seine wichtigen handschriftlichen Mittheilungen über die Frühlingsflora von Aleppo und über die Vegetationsverhältnisse des Mons Casius bei Antiochia von dem Unterzeichneten veröffentlicht werden. Es ist zu hoffen, dafs dieser erfahrene Wanderer und Kenner der Natur seine Tagebücher demnächst bekannter machen wird. Wir verdanken seiner gütigen Mittheilung den folgenden Umrifs über einen sehr wenig gekannten Theil des alpinen cilicischen Taurus, den Bulghar Dagh oberhalb Tarsus, den er erst im vorigen Jahre (1855) von Neuem als Botaniker und Zoologe durchforscht hat.

Im Juni 1856.

C. Ritter.

Die nördlich über der Stadt Tarsus gelegene Gruppe des cilicischen Taurus, türkisch Bulghar Dagh genannt, präsentirt sich von der Seeküste aus als ein mächtiger breiter Alpenstock, dessen höchste Kammkuppen in abgerundeten Formen erscheinen. Aus dieser Ferne von 30 Stunden haben diese Spitzen durchaus nicht das Ansehen unserer zerrissenen Hochalpen. Ein scharfes und geübtes Auge ist im Stande, von hier den Hauptcharakter des ganzen südlichen Gebirgsabhanges zu erkennen. Die nächst dem Meere gelegenen Hügel sind,

indem sie sich zu Bergen erheben, schütter und niedrig bewachsen, und ziehen sich als weit gedehnte Ausläufer in einer anwachsenden Höhe tief gegen die Alpen hinein. Ein dunkler Saum, der aus den tiefen Thälern und Schluchten im Hintergrunde emporsteigt, umgürtet das Alpenland. Hier ist die Region der Föhren-, Tannen-, Cederund Wachholderwälder. Ueber der Linie der durch die dunklere Färbung scharf begrenzten Baumregion liegt ein breiter, kahler, smaragdgrüner Streifen, der sich bis zu den sterilen, weifsgrau aussehenden Felsenkuppen des Hochalpenlandes erhebt. Besonders abstechend treten diese höchsten nackt aussehenden Regionen durch die bedeutenden, noch im August häufig da liegenden Schneefelder hervor.

Der dreimonatliche Aufenthalt in diesen Bergen und Alpen bot hinsichtlich der Vegetationsverhältnisse, der Sitten der Turkomanen wie der hier so häufig vorkommenden Steinböcke und übrigen selteneren Thiere Gelegenheit zu Beobachtungen dar, von denen die folgenden Zeilen einen Umrifs liefern mögen.

Durch eine 3-4 Stunden breite kahle Ebene, die spärlich mit Baumwollpflanzungen, Gossypium herbaceum, bebaut und durch wenig kleine Ortschaften belebt ist, werden die ersten Vorberge vom Meeresstrande getrennt. Tarsus, das einstige Emporium Ciliciens und der Geburtsort des Apostels Paulus, von weiten, üppigst vegetirenden Gärten umgeben und von dem herrlichen und kalten Gebirgswasser des Cydnus reichlich durchströmt, liegt in der Mitte dieser Ebene. Auf den Hügeln und in den Vertiefungen, die der Zahn der Zeit aus dem Zusammensturz der herrlichen Paläste zurückgelassen hat, wie es noch halb umgefallene, aus dem Schutt hie und da hervorragende Syenit- und Marmorsäulen bezeugen, ist die jetzige aus Lehm und Steinen erbaute Stadt gelegen. Von den südwestlichen höchsten Schutthaufen, wo einst das Kastell gestanden haben soll, geniefst man des Anblickes über die üppig vegetirenden weiten Gärten, hinter deren grünem Vordergrunde sich majestätisch das Taurusgebirge durch seine mächtigen weiten Vorberge, bis zu seinen plattgedrückten Schneegipfeln erhebt.

Die Vegetation der Ebene, nachdem sie längs des Meeresstrandes in dem oft eine halbe Stunde landeinwärts sumpfigen Boden in Schilfrohrwäldern und Salzpflanzen auftritt, wird über die ganze Fläche hin hauptsächlich durch die kleinen zarten, nur einen Fufs hohen Sträucher von Lagonychium Stephanianum MB. vertreten. Diese hier ungemein häufige Pflanze ist eine wahre Plage für Baumwollkultur, da sie mit ihren starken holzigen Wurzeln überall den Boden durchwuchert. Die seegrünen, fein zusammengesetzten Blätter und silberweifsen Stengel geben der am Ende Juni schon ganz dürren Ebene ein zartes silbergraues Ansehen.

Der Boden ist auf der ganzen Fläche, die 40 Stun

den vom Taurus aus nach Osten sich hinzieht und aufser dem Cydnus noch von den mächtigen Flüssen Sarus und Pyramus quer durchströmt wird, im März, April und Mai mit üppiger Vegetation bedeckt. Einst, als Cicero Prokonsul Ciliciens war, gehörte diese Landschaft zu den reichsten Provinzen des römischen Reiches; jetzt liegt leider beinahe das ganze Land unbebaut da, die Kanäle sind alle versandet, und nur den Flufsufern entlocken die Landleute, trotz ihrer Saumseligkeit, dennoch zwei reichliche Ernten im Jahre.

Verfolgen wir den Weg ins Gebirge, so treten wir auf sanftansteigende Hügel, welche aus einer weifsen kreidigen Erde bestehen, und nur spärlich mit niedriger Strauchvegetation von immergrünen Steineichen (Quercus [Coccifera] calliprinos Webb.), Kreuzdornen, Terpentinbäumen etc. bekleidet sind. Dieses Hügelland ist nur wenig bewohnt, bebaute Ackerstücke zeigen sich selten, dagegen werden in dem höher gelegenen Theile die früher krüppelig wachsenden Sträucher stärker und üppig, sobald die weifse Erde zurücktritt und der hier felsig hervortretende Kreideboden von einer schwarzen Lehmerde bedeckt ist. Durch ein vier Stunden langes Ansteigen erreicht man zwischen stachligen hohen Sträuchern die Höhe des äussersten, vom Taurus gegen Tarsus herablaufenden Bergrückens. Ein dichtes Buschwerk von undurchdringlichen, dornig stacheligen Hochsträuchern, durch Rhamnus oleoides, Paliurus orientalis, Crataegus pyracantha und Rhamnus Alaternus vorzüglich vertreten, in deren Dickicht nach Aussage der Begleiter viele Leoparden hausen, überzieht die ganze Gegend. Eine 1500 Fufs hoch gelegene Ebene mit dem dunkelgrünen dichten Gebüsch der sonst hier kargen, dürren Vegetation, giebt ein düsteres Bild der Langweile, wenn nicht die Ueberraschung eines Triumphbogens aus der Römerzeit mit einer breiten, aus Quaderstein gebauten, in der Weite einer Stunde noch ganz gut erhaltenen und für die Hufe der Pferde beinahe zu glatten Heeresstrafse dieselbe mildern würde. Mit dem Aufhören dieses alten Kunstwerkes erreicht man den Saum eines Thales und steigt an dessen Flufsufern im Schatten der Platanen hinab, immer tiefer in das Gebirge eindringend. Viele bebaute Aecker zeigen dieses ganze Thal entlang einen sehr ergiebigen Boden, und Terpentinbäume, so wie die immergrünen Eichen wachsen hier zu mächtigen Stämmen heran. Bei einem Barometerstande von 27 Zoll 4 Linien und + 17° Reaumur, also an 1000 Fufs über dem Meere, fangen im hintern Theile dieses Thales Föhrenbestände an, die zu den Species Pinus Bruttia Tenore zu gehören scheinen. Das lichtgrüne Ansehen der weichen, langen Nadeln, das buschige und eigene des Baumwuchses, wo sich auf einem Stamm die horizontal abstehenden Aeste in mehreren dichten, rundlich zusammengehaltenen Gruppen formiren, und

das üppige Wachsthum des ganzen Bestandes giebt der bisher traurigen Landschaft einen bezaubernden Reiz. An Stellen der mehr felsigen Lehnen, wo die Föhren nicht mehr auftreten, sind Sträucher von Fontanesia phyliroides Dec., Quercus infectoria L., Cercis siliquastrum L., Elaeagnus latifolia MB. und einer ausgezeichneten Nebenart von Quercus Cerris L. die vorwaltenden; im feuchten Thalgrunde aber stehen Gruppen von Myrten zwischen dem allgemein verbreiteten, rosige Blumenteppiche bildenden Oleander. Das Flufsbett selbst wird beiderseits von mächtigen Platanen und wild rankenden Reben überwölbt. Von dem zur Mittagsrast bestimmt gewesenen Chan Meserolugh führt der Saumweg durch tiefe Schluchten in lichtern Föhrenbeständen bergauf. Die gewöhnliche Mediterranflora tritt desto schneller zurück, je mehr man sich der Alpenkette des Taurus nähert. Nach einem Ritte von mehr als 20 Stunden erreicht man die Nähe der bewohnten Landschaft von Güllek. Sie zeichnet sich, schon in der Nähe der Alpen befindlich, vorzüglich durch das gänzliche Verschwinden der Myrten, Oleander und Lorbeerbäume, das spärliche Vorkommen der Eichen, Quercus coccifera, und der Terebinthenbäume aus. Zahlreich tritt hier der herrliche Wachholder, Arceuthos drupacea Antoine et Kotschy, auf, dessen Früchte von der Gröfse kleiner wälschen Nüsse einen angenehmen Geschmack besitzen. Im November, wo die Früchte reif sind, kommen aus Osten Caravanen von Turkomanen in die hiesigen Gegenden, sammeln die Früchte und kochen daraus eine Art Marmelade, die sie ins Innere mitnehmen. Auch ein angenehmes Getränk wird daraus bereitet, welches sich in irdenen Krügen den Winter hindurch erhalten läfst. Hier befindet sich der Botaniker in einer dem Taurus eigens angehörigen Flora. Von dieser Gülleker Landschaft aus ist der Anblick der selbst im Juni vielfach mit Schnee bedeckten Alpenkette mit ihren über 6-10 Stunden weit lachend ergrünenden Matten ein überaus reizender. Die Rücken von Güllek sind in dem untern Theile an ihren Ost- und Westabhängen mit weiten Weingärten bepflanzt, in denen zerstreut Wohnungen herumstehen. Die flachern Thalgründe und dem Weinstock nicht günstige Abhänge sind mit Gerste, Weizen und Kichererbsen bebaut, während Roggen, Kartoffeln und andere Feldfrüchte vermifst werden.

Das Barometer hat während der drei Monate den Stand von 24 Zoll und 7 Linien als das Medium in Güllek aufgewiesen, das also 3800 Fufs über dem Meere liegt. Eine der Pinus maritima Lambert nahe stehende Form (Pinus Pseudohalepensis Dehnhardt) erreicht in der Landschaft von Güllek ihre obere Grenze, während die Waldbestände ins steile Hochgebirge hinauf mit Pinus Laricio Poiret var. caramanica anfangen. Die bisherigen lichtgrünen, schlanken Bäume weichen dem

gleich hochgewachsenen, schweren, in seinen Gipfeln schirmartig ausgebreiteten dunkeln und dichtern Waldbestand der Schwarzföhre. Von diesem Gülleker Kulturboden, der eine terrassenförmige Abstufung des Südabhanges bildet, drängt man sich durch tiefe Schluchten auf mühsamen Saumwegen dem Stocke der Hochalpen näher heran, und erreicht nach einem Ritte von 6 Stunden den Fufs des Alpenlandes. Diese ganze Strecke ist mit dichtem Waldbestande von Coniferen (Pinus Laricio, Pinus Fenzelii Ant. et Ky. ms., Abies Cilicica Cedrus Libani Barr., C. Libani Barr. var. argentea, Juniperus excelsa MB., J. foetidissima Willd.) bedeckt und stellenweise mit Gruppen von Eichen (Quercus Libani Oliv., Q. calliprinos Webb., Q. Cedrorum Ky, Q. Abietum Ky.) gemengt. Eine Stunde über Güllek fängt die untere Vegetationsgrenze der Ceder vom Libanon an. In ihrer Begleitung findet sich im cilicischen Taurus immer eine Silbertanne mit 9 bis 10 Zoll hohen, aufrechtstehenden Zapfen, die als Abies cilicica bezeichnet wurde. An lichtern Stellen der Thalwände stehen die schon 1000 Fufs tiefer vorkommenden, mit Früchten schwer beladenen Sträucher von Arceuthos drupacea Ant. et Ky., und bilden im Durchmesser oft 2 Fufs dicke Stämme. An den schattigen, mit Moos bewachsenen Felsen finden sich häufig Halbbäume von Taxus baccata. Zwischen diesen Nadelhölzern ist das Laubholz nur an sonnigen, lichten Felsenlehnen spärlich durch Ostrya orientalis, Fraxinus petiolata Briss, F. oxyphylla MB. und Acer platanoides sammt asiatischen Eichen vertreten. Je höher gegen das Alpenland angestiegen wird, desto häufiger tritt die Ceder mit der Silbertanne und mit der zu mächtigen Bäumen heranwachsenden Juniperus excelsa MB. hervor, während Pinus Laricio aufhört und Pinus Fenzelii Ant. et Kotschy in Schedulis, ein Schwarzföhrenbaum mit verhältnifsmäfsig sehr kleinen und weichern röthlichen Zapfenschuppen, zerstreut auftritt. In der Höhe von 5- bis 6000 Fufs sind die Waldbestände, nach der Häufigkeit des Vorkommens der Bäume, in folgender Reihe zusammengestellt: Cedrus Libani var. argentea wächst besonders an Ostabhängen mit Silbertannen gemischt. Pinus Fenzelii kommt so wie Juniperus excelsa MB.? vereinzelt vor, wird aber in der Nähe des Alpenlandes durch Juniperus foetidissima, einen grofsen Wachholderbaum, ersetzt. Die Westlehne der von der Centralkette nach Süden streichenden Bergrücken bewachsen vorherrschend Silbertannen, dann Cedrus Libani var. viridis, Juniperus excelsa MB., mit wenigen Pinus Fenzelii Ant. et Ky. In den offenern Schluchten, wenn sie sich, wie dies in dem obern Theil dieser Region häufig ist, bis zu der Thalfläche, einer Viertelstunde, ausbreiten, stehen dichte Bestände von hohen und mächtigen Stämmen Juniperus excelsa MB. Auffallend ist in der Nähe der obern Grenze der Baumregion das grup

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