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Man kann es daher als einen Grundcharakter des Klima's von Nord-Amerika in dem angegebenen Gebiet bezeichnen, dass vom hohen Norden bis fast zur Breite von 40 Grad besonders am Meere und an den Ufern grofser Wasseransammlungen die Winterkälte sich so verspätet, dafs in dem nordwestlichen Theile dieses Welttheils der alte Satz:

Wenn der Tag fängt an zu langen,

kommt die Kälte erst gegangen“

sich viel entschiedener bewahrheitet, als in der alten Welt.

Wenn man bedenkt, dafs alles von den Polen nach dem Aequator Bewegte bei dem Fortrücken Punkte gröfserer Drehungsgeschwindigkeit findet, alles von dem Aequator nach dem Pole Strebende hingegen Punkte, welche sich langsamer drehen, so wird man es erklärlich finden, dafs der warme Golfstrom nach den Westküsten der alten Welt sich wendet, während die Gewässer der arktischen Meeresströme nach den Ostküsten Amerika's hinüberdrängen. Diese treffen an der Spitze von Neufundland zusammen. Hier ist also im Frühjahr ein plötzlicher Sprung in der Temperaturvertheilung und an solchen Stellen condensirt sich der über der wärmeren Wasserfläche durchsichtige Wasserdampf zu dichtem Nebel, der den Eingang der Baffinsbay und die Umgebung von Neufundland für die Schifffahrt so verderblich macht. Hier drängen sich daher von Neuschottland nach der Neufundlandsbank die Isothermen am dichtesten zusammen, und diese schnelle Temperaturabnahme wird in Neufundland dann die Veranlassung zu jener merkwürdigen Bildung des Silberthaues, wenn warme Südwinde die Bäume mit einer mächtigen Eiskruste überziehen und, wie Bonnycastle berichtet, jeden Baum in einen Candelaber von reinstem Krystall verwandeln. Eine ähnliche Grenzscheide zeigt sich an dem entgegengesetzten Eingange in das Polarmeer, an der Behringsstrafse, die ebenfalls durch ihre Nebel verrufen ist, wo der Sprung in der Temperaturvertheilung aber so gewaltsam erscheint, dafs, wie Herr v. Baer bemerkt, auf der Südseite der schmalen Landzunge von Alyaska Colibri's, die gefiederten Boten des Südens, weiter nördlich hinaufgehen, als auf der Nordseite Wallrosse, die unförmlichen Bewohner des Nordens, herabkommen.

Sehen wir auf der Ostseite von Amerika Grönland eine Scheidewand bilden zwischen den milden Wintern des atlantischen Beckens und den furchtbar strengen Wintern der Westseite der Baffinsbay, so tritt eine ähnliche aber noch auffallendere Scheidewand an der Westküste des Continents hervor, wo die Parallelketten der Felsgebirge die milden Winter der Ufer des stillen Oceans von den äusserst niedrigen Temperaturen scheiden, welche vom Winipeg bis zum grofsen Bärensee

in den Forts beobachtet worden sind, welche den Lauf des Macquenzie bezeichnen. Man braucht nur die Temperatur von Sitcha mit der der Forts am Athabasca und am grofsen Sklavensee zu vergleichen, um sich zu überzeugen, dafs hier und viel weiter nach Süden herunter das ausgesprochenste Seeklima der Küsten des stillen Oceans den schärfsten Contrast bildet zu dem continentalen Extreme, wie ich es auf der Karte der Isanomalen für den Juli in der Polarprojection in der „Verbreitung der Wärme" dargestellt habe, eine Darstellung, die aber nach. den neueren Beobachtungen noch hinter der Wirklichkeit zurückbleibt. Bei dem Entwurfe dieser Karten war Fort Ross die einzige Station, wo zwischen dem heifsesten und kältesten Monate der Unterschied noch nicht 5 Grad erreichte, und es erschien daher fast unglaublich, dass in der Breite von 38° im Niveau des Meeres der wärmste Monat des Jahres noch nicht 12 Grad erreichen, also fast eben so niedrig als in Sitcha unter 57° Breite sein sollte. Aber die seitdem bekannt gewordenen Temperaturen von Monterey, San Francisco, Orford und Fort Humboldt bestätigen die Thatsache. Nun ist aus den Untersuchungen von Alex. v. Humboldt längst bekannt, dafs über ausgedehnte Plateau's die Temperaturabnahme nach der Höhe viel langsamer erfolgt, als bei isolirt aufsteigenden Gebirgen oder in der auf Tiefebenen ruhenden Atmosphäre, weil das Plateau als eine erhöhte Grundfläche angesehen werden kann, an welcher durch Insolation eine bedeutende Temperatur direct entwickelt wird. Alle in Neu-Mexico S. 50 angeführten Stationen haben eine Höhe, welche zwischen 4000 und 8000 Fufs fällt, wir haben hier also ein Plateau, welches in Beziehung auf Grofsartigkeit seiner Ausdehnung seines Gleichen sucht, da es in der mittleren Breite von 37° bis 43° in der Richtung von Ost nach West die mexicanischen tropischen Hochebenen fast um das Doppelte übertrifft ). Hier finden wir in der Höhe von 4000 Fufs als Temperatur des wärmsten Monats 20 bis 22°, also eine Temperatur, welche fast 8 bis 10 Grad höher ist, als die unter gleicher Breite an den Küsten des stillen Oceans, d. h. geradezu eine Umkehrung dessen, was wir sonst zu sehen gewohnt sind.

Bei Darstellung der Verbreitung der Wärme auf der ganzen Erdoberfläche hat man stets den Einfluss der Höhe zu sondern gesucht von dem Einflufs der Breite und Länge, d. h. man hat die Temperatur hochgelegener Stationen auf das Meeresniveau reducirt, also zu ermitteln gesucht, welche Temperatur sich an der Beobachtungsstelle finden würde, unter der Voraussetzung, dafs dieselbe im Meeresniveau gelegen. Verbindet man die Orte so erhaltener gleicher Temperatur, so er

') v. Humboldt, Kleinere Schriften I, S. 424.

hält man die gewöhnlichen isothermen Linien. Die Wärme der Luft nimmt im Allgemeinen ab, wenn wir im Niveau des Meeres uns weiter vom Aequator entfernen und wenn wir uns in derselben Polhöhe in der Atmosphäre erheben. Fragen wir also überhaupt, in welcher Richtung wir von einem bestimmten Orte aus fortschreiten müssen, um stets zu Punkten gleicher Wärme zu gelangen, so ist auf diese Frage keine bestimmte Antwort zu geben, denn es sind unendlich viele Richtungen, welche dieser Bedingung entsprechen. Alle diese Richtungen fallen in eine Fläche, welche wie die Schneegrenze sich von den Polen nach dem Aequator hin immer höher erhebt. Eine solche isotherme Fläche schneidet daher die Oberfläche der Erde in einer isothermen Linie. Beobachtungen, wie die hier aus Neu-Mexico mitgetheilten, zeigen nun, dafs diese isothermen Flächen sich nicht stets der Oberfläche der Erde nähern oder von ihr entfernen, je nachdem wir nach Norden oder Süden fortschreiten, sondern dass sie der Grundfläche, über welcher hin sie verlaufen, analoge Erhebungen zeigen. Die isothermen Flächen stellen daher in der Atmosphäre dort ein ähnliches Plateau dar, als die Grundfläche, und könnten wir an einem über dem Plateau aufsteigenden Gebirge die Schneegrenze in ununterbrochenem Laufe sichtbar verfolgen, so würde sie hier von Ost nach West eine hohe Wölbung bilden, welche sich nach dem stillen Ocean hin steil herabsenkt, nach dem Innern zu allmählig verflacht, bis sie über den atlantischen Ocean in horizontaler Richtung sich fortsetzt.

Der Grund der unverhältnifsmässigen Abkühlung der Sommer an den Küsten von Nord-Californien und Oregon liegt ohne Zweifel in der niedrigen Temperatur des die Küste bespülenden Meeres. Blodget hat aus den von Maury gesammelten Daten gefunden, dass westlich von San Francisco die Temperatur des Meerwassers das ganze Jahr hindurch fast unverändert ist, ja im Sommer, wo sie 11°.1 beträgt, sogar etwas niedriger, als im Winter. Charles Wilkes ') sagt bei der Beschreibung der Fahrt von den Sandwich-Inseln nach der Mündung des Columbia und der Fucastrafse: alle Schiffe können in der Breite von 33° bis 40° sicher auf Nebel und dunstiges Wetter rechnen. Diese Gegend kann man mit Recht die Gegend der Nebel nennen, da die Temperatur des Meerwassers sich hier zu 15° Fahrenh. (6.7 R.) erniedrigt und, was vielleicht noch merkwürdiger ist, bei der Annäherung an die Küste wiederum steigt." Wodurch diese niedrige Temperatur des Wassers hervorgerufen wird, hat sich aus der Untersuchung der Strömungen bisher nicht mit Genauigkeit ermitteln lassen.

1) Theory of the Winds p. 102 und die dabei befindliche Karte der Nebelregion.

Da aber die Temperatur des Meerwassers vorzugsweise im Frühjahr und Sommer sich unverhältnifsmäfsig erniedrigt zeigt, so findet darin die auffallende Erscheinung ihre Erklärung, dafs in San Francisco der September und October die wärmsten Monate des Jahres sind. Wie schnell aber diese Abkühlung verschwindet, wenn man in das Innere nach Osten vordringt, zeigt sich, wenn man San Diego am stillen Ocean mit dem nahe gelegenen Fort Yuma am Gila jenseits der Küstenkette vergleicht.

In einem im Jahre 1841 im Jahrbuch von Schumacher erschienenen Aufsatze ') sagte ich: „Ich habe mir immer gedacht, wie viel die Wissenschaft gefördert werden möchte, wenn die europäischen Naturforscher, welche die Ostküsten des grofsen atlantischen Wasserbeckens bewohnen, sich mit den amerikanischen Physikern des jenseitigen Ufers zu gemeinsamen Untersuchungen verbänden, vielleicht dafs in späteren Zeiten Japanesen und die Ureinwohner Californiens dieselbe Aufgabe in grösserem Mafsstabe für den stillen Ocean lösen." Der wunderbare Umschwung in den Verhältnissen beider Länder zu Europa erweckt die Hoffnung einer baldigen Erfüllung dieses Wunsches, da beide Länder seitdem so unerwartet aus dem Dunkel herausgetreten sind, welches sie bisher verhüllte.

Wir wenden uns zu den Niederschlägen, für welche viel weniger Messungen vorhanden sind, und die aufserdem in Amerika oft dadurch unsicher werden, dafs die in Form von Schnee herabfallende Wassermenge dort häufig nicht mit in die Regenmenge aufgenommen wird, während in Europa die sich durch Schmelzen des Schnees ergebende Menge stets und mit Recht zu der Regenmenge hinzugefügt wird.

Da der Luftkreis in ununterbrochener Bewegung begriffen ist, so sieht man leicht ein, dafs das Wasser nicht da herabfällt, wo es verdunstet, dass im Gegentheil die Verdunstung an einer bestimmten Stelle die Veranlassung zum Regen an einer anderen wird. Im Allgemeinen also ist das an einer bestimmten Stelle herabfallende Wasser fremden Verdunstungsquellen entlehnt, und man braucht nur einen Globus zu betrachten, um sich zu überzeugen, dass gegen das grofse Wasserreservoir, welches wir das Meer nennen, alle übrigen Wasserbehälter verschwinden; es ist also hauptsächlich Meerwasser, welches durch die Destillation, für welche die Sonne die Wärme entwickelt, sich bei späterer Abkühlung in Regen verwandelt. Da aber mit Abnahme der Wärme die Fähigkeit der Luft, Wasser zu enthalten, abnimmt, so wird die günstigste Gelegenheit für den Regen geboten sein, wenn Luft, die

') Nord-Amerika und Europa meteorologisch mit einander verglichen S. 293.

über dem Meere der heifsen Gegend gestanden, über kälteren Boden strömt. Wir haben also nach dem Aequator und zwar, wo er flüssig ist, hinzublicken, wenn wir die Quelle suchen, aus welcher der Luftkreis seinen Wassergehalt schöpft. Da aber wegen der Drehung der Erde die Winde, welche von der heissen Zone wehen, immer westlicher werden, je weiter sie fortschreiten, oder da mit anderen Worten ein Südwestwind ein Südwind ist, welcher weiter von Süden herkommt als der Südwestwind selbst, so wird in der gemäfsigten Zone der nördlichen Erdhälfte die Südwestseite die Wetterseite sein. Die gröfste Menge des Niederschlags haben wir daher an den Westküsten der Continente zu erwarten und die mächtigsten Regen da, wo unmittelbar ein hohes Gebirge an der Küste sich erhebt. Diese Bedingung erfüllen in Europa die skandinavischen Alpen, wo das Gebirge so steil nach Westen abstürzt, dafs die Querthäler, vom Meere erfüllt, sich in Fiorde verwandeln. Daher fallen in Bergen 88 englische Zoll, in Sitcha in NordAmerika 86, und die Menge ist in Procenten ebenfalls analog vertheilt, denn sie ist in

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Der Unterschied der Wärme des Wassers und des Bodens nimmt im Winter nach Süden hin immer mehr ab, und daher sinkt die in Oregon noch 60 Zoll betragende Menge weiter südlich zu geringen Gröfsen herab, Da in Neu-Mexico die Temperatur des Landes im Sommer sich so bedeutend über die der Küste erhöht, so wird die vom Meere kommende Luft an Dampfcapacität zunehmen, und so finden wir denn hier Stationen, die im ganzen Jahre die geringe Menge von 3 Zoll zeigen.

Wäre der Verlauf der Gebirge in ganz Europa von Süd nach Nord, wie in Skandinavien, so würde überall auf der Ostseite derselben eine sehr geringe Menge Wasser herabfallen, an der Westseite eine sehr grofse, der Gegensatz zwischen Schweden und Norwegen würde ein allgemeiner sein. Da aber die Hauptketten mehr der Richtung der Parallelkreise entsprechen, als der der Meridiane, so ist es bei uns die Südseite der Gebirge, welche sich durch gröfsere Regenmenge von der Nordseite unterscheidet. In Amerika aber ist die Westküste des Continents von dem östlich gelegenen Gebiete durch die mehr oder minder von Süd nach Nord laufenden Ketten der Felsgebirge getrennt, der mächtigen Wasserspiegel im Innern ungeachtet ist daher die Luft Ame

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