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und kann auch für die Paläste und Gemeinden Kretas vernünftigerweise so wenig in Abrede gestellt werden wie in Hellas, wo übrigens die zowy toría bekannt ist, auch wenn in Kreta deutliche Reste bisher noch nicht aufgefunden worden sind. Es kann jedoch nicht behauptet werden, daß diese Herdgebäude auch in Kreta kreisförmig geplant waren, wie in Griechenland und in Italien.

Für unsere Betrachtung wichtiger als die Rund baufrage ist, daß sich mit der planlichen und konstruktiven Grundlage des thessalischen Bauelements in mykenischer Zeit dekorative Einflüsse aus Kreta verbinden, welche von der Gestaltung der Säule und architektonischen Ornamentbildung ausgehend sich auch in Plastik und Malerei unzweifelhaft fühlbar machen. Gerät- und Schmuckgly ptik in Edelmetallen, Halbedelsteinen usw. sind sogar aller Wahrscheinlichkeit nach großenteils Importstücke aus Kreta, oder von kretischen Künstlern in Hellas gefertigt, oder den Importstücken nachgebildet. Der Einheitlichkeit und Bodenständigkeit der altkretischen Kunst steht daher in der mykenischen Kunst ein Kompromißzustand zwischen nordischer und kretischer Kultur gegenüber, der allerdings schon vor dem ersten Jahrtausend v. Chr. eine Entwicklung gewann, welche in der Peloponnes die nordischen Einflüsse weit hinter sich ließ, die kretische Höhe jedoch erreichte.

Daneben spielen andere Völkerkulturen nur eine untergeordnete Rolle. Die in Kreta wie in Mykenä gefundenen ägyptischen Importstücke sind nicht von wesentlichem Einfluß 1) und nur wichtig geworden für die Zeitbestimmung der in denselben Schichten vorherrschenden Keramik. Den gleichen Nutzen gewähren auch die in Ägypten ermittelten Darstellungen geschenketragender Keftiu wie die keramischen und anderen aus Kreta stammenden Fundstücke, welche durch dynastisch bestimmbare Fundstellen gewisse Datierungen ergaben).

1) E. Reisinger, Kretische Vasenmalerei 1912, S. 17.

2) Diedrich Fimmen, Zeit und Dauer der kretisch- mykenischen Kultur. Leipzig 1909. Giulio Beloch, Orgini Cretesi. Ausonia Anno IV, 1909. Roma 1910.

Wenn aber auch damit ein gewisser Verkehr zwischen der östlichen Inselwelt und dem Nilland erwiesen ist, so scheint dieser doch keinen Einfluß auf das erwähnte Kompromißverhältnis zur Folge gehabt zu haben, ganz abgesehen davon, daß die Identifizierung der Keftiu mit den Kretern, obwohl von der Mehrzahl der Forscher festgehalten, doch nicht ganz außer Zweifel steht, da die Völkerschaft der Keftiu auch auf die mykenische gedeutet worden ist. Noch weniger Verbindungsfäden finden wir den Annahmen de Caras1) gegenüber zwischen Kreta und Hethitern, wie wenigstens in der BlüteDie letzteren scheinen

zeit Kretas

mit den Phönikiern.

eher auf die mykenische Kultur von einigem merkantilen Einfluß geworden zu sein, mit dem auch die Schrift in Zusammenhang steht.

Es wird sich jedoch verlohnen, die Unterschiede zwischen kretischer und mykenischer Bauweise in Kürze zu formulieren, zumal der Verfasser hierin von manchen seiner Vorgänger abweicht. Sie bestehen in Folgendem:

Erstens haben sich die kretischen Palastanlagen, wie auch ganze Stadtquartiere als geschlossene Komplexe (Blocksystem) erwiesen. In den Stadtanlagen 2) sind die einzelnen Häuser in ihren Kommunmauern sogar so miteinander verbunden, daß die Einzelbesitzer schwer zu scheiden sind. In Troja und in der Peloponnes dagegen erweisen sich Palastanlagen und Häuser als mehr oder weniger lose Aggregate.

Zweitens steht die kretische Bauweise als fast durchgängiger Etagenbau der nahezu ausschließlich ebenerdigen Bauanlage des griechischen Festlandes und Trojas schroff gegenüber. Der mehrgeschossige kretische Hausbau ist durch die

1) Degli Hittim o Hethei e delle loro migrazioni. Civiltà catt. Ser. XVI, Vol. IV, p. 18-32.

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2) D. G. Hogarth, Excavations at Zakro, Annual of the Brit. School at Athens VII, 1900 -- 1901. R. C. Bosanquet and R. M. Dawkins, Excavations at Palaikastro, Annual VIII-XI, 1901-1905.

Harriet Boyd-Hawes, Gournia, Vasiliki and other prehistorical sites

on the Isthmus of Hieropetra, Crete. Philadelphia 1909.

kostbaren in Knossos gefundenen Hausansichten in miniaturartiger Fayence 1) unwiderleglich bezeugt und wird durch die häufigen Treppen, namentlich durch die mindestens dreigeschossige Treppenanlage des königlichen Wohntraktes in Knossos bestätigt, welcher in demselben Komplex noch mehrere kleinere Verbindungstreppen zur Seite stehen.

Damit hängt drittens zusammen, daß die kretischen Gebäude an den Straßenseiten und an den Höfen im Innern der Blockverbände mehrgeschossig gefenstert sind, wie dies die oben erwähnten Fayence-Miniaturen z. T. unter Ausschluß des meist fensterlosen Erdgeschosses unzweifelhaft machen. Diese fast modern anmutende Erscheinung fehlt in der mykenischen Architektur, welche eine so gesteigerte Raumausnutzung der minder dichten Bevölkerung wegen nicht zu gebieten schien, oder sie beschränkt sich auf kleinere Nebenräume wie auf vereinzelte Hyperoa.

Die Licht- und Luftzufuhr mußte daher viertens im Innern der Gebäudekomplexe Kretas durch Licht- und Luftschachte vermittelt werden, wie sie in Knossos und Phästos zahlreich gesichert sind und auch bei der geschlossenen Bauweise unerläßlich waren. In der mykenischen Architektur dagegen beschränkte sich die Beleuchtung und Lüftung wenigstens der Hauptsache nach auf die Türen wie auf die Decken- und Dachkonstruktion. Mit den kretischen Lichtschachten aber verbindet sich naturgemäß ein Netz von Abzugskanälen für die atmosphärischen Niederschläge und Abwasser, mit denen z. T. durch Tonröhren gedichtet auch die in Knossos nachweisbaren Latrinen und, wenn die Bäder nicht durch versenkte Wannen gebildet waren, auch die Baderäume verbunden sind. In den mykenischen Bauten dagegen scheinen die Niederschläge durch die die größeren Räume umgebenden und isolierenden engen Korridore abgeleitet worden zu sein.

In Kreta fand sich fünftens in den Haupträumen keine feste Herdbildung, so daß wenigstens für Küchenzwecke wenn

1) Arth. J. Evans, The Palace of Knossos. Provisional Report of the Excavation 1902. Annual of the Brit. School at Athens VIII, § 6, Fig. 8.

nicht auch zeitweise für Erwärmung der Wohnräume bewegliche Feuerungsvorrichtung vorausgesetzt werden muß. Der bewegliche Herd konnte dann wohl so aufgestellt werden, daß der Rauch durch die Luftschachte seinen Abzug fand. Im nordwestlichen Kleinasien und in der Peloponnes dagegen spielt der gebaute Herd im Hauptraum (Megaron) eine Hauptrolle, nicht wie angenommen worden ist, als ein nachträglicher Zusatz zu dem angeblichen kretischen Megaron, sondern als ein der Ausbildung des mykenischen Megaron sogar vorausgegangenes häusliches Requisit, weil im kleinasiatischen Norden und in Griechenland unentbehrlicher als in südlicheren Gebieten. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß es in Kreta, abgesehen von Altären, gebaute Herde überhaupt nicht gab, weil sich solche in minoischer Zeit weder in den Palästen noch in den Städten gefunden haben. Denn feste Feuerstellen mit ständig unterhaltenem Brande, wohl isoliert und durch Überbau geschützt, müssen in zivilisierten Gebieten überall vorhanden gewesen sein, um Licht und Feuer jederzeit auf Lampen und bewegliche Feuerstellen übertragen zu lassen. Es kann übrigens auch nicht unerwähnt bleiben, daß das Herdmegaron in spätminoischer Zeit bis in die Nähe von Kreta gedrungen ist, nämlich nach der Insel Melos, wo in der dritten Schicht von Philakopi ein dem mykenischen ganz ähnlicher Bau, seiner Gestalt nach wohl vom Festland importiert, gefunden worden ist 1).

Sechstens haben wir in Kreta keinerlei Andeutung von Satteldach und Giebelbildung, wie sie nach den Felsenfassaden Lykiens und Phrygiens dort als altinheimisch vorauszusetzen sind. Die piktographische Inschrift des Diskus von Phästos 2) weist gewiß auf Lykien, sowohl durch die Darstel

1) Atkinson, Bosanquet, Edgar, Evans, Hogarth, Mackenzie, Smith, Welch, Excavations at Philakopi in Melos, conducted by the British School at Athens. Supplementary paper n° 4. London 1904, Fig. 49.

2) L. Pernier, Il Disco di Phaestos. Ausonia III, 1909, S. 255 fg., Taf. IX-XIII. Ed. Meyer, Der Diskos von Phästos und die Philister

lung der Hausform mit der kielbogigen Bedachung wie durch die federgeschmückten Helme der männlichen Köpfe 1) und ist also sicher ein vereinzeltes Importstück und Kreta fremd. Die oberen Stockwerke schlossen geradlinig ab, nach einer Seite leicht geneigt behufs Abfuhr der atmosphärischen Niederschläge, die wo nicht die Traufe nach Plätzen, Straßen, Lichtschachten oder Zisternen gerichtet war, mit Kanalisation in Verbindung stand. Dies zeigen unverkennbar die mehrerwähnten knossischen Fayenceminiaturen der Hausansichten, welche außerdem kleine Überhöhungen auf der Plattform zeigen, die als Ausgänge auf die letztere und wohl auch als geschützte Lichtzulässe in die zentralen Treppenanlagen zu betrachten sind. In Griechenland dagegen, wo die Niederschläge stärker, waren wenigstens die größeren Räume mit einem niedrigen Giebeldach versehen, das in den offenen Giebeldreiecken außer Licht und Luft, vielleicht unterstützt von den Zwischenräumen zwischen den horizontalen Deck balkenlagern, auch den Rauchabzug besorgte. Wir können einen hypäthralen Dachausschnitt über dem Herd nicht annehmen, da dieser in der Regenzeit seine Bedeutung als Wärmequelle und als Koch- wie Backstelle auch dann verloren hätte, wenn über dem Hypäthrum ein übrigens nicht bezeugtes Schutzdach vorausgesetzt würde. Der Verfasser muß aber an einer Giebelbedachung wenigstens der Megara, wie er sie früher nachgewiesen hat 2), festhalten, da die Verse der Odyssee 3) uns

auf Kreta. Sitzungsber. der K. Preuß. Akademie der Wissenschaften 1909, S. 1022-1029, 3 Abb. A. della Seta, Il disco di Phaistos. Rendiconti della Accad. dei Lincei. Cl. di Sc. mor., stor. e filologiche 5. Ser., vol. XVIII, 1909, S. 297-367, 4 Tafeln. A. J. Reinach, Le disque de Phaistos et les peuples de la mer. Rev. arch. Ser. XV, 1910, S. 1-65, 22 Abb. T. W. Allen, The Phaestos disk. The Classical Review, Vol. XXV, 1911.

1) Herodot. VII, 92.

2) Beiträge zur Kenntnis des Baustiles der heroischen Epoche. Sitzungsberichte der Bayer. Akademie der Wissenschaften. München 1888. Über das Verhältnis des mykenischen zum dorischen Baustil. Abhandlungen der Bayer. Akademie der Wissenschaften 1896, S. 503. 3) Od. XXII, 239, 240, 297/8.

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