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Rabe zeigt, ist in solchen Fällen beinahe typisch für den Rn., aber gerade an unserer Stelle recht ungeschickt, da eben die Verse 977 f. vorausgegangen sind: Tiecelins cuide que voir die Por ce que en plorant li prie. Von der langen Einleitung im Rn., die den Käsediebstahl des Raben ausführlich berichtet, findet sich im RF keine Spur. In den lateinischen Parallelfabeln fehlt ein solcher Bericht gleichfalls. In verwandten Bearbeitungen finden sich des öfteren knappere oder breitere Episoden, auf welche Weise der Rabe zu dem Käse gekommen1; aber diese Episoden weichen sowohl vom Rn. als auch untereinander ab und sind wohl jeweils selbständige Erfindung des betreffenden Dichters. Da der RF zu den älteren Darstellungen stimmt, ist es wahrscheinlich, dass die Episode im Rn. Zusatz eines Überarbeiters ist. Dazu kommen einzelne Übereinstimmungen dieser Episode mit der Hahnfabel, auf welche Martin hinweist 2: das liefse noch auf (spätere) Beeinflussung durch diese Fabel schliefsen. Ganz besonders mufs im RF der abweichende Schlufs und die Verknüpfung mit einem Jagdabenteuer auffallen. Hierdurch bekommt die Erzählung eine völlig andere Färbung: der Bösewicht wird für seinen Verrat bestraft, während er im Rn. die Frucht desselben geniefst. Man mufs dem Gl. eine grofse Selbständigkeit gegenüber seiner Vorlage zuerkennen, wenn man diese Abweichung auf seine Rechnung setzen will. Dabei ist die Verbindung mit der Jagdepisode so eng, dass man sie ungern dem Gl. zuschreibt, wenn man bedenkt, wie wenig Mühe er sich giebt, z. B. die erste Erzählung mit der zweiten oder diese mit der dritten zu verknüpfen. Dafs zudem die Jagdscene im gegenwärtigen Rn. keine Entsprechung findet, soll unten (s. No. IV) auseinandergesetzt werden. Vielleicht wurde die Jagdscene hier unterdrückt, nachdem das in der franz. Branche vorausgehende Meiseabenteuer eine ähnliche durch die Verbindung mit der Friedensfabel als Abschlufs erhalten: die Einförmigkeit sollte vermieden werden. Der Dichter, welcher diese Veränderung vornahm, war dann vermutlich derselbe, welcher die Einleitung unter Benutzung der Hahnfabel hinzufügte.

5. In einem weiteren Punkte ist der Rn. unursprünglich, wo es auf den ersten Blick der RF zu sein scheint: in der Beziehung auf das Katerabenteuer V. 953 ff., 970 ff. Martin3 erklärt die Reihenfolge Rabenabenteuer Katerabenteuer im RF für unursprünglich, weil ersteres sich auf die Wunde beziehe, die R. im letzteren erhalte, wogegen im Rn. richtig jenes auf dieses folge; hierzu hat Lange 4 mit Recht bemerkt, dafs der Fuchs gegen den Raben nur fingiert, und diese Fiktion sei im Rn. irrtümlich auf die Verwundung in dem anderen Abenteuer bezogen worden. In

1 Vgl. Marie de France 14; Lafsbergs Liedersaal 2, 109 (= Grimm S. 358); Keller, Altdeutsche Erzählungen 523).

2 V. 878 ff. zu 427 ff., V. 952 cheant levant zu 70. Martin Obs. S. 33. 3 Examen critique S. 14. Obs. S. 110.

Progr. Neumark 1887 S. 14.

der That ist die List des Fuchses im RF ihrer Art nach keine andere als etwa die, welche er im Bachenabenteuer (RF 449 ff., Rn. V 61 ff.) gegen den Bauern oder beim Fischdiebstahl (Rn. III I ff.) gegen die Fischhändler anwendet, und setzt eine wirkliche Verwundung ebensowenig voraus, als etwa das letztgenannte Abenteuer ein wirkliches Totsein. Die Erwähnung der Wunde kann auch gar nicht erst durch das Katerabenteuer hereingekommen sein, da sie ein wesentliches, unentbehrliches Moment unserer Erzählung bildet; und im RF läfst jedenfalls nicht das Mindeste darauf schliefsen, dafs ursprünglich die wirkliche Wunde des folgenden Abenteuers gemeint sei. Hingegen im Rn. liegt die Beziehung thatsächlich vor. Dafs sie aber auch hier unursprünglich ist, zeigt nicht nur der Umstand, dafs weder vor noch nach den Angriff auf den Raben von der Wunde die Rede ist oder deren Wirkung sich geltend macht, sondern auch deutlich die Worte des Raben V. 1011 f.: Je fis que fous que vous creoie Puisque escacier vos veoie; auch V. 177: Tiecelins cuide que voir die weist auf diese ältere Form zurück.1

6. Resultat: Die Vorlage des Gl. entbehrte die Einleitung sowie die Beziehung auf das Katerabenteuer; der Schlufs wurde später von dem Dichter der Einleitung umgearbeitet.

IV. Jagdabenteuer.

RF 285-312: Im Begriff den gewonnenen Käse zu verzehren, wird R. von Jäger und Hunden aufgescheucht. Der erzürnte Rabe weist diese auf Rs. Fährte; der Fuchs ist in grofser Gefahr. Er duckt sich unter einen umgefallenen Baumstamm; die Jagd geht über ihn hinweg.

Hierzu vergleicht Jonckbloet Br. 6, 1863 ff. (= II 600--664) und Br. 6,2443 ff. (= XV 299-364).

II 600-664: Während R. sich noch mit der Meise unterhält, kommen die Jäger. Er flieht und stöfst auf einen Eremiten, der zwei Hunde an der Leine führt. Er überzeugt diesen, dafs es unrecht wäre, ihn in solcher Gefahr aufzuhalten. Der fromme Mann befiehlt ihn in Gottes Schutz; R. flieht weiter. Als er über einen grofsen Graben setzt, lassen die Hunde von seiner Verfolgung ab, da sie sich nicht mehr auskennen. R. ist nun in Sicherheit; er droht seinen Feinden.

XV 299-364: R. hat geschworen, den Kater Tibert, der ihm eine Wurst entwendet hat und damit auf einen Baum geflüchtet ist, 7 Jahre lang zu belagern. Als er aber Hundegebell hört, wendet er sich zur Flucht, trotzdem ihn Tibert an seinen Eid mahnt. Die Hunde verfolgen ihn. Aber

1 Man könnte noch an RF 278 f. Anstofs nehmen: R. balde ûf spranc, Geliche als er niht ware wunt. Doch braucht dies kaum etwas anderes zu bedeuten als das im Roman so häufige con cil, come cil und ist vielleicht nichts als die Übersetzung eines solchen, etwa: Lors saut Renars sus en ses pies Come cil qui n'estoit bleciez,

R. kennt das Land genau und entkommt ohne Schaden. Er schwört Tibert Rache.

Man sieht, die beiden Episoden haben mit dem RF nicht viel mehr gemein, als dafs es Jagdabenteuer sind: R. wird verfolgt und entkommt, wie zu erwarten, schliesslich mit heiler Haut. Besonders die zweite Parallele entbehrt jeden charakteristischen Zug bei der Verfolgung. Die erste Parallele ist dem RF wenigstens insofern ähnlicher, als an einer bestimmten Stelle die Rettung des Fuchses sich vollzieht; aber schlagend ist die Übereinstimmung auch nicht.

Es giebt indes im Rn. noch mehr Episoden der Art. Die Verfolgung nach dem Katerabenteuer Br. II 821-831 (6, 2083—93) ist allerdings wie XV 299 ff. zu wenig charakteristisch. Aber Br. XVI 639 ff. (11,5493 ff.) zeigt insofern eine nähere Übereinstimmung, als hier R. sich verbirgt und die Jagd an sich vorbeigehen lässt.1 Noch näher steht vielleicht Br. IX 440 ff. (25, 15756 ff.), wo R. sich in eine hohle Eiche versteckt 2; wenn man überhaupt eine Parallele haben will, scheint mir diese am meisten Anspruch auf Beachtung zu haben. Natürlich ist eine direkte Benutzung ausgeschlossen; aber nach unseren bisherigen Resultaten ist ja die Möglichkeit einer gemeinsamen Quelle gegeben.

Resultat: Die Quelle des Abenteuers läfst sich im Rn. nicht direkt nachweisen, da in der Überarbeitung des Rabenabenteuers die Verfolgung überhaupt beseitigt ist; möglich, dafs das Original unseres Abenteuers von dem Dichter der IX. (25.) Branche, vielleicht auch - direkt oder indirekt von Pierre von St. Cloud benutzt wurde.

V. Fuchs und Kater.3

1. Über die Herkunft der Fabel lässt sich nichts sagen. Benfeys Parallelen aus indischen Fabelsammlungen verwirft Martin.4 In der That dürfte blosse Übereinstimmung der Grundidee 'wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein' kaum genügen, um eine nähere Beziehung erkennen zu lassen. Von den mündlichen Varianten zeigt das slavische Märchen 'Kater und Fuchs' (Krauss II, No. 39) entfernte Ähnlichkeit: der Fuchs gerät in die Falle, der

1 Dedenz un terrain s'est repost Tant que li chien s'en sont outré. 2 El crues d'un chainne se repost (Hs. N: Desouz un chainne s. r.) Tant que li chien soient passé Qui molt l'avoient ja lassé. Vgl. dazu RF 308 ff.: Er sihet, wâ ein rone lit, Darunter tet er einen wanc, Manec hunt dar über spranc. Br. IX und XVI stehen hier in ersichtlicher Beziehung zu einander.

3 Heinrich sagt zwar V. 313 diu katze und 314 sie. Das ist indes wohl nur ein kleiner Lapsus: er setzte für das franz. li chaz den deutschen Gattungsnamen diu katze. Aber auch er verstand darunter den Kater, wie die Beibehaltung des männlichen Namens Diepreht und der weitere Gebrauch des männlichen Pronomens zeigt.

4 Pantschatantra I 184 f. Martin, Obs. S. 33.

Kater rät ihm, sich tot zu stellen; so entkommt er. Der Dichter wird also vermutlich aus mündlicher Überlieferung geschöpft oder seinen Stoff frei erfunden haben.

Auch in den Tierepen erscheint die Fabel nur im Rn. und RF. Eine ausgeführte Erzählung bietet Br. II 665-842 (6, 19292102); Anspielungen Br. Va 756-58 (19,8734-36) und XXIII 509 f., 535-42. Dafs bei den zahlreichen Beichten des Fuchses und Anklagen gegen ihn das Abenteuer nicht ofter erwähnt wird, findet seinen Grund wohl darin, dass der Fuchs hier gar nicht zur Ausführung des Betruges gelangt, vielmehr selbst der Betrogene ist. In diesem Sinne geschieht die Erwähnung in Br. XXIII; nur Br. Va verwendet das Abenteuer als Anklage gegen den Fuchs. Vgl. noch XV 10 f. (6, 2112), und II 1148 (1,668).

2. Inhaltsübersicht.

Bei

R. erblickt den Kater Tibert, wie er sich mit Sprüngen belustigt. einem Sprunge bemerkt T. den Fuchs und begrüfst ihn freundlich.' R. erwidert die Begrüfsung nicht, er droht T. (665—85).

T. ist hierüber sehr betrübt (681— 85). R. hat so schlechte Laune, weil er den ganzen Tag gefastet hat (686— 89). Doch T. fühlt sich sicher im Vertrauen auf seine Zähne und Nägel (690-95). Nun ändert R. sein Benehmen: er wirbt T. als Bundesgenossen gegen Isengrin (696— 708). T. ist sehr erfreut über den Antrag ; auch er hat mit Isengrin noch ein Hühnchen zu rupfen (709— 18). Aber trotz der eben geschlossenen Freundschaft hat R. Schlimmes im Sinn (719-23).

Auf engem Weg erblickt er eine Falle. Er selbst meidet sie; aber dem Kater möchte er einen Streich spielen (724-32).

Er rühmt Ts. 'schnelles Pferd' und möchte seine Schnelligkeit sehen (733 -43).

R. begegnet Dieprecht und umarmt ihn. Er begrüfst seinen Neffen freundlich und freut sich sehr ihn zu sehen (313-17).

(vgl. 325-30).

Er hat viel von Ds. Schnelligkeit gehört, die möchte er gern sehen (818 -20).

D. ist gern dazu bereit; aber R. will ihn nur in eine Falle bringen (821-30).

1

"Sire' fait il (i. e. Tibert) bien vegnes vos' sprach willekome, neve, tûsent stunt . . .'

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T. läuft; als er abermals an die Falle kommt, merkt er die List und weicht zurück (744-51).

R. tadelt Ts. schlechtes Pferd, es gehe schief; T. soll nochmals laufen und sein Pferd gerade führen (75260).

T. läuft von Neuem (761 f.).

Er springt über die Falle hinweg (763 f.).

R. sieht sich in seiner Hoffnung getäuscht und sinnt auf neue List (765-70).

Er tadelt von Neuem Ts. Pferd (771-74).

T. entschuldigt sich und wiederholt den Lauf (775-78).

Währenddem erscheinen zwei Hunde (779 f.).

R. und T. erschrecken und fliehen den Weg entlang (781-86).

Als sie an die Falle kommen, will R. ausweichen; aber T. stöfst ihn von hinten mit dem linken Arm, sodafs der Fuchs mit dem rechten Fufs in die Falle gerät (787 -90).

Nun sitzt R. in der Falle fest, durch Ts. Schuld; das ist schlimme Kameradschaft (791-800).

T. verspottet R. und geht ab (801-8).

R. ist schlimm dran; denn die Hunde halten ihn in der Falle (809 f.).

Der Bauer kommt näher und hebt

die Axt (811 f.).o

D. kennt die Falle wohl; er läuft und springt darüber hinweg (331-35).

R. lobt seine Schnelligkeit; er selbst will ihm nun noch höhere Sprünge beibringen (336–44).

D. kann selbst hohe Sprünge; R. soll nurmitkommen (345—47).

Sie wollen sich einander betrügen; D. läuft voran (348-50).

D. springt über die Falle weg und bleibt dahinterstehen; der Fuchs stöfst sich daher an ihn und kommt mit dem Fufs in die Falle (351—55).

D. befiehlt ihn Lucifer und geht ab (356-58).

R. bleibt in Todesangst in der Falle zurück (359-361).1

Als er den Weidmann kommen sieht, hängt er den Kopf auf die Falle; der Bauer berechnet bereits den Erlös für den schönen Fuchspelz (370-72).

Er holt zum Schlage aus (370-72). a

1 Er wânde den grimmigen tôt Vil gewislichen hân CHMn, nach V. 812: Peor ot Renart de morir.

2 Leva sa hace

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Die aks er af heben began. Vgl. auch Und sluoc stoas er mohte ersiehen zu 812 Var. (CHMn) Son coup rua de grant aïr.

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