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Die Gründung der Landesschule zur Pforte

und die

Hauptepochen ihrer Entwickelungsgeschichte.

RENON EST

PORTA COELI

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HIC ALIVONISI-DO.

Altes Schulsiegel.

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die gleichzeitigen Urkunden, aus denen die Gründungsgeschichte der Landesschule zur Pforte geschöpft werden muss, fast alle in deutscher Sprache geschrieben, mithin jedem verständlich sind, so erscheint es angemessen die Urkunden so viel wie möglich selbst reden zu lassen, das heisst, grössere Stücke derselben in den Text aufzunehmen und diese, wo es erforderlich ist, zu erläutern. So ist zu hoffen, dass die Züge des verblichenen Bildes, die sich noch herstellen lassen, möglichst treu und anschaulich wiedergegeben werden.

Obwohl Herzog Georg von Sachsen ein entschiedener Gegner Luthers war, so hatte er doch ein offenes Auge für die Mängel und Missbräuche in den Einrichtungen und Bräuchen der Kirche; insbesondere leuchtete ihm die Zwecklosigkeit der Klöster in ihrer damaligen Verfassung und Stellung zum Staate und die Entartung des ganzen Klosterlebens ein. Ohne Rücksicht auf die wohlverbrieften Privilegien derselben setzte er ihnen weltliche Visitatoren, bevormundete die Abtswahlen, verlangte Rechenschaft über die Verwendung der Einkünfte, forderte Beschränkung der Ausgaben auf das Nothwendige, wollte die Ueberschüsse zu gemeinnützigen Zwecken verwandt wissen und nahm Urkunden und Kleinodien der Klöster in Verwahrung. Ohne es zu wollen that er damit den ersten Schritt zur Säcularisierung

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derselben. Dieses Loos traf in vollem Maasse das Kloster St. Marien zur Pforte, wie aus dem erhaltenen Briefwechsel des Herzogs Georg und seiner Räthe mit dem letzten Abte Peter Schederich, dem Convent der Mönche und dem Abt von Walkenried, wie aus anderen genauen Nachrichten erhellt. 1) In dieser Zeit war es, wo von den Prälaten des Herzogthums Sachsen zuerst der Gedanke der Errichtung von Klosterschulen ausgesprochen wurde. In einer Antwort derselben auf eine Vorlage des Herzogs Georg betreffs der Erhaltung der Klöster sagen dieselben, es dünke ihnen zu dem Zwecke bequem zu sein, dass in einem jeden vermögenden Closter eine Schule vor junge Knaben und Gesellen aufgerichtet werde, dergestalt, dass sie darinne mit ziemlicher Versorgunge unterhalten, desgleichen, dass sie durch einen gelehrten und christlichen Präceptorem unterwiesen werden und zu dem gezogen, das in dem Closterleben und geistlichen Stande dienlich. " 2) In der ablehnenden Antwort des Herzogs Georg heisst es unter andern: „So wird man sonderlich schwerlich bekommen geschickte Knaben, die sich in Klosterschulen begeben; denn sie besorgen sich des währendlichen Aufruhrs, dass man sie Mönche oder Wölfe heisse." 3)

Als nach dem Tode des Herzogs Georg 1539 die Länder desselben an dessen Bruder Heinrich fielen, ward auch hier die Kirchenverbesserung allgemein durchgeführt, insbesondere wurde die Säcularisation der Klöster unverweilt in's Werk gesetzt. So wurde im Jahre 1540 auch das Cisterzienserkloster St. Marien zur Pforte nach vierhundertjährigem Bestehen aufgehoben; der letzte Abt Peter Schederich und die noch vorhandenen elf Mönche und vier Conversen oder Laienbrüder erhielten lebenslängliche Pension 4) und zogen aus den Klostermauern in die Welt hinaus. Drei Jahre lang haben die Räume des Klosters öde und leer

1) Bertuch, Teutsch. Pfört. Chron. S. 85 f. vgl. Wolff, Chron. II, 653 f. 680 f.
2) Derer Geistlichen Antwort auf Hertzog Georgens Vortragen, das Concilium und

die Visitation betreffend, Bertuch, Teutsch. Pfört. Chron. S. 110 f.

3) Hertzog Georgens Antwort auf der Prälaten Rathschlag, Bertuch, a. O. S. 112. 4) Die von den Sequestratoren darüber ausgestellte Urkunde vom 9. November 1540 ist abgedruckt bei Bertuch, Teutsch. Pfört. Chron. S. 129 f. Der Abt Peter Schederich ist hernach Luthers Beispiel gefolgt und hat sich verheirathet. Im k. Sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden befindet sich ein „Vergleich zwischen Hertzog Moritz zu Sachsen und Peter Schederichs, Abts zu Pforta, Wittwe über die Verlassenschaft des Abtes. Dienstag nach Udalrici 1546.“ F. III. Abth. Reg. Erfurt, c. Kriegssachen. N. 3. Fol. 20 und ein Bericht über dessen Verlassenschaft, a. O. Fol. 22.

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gestanden, während das Vorwerk und das Gut desselben sequestriert wurde.

Als nach Heinrichs Tode Herzog Moritz zur Regierung kam, liess er am 18. November 1541 eine Vorlage an den Landtag des Herzogthums Sachsen gelangen in Betreff der schon eingezogenen oder noch einzuziehenden geistlichen Güter, in welcher der Vorschlag gemacht wird, einen Theil derselben zur Errichtung von Schulen zu verwenden. Es heisst in demselben: „So kondt man auch davon verordnen eyne Underhaldung der Schulen, Lar und Kinderzucht, das armer Leuthe Kinder wol gezogen und gelernet wurden." 1) Es war insbesondere Dr. Commerstadt, der treue Rath des Herzogs Moritz, ein Mann von wissenschaftlicher Bildung, weitem Blick und praktischer Geschäftskenntniss, 2) von dem der Gedanke ausgieng, einen Theil der Einkünfte der geistlichen Güter zur Errichtung gelehrter Schulen zu verwenden. Eine Stelle aus einem Briefe desselben lautet: „Es ist an deme, dass ich von Anfange zu den angerichteten Schulen treulich und fleissig gerathen, und ist jemand in diesem Lande, der solcher Schulen Erhaltung gerne sähe, so bin ich auch einer; denn ich weiss, dass dis Werk Gott gefällig ist." 3) Aber auch andere Räthe des Herzogs Moritz, unter ihnen Ernst von Miltiz, waren desselben Sinnes wie Commerstadt.

Dass in dem früheren Cisterzienserkloster St. Marien zur Pforte eine gelehrte Schule errichtet werden sollte, findet sich zuerst ausgesprochen in einer Vorlage des Herzogs Moritz an den grossen Ausschuss der Stände vom 16. Januar 1543 zu Dresden. 4) Die betreffende Stelle in derselben lautet folgendermassen: „Und dieweil viel Edelleut, Burger und andere gemeine Leute ihre Kinder zu denselben gemeinen Schulen Bedencken haben zu halten, ader dartzu unvermugens seint, wollen wir von unsers auch des hochgebornen Fürsten Hern August Hertzogs zu Sachsen und unsers lieben Bruders wegen, auch mit seiner Lieb Vorwissen von den geistlichen Gutern vor unserer Underthanen Kinder und sunst vor Niemandt anders drey Schulen aufrichten, nemlich eyne zu

1) Sammlung vermischter Nachrichten zur Sächsischen Geschichte. Bd. VI, S. 122. 2) v. Langenn, Moritz Herzog und Churfürst zu Sachsen, Bd. II, S. 105 f. 3) Müller, Versuch einer vollständigen Geschichte der Landesschule zu Meissen, I, S. 180. Beilage V.

4) Handlung mit dem grossen Ausschuss am Tage Marcelli, den 16. Januar zu Dresden 1543. im k. Sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden, No. 9353. Fol. 5b f.

Meyssen, dorin sollen siebentzigk Knaben, zu Merseburgk eine, dorin sollen biss zu sechzig Knaben, in dem Closter Pforta eine, dorin sollen ein Hundert Knaben gehalten und sampt iren Schulmeistern, Baccalaurien, Cantoren und notdurftigen Dienern mit Essen, Lager, jerlich zehen Elen Tuchs zu einem Rocke und anderm versehen, zu gotlichem Lobe gezogen, zu den Sprachen, Zucht und Tugenden underweiset werden. Und sollen under den zwei hundert und dreissig Knaben sechs und siebenzig Knaben, auch nicht mehr noch weniger den der gantzen Summa der dritte Theil, von dem Adel sein. Welcher Gestalt sie aber underweiset und mit der Kost gehalten werden, das wollen wir mit Radte der Gelerten verordenen lassen. Und soll ein jeder, der zu dem Studio geschickt, sechs Jhar aldo mit Lare und Kost versorgt sein. Doch das keiner under elf oder zwölf Jaren und keiner uber funfzehn Jar seines Alters, der zu dem wenigsten schreiben und lesen kann, angenohmen werde. So ofte auch eine Stel zu der Schulen durch Ausstziehen der Knaben oder durch iren Abgangk, ader wue einer zu dem Studio nicht geschickt befunden, ledig befunden wirdet, sal alwege ein ander an seine Stadt verordent werden."

Weiterhin wird dann bestimmt, dass die erledigten Präbenden der geistlichen Stifter zu Stipendien für die Schüler der drei zu gründenden gelehrten Schulen verwandt werden sollen.

Sehr bezeichnend für den Sinn und die Absicht, in der die drei Fürstenschulen gegründet worden sind, ist nun die Antwort der Stände auf die Vorlage des Herzog Moritz. 1) Es heisst in derselben: „Und sovil den ersten Artickel betrifft, als die Bestellunge der Kirchen und Pfardiener uffm Lande und in Stedten, auch der Schulen, also der drey Schulen, eyne zue Meissen, die ander zu Merseburgk und die dritte in der Phorten uffgericht werden sollen, lassen wir unss denselben gefallen und wissen dorannen wenigk zu verbessern; insonderheit das in dennselbigen Schulen die Jugend in den Sprachen und ersten Fundamenntenn underweysset und also gelernth werden, das sye volgends in der Universitet vornemlich in der heiligen Schrifft und anderm studieren und Grundt bekommen mugen; also, wan mit der Zeyth die ytzigen Pfarrer, Prediger und Selsorger in Ew. fürstl. Gnaden Fürstenthumb abegehen, damit man an Stadt derselbigenn andere gotfurchtige, rechtschaffene und gelehrte Predigere,

1) K. Sächs. Hauptstaatsarchiv z. Dresden, a. O. Fol. 16 a.

DIE GRÜNDUNG DER LANDESSCHULE ZUR PFORTE.

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Pfarrer und Seelsorgere, beide uffm Lannde und in Stedten haben möge, welche aus waren Grunde götlicher Schrifft die rechtschaffene christliche Lehre erhalten und vor Anfechtunge der irrigen Lehrer, die zu besorgen mit der Zeith uffstehen möchten, vortheydingen, und unchristliche Missbreuche vorkommen helffen mögen. Wir bitten auch underthenigk, Ew. fürstl. Gnaden wolthen von der Landschafft Leuthe darzue verordenen lassen, die beneben Ew. fürstl. Gnaden Rethenn und Verordenthen die Dinge ins Wergk und Usführunge bringen."

Die Stände haben also bei der Gründung der drei Schulen den praktischen Zweck im Auge, dass durch dieselben tüchtige Pfarrer und Kämpfer für den protestantischen Glauben gebildet werden sollen.

Das Ergebniss der bisherigen Verhandlungen und Beschlüsse über die Gründung der drei Schulen ist dann veröffentlicht in der neuen Landesordnung des Herzogs Moritz vom 21. Mai 1543.1) Der die Schulen betreffende Abschnitt in derselben beginnt folgendermassen:

,,Und nachdeme zu christlicher Lahr und Wandel auch zu allen guten Ordenungen und Policey von nöten, das die Jugent zu Gottes Lobe und inn Gehorsam erzogen, in den Sprachen und Künsten und denn vornemlich in der heiligen Geschrifft gelernet und unterweiset werde, damit es mit der Zeit an Kirchendinern und andern gelarten Leuten in unsern Landen nicht Mangel gewinne, seind wir bedacht von den verledigten Clöster- und Stifftgütern drey Schulen auffzurichten, nemlich eine zu Meissen, darinne ein Magister, zweene Baccalaurien, ein Cantor und sechtzig Knaben, die ander zu Merseburg, darinnen ein

1) Der vollständige Titel derselben ist: „Des durchlauchtigen Hochgebornen Fürsten Herrn, Herrn Moritzen, Hertzogen zu Sachssen, Landgraven inn Düringen und Marggraven zu Meissen dreier Schulen und in etlichen andern Artickeln Newe Landsordnunge. D. M. XLIII." Der Schluss lautet: „Zu Urkund mit unserm auffgedrückten Secret besigelt unnd geben zu Dresden Montags nach Trinitatis im XLIII Jar," S. 2: „Von dreien newen Schulen, der Zulage, so der Universitet geschehen, und etlichen Stipendien vor arme Studenten." Die Schrift ist in diesem Jahr mehrmals gedruckt, unter andern auch zu Leipzig durch Nickel Wolraben und dem Codex Augusteus einverleibt (T. I, p. 14 f.). Der Abschnitt „Von den dreyen neuen Schulen" ist handschriftlich vorhanden im Archiv der Landesschule, in einem Quartbande, auf dessen erstem Blatte geschrieben steht: „Fundation der Schulen zur Pforten aus den Pförtischen Brieffen und andern Historien zusammengeschrieben." Das Manuscript ist 1602 nach dem 24. August niedergeschrieben, also auch jener Abschnitt wohl nur aus der Druckschrift entnommen.

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