6. Die St. Margarethenkapelle. Aus einer Urkunde des Bischofs Hermann von Camin vom 6. December 1266 ergiebt sich, dass in dieser Zeit eine Kapelle der heiligen Margaretha zur Pforte im Bau begriffen war. Zur Förderung desselben ertheilt der Bischof allen, die zu demselben hülfreiche Hand leisten oder am Tage der Einweihung und den Jahrestagen derselben die Kapelle besuchen würden, falls sie ihre Sünden bereut und gebeichtet hätten, einen Ablass von vierzig Tagen und einer Fastenzeit von der ihnen auferlegten Busse. Dass die St. Margarethenkapelle drei Jahre später fertig war erhellt aus einer vom Bischof Friedrich von Treviso im Jahre 1269 zur Pforte ausgestellten Ablassurkunde, wo derselbe damals wahrscheinlich als päpstlicher Legat Geschäfte hatte. Eine dritte Ablassurkunde endlich ausgestellt zu Naumburg am 6. April 1355 von Johannes, Bischof von Bersaba in partibus infidelium und Vikar des Bischofs von Naumburg, beweist, dass in der St. Margarethenkapelle noch in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts Gottesdienst gehalten wurde, der wichtig genug erschien, um durch Ablass gefördert zu werden. Es fragt sich nun, wo diese nicht mehr vorhandene St. Margarethenkapelle gestanden hat. Bertuch kennt sie nur aus der Urkunde des Bischofs Heinrich von Camin und sagt nichts über die Lage derselben.1) Schamel aber bemerkt dazu: „S. Margarethen soll a. 1256 erbauet sein. Ob es diejenigen gewesen, so dem Schlaff-Hause gegen über nordwerts gestanden und vor wenig Jahren abgebrochen worden, kan nicht gewiss melden. Hiebei der Abriss zu sehen." 2) Die Abbildung bei Schamel zeigt, dass diese Kapelle westlich von dem Scheunengebäude des Vorwerks, zwischen diesem und dem Brauhause, also dem neuen Schlafhause, das heisst der westlichen Hälfte des Schulhauses gegenüber stand, auf dem Platze der jetzigen Krankenanstalt. An eben dieser Stelle steht sie verzeichnet auf einem Plan oder Prospect der Landesschule, der zwischen 1712 und 1733 während der Verpfändung derselben an das Haus Weimar angefertigt ist. 3) Aus den beiden schlechten Abbildungen ergiebt sich so viel, dass diese Kapelle des Vorwerks an der Südseite zwei Spitzbogenfenster mit Dreipässen hatte, zwischen denen ein Strebepfeiler stand, an der östlichen Giebelseite ein eben solches Fenster, auf dem Dache einen hölzernen Glockenthurm von derselben Form wie die Kirche des Klosters, einen sogenannten Dachreiter. Da diese am Vorwerke gelegene Kapelle also im älteren Spitzbogenstil erbaut und mit einer Glocke versehen war, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass dies eben die St. Margarethenkapelle war, die nach der Urkunde des Bischofs Heinrich im Jahre 1266 im Bau begriffen ist, mit deren Glocke nach der Urkunde des Bischofs Johannes von Bersaba vom 6. April 1355 des Abends geläutet wurde, das heisst doch wohl: für die Klosterleute, die auf dem Vorwerk und den zunächst gelegenen Aeckern arbeiteten, das Zeichen zum Feierabend gegeben wurde. 1) Ist das richtig, so war die St. Margarethenkapelle am Vorwerk hauptsächlich zum Gottesdienst für die Conversen und das Gesinde des Klosters auf dem Vorwerk bestimmt, die dort täglich wiederholt ihr Weg vorbeiführte, und diesen insbesondere will Bischof Johannes Ablass ertheilen, wenn sie die Kapelle besuchen, oder auch nur beim Abendläuten nach Beendigung ihrer Arbeit knieend ein Ave Maria beten. Die in der Abbildung bei Schamel verzeichneten Risse des Mauerwerks zeigen, dass dieselbe um 1720 bis 1730 schon baufällig war, daher um diese Zeit bei Gelegenheit eines Umbaues oder Anbaues des Brauhauses weggerissen wurde, in derselben Zeit, wo die Kirche und der Kreuzgang so arg verbaut und entstellt wurden. 2) 1) Bert. Teutsch. Pfort. Chron. S. 26. 2) Schamel zu Bert. a. O. S. 193. 3) Derselbe befindet sich auf dem Rentamte zu Pforte, wie schon oben mehrfach erwähnt ist. 1) Schorcht, Merkw. d. Pfört. Kirch. S. 7: „St. Margarethen, so 1256, oder, wie andere meinen, 1266 erbauet worden, und wohl keine andere ist, so an dem Orte gestanden, wo itzo das Brauhaus stehet, bei dessen Erbauung sie eben von Grund aus abgebrochen." Da das Brauhaus schon 1593 und früher bestand, wie oben gezeigt ist, so kann um 1730 höchstens ein Umbau oder eine Erweiterung desselben vorgenommen sein. 2) Kapellen haben sich wohl auf allen bedeutenderen Vorwerken und Wirthschaftshöfen der Cisterzienser wie anderer Klöster befunden, vergl. Eckstorm, Chron. Walkenred. p. 88. Leukfeld, Antiq. Walkenred. I, 109. 111. 114. Auch mitten im Felde standen hie und da Kapellen, a. O. 165. 167. Eine solche muss einmal auf dem Käplenberge an der Windlücke gestanden haben, ungefähr an der Stelle, wo jetzt das Weinbergshaus steht. Es gab im Kloster zur Pforte ausser den genannten noch unbedeutendere Kapellen, deren Namen nicht bekannt sind. Schorcht, a. O. erwähnt eine solche „an der Diakonatwohnung" und eine andere „über dem Pfortenthor". Jene ist jetzt ein freundliches Gartenzimmer, aus dessen einfachem Kreuzgewölbe sich kein Schluss ziehen lässt auf die Zeit ihrer Erbauung. Es erhellt nur, dass sie ein Spitzbogenbau war. 7. Die ewige Lampe. Im zwölften und dreizehnten Jahrhundert standen häufig in der Mitte der Kirchhöfe bekreuzte Säulen mit einem offenem Raum in der Spitze, in welchem entweder allnächtlich oder an bestimmten Festtagen Lampen brannten. An ihrem Fusse befand sich gewöhnlich ein kleiner Altar, wo bei Beerdigungen Messe gelesen wurde. Nicht selten finden sich aber auch statt dieser Fanale Begräbnisskapellen, über deren Bedachung sich wie der Thurm einer Kapelle eine Spitzsäule erhebt. 1) Zur Feier der Seelenmessen wurden namentlich an den Vigilien Kerzen angezündet an den Gräbern, und so geschah dies auch am Tage AllerSeelen, am 2. November, wo man für die Seelen der Verstorbenen betete. 2) Der Zweck dieser Fanale mit ihren Altären so wie der Kapellen war also der Gottesdienst und das Gebet für die Seelen der Verstorbenen, und die Kerzen derselben dienten zur Feierlichkeit, nicht zur Erhellung des Gottesackers wie heut zu Tage Gaslaternen zur Strassenbeleuchtung. Wo die Kerzen unausgesetzt oder allnächtlich brannten, geschah dies deshalb, damit man dort zu jeder Zeit mit aller Feierlichkeit für das Seelenheil der Verstorbenen beten könne. Noch steht auf dem Gottesacker zu Sangerhausen neben der St. Marienkirche eine solche ewige Lampe oder Kirchhofskapelle. Die sogenannte ewige Lampe auf dem Kirchhofe zur Pforte, südöstlich von dem hohen Chor der Kirche ist eine sechseckige Kapelle mit einer sechsseitigen abgestumpften Pyramide als Dach, auf dessen Abplattung sich wie ein Kapellenthürmchen eine durchbrochene Spitzsäule im älteren Spitzbogenstil erhebt. Ueber den Ursprung derselben giebt eine Urkunde vom Jahre 1268 Auskunft, in der die Aebte Ditmar von Walkenried und Albero zur Pforte bestimmen, dass aus den Einkünften des Klosterguts zu Damsla, das dem Küster zu überweisen sei, von demselben ein Talglicht beschafft werden solle, das zur Nachtzeit auf dem Gottesacker zur Pforte brennen solle an einer Stelle, die Abt Albero für zweckmässig erachten würde. Zugleich 1) M. de Caumont, Abécédaire ou rudiment d'archéologie, p. 224 f. A. G. Lange, Vermischte Schriften und Reden, v. K. G. Jacob: Die ewige Lampe, S. 199. 200. 2) In einem Naumburger Mortuologium, welches die Sterbetage und die jährlichen Seelenmessen verzeichnet, findet sich häufig die Bestimmung: „Ponetur candela," zum Beispiel: „IX Januarii obiit Eckardus Marchio, et ponetur candela de talento cere, quam dat prepositus," Lepsius Kleine Schriften. 1, 31 f. |