Imágenes de páginas
PDF
EPUB

EINLEITUNG.

Eine Erörterung des in vorliegendem Bande gebotenen Materials nach der diplomatischen und historischen Seite hin ist nur insofern beabsichtigt, als dadurch dem Benutzer eine leichtere Uebersicht dessen gegeben wird, was er für seine Zwecke vorfindet, und dadurch zugleich die Möglichkeit sich bietet, auf einige einschlägige, namentlich diplomatische Fragen, näher einzugehen, als es die Behandlung an Ort und Stelle gestattete. Erst nach vielen solchen Vorarbeiten auf enger begrenztem Gebiete, wie sie noch neulich mit seinem reichen Material Berger a) geleistet hat, wird eine schon so lange ersehnte Geschichte der päpstlichen Diplomatik geschrieben werden können. Im Grossen und Ganzen enthält das hier Gebotene nur eine Ergänzung oder Berichtigung zu den bahnbrechenden Arbeiten von Denifle, Kaltenbrunner, Rodenberg und vor allem Diekamp, dessen Aufsätze über das „Päpstliche Urkundenwesen des XI., XII. und der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts" sowie „Zum päpstlichen Urkundenwesen 1254-1354% b) in knappster Zusammenstellung doch noch immer das reichhaltigste Material aufweisen. Ich betone das hier um so lieber, als ich in Einzelheiten mehrfach von ihm abweiche.

Die nachstehende Sammlung zerfällt, auch äusserlich leicht erkennbar, in zwei ungleiche Theile: der eine enthält vornehmlich die Regesten der Papsturkunden bis Cölestin III. († 1198), deckt sich also in gewissem Sinne mit den beiden ersten Bänden des Westf. Urkunden-Buches und dem Supplemente und bietet an neuem Material nur wenige Nummern. Abgesehen von einer möglichst ausführlichen paläographischen Beschreibung der noch vorhandenen Originale, galt es eine Reihe von Urkunden nach bessern Quellen neu zu drucken und zugleich den Gewinn der Forschung in verschiedenen Archiven, 6 bislang unbekannte Stücke, zu veröffentlichen. Diese nebst den übrigen Neudrucken haben bereits Verwerthung im II. Bande der Regesta pontificum Romanorum ed. Jaffé-Löwenfeld (vollendet 1888) in den Addenda et Corrigenda p. 687 ss. und im Supplementum Regestorum p. 729 ss. gefunden.

Im zweiten Theile welcher etwas mehr als ein Jahrhundert (1198–1304), in dem das politische Wirken der mittelalterlichen Päpste seinen Höhepunkt erreicht, umfasst und gegen 165 Nummern deren beinahe 700 aufweist, überwiegen die in extenso gegebenen Stücke die Regesten ein wenig. Zur klareren Uebersicht folgt mit Ausschluss der an die Päpste gerichteten Schreiben eine Zusammenstellung der nachstehenden Urkunden. An die auf jeden Papst entfallende Gesammtzahl schliesst sich die Zahl der Originale, dann der aus dem Vatik. Archiv stammenden Urkunden ) sowie der vollständig d. h. in ihrem Haupttheil, wenn auch mit Weglassung der

a) Les registres d'Innocent IV. 1. (Les actes d'Innocent IV)

b) Mittheilungen des Instituts für oesterreichische Geschichtsforschung Bd. 3, 497 ff. Bd. IV, 565 ff.

c) Einige Ungenauigkeiten waren bei diesen beiden Kategorien nicht zu umgehen; so kann ich von einer kleinen Anzahl allgemein bereits bekannter und hier nur im Regest wiedergegebener Urkunden nicht sagen, ob ein Original noch irgendwo existirt; ebenso hatte ich in Rom unterlassen, die allgemeinen, Westfalen nur nebenbei berührenden Urkunden besonders aus der Zeit Innocenz III. und der ersten Zeit Honorius III. zu notiren, da sie im Druck bereits vorlagen. Da sich aber auch an der Hand von Migne, Patrol. 214 ff. leicht nachweisen liess, was von Innocenz III. in den Registerbänden steht, wird der Fehler ein geringer sein.

Formeln, wiedergegebenen und der ungedruckten Stücke. Als ungedruckt sind auch solche im Wortlaut wiedergegebene Schreiben angesehen, die bisher nur im Regest bekannt waren, sowie Urkundenauszüge bei Schriftstellern (z. B. Gobelin Persona), die in Urkundenbüchern noch keine Verwendung gefunden hatten.

[blocks in formation]

Den seit Innocenz III. stark sich steigernden Verkehr des Papstthums mit den einzelnen Ländern lässt auch diese Zusammenstellung erkennen. Aus den voraufgehenden 7 Pontifikatsjahren Coelestin III. verzeichnet das Urkunden-Buch 13 Stücke; die entsprechende Zahl für die Regierungsjahre Innocenz III. würde mithin 33 sein, d. h. die urkundliche Thätigkeit Coelestins stellt sich zu der seines Nachfolgers wie 2: 5; allerdings dürfen wir nicht übersehen, dass uns seit Innocenz III. in den Registerbänden ein ganz bedeutendes Material erhalten ist. Um die 79 Nummern Innocenz III. in der frühern Zeit zu erreichen, müsste man bis tief in die Regierungszeit Eugen III., also ungefähr 50 Jahre zurückgreifen, und noch günstiger würde das Verhältniss für Innocenz sein, wenn nicht der Briefwechsel Eugens mit Wibald von Corvei gerade für Westfalen eine unverhältnissmässige Steigerung der Verkehrsziffer hervorgerufen hätte. Wenn wir die urkundliche Thätigkeit des Papstthums im 13. Jahrhundert für Westfalen als eine normale, für unsere deutschen Verhältnisse als Massstab dienende annehmen, und das dürfen wir, da weder der Briefwechsel mit einer Persönlichkeit noch auch die Schriftstücke über irgend eine Sache das entsprechende Mass überschreiten, so können wir von einem unter den vier Nachfolgern Innocenz III. ausserordentlich regen, dann aber stark abnehmenden Verkehr mit Deutschland sprechen. Die Zeit von 1198-1254 († Innocenz IV.) entspricht beinahe

a) Das Plus der eingeklammerten Zahl stammt aus den Noten. b) 10 sind jetzt bei Rodenberg, Epistolae selectae II. gedruckt.

der von Alexander IV. bis Benedikt XI. († 1304) wie 56: 50; statt dessen ist das Urkundenverhältniss 384: 292 und rechnen wir noch Alexander IV. zur voraufgehenden Zeit, wodurch sich das Verhältniss der Jahre (63: 43) wie 3 2 stellt, so ergibt das Urkundenverhältniss 457 : 219, d. h. mehr als 2: 1, mithin eine starke Abnahme. Für beide Perioden ist die neuerschlossene Quelle die gleiche: das Vatik. Archiv liefert für die Zeit Urban IV. eine der Zeit Innocenz IV. reichlich entsprechende Anzahl neuer Beneficialurkunden ; und bringen wir auch den auf den brieflichen Verkehr mit entfernteren Gegenden hemmend wirkenden Einfluss des häufigen Pontifikatswechsels in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Rechnung, so finden wir doch auch hier die Richtigkeit der Ansicht bestätigt, die sich beim Durchmustern der Registerbände des ausgehenden Jahrhunderts aufdrängt: seit dem Untergange der Staufer und seit dem allmäligen Hinneigen des Papstthums zu Frankreich macht sich auch im Geschäftsgang der Kurie eine Minderung des Verkehrs mit Deutschland bemerklich.

Allerdings können diese Erörterungen nur den Werth einer relativen Richtigkeit beanspruchen, da nicht bekannt ist, wie viel Originale verloren gegangen sind. Dass nicht alles erhalten, dafür haben wir positive Belege; so ist beispielsweise das in der Urk. Lucius III. für Corvei von 1184 October 29 a) erwähnte Schreiben Eugen III. spurlos verschwunden. Zahlreiche Erlasse von judices a sede apostolica delegati aus dem 13. Jahrh. beweisen den Verlust ebenso vieler päpstlicher Mandate aus dieser Zeit; ja wir dürfen sogar annehmen, dass der grösste Theil solcher Aufträge verloren ist, wie auch wohl fast sämmtliche Beneficienverleihungen, soweit sie uns nicht die Registerbände des Vat. Archivs erhalten haben. Während ich aber für Westfalen den Verlust päpstlicher Schreiben bis zum Jahre 1200 für sehr gering halte, da jedes Kloster seine grossen Privilegienbestätigungen fast vollständig besitzt, Ernennungen durch päpstliche Urkunden gar nicht vorliegen, Ablassurkunden für diese Zeit noch höchst selten sind, und über die wenigen Klosterstreitigkeiten die Dokumente erhalten zu sein scheinen, muss der Verlust an Originalen für das folgende Jahrhundert als ein bedeutender bezeichnet werden. Einen interessanten Einblick in dieses Verlustkonto gewährt die Sammlung von Dominikanerprivilegien, welche der Professor und Inquisitor Jakob von Soest um die Wende des 14. Jahrh. anlegte. b) Da er mit grossem Eifer Notizen über die Privilegien der deutschen Dominikanerklöster ©) und selbst auf seiner italienischen Reise in den von ihm besuchten italienischen Klöstern sammelte, so dürfen wir nach seinen Ergebnissen wohl den Stand der um 1400 noch vorfindlichen Originale von päpstl. allgem. Privilegien für seinen Orden in Deutschland beurtheilen. Er verzeichnet nun nicht weniger als 125 Privilegien des 13. Jahrh., die unter dem von ihm erwähnten Datum gänzlich unbekannt sind; er zählt, wenn wir von den nicht deutschen Klöstern absehen, Originale an ungefähr 270 Orten auf (darunter auch bei Potthast verzeichnete), die als Originale, soweit sich das aus den vorhandenen Urkundenbüchern beurtheilen lässt, bis auf einen winzigen Bruchtheil vernichtet sind. So fand er das bekannte, unter verschiedenen Daten gegebene Privileg Gregor IX. Quoniam habundavit iniquitas" in Mynda, Colonia, Magdeburg, Brema, Hildensem, Florentia, Pisis, Mecii, das Mare magnum Bonifacius VIII. (Potthast, 24344) in Sosato, Wartberg (Warburg), Hildensem, Rostok; Potthast, 9821 in Mynda, Wormacia, Brema, Magdeburg, Hildensem, Moguntia, Frisacus. Aus Westfalen zählt er 21 Nummern saec. XIII. aus den Konventen in Soest, Warburg und Minden, entweder im Original oder sub vidimus, auf; keine einzige derselben ist uns in dieser Form erhalten! Der Würzburger Dominikanerkonvent besass nach der ihm um 1405 eingesandten Aufzeichnung 43 Papsturkunden aus dem

[ocr errors]

a) Vgl. unten Nr. 145.

b) Hdsch. im Stadtarchiv in Soest. Ich werde demnächst über dieses unter dem Namen Dominikanerchronik bekannte Werk unseres westfälischen Landsmannes berichten.

c) Ein interessanter Beleg dafür ist die ihm aus Würzburg zugegangene Zusammenstellung der im dortigen Kloster befindlichen Stücke. Auffällig ist die fast völlige Nichtberücksichtigung des Strassburger Konventes.

(B)

13. Jahrh.; diese scheinen nach freundl. Mittheilung des Kgl. Baier. Reichsarchives zum grössern Theil erhalten zu sein; aber einige Abgänge auch hier. Dieser Verlust von Privilegien eines, allerdings von den Päpsten sehr reichlich bedachten Ordens gewährt uns einen Ausblick auf die grossen Verluste, gerade von Ordensprivilegien, zugleich aber auch einen neuen Einblick in die geradezu grossartige Thätigkeit der päpstlichen Kanzlei. Da darüber, wie häufig ein allgemeines Privileg in der päpstlichen Kanzlei für verschiedene Kirchenfürsten, Klöster u. s. w. oder auch ein an Einzeladresse gerichtetes Schreiben neu ausgefertigt wurde, noch fast alle Mittheilungen fehlen, so seien hier noch einige Angaben gemacht. Zum Kapitel Duplikate d. h. Doppelausfertigungen unter dem nämlichen Datum bringen Schmidt, Päpstliche Urkunden und Regesten u, s. w. die heutige Provinz Sachsen betreffend und Wigand, Strassburger Urkundenbuch I und II reichen Stoff. Ein Cistercienser Ordensprivileg Clemens V. von 1309 September 2 trägt auf dem Rücken die Bezeichnung undecimum d. h. wahrscheinlich das elfte Exemplar, a) wie von zwei für Kl. Komburg bestimmten Urkk. Innocenz IV. von 1248 Juli 29 (Württemb. Urkb. IV, Nr. 1116 f.), deren eine ein Ausführungsmandat bezüglich der andern enthält, die eine mit prima, die zweite mit secunda bezeichnet wird. Drei Originalexemplare existiren noch von Nikolaus IV. 1290 Mai 12 (Strassb. Urkb, II, Nr. 167). Wie häufig allgemeine Privilegien unter den verschiedensten Daten ausgefertigt wurden, beweist die Sammlung des Jakob von Soest. Fast jede der von ihm regestrirten Nrr. kommt schon bei Potthast unter anderm Datum vor. Aber er selbst zählt vom selben Papst verschiedene Ausfertigungen auf. So von dem Privileg für die in Heidengegenden weilenden Dominikaner „Cum hora jam undecima." Gregorius (IX.) idem dat. Anagnie 3 kalendas septembris a. 7, Greg. IX. idem Anagnie XV kal. sept. a. 7. Greg. IX. idem Viterbii V. kal. augusti anno XI. Dass identische Schreiben, deren Datirung eine verschiedene aber nahe beieinander liegende ist, verschiedenen Prokuratoren ihr Dasein verdanken können, hat Denifle nachgewiesen. 1) Von drei identischen an Privatadresse gerichteten Urkk. (archiepiscopo Bisuntinensi) 1259 Juni 25, tragen zwei dasselbe Datum, eine dritte stammt aus 1260 März 9, zwei beinahe identische Schreiben an dieselbe Privatadresse sind von 1248 November 11 und December 2 datirt (Strassb. Urkb. II, 442 und 326). Da so alle möglichen Formen der Doppelausfertigung vorkommen und die Duplikate bis in die Zeit Innocenz III. hinaufreichen, sollte man da nicht auch für die voraufgehende Zeit das Gleiche annehmen und die Theorie der „Originalnachbildungen" wenigetens in vielen Fällen bei Seite lassen?

:

Ueber die Erhaltung der Originale gewährt obige Zusammenstellung ebenfalls einige Auskunft. Auch da ist wieder die ältere Periode bis 1261 günstiger gestellt als die jüngere. Im einzelnen gestaltet sich das Verhältniss folgendermassen: bei Innocenz III. 25 79, also 1: 3; bei Honorius III. 28: 93, also 1: 3; bei Gregor IX. 48 98, also 1: 2; bei Innocenz IV. 30: 114, wie 1 : 4; bei Alexander IV. 32 : 73, beinahe wie 1 2. Der Grund der Schwankungen hängt mit der Art der Urkunden zusammen. Das für die Zeit Innocenz III. immerhin günstige Verhältniss bleibt ungefähr bei Honorius III., trotzdem dessen Mandate in Wahl- oder sonstigen Streitigkeiten (so sämmtliche Dokumente über den Soester Wahlstreit) nur in den Registerbänden oder in Abschriften vorhanden sind; sehr günstig ist das Verhältniss bei Gregor IX. und Alexander IV., da von den zahlreichen von beiden erlassenen Schreiben beinahe die Hälfte im Originale noch vorliegen. Bei allen diesen ist der Konservirungsgrund nicht im Material, sondern in der Art der Urkunden, meist für Körperschaften, Klöster, Bisthümer oder in wichtigen Angelegenheiten ausgestellt, zu suchen, während der ungünstige Stand bei Innocenz IV. und vornehmlich bei Urban IV. im Gegentheil seine Motivirung findet. Die überwiegende Mehrzahl der von beiden so reichlich gewährten Beneficienverleihungen ist im Inlande im Original wie in der Kopie fast spurlos zu Grunde gegangen. Während das Verhältniss von 1: 3 auch bei

a) So auch Berger I, LXVI u. Anm. 4. Bei einem Cistercienserprivileg fiant VI paria. b) Archiv f. Litt. u. Kirchengesch. d. MA. 3,630. Vyl. Rodenberg, Neues Arch. X, 562.

« AnteriorContinuar »