schliefsen, ein Jahrhundert und länger vorher wohl kaum mehr als ein Brunnen dort, und dieser war aller Wahrscheinlichkeit nach der nämliche, den später Steinlinger und Tucher vermerken. Leider lässt sich die Lage des dem Sebald Schatz gehörigen Hauses nicht mehr feststellen, und es bleibt uns zur Bestimmung nur noch Endres Tuchers Angabe, nach welcher jener Brunnen in der Mitte des Weinmarktes auch in der Nähe des damals Starkischen, später Gauckischen und jetzt Bestelmeyerischen Eckhauses44) seinen Platz erhält. Auf älteren Stadtplänen 45) aus dem Ende des 16. und dem Anfang des 17. Jahrhunderts ist ein Brunnen mitten auf dem Weinmarkt und zwar auf der nördlichen Seite des Bestelmeyerischen Eckhauses vermerkt. Sind nun auch seit jener Zeit, da ein Brunnen in dem erwähnten Stadtbuch als vor dem Rathaus stehend bezeichnet wird, über 250 Jahre und seit Tucher und Steinlinger gleichfalls einen Brunnen dort aufführen, bis Ende des 16. Jahrhunderts bei 150 Jahre vergangen, so wird man trotzdem in dem Brunnen jener Stadtpläne und dem früher dort erwähnten immerhin ein- und denselben erkennen dürfen. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass man, wo sich einmal ein Brunnen mitten auf einem öffentlichen Platze befand, denselben sollte verschüttet haben, um in nächster Nähe einen neuen zu graben. In dem Umstande aber, dass der hervorragendste der genannten Pläne in der Verzeichnung der Oertlichkeit des Weinmarktsbrunnens mit den früheren Quellen durchaus übereinstimmt, zeigt sich ein weiteres Moment, das die vorgetragene Vermutung bezüglich der Situation des Rathauses am Weinmarkt zur gröfsten Wahrscheinlichkeit, wenn nicht zur Gewissheit erhebt. Im Rathause am Weinmarkt blieb der Rat bis zur Vollendung seines neuen Hauses im Jahre 1340. Zwar wissen spätere Chroniken für das Jahr 1349 von dem Rathaus am Weinmarkt zu berichten, vor dem Karl IV. den Aufrührern die Köpfe habe abschlagen lassen, 46) allein entweder ist diese Nachricht unrichtig, da eine solche Exekution, die allerdings stattfand, ohne dass aber der Ort derselben aus zeitgenössischen Quellen bekannt wäre, an dem bezeichneten Orte nicht vollzogen worden, oder aber insofern ungenau, als nicht gesagt wird, dass das alte Rathaus gemeint ist. C. Kamer II. Das Rathaus am Salzmarkt bis zu seiner Restauration im Jahre 1520. Lage und Umfang des ältesten Rathauses am Salzmarkt. Nürnbergs Bedeutung und der Rathaussaal. Aelteste Bauperiode. Stürmung des Rathauses durch das aufrührerische Volk im Jahre 1348. Lochgefängnisse und Gänge. Aeussere Beschaffenheit. Läden, Kräme und Gewölbe am und im Rathaus. Der Saal und dessen Ausstattung. Bestimmung des Saals. Die Ratsstube, die Losungsstuben mit der Schatzkammer und dem Privilegienstüblein, die Librei und Kanzlei. Erweiterung des Rathauses durch Häusererwerb im 14. Jahrhundert und im Jahre 1440. Erbauung einer neuen Ratsstube im Jahre 1442. Die Kriegsstube, die Regimentsstuben und andere Gemächer. Bauten am Rathause, vornehmlich unter Meister Hans Behaim, dem älteren, in den Jahren 1502, 1503, 1505, 1508, 1514 und 1515. EGENUEBER dem Ostchor von St. Sebald am damaligen Salzmarkt oder dem heutigen Rathausplatz, zwischen diesem und dem Rathausgässchen die Ecke bildend, erstreckte sich bis zur Rathausgasse durch bis ins Jahr 1332 ein langes Haus, das dem Kloster Heilsbronn mit Erb und Eigen zustand. Am 28. Juli des genannten Jahres ging es durch Kauf zu ewigem Erbrecht gegen einen jährlichen Zins von 100 Hellern, der jährlich in zwei Raten am St. Martins- und Walpurgistage an den Heilsbronnischen Klosterhof bei St. Laurenzen zu reichen war, mit allen Zugehörungen und Rechten in den Besitz des Rats der Reichsstadt Nürnberg über.47) Es war in dem Bereich des Salzmarktviertels gerade da gelegen, wo dieses im Westen an das Weinmarktund im Norden an das Egidienviertel grenzte. 48) Nach Osten, Süden und Westen stiefs es, wie noch heutzutage an die öffentlichen Strassen, im Norden lehnte es sich an ein Patrizierhaus, das des Hermann Eysvogel, an.47) Das Rathaus war rings von der sogenannten Muntat49) umgeben, einem Bezirk, der in der Gegend des Dominikanerklosters anhob und noch den Markt mit den beiden Brücken, das Kürschnerhaus, das Tuchhaus und die Wage mit ihren anliegenden Gassen in sich schloss, und dessen Rechtswirkung sich darin äusserte, dass alle innerhalb seines durch das Zeichen der Muntat ein Beil über einer abgehauenen Hand kenntlich gemachten Gebietes begangenen Frevel durch bedeutend höhere Bussen und Strafen zu sühnen waren. Diese Einrichtung, welche uns in einer Verordnung vom Jahre 1480 entgegentritt, die aber schon in einer früheren Zeit ihre Wurzeln hat, diente ohne Zweifel dem Zwecke, den im Herzen der Stadt gelegenen Bezirk, der Rathaus und Markt mit ihrem schneller pulsierenden Verkehr und Leben umfasste, gegen alle Ausschreitungen und Störungen möglichst sicher zu stellen. Es möge hier noch anzuführen gestattet sein, dass der Rat den Platz Westen im Osten des Rathauses, dessen Bestand durch eine etwaige Erweiterung des Friedhofes von St Sebald in Frage gestellt wurde, sich durch einen vom Pfarrer von St. Sebald ausgestellten Revers vom Jahre 1364 zu sichern wusste.50) Die Kirche besass hier ein mässiges Areal zwischen dem neuerbauten Ostchore und der Behausung des Johannes Ebner, das sich nach Süden erstreckte und von einer öffentlichen Strafse wohl dem heutigen Schulgäfschen durchschnitten wurde. Die der Kirche auferlegte Beschränkung begründet die Urkunde mit dem Hinweis, dass auf der andern Seite das Rathaus und viele Häuser stünden, in welchen stets vornehme Personen, Fürsten, Herzoge, Barone und edle Gäste herbergten, die ein Schauder ergreifen könnte, wenn auf dem so nahen Platze die Leiber der Verstorbenen beerdigt würden. Für die Frage der Ausdehnung des Rathauses am Salzmarkt in seiner ältesten Gestalt ist ein Prospekt, der es in seiner Beschaffenheit i. J. 1614 vor Augen führt, von unschätzbarer Wichtigkeit, nichtsdestoweniger aber in seiner Bedeutung nach dieser Richtung noch gar nicht verwertet worden. Man pflegt sich gemeiniglich mit der Annahme abzufinden, 51) der vom Kloster Heilsbronn erworbene Platz habe sich mit der Ausdehnung des Saales vollständig gedeckt; alles übrige aber sei erst in späterer Zeit zum Rathaus gezogen worden. Mit einer solchen Annahme kommt man indes, wenn man die weiteren Konsequenzen zieht, zu unlösbaren Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten. Wurde nämlich der Saal schon 1332 in seiner heutzutage noch bestehenden Gröfse erbaut, so bedurfte der Rat, um für seine verschiedenen amtlichen Geschäfte und Bedürfnisse Raum zu gewinnen, immerhin noch weiterer Lokalitäten. Wo aber sollen diese sich befunden haben? Oder aber der Saal wurde in beschränkteren Verhältnissen gebaut, und die Amtszimmer wurden gleichfalls in dem Raume, den später der grosse Saal überdeckte, in irgend einer Weise, die wir heute nicht mehr zu erkennen vermögen, untergebracht. Von einem derartigen Zustand verlautet indes nie auch nur das Mindeste. Man wird nach der ganzen Architektur, soweit sie noch in Wirklichkeit ersichtlich oder auf älteren Ansichten uns entgegentritt, den Saalbau nicht allein für den ältesten, sondern, abgesehen von den späteren Erneuerungen, auch für den ursprünglichen Teil des Rathauses zu halten berechtigt sein. Betrachtet man die beigegebene Ansicht des Rathauses v. J. 1614, so fällt sofort ein mit dem Saalbau, der durch die drei Spitzbogenfenster ausgezeichnet ist, direkt in Verbindung stehendes Annex mit dem Durchgangsthor in die Augen. Dieses Annex, mit dem Rathause wie organisch verbunden, hat von jeher einen integrierenden Teil desselben gebildet und erschien dazu bestimmt, die Aemter der Stadt, die in der ältesten Zeit nur wenig Raum beanspruchten, in sich aufzunehmen. Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass das Annex, wie es auf dem Prospekt zur Abbildung gelangt ist, mit der auf der östlichen Seite befindlichen Ratsstube, die in ihrer ersten Anlage gleichfalls mit dem Saal als gleichalterig betrachtet werden darf, die gleiche Breite aufweist. Was die urkundlichen Belege für die aufgestellte Behauptung anlangt, so sind diese allerdings spärlich, aber doch hinreichend, um aufser dem Saal noch ein weiteres Gebäude als zum Rathaus gehörig nachzuweisen. Gleich die Stadtrechnung vom Jahre 1377, die älteste, welche uns erhalten ist, spricht wiederholt von dem Brunnen im Nebenhause; 52) die vom Jahre 1381 verzeichnet einen Posten von 6 Schilling Hellern, die für das Schloss an der Losungsstube >>und von ausbessern von glesern in dem nebenhause« verausgabt worden. Ulman Stromer berichtet in seinem »püchel von meim geslechet und von abentewr<< dass bei der Judenverfolgung im Jahre 1385 die reichen Juden auf die Burg und die armen in den Keller >in dem neben rathaus<< gefangen gelegt worden seien. 53) Diese Ausdrücke zwingen beinahe zu der Annahme, dass damals schon das erste der dem alten Rathaus benachbarten Privathäuser, das Grundherrische, vom Rat erworben worden war. Wenn ferner, wie uns das aus sicherster Quelle bekannt ist, 48) die Grenze zwischen dem Salzmarkt und dem Egidienviertel im Jahre 1464 — und es darf dies für die frühere Zeit gleichfalls angenommen werden durch das Rathaus lief, so ist damit ein Durchgang vorausgesetzt, der zugleich auch die Rathausgrenze markiert hat. Nimmt man alles in allem, die in der architektonischen Beschaffenheit des Saales begründete Annahme der von jeher gleich weit ausgedehnten Räumlichkeit desselben, die Thatsache, dass die Gelasse im Erdgeschosse zu Läden und anderweitigen Zwecken dienten, während doch ausser dem Saal noch weitere Räumlichkeiten unentbehrlich waren, so dürfte damit der Beweis erbracht sein, dass das besprochene Annex von jeher einen Bestandteil des Rathauses gebildet hat. Die Annahme eines so ausgedehnten Saales schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts drängt indes unwillkürlich zu der Frage, ob denn schon in jener Zeit der Stadt eine solche Bedeutung beizumessen sei, die einen in der That so hervorragenden, ja erstaunlichen Bau gerechtfertigt hätte. Den besten Masstab zur Beurteilung der kraftvollen Entwicklung und des frischen Gedeihens der verhältnismässig jungen Stadt bieten die höchst zahlreichen Handelsverbindungen, die damals schon in der Nähe, wie in der Ferne angeknüpft waren, und deren Netz immerfort zu erweitern und zu vervollständigen der Rat in der richtigen Erkenntnis, dass die Stadt gerade ihrem ausgebreiteten Handel ihre Gröfse verdanke, als eine seiner vornehmsten Aufgaben erachtete. Damals schon erstreckte sich Nürnbergs Zoll- und Handelsfreiheit54) südlich bis in das arelatische Königreich, umfasste im Westen die Niederlande und Flandern, besass hervorragende Stützpunkte in den Rheinlanden, im mittleren und südlichen Deutschland. Nürnberger Kaufleute kamen in die Schweiz, dann nach Böhmen, Mähren, Oesterreich und Ungarn und hatten geschäftliche Verbindungen in Italien, das später einen Hauptanziehungspunkt für die jungen Nürnberger Kaufleute bildete. Vermöge der zentralen Stellung, die Nürnberg in Deutschland, ja man kann in gewissem Sinne sagen, in Europa einnahm, kreuzten sich in ihm die Handelswege; es ward dazu ausersehen, eine Vermittlerrolle zwischen Nord und Süd, Ost und West zu übernehmen. Schon seitdem die Kreuzzüge den Orient und Occident in innigere Beziehungen gebracht, musste sich in Nürnbergs Handel ein gewaltiger Aufschwung fühlbar machen, der in der Folgezeit beständig an Kraft und Umfang zunahm. Die günstige Lage der Stadt forderte unwillkürlich die vermögenden und unternehmungslustigen Kräfte zum Grofshandelsbetriebe auf, der dann die thatkräftigsten und besten mit Reichtum, Ansehen und der einflussreichen Sonderstellung des Patriziats belohnt hat. Eine natürliche Folge des weitverzweigten und hochentwickelten Handels war dann die gewerbliche Bedeutung der Stadt. Wir wissen aus den ältesten Handwerksordnungen, dass sich das Gewerbeleben auf dem überaus günstigen Boden, der sich hier darbot, schon im Beginne des 14. Jahrhunderts zu reicher Blüte entfaltet hatte, und es ist nicht zu zweifeln, dass der Aufschwung der Gewerbe mit dem des Handels noch viel weiter zurückgeht. Noch auf ein Doppeltes möchten wir zur Beleuchtung der damaligen Verhältnisse der Stadt, die eher zu klein als zu gross gemessen werden, hindeuten. Nürnberg stand in jener Zeit schon im Begriff, die Vorstädte, welche sich auf allen Seiten der zweiten Ummauerung bereits gebildet hatten, durch einen weiteren Mauerring zu umschliefsen, den letzten, den es im Laufe der Jahrhunderte, was die Richtung des Mauernzuges anbelangt, angelegt hat. Und wie gesund und behaglich musste sich die Stadt in finanzieller Hinsicht fühlen, als sie wenige Jahrzehnte später, im Bewusstsein ihres Wohlstandes, den sie auch öffentlich zum Ausdruck zu bringen gewillt war, sich in dem sogenannten schönen Brunnen ein Denkmal setzte, das zugleich von dem hohen künstlerischen Sinne, der die regierenden Kreise durchdrang, beredtes Zeugnis ablegt. Kehren wir zu unserem Ausgangspunkte zurück. Eine Stadt, die nach einer kurzen Geschichte mit den meisten Städten des Reiches, was Macht und Wohlstand betraf, einen Vergleich nicht zu scheuen hatte, die auf ihre Errungenschaften stolz sein durfte und eine noch glänzendere Zukunft vor sich ausgebreitet sah, eine solche Stadt konnte unmöglich jetzt, wo es galt, ein Haus zu errichten, das als der Bürger Haus« die Bedeutung des ganzen Gemeinwesens wiederzuspiegeln bestimmt war, in irgend einer Weise kargen und zurückhalten. Gerade der Saal, auf dem Kaiser, Fürsten und die Abgesandten der Städte tagen sollten, musste es laut verkünden, was die Stadt war und wofür sie sich selbst hielt. Ohne Zweifel schon bald nach Erwerb des Platzes begann der Bau, über dessen Verlauf uns leider nichts Näheres überliefert ist, unter der Amtsführung des damaligen Ratsbaumeisters Philipp Gross, des Bruders des reichen |