weitgestreckten Gebäudes abzuschwächen und den Eindruck der Einförmigkeit nicht autkommen zu lassen. Der Eintritt in die grosse Rathaushalle, *) die im Erdgeschoss vom oberen bis zum mittleren Durchgang sich erstreckt, lässt es fühlen, dass wir den Fuss in das Haus der Stadt« einer der bedeutendsten Handelsmetropolen gesetzt haben. Dieser schöne und wirkungsvolle Raum, der Eleganz und Würde in sich vereinigt, hat auffallender Weise keinen eigentlichen Zweck, wenigstens keinen anderen, als dem Eintretenden die Bedeutung und Gröfse des Gemeinwesens, die Macht und Würde seiner Vertreter, die von diesem Hause aus seine Geschicke lenkten, zum Bewusstsein zu bringen. Man pflegt das Rathaus gemeiniglich den Werken der italienischen Renaissance zuzuzählen. In dieser Unbedingtheit des Urteils liegt zugleich seine Schiefheit. Ohne Zweifel zeigt sich das Rathaus vom Stile der italienischen Renaissance stark beeinflusst. Die Portale und Fenster mit ihren Giebeln, der bossenartige Ausbau der Ecken, die das Gebäude krönende Galerie, die geräumige Halle und der wirkungsvolle Hof mit den grossen Rundfenstern, zwischen denen Pilaster sich erheben, während unter jenen Balustraden sich hinziehen, dieses und anderes weist auf einen Baumeister hin, der mit den Formen und dem Geist der italienischen Renaissance wohl vertraut war. Aber andererseits sind die Verhältnisse nicht von jener Schlankheit und Leichtigkeit, die wir an den italienischen Bauten bewundern, und bei aller Schönheit der Formen sind diese doch von gewisser Derbheit, die vielleicht auf die Beschaffenheit des Materials, vielleicht auf die Auffassung des Baumeisters, vielleicht auf beide Momente zurückzuführen ist. Diese Betrachtung führt auf eine weitere Frage, die sich bei Besichtigung eines bedeutenderen Kunstwerks in der Regel mit in erster Linie aufdrängt, die wir uns aber bis zum Schluss unserer Ausführungen zurückgestellt haben, auf die Frage nach dem Rathausbaumeister. Es erschien uns förderlich, wenn nicht gar notwendig, vorher den ganzen Bau historisch vor uns erstehen zu sehen, um damit zugleich eine Reihe von Momenten zu gewinnen, die darauf hinweisen, in welcher Sphäre der reichsstädtischen Beamtenwelt wir den Schöpfer des Werks zu suchen haben. Es ist nahezu die einstimmige Annahme der späteren Nürnberger Historiker, die sich bis auf unsere Tage fortgepflanzt hat, dass die Vorstände des reichsstädtischen Bauamts, die jeweiligen Baumeister des Rats, auch die Bauleiter und Bautechniker oder, wie wir sagen, Architekten gewesen seien. In unserem Falle wird Eustachius Karl Holzschuher, der alten Patrizierfamilie dieses Namens angehörig und Mitglied des kleineren Rats, als der Baumeister des Rathauses in Anspruch genommen. Dies ist die eingebürgerte Meinung, wenngleich auch hie und da, und auch schon im vorigen Jahrhundert, die gegenteilige Ansicht aufgetaucht ist, dass der Baumeister des Rats nicht als der technische Leiter und Architekt der Stadtbauten zu betrachten sei. Schon der treffliche Kenner der Nürnberger Geschichte Georg Andreas Will, Professor *) Abbildungen s. weiter unten. an der Nürnbergischen Universität zu Altdorf, vertritt diese Meinung, wenn er im 1. Bande seiner Münzbelustigungen, der 1764 erschien, auf Seite 403 bemerkt: >>Man mache sich einen richtigen Begriff von dem Baumeister der Stadt Nürnberg. Er ist kein Werkmeister, sondern ein ansehnliches Mitglied des inneren Rats daselbst, der das Bauwesen der Stadt dirigiret.<<< Das heifst doch wohl mit anderen Worten, der Nürnberger Baumeister ist kein Techniker vom Fach. Will fügt dann noch hinzu, dass der Baumeister zuweilen auch Unterbaumeister heisse, weil noch eine Person aus dem älteren Rat zum Oberbaumeister oder, wie er eigentlich heisse, zum Bauherrn verordnet sei. Will trifft damit ohne Zweifel das Richtige. Der Baumeister war aus dem kleineren Rat als Vorstand des städtischen Bauamts verordnet, er war ständiger Referent und Kommissarius für den Rat in allen Bausachen, während der Bauherr der Referent des aus 7 Mitgliedern bestehenden älteren Rats war. Ausser ihnen bestand aber zu Zeiten und bei besonders hervorragenden Bauten noch eine eigene Kommission, die aus Herrn des kleineren Rats zusammengesetzt war, die sog. Bauherrn, denen gegenüber dann der Referent des Aelternkollegiums als oberster Bauherr bezeichnet wurde. Ja manchmal, so z. B. zur Zeit des grossen Rathausbaus, kamen sogar zwei oberste Bauherrn vor, Paulus Behaim und Georg Volkamer. Die Last des Amtes, die auf den Schultern des Baumeisters lag, war eine ungleich schwerere als jene, welche die obersten Bauherrn zu tragen hatten. Das Bauamt war eben eins der bedeutendsten und verzweigtesten Aemter der Reichsstadt, der Baumeister einer der hervorragendsten Beamten, obwohl ursprünglich nichts weiter als ein Deputierter des Rats, wie wir schon vorhin bemerkten. Der Ausdruck >verordneter Baumeister«, der auch später häufiger begegnet, scheint noch auf dieses alte Verhältnis hinzudeuten. Es ist von ausserordentlicher Wichtigkeit für die Beobachtung der Entwicklung dieses Amtes, dass in der älteren Zeit nicht etwa ein Baumeister auftritt, sondern eine Reihe aus dem Patriziat oder doch aus den ehrbaren Geschlechtern hervorgegangener Mitglieder des kleineren oder gröfseren Rats sich in die Geschäfte des Amtes teilten. Im Beginn des 14. Jahrhunderts treten als Baumeister, die vom Rat ernannt waren, auf Herr Sifrit Strecfadein und Herr Bertholt Forhtel in St. Sebaldpfarre, und in St. Lorenzpfarre Herr Otto Muffel und Herr Heinrich der Geuschmied. Schon das jedesmal gewissenhaft beigesetzte Prädikat >Herr<< beweist, dass wir es mit Angehörigen des patrizischen Standes zu thun haben. 422) Im Jahre 1384 verrechnet die Stadtrechnung die Kosten der damals in Angriff genommenen Stadtbauten unter folgenden Ueberschriften : Konrad Schürstabs Bau, Karl Holzschuhers Bau am Pflaster in beiden Pfarren, Peter Stromers des ältern Bau, »flossen in dem graben«, Prant Grossen Bau an St. Katharinenbrücke, F. Pfinzings Bau an den Schranken, H. Volkmeyrs Bau am Fischbach, H. Volkmeyrs Bau an der Stadtmauer, Rüdiger Armbaurs Bau. Die Stadtrechnung v. J. 1386 nennt diese Baurechnungsherrn ohne Umschweife Baumeister. Sie führt zunächst den Steinmetzmeister Queterer auf, der mit seinen Gesellen damals an der langen Brücke baute und dem Rat selbständig Rechnung legte. Dann aber erscheinen in derselben folgende Namen: Hertwig Volkmeyr, F. Pfinzing zu dem Brunnen, d. i. der schöne Brunnen, Weigel Graser, Pignot Weigel zu dem Pflaster, Jakob Slewitzer, Baumeister zu den Türmen, Armbauer, Baumeister zu den Türmen, Peter Gross, Baumeister zu dem Brunnen von der Röhre unter der Burg, Konrad Baumgartner, S. Weigel, weiter Prant Gross, >von den schranken zu machen hinter sant Kathrein«, C. Schürstab, junior, »umb schranken, die man gemacht hat, und von vier gattern uf dem tiergartner (tor) und gen sant Johannis«, endlich die Baumeister zu dem Brunnen bei der Röhre am Milchmarkt, Sebald Vorchtel und Berthold Seckendorfer.423) Es ist merkwürdig, dafs von den genannten Herren nur zwei dem kleineren Rat angehören, C. Schürstab und Sebald Vorchtel, während die übrigen 10, Hertwich Volkmeyr (1360), F. Pfinzing (1370), Weigel Graser (1374), Pignot Weigel (1370), Jakob Slewitzer (1367), Rüdiger Armbauer (1383), Peter Gross (1372 oder 1377), Sigmund Weigel (1369), Prant Gross (1358) und Berthold Seckendorfer (1373) den Genannten des gröfseren Rats entnommen sind.*) Bis auf Jakob Slewitzer, Rüdiger Armbauer und Berthold Seckendorfer sind sie aus dem Patriziat gewählt, diese drei aber gehörten zu der weiteren Klasse von Familien, von denen die Patrizier gleichfalls einen Teil bildeten, jener Klasse, die, durch Reichtum und Ansehen vor den übrigen Kreisen ausgezeichnet, dem eigentlichen Patriziat am nächsten stand, aus der dieses eintretenden Falles sich ergänzte, und mit der es sonst näheren Verkehr unterhielt, der Klasse der Ehrbaren nämlich. Es ist nicht anders denkbar, der kleine Rat, der für die erwähnten Funktionen in seiner Mitte allein die geeigneten Kräfte nicht vorfand oder doch durch anderweite Aufgaben in der Mehrzahl seiner Mitglieder verhindert war, nahm hier noch ohne Bedenken zu dem gröfseren Rat, soweit er ihm sozial näher stand, seine Zuflucht, um aus dessen Ueberfluss seinen Mangel zu decken. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass das Patriziat mit den wenigen ehrbaren Familien nicht gleich 13 der Seinigen, die sich als Architekten qualifiziert hätten, abgeben konnte. Die Genannten waren eben nichts anderes als aus dem gröfseren und kleineren Rate deputierte Herrn, in deren Händen die Rechnungsführung bei diesen Bauten ruhte, und denen infolge dessen auch eine Kontrole derselben ohne Zweifel oblag. Die Vielteiligkeit in der Organisation des Bauamts wich übrigens schon bald einer einheitlichen Ordnung. Im Jahre 1396, zufällig dem letzten des Schönbrunnenbaues, ist nur mehr ein Baumeister aufgeführt, Ulman Stromer, und im folgenden Jahre L. **) Stromer. 423) Von nun an steht regelmässig ein Baumeister an der Spitze des städtischen Bauwesens und vereinigt in seiner Hand die sämtlichen Geschäfte, die sich vordem auf eine Reihe von Ratsdeputierten verteilten. Auch er war zunächst wohl ohne Zweifel, wie vorher die gleichzeitig auftretenden sog. Baumeister, nichts anderes als ein Deputierter des Rats. Nach und nach aber bei dem immerfort wachsenden *) Die beigesetzten Zahlen bezeichnen das Jahr des Eintritts in den gröfseren Rat. **) Wohl ein Schreibfehler statt U. = Ulman. |