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Auch unter Heinrich VII. blieb die Stadt im Besitze der Reichsunmittelbarkeit.

Bei der hernach folgenden Doppelwahl zog Ludwig der Baier den böhmischen König Johann auf seine Seite, indem er ihm Stadt und Gebiet von Eger verpfändete; doch trat diese Verpfändung erst nach der Schlacht von Mühldorf ins Leben. Die Bürger der Stadt anerkannten den König von Böhmen als ihren Pfandherrn, erlangten aber eine Urkunde, in welcher das staatsrechtliche Verhältniss zu Böhmen geregelt wurde. Darin wurden die alten Reichsfreiheiten der Stadt anerkannt, das Gebiet von Eger als ein geschlossenes Territorium bezeichnet, dieses unmittelbar unter den König gestellt und dem Einflusse der böhmischen Stände entzogen.

Die Bedeutung Egers war während dieser Zeit fortwährend gestiegen und es hatte sich zur wichtigsten Stadt im nordwestlichen Böhmen herangebildet. Weithin übte die Stadt ihren Einfluss aus, am weitesten nach Osten das Egerthal entlang. Diese Bedeutung zeigt sich in dreifacher Hinsicht: in der des Rechtes, der Sprache und der Kunst. Es lässt sich nämlich nachweisen, dass, soweit das Stadtrecht von Eger Geltung errang, auch die sprachliche Grenze reicht und dass in eben diesem Gebiete auch eine gewisse Uebereinstimmung in dem Character der Bauart hervortritt.

Die westliche Grenze des Egerer Stadtrechtsgebietes bilden die oberfränkischen Orte Kirchenlamnitz, Wunsiedl und Redwitz; dann gehören zu diesem Gebiete noch Schönbach, Graslitz, Karlsbad, Schlackenwerth, Buchau, Theusing, Luditz, Petschau, Elbogen und Falkenau. Doch ist dabei zu bemerken, dass Karlsbad, Schlackenwerth und Falkenau nur mittelbar mit dem Stadtrechte von Eger bewidmet worden sind, da sie eigentlich das Recht der Stadt Elbogen erhielten; in dieser Stadt mochte das Egerer Recht nach den Bedürfnissen einer kleineren königlichen Stadt umgeändert worden sein; von Falkenau wieder erhielt Graslitz sein Stadtrecht. Jedoch nahmen alle diese Städte ihren Rechtszug unmittelbar nach Eger. Diese Städte grenzen das Gebiet des Egerer Stadtrechtes ab und scheiden es von dem in den

Kürschner in den Mitth. des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, VI. Jahrgang, S. 202.

übrigen Theilen von Böhmen herrschenden Magdeburger Stadtrechte. 1

Es ist nun aber, wie erwähnt, nachgewiesen worden, dass dieses Rechtsgebiet auch in sprachlicher Beziehung ein abgeschlossenes Ganzes bildet. Der ostfränkische Dialect, dessen Grundstock an der Pegnitz um Nürnberg zu suchen ist, drang durch das Eger-Wondrebthal nach Böhmen vor und reicht in seiner Reinheit (Ober-Eger-Mundart) etwa bis zu der Linie, welche von Gossengrün über Haberspirk gegen Sandau sich ziehen lässt; von da an weist er einige obersächsische Beimischungen auf, die sich durch Zuwanderung sächsischer Bergwerksleute leicht erklären lassen. Die Ostgrenze dieser MittelEger-Mundart ist durch eine Linie gegeben, welche von Klösterle fast in gerader Richtung nach Schöles-Rabenstein gezogen wird. Dies ist aber auch zugleich die Grenze zwischen den an das 1655 gegründete Leitmeritzer Bisthum abgetretenen und den beim Prager Erzbisthum gebliebenen Gebieten. Das Gebiet des rein fränkischen (Ober-Eger-) und des fränkisch-sächsischen (Mittel-Eger-) Dialectes ist nun auch das Gebiet des Nürnberg-Egerer Stadtrechtes.2

Ausbildung und Verbreitung des Baustyles, urtheilt B. Grueber, stehen mit Sprache, Sitten und Gebräuchen im engsten Zusammenhange. So lässt sich im Gebiete des fränkischen Dialectes, in der Bauart der Bauernhäuser der deutsche Fachwerksbau in sehr beachtenswerther Durchbildung bemerken. In der Bauweise monumentaler Werke ist eine Strömung bemerkbar, welche sich die Gelände des Egerflusses abwärts bis zu seiner Mündung in die Elbe verbreitet. Herzog Friedrich von Schwaben, der spätere Kaiser Friedrich I., hatte die Egerlande erworben; in den Jahren 1150-1180 liess er zu Eger einen grossen Palast mit Saal und Doppelkapelle erbauen und Heinrich. VI. und Friedrich II. haben die Stadt mit

1 Schulte (Lehrbuch der deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte, 4. Aufl. Stuttgart 1876, S. 161) behauptet, dass das Stadtrecht von Eger Eingang in einzelne Städte des südlichen Böhmen gefunden habe, wofür er den Beweis schuldig geblieben ist.

2 F. Gradl, Ein Beitrag zu Grenzbestimmungen in Westböhmen. Mitth. des Vereins für Gesch. der Deutschen in Böhmen, IX. Jahrg, S. 91. Gradl, der ostfränkische Dialect in Böhmen, Eger 1870. (Separatabdruck aus Kuhns Zeitschr. für vergleichende Sprachforschung, Bd. 19.)

anderen Denkmalen geschmückt. Die reichere Bauweise, die sich an diesen hohenstaufischen Werken offenbart, wirkte ostwärts und beeinflusste die Stiftskirchen von Ossegg und Doxau so wie die kleineren Kirchen an verschiedenen Orten. Die so berühmte Doppelkapelle zu Eger, bekanntlich eines der grössten Meisterwerke mittelalterlicher Baukunst hat Anlass gegeben, dass auch die Kirchen zu Potmorov und Podwinetz in ähnlicher Weise eingerichtet wurden. 1

So wird man also behaupten können, dass längs der Eger Sprache, Rechtsgewohnheiten und Bauart im engsten Zusammenhange stehen.

Die politische Geschichte der Stadt und des Gebietes von Eger im Mittelalter, ist heutzutage so ziemlich nach allen Seiten hin durchforscht und bearbeitet. Von den inneren Zuständen und Einrichtungen, der Verfassung und Verwaltung der Stadt dagegen wie von denen der deutschen Reichsstädte überhaupt, sind wir weit weniger genau unterrichtet. Doch hat man bereits angefangen, auch dieser Seite des deutschen Volkslebens Aufmerksamkeit zu schenken und durch eine Reihe von Publicationen dem Freunde deutscher Städtegeschichten reiches Materiale geboten, durch das es uns möglich wird, dem Fortgange der inneren Entwicklung nachzugehen. 2 Nächst dem erwähnten Stadtrechte von 1279 sind für die Kenntniss des inneren Lebens, für das,Walten am häuslichen Herde', vor Allem jene Stadtgesetzbücher wichtig, welche handschriftlich im Archive der Stadt Eger liegen, und welche, wenn auch wiederholt auf sie aufmerksam gemacht worden ist, noch niemals Gegenstand der Behandlung gewesen sind.

Die Stadt Eger hatte gleich den anderen deutschen Reichsstädten, ihre eigenen örtlichen Gesetze und stand nach dem Stadtrechte von 1279 unter der Leitung von Senatoren, welche als eigentliche Stadtbehörde anzusehen sind. 3 Ein

1 B. Grueber, das deutsche und slavische Wohnhaus in Böhmen. Mitth. VIII. Jahrg., S. 218; B. Grueber, die Kunst des Mittelalters in Böhmen. (Mitth. der k. k. Central-Commission für Erhalt. etc.)

2 Von den neueren Publicationen dürften die,Nürnberger Polizeiordmungen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert', herausgegeben von Jos. Baader (der 63. Band der Bibliothek des literar. Vereins in Stuttgart, 1861) mit den von mir zu besprechenden Stadtgesetzbüchern am meisten Verwandtschaft zeigen.

Gaupp a. a. O. S. 187.

Bürgermeister erscheint früher als anderwärts zuerst im Jahre 1285. In den Urkunden der folgenden Jahre erscheint statt der Senatoren der Ausdruck Consules (1306, 1330), consilium (1342) und in deutschen Schriftstücken die Bezeichnung: Rath. Die Verordnungen wurden erlassen vom,Bürgermeister, dem Rathe, den Schöffen und den Sechsunddreissigern', oder vom Bürgermeister, dem Rathe, den Sechsunddreissigern und der Gemeinde der Bürger'; sie wurden jedesmal durch Anschlag an dem Rathhausthore sowie durch Vorlesung auf den Kanzeln zur öffentlichen Kenntniss gebracht. Aus denselben hat man dann zu verschiedenen Zeiten systematisch geordnete Stadtgesetzbücher zu bearbeiten gesucht. Solcher Versuche sind drei vorhanden, aus dem 14. und 15. Jahrhunderte. Die ersten zwei sind in einem Pergament-, der dritte in einem PapierCodex enthalten.

Der genannte Pergament-Codex 2 in kl. Folio ist in Holzdeckel gebunden, die mit rothem Leder überzogen sind, und je fünf Messingbuckel tragen. Ursprünglich enthielt er 76 Blätter, von denen jedoch im Laufe der Zeit 40 herausgeschnitten wurden. Mit einer einzigen Ausnahme (pag. 57) sind alle Seiten in zwei Columnen beschrieben, jede Columne hat 21 Zeilen.

Der Codex enthält nicht allein die zwei Bearbeitungen der Stadtgesetze, sondern auch verschiedene Verordnungen und Aufzeichnungen.

Auf der Innenseite des Vorderdeckels steht: Nota die juden sullen ir heuser mit czigel decken czwissen hin von pfingsten vber czwei jare, welcher des nicht tut, do wil der rate vmb gedencken.'

Auf pag. 1 heisst es: ,Anno XIIIet im LII. jar am montag nach nativitate Marie (1352, 10. Sept.) ist daz puch gemacht." Dann folgen unter der Ueberschrift: ‚Dicz ist der stat czol,' Zollbestimmungen, 3 welches bis pag. 3 reichen; pag. 4 ist leer geblieben; pag 5 bis inclusive 21 enthalten die erste Redaction der Stadtgesetze unter der Ueberschrift:,Diz sint der stat gesecz.'

1 Ueber die,Sechsunddreissiger', vgl. Drivok, Aeltere Geschichte der deutschen Reichsstadt Eger, Leipzig 1875, S. 266.

2 Der Codex wurde durch Bürgermeister Franz Ernst dem Archiv erhalten und 1874 durch Archivar Georg Schmid paginiert.

3 Beil. I.

Pag. 22 stehen unter dem Titel: ,der stat zins' die Einnahmen der Stadt, doch sind diese nicht vollständig, da weitere Blätter fehlen. Es folgen dann auf pag. 23 und 24 Verordnungen über das Ungeld, 2 gegen den Luxus beim Tragen von Gürteln und Kappen und über die Juden. Pag. 25 trägt eine Verordnung über die Freiung im Kloster der Barfüsser zu Eger. Nur vierzehn Tage soll diese Freiung dauern, nach dieser Zeit soll das Gericht das Recht haben, den Flüchtling einzuziehen, es sei denn, dass er erkrankt wäre, in welchem Falle er im Kloster ungehindert bleiben darf,vncz man im die freyunge aufsagt'.

3

Der Vergleich zwischen der Stadt Eger und dem deutschen Orden, dd. 1376, 8. September, bezüglich Streitigkeiten wegen der Pfarre, welcher pag. 26 beginnt, ist nur unvollständig erhalten, da die folgenden zwei Blätter herausgeschnitten sind.

Pag. 27 beginnt die zweite Redaction des Stadtgesetzbuches, die jedoch nicht fortgesetzt wurde, auf pag. 28 noch einmal beginnt und bis auf pag. 40 reicht. Daran reiht sich pag. 41 eine Verordnung über das Bürgerrecht.

Auf pag. 43 bis 56 stehen Leibgedinge, welche grösstentheils nach Nürnberg weisen und einen neuen Beweis für den engen Zusammenhang zwischen dieser Stadt und Eger abgeben.1

Pag. 57 enthält eine Urkunde dd. 1385, 23. Juni, betreffend die Stiftung einer ewigen Messe in der Johanneskapelle im Kloster Waldsassen, durch Niclas, Pfarrer zu Pistau. 5

Auf pag. 59 bis 62 folgen dann jene Rechtsbelehrungen von Nürnberg, welche als Beweis für den Zusammenhang des Egerer Stadtrechts mit dem Nürnberger bereits veröffentlicht worden sind. Den Schluss der Handschrift (pag. 65 bis 68) bilden Zollbestimmungen unter der Ueberschrift: ,Nota daz ist daz schrotampt, recht, lon' und eine Verordnung bezüglich der Lehen der Pfarrkirche zu St. Niclas in Eger. S

1 Beil. II.

2 Beil. III.

3 Beil. IV.

4 Beil. V.

Ein Dorf bei Plan.

Von Fr. Kürschner in den Mitth. des Vereins für Gesch. der Deutschen in Böhmen, VI. Jahrg., S. 198 ff.

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