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Dramas und einen unerschrocknen bisweilen zu kecken Scharfsinn; daher sind seine Gesichtspunkte fast immer gross, kühn und bedeutend. Zuerst handelt er von dem indischen Drama. Treffend wird in einer Darlegung der brahmanischen und buddhistischen Weltanschauung nachgewiesen, wie insonderheit der Buddhismus auf den Begriff des Tragischen und Komischen im indischen Drama eingewirkt habe; in Beziehung auf den Einfluss der griechischen Kunst, welche ich auf Grund allgemeiner und specieller litterarhistorischer Beobachtung unbedingt mit Albrecht Weber annehme, hat der Verfasser die Ursprünglichkeit des indischen Geistes überschätzt. Vom höchsten Interesse sind die Analysen von neun einzelnen Dramen, welche durch die Vergleichung mit verwandten Werken der entlegensten Litteratur uns erst nach ihrer wahren Bedeutung erscheinen. Der Verfasser erscheint hier durchaus nicht abendländisch verurtheilsvoil, sondern eher für seinen besonderen Stoff begeistert; er erinnert an Schönheiten des indischen Dramas, welche Calderon erreichen, an psychologische Effecte ersten Ranges, an Bhavabhūti's feinsinnige Andeutung des Unterschiedes des Epischen und des Dramatischen. Ein gleich hohes Interesse bietet das chinesiche Drama nicht dar, welches Klein nach dem indischen behandelt. Man darf hier von dem Durchschnittsbürgerthum reden, welches den grossen Charakter also auch den höhern dramatischen Stil nicht zulässt, und von der poetischen Gerechtigkeit des Bambusrohres. Hieran schliessen sich einige Bemerkungen über das Schauspielwesen der Japanesen; den Rest des Bandes füllen das Inka- und das Azteken-Drama und das altchristliche bis zum zehnten Jahrhundert, welche Poesiephasen uns hier nicht weiter interessieren, wenngleich sie für die Uranfänge aller dramatischen Kunst lehrreich sind. Ueber den Werth und die Bedeutung des Klein'schen Werkes darf man sich nicht durch kleine bisweilen jeanpaulisch ableitende Excurse und Zwischenbemerkungen täuschen lassen: sie berühren den kernigen Stamm des Ganzen nicht, um welchen ohne Schaden solche Witz-Orchideen klettern mögen. Endlich ist noch eine litterarhistorische Betrachtung von Zingerle87) zu erwähnen, deren Gegenstand die Abhängigkeit unserer deutschen Dichtung von orientalischen Motiven ist. Der Kreis dieser Motive ist aber zu weit gezogen, nicht indem sie, wenn auch nur oben hin, bis auf Freiligrath verfolgt werden, sondern weil der Verfasser auch die altdeutschen Dichtungen über das Leben Jesu hierher rechnet.

Für die Geschichte der orientalischen Wissenschaft (besonders auch in ihrem Zusammenhauge mit dem Abendlande) ist mancherlei geschehen. Eine Art von Urkundenbuch versprach das

587) Ueber die morgenländischen Elemente in der deutschen Poesie. Von Dr. Pius Zingerle. (Progr. des Meraner Gymn.). Bozen, Wohlgemuth 1862, 4. Vgl. kathol. Lit.-Ztg. 1862 No. 32 p. 260.

von Behrnauer-588) beabsichtigte photolithographische Album zu werden. Indess so gefällig auch der Plan erscheinen mochte: für Textpublication haben wir ohne Zweifel billigere und den kritischen Pflichten jedes Herausgebers bequemere Mittel. Die getreue Nachbildung der Handschriften gehört in die Diplomatik und Handschriftenkunde; hier vermöchte auch ein umsichtiger Herausgeber durch eine geschickte Sammlung von orientalischen Handschriftenproben mit Benutzung der fortgeschrittenen Photolithographie der Wissenschaft erhebliche Dienste zu leisten. Die gegenwärtige Gesammtbildung der vorderasiatischen Völker und ihre Förderung durch den Unterricht bespricht ein kürzerer aber kenntnissreicher Aufsatz von Bélin 89); die Mehrzahl der übrigen auf die orientalische Geistesbildung bezüglichen Arbeiten greift in die Vergangenheit zurück. Das richtigste und ursprünglichste Moment für die Geschichte des Wissens, Entstehung und Ausbildung der Schrift, ist schon vorhin erwähnt worden; ihr läuft in engeren Gränzen Ursprung und Verbreitung der Zahlzeichen von Morgenlande her parallel. Gerberts Stellung wird nach dieser Seite hin von dem um die Werke dieses immer noch räthselhaften Mannes verdienten Olleris90) untersucht; leider gestatten weder der Mangel an authentischen Nachrichten über die Beziehung desselben zu den Arabern noch die Unsicherheit der handschriftlichen Ueberlieferung der Zahlzeichen in seinen Werken ein entscheidendes Resultat. Bei der Besprechung der arabischen Mathematik werden wir Woepckes treffliche Arbeiten über diesen Gegenstand kennen lernen, neben welchen Sédillot91) immer noch seine bekannte frühere Auffassung festhält. Verschiedene hauptsächlich aus orientalischen Quellen stammende Mittheilungen über geographische Wissenschaften bieten Sprenger 91a) und Vivien de Saint

588) Photolithographisches orientalisches Album (von Dr. Behrnauer), Serapeum von Naumann XXVIII (1867) No. 12 p. 177-190.

sur l'in

89) De l'instruction publique et du mouvement intellectuel en Orient par Bélin, Le Contemporain 1866 August-Nummer, und besonders abgedruckt: Paris, Challamel aîné 1866, 45 S. 8. Dazu: Encore quelques mots struction publique en Orient. Par Bélin. Paris, Challamel aîné 1867, 7 S. 8. (50 c.)

90) Du role de Gerbert dans l'introduction en occident des signes de numération connus communément sous le nom de chiffres arabes, par A. Olleris, Revue archéol. Nouv. Sér. T. VI (1862) p. 383-392; vgl. auch desselben: Oeuvres de Gerbert pape sous le nom de Sylvestre II collationnés sur les manuscrits, précédées de sa biographie, suivies de notes critiques et historiques (Clermont-Fd, Thibaud; Paris Dumoulin 1867, CCV u. 607 S. 4. mit 6 Taff.) p. XVII-CCV 'Vie de Gerbert'.

91) Sur l'origine de nos chiffres. Lettres de M. Am. Sédillot. (Extr. des Atti dell' Accademia di Nuovi Lincei. T. XVIII.) Revue 1865, 9 S. 4.

91a) Zur Geschichte der Erdmessung im Alterthum. Von A. Sprenger, Ausland 1867 No. 43 p. 1017-20.

Martin592); von besonderer Wichtigkeit erscheint des ersteren Werk über die Reiserouten 93). Nicht allein durch positive Mittheilungen geographischer Art; sondern weil wir das Werden der Erdkunde auf diesen uns für den Islam bereits aus al-Isṭakhrī geläufigen einfachen Grundlagen beobachten können wie sonst das der Geschichtschreibung auf dem Grund der Genealogie oder eigentlichen Annalen.

Mit grösserem Interesse ist man der geschichtlichen Entwickelung der Wissenschaft der Idee nachgegangen. Das Werk, in welchem schon für die ältesten Culturepochen in dieser Richtung eine bestimmte und productive Uebertragung des Morgenländischen auf das-Abendland gesetzt wird, die Philosophie-Geschichte von Röth94) ist nach des Verfassers Tode in einer zweiten Auflage erschienen. Seine Grundgedanken, welche uns bei seinem Schüler Julius Braun und selbständig bei Gladisch begegnen, sind hinlänglich bekannt. Einen sicheren Boden betritt die Untersuchung erst da, wo östliche und westliche Völker sich im volleren Lichte der Geschichte begegnen: im Mittelalter. Die muhammedanische Philosophie tritt in den Kreis der speculativen Bewegung in so hohem Grade, dass sie in den allgemeinen Werken ihre Stelle gefunden und die beiden bekannten Grundrisse von J. Erdmann und Ueberweg ihr gebührende Aufmerksamkeit gewidmet haben, der erstere in seinem durch geistvolle Durchdringung überhaupt der Scholastik ausgezeichneten Werke mit besonderer Rücksicht auf die bewegenden Grundprincipien, der andere mit bequemster Darreichung des litterarischen Materials. Specieller is natürlich Stöckl 95) in seinem Werke über die Philosophie des Mittelalters auf das Muhammedanische und Jüdische eingegangen. Er hebt (und hieran lässt sich schon für den flüchtigsten Blick die weitgreifende Wirkung dieser Philosopheme erkennen) treffend hervor, wie al-Fārābī zuerst den kosmologischen Beweis für das Dasein Gottes, den wir bei Augustinus in einer inductiven Naive

592) Un chapitre de géographie orientale de moyen âge, du VIIe au XVe siècle. Fragment d'une histoire inédite de la géographie par Vivien de SaintMartin, Annales des voyages 1867 Janv., und besonders abgedruckt: Paris, Challamel aîné 1867, 35 S. 8. (1 fr.)

93) Die Post und Reiserouten des Orients. Mit 16 Karten nach einheimischen Quellen von A. Sprenger. Heft 1. Mit 16 Karten. (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, herausgeg. von der Deutschen Morgenl.-Gesellschaft Bd. III. No 3.) Leipzig, Brockhaus in Comm. 1864, XXVII u. 159 S. gr. 8. (31⁄2 Rp.) Vgl. 'Die Leistungen der Araber in der Geographie', Ausland 1864 No. 33 p. 787-791.

94) Geschichte unserer Abendländischen Philosophie, Entwickelungsgeschichte unser speculativen, sowohl philosophischen als religiösen Ideen von ihren ersten Anfängen bis auf die Gegenwart. Von Ed. Röth. Zwei Bde. 2. nach des Vf. hinterlassenen handschriftlichen Bemerkungen revid. Aufl. Mannheim, Bassermann 1862, LIX u. 2046 S. gr. 8. (n. 24 f. 30 Xr. rh. = 14 Rp.)

95) Geschichte der Philosophie des Mittelalters von Dr. Albert Stöckl, ord. Prof.... zu Münster. Bd. II. Periode der Herrschaft der Scholastik, Abth. 1.2. Mainz, Kirchheim 1865–66, 1-512 u. 513-1159 S. gr. 8. (42/3 Rp.) Vgl. Wien. Kath. Lit.-Ztg. 1866 No. 9 p. 71 f., No. 10 p. 79 f.

Jahresbericht 1862-1867.

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tät auftreten sehen, in eine philosophische Form gebracht und wie Ibn Sīnā den astrologischen Fatalismus begründet habe. Das in der Bildung der muhammedanisch-jüdischen Philosopheme ausserordentlich wichtige Verhältniss zwischen Aristotelismus und Platonismus aufzuklären liefert Haneberg 596) in seiner Untersuchung über das unmittelbar aus dem Arabischen ins Lateinische und ins Hebräische übersetzte weitverbreitete und darum einflussreiche 'Liber de causis' einen wichtigen Beitrag, dem hoffentlich bald die Ausgabe des arabischen Originals aus der Leydener Handschrift folgen wird. Eine andere wichtige Arbeit Hanebergs über das Verhältniss zwischen Ibn Sina und Albertus Magnus wird bei der arabischen Philosophie hervorzuheben sein.

Es würde sich verlohnen zu untersuchen, in wie weit der bei den muhammedanischen und jüdischen Philosophen ziemlich häufige, bei den modernen europäischen aber ziemlich seltene Zusammenhang medicinisch-naturwissenschaftlicher und theoretischer Studien auf die Methode und Substanziierung der Speculation eingewirkt habe, und um so mehr wären eingehende Forschungen über die morgenländische Medicin überhaupt zu wünschen. Uns Moderne kann vielleicht davon eine hier häufig begegnende Fülle von phantastischem Aberglauben zurückschrecken; aber durch allerlei Mythologisches, Naturphilosophisches und Psychologisches würde schliesslich unser Muth belohnt werden. So erscheinen uns die ersten Bände einer allgemeinen Geschichte der Medicin von Wise 97), der fast ein Vierteljahrhundert früher sich bereits um die Hindu-Medicin verdient gemacht hatte, · sehr willkommen: er nimmt seine alte Aufgabe wieder auf und behandelt zunächst Inder, Buddhisten und Chinesen. Zur Geschichte der arabischen Medicin und ihrer Verbreitung in der europäischen Welt hat Steinschneider 97a) begonnen mit seiner immensen Kenntniss der Bibliographie werthvolle Beiträge zu liefern.

Von den übrigen Wissenschaften ist ihres westöstlichen Charakters wegen die Astronomie mit ihrer Schwester der Chronologie besonders wichtig. In dem lebhaften Streit über die Priorität des Orients auf diesem Gebiete nimmt das Werk des früheren englischen Kriegsministers Lewis 98) eine wichtige, von den Orientalisten wol

596) Ueber die neuplatonische Schrift von den Ursachen (liber de causis). Von Haneberg, Sitzungsberichte der kgl. bayr. Ak. der Wiss. 1863. I p. 361 f. Vgl. Steinschneiders Hebr. Bibliogr. 1863 No. 35 p. 107, 110 114.

97) Review of the history of medicine by Thomas A. Wise, M. D. Vol. I. II. London, Churchill 1867, XCVIII, 397; 514 S. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1869 No. 27 p. 792 f.

97a) Constantinus Africanus und seine arabischen Quellen. Von M. Steinschneider, Archiv f. pathol. Anat. Bd. 87 (1866) p. 351 f.

Hon.

98) An historical survey of the astronomy of the ancients. By the Right Sir George Cornwall Lewis. London 1862, VIII u. 527 S. gr. 8. (15 sh.) Vgl. Lit. Centralbl. 1862 Nr. 14. p. 238. Fel. Liebrecht in Heidelb. Jahrbb. 1862 Febr. p. 81-91; Edinburgh Review 1862, July p. 80 f. u. kathol. Lit.Ztg. 1863 No. 13 p. 107 f.

zu beachtende Stellung ein. Eine durchgehende Opposition gegen die Ergebnisse der ägyptischen und der assyrischen Archäologie macht diese Untersuchungen nicht allein interessant, sondern auch lehrreich. Lewis sieht die altgriechische Astronomie als eine durchaus originale an; die alte an Beobachtungen reiche Astronomie der Aegypter ist in seinen Augen durchweg zu empirisch und so hat der griechische Geist im alexandrinischen Zeitalter aus seiner Kraft die Astronomie als Wissenschaft gestaltet. In gleicher Weise spricht er gegen die chaldäisch-babylonische und assyrische Chronologie Bedenken aus, welche die Entzifferer der Keilinschriften zur entschiedensten Widerlegung anreizen müssen. Auf die Geschichte der eigentlichen Astronomie beziehen sich die Abhandlungen von Sédillot 599) und Whitney 600): der leztere gibt eine lichtvolle Darstellung des wissenschaftlichen Streites über die Ursprünglichkeit der Naxatras, deren chinesischen Ursprung Biot behauptet, indess für den chaldäischbabylonischen Albrecht Weber, für den indischen Max Müller eintreten.

In die unmittelbare Nähe der astronomischen Wissenschaft hat das Morgenland den tiefeingreifenden Aberglauben der Astrologie gestellt, ihn theils scheinbar wissenschaftlich formuliert, theils mit religiöser Weihe umgeben. Gern lesen wir in dem nun zum dritten Mal aufgelegten Werke Alfred Maury's 1) von dem allgemeinen geschichtlichen Zusammenhange dieser Dinge bis tief in das Mittelalter hinein; es berührt geschickt die astrologischen Anschauungen der s. g. Chaldäer, der alten Perser und der Aegypter. Das Christenthum hat derartige Ueberlieferungen zunächst weder zu unterdrücken noch zu verklären vermocht; während des Mittelalters war jeder Culturfortschritt in dieser Richtung durch die Herrschaft des Islām fast unmöglich gemacht. Eine sonderbare Ideenwelt tritt uns als Hintergrund der wüsten volksthümlichen Litteratur entgegen, deren Reichthum uns Steinschneider 2) mit gewohnter bibliographischer Genauigkeit und Spürkraft vorführt. Obgleich eine 'Litteratur der Nacht' verbreitet dieses Schriftenthum, welches mit wilder Willkür sich die bedeutendsten Namen und auch hervorragende Kräfte dienst

599) Courtes observations sur quelques points de l'histoire de l'astronomie et des mathématiques chez les Orientaux par M. Sédillot. Paris 1863, 29 S. 8. 600) On the views of Biot and Weber respecting the relations of the Hindu and Chinese systems of asterisms; with an addition, on Müller's views respecting the same subject. By W. D. Whitney, Journal of the Am. Or. Soc. VIII, 1 (1864) p. 1–94.

ou

1) La magie et l'astrologie dans l'antiquité et au moyen âge, Étude sur les superstitions paiennes qui se sont perpetuées jusqu'à nos jours. Par L. F. Alfred Maury. 3. édition, revue et corr. Paris, Didier 1863, 488 S. gr. 18. 2) Zur Pseudepigraphischen Literatur, insbesondere der geheimen Wissenschaften des Mittelalters. Aus hebräischen und arabischen Quellen von M. Steinschneider. No. 3. der ersten Sammlung der ,Wissenschaftlichen Blätter aus der Veitel Heine Ephraim'schen Lehranstalt (Beth ha-Midrasch)" in Berlin. Berlin (Druck von Rosenthal & Co.) 1862, 97 S. gr. 8.

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