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JUL 17 1899

CAMBRIDGE, MASS.

G. A. von Münchhausens Berichte über die
Kaiserwahl des Jahres 1742.

Von

F. Frensdorff.

Vorgelegt in den Sitzungen vom 6. März 1897 und 5. März 1898 1).

Zur Geschichte der beiden Kaiserwahlen, die im fünften Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts stattgefunden haben, besitzt die Göttinger Bibliothek ein reiches handschriftliches Material. Es ist das dem Umstande zu danken, daß Gerlach Adolf von Münchhausen beidemale, 1742 und 1745, die braunschweig-lüneburgische Kurstimme führte und die während des Wahlconvents entstandenen Gesandtschaftsberichte später seinem Schützling, J. St. Pütter in Göttingen, unter den übrigen zu seiner Information über laufende wie über abgeschlossene Reichsgeschäfte bestimmten staatsrechtlichen Sammlungen zugänglich machte. Wie das Bücherzeichen zeigt, sind die Handschriften alle aus Pütters Bibliothek in die Universitätsbibliothek übergegangen.

Es sind im Ganzen neun Bände in Folio, in Wilhelm Meyers Verzeichniß der Handschriften III S. 261 unter Münchhausen Nr. 38-46 aufgeführt. Die ersten sechs Bände beziehen sich auf die Wahl K. Karls VII, die letzten drei auf die K. Franz I. Beidemale sind zwei verschiedenartige Berichte verfaßt worden: „Relationen“ und „Diarien". Die Relationen sind officieller Art und von den beiden Wahlbotschaftern erstattet. 1741/42 wie 1745 fungierte neben Münchhausen als zweiter Wahlbotschafter Ludolf Dietrich Hugo, Director der Justizkanzlei in Hannover und zugleich Comitialgesandter erst in Regensburg, dann unter der Re

1) In den „Geschäftlichen Mittheilungen aus dem J. 1897" S. 18 ist irrig statt Kaiserwahl gedruckt: Kaiserakte.

Kgl. Ges. d. W. Nachrichten. Philolog.-histor. Klasse 1899. Heft 1.

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rung K. Karls VII in Frankfurt 1). Neben den Relationen gehen als vertraulichere Berichte Diarien her, die Münchhausen allein zum Verfasser haben. Bd. 38 der Hss. enthält die Relationen, Bd. 39 und 40 die Diarien zur Wahl Karls VII; für die Franz I findet sich das Entsprechende in Bd. 44-46. Die dazwischen liegenden Nummern 41-43 werden durch die officiellen Sitzungsprotokolle des Wahlconvents von 1741/42 ausgefüllt. Im Folgenden soll allein von den auf die Wahl K. Karls VII bezüglichen Handschriften berichtet werden.

Außer den Göttinger Mss. habe ich für das Folgende auch reichhaltige Mittheilungen aus dem Staatsarchive zu Hannover benutzen können, theils an Handschriften theils an Nachrichten über Persönlichkeiten und Einrichtungen. Für beides spreche ich auch an dieser Stelle dem Vorstande des Archivs, Herrn Archivrath Dr. Döbner, meinen verbindlichsten Dank aus.

I. Die erste Stelle unter den Quellen nehmen billig die Protocolla electionis et coronationis, wie sie überschrieben sind, ein. Sie beginnen: Actum auf dem Römer im Nebenzimmer den 31. Oct. 1741. Doch sind das bis zum 17. Novbr. einschießlich nur Protokolle über Vorberathungen. Erst mit dem 20. November 1741 beginnen die Sitzungen des eigentlichen Wahlconvents, die nun als Sessio I bis LIII, der letzten am 12. März 1742 gehaltenen, durchgezählt werden. Da die Berathung der Wahlcapitutulation, das Hauptgeschäft des kurfürstlichen Convents, schon am 23. Januar zu Ende gebracht war, die Kaiserwahl am 24. Januar stattgefunden hat, so erklärt sich die Verlängerung der Zusammenkünfte um mehr als sechs Wochen aus dem Bedürfniß der Wahlbotschafter, für die Einrichtung der unter so schwierigen Verhältnissen ins Leben tretenden kaiserlichen Regierung zu sorgen, na

1) Er wird gewöhnlich als von Hugo aufgeführt. So nicht blos in der Fourierliste des gedruckten Diariums von Jung (Frankf. 1742), sondern auch in den unten anzuführenden officiellen Wahlprotokollen. Münchhausen nennt ihn nur den Canzleidirektor Hugo (Diar. I Bl. 102a) oder den Gesandten Hugo (das. 12a), wie er selbst von sich berichtet: ich der Gesandte Hugo (Relat. Bl. 3b). Der hannoversche Staatskalender bezeichnet ihn erst nach 1747 als von Hugo, und J. J. Moser bemerkt in den ,,Zusätzen zu seinem Teutschen Staats-Recht" I (1744) S. 226 ganz richtig: anno 1741 ware der zweyte Chur-Braunschweigische Wahl-Gesandte eine sehr habile, aber nicht geadelte Person, die aber dannoch ohne Anstand in allem gleiche Honores bekame, als alle Königliche und Chur-Fürstliche Ambassadeurs. Vgl. jetzt auch E. v. Meier, Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte I 466, wo nur der Vorname nicht ganz richtig angegeben ist.

mentlich auch die verschiedenen Collegialschreiben zu verfassen, in denen die kurfürstlichen Gesandten dem neuen Herrscher die mancherlei politischen Anliegen empfahlen, die sich bei der Aufstellung der Wahlcapitulation ergeben hatten, ohne doch einen Platz in dieser Urkunde finden zu können 1).

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Am Rande des ersten Protokolls steht von anderer Hand als der des Textes: NB. Hugo scripsit. Die Bemerkung bezieht sich nicht auf den vorhin erwähnten Hugo, noch ist sie wörtlich von der Niederschrift des hier vorliegenden Protokolls zu verstehen. Unter dem Personal der kurbraunschweigschen Wahlgesandtschaft befand sich noch ein zweiter Hugo, Philipp Conrad H. ). Er gehörte zu den Secretarien der Geheimen Kanzlei oder des Geheimen Raths, die kurzweg Geheime Secretarien hießen, war zugleich Consistorialrath und Archivar und bekleidete bei der Wahlbotschaft in Frankfurt die Stelle eines Legationssecretairs. Als solcher hatte er den Sitzungen des Wahlconvents beizuwohnen und für seinen Gesandten das Protokoll zu führen. Die Legationssecretaire mußten gleich den zweiten und dritten Gesandten dem Kurerzkanzler ein Handgelöbniß auf Beobachtung des Stillschweigens über alles leisten, was sie in den Sitzungen erfuhren. Von den wenigen Sessionen, zu denen der Kurerzkanzler, Philipp Karl von Elz, ein Mann von 76 Jahren, in Person erschien, war eine, die vom 20. November dazu bestimmt, das gedachte Gelöbniß entgegenzunehmen (Cod. Nr. 41 S. 33). Da die von Hugos Hand geschriebenen Sitzungsprotokolle im Staatsarchiv zu Hannover aufbewahrt werden, will jene Rand bemerkung des Göttinger Exemplars nur auf die von dem beglaubigten Legationssecretair aufgenommene Urschrift des Protokolls hinweisen. Das Göttinger Exemplar ist eine vollständige und gleichzeitige, von zwei verschiedenen Canzlisten hergestellte Abschrift.

Die Protokolle der spätern Wahlconvente sind veröffentlicht

1) Darüber daß die Collegialschreiben mit der WC. K. Karls VII erst recht in Gang kamen und die WC. Art. 29 § 3 einen Satz aufuahm, der den Kaiser verpflichtete, die in den Schreiben erstatteten Gutachten „fordersamst zum wirklichen Vollzuge zu bringen" and deshalb den Widerspruch der Fürsten fand, vgl. Pütter, Histor. Entw. III 19.

2) Philipp Conrad Hugo war seit 1729 seinem Schwiegervater, dem Archivar M. D. Meier, als Vicearchivar beigegeben. 1733 nach Meiers Tode wurde er zum Archivar beim kalenbergischen Archiv ernannt. Im Staatskalender 1741 ff. wird er als Archivarius wegen des Hannöverischen bezeichnet, während J. G. von Meiern, der berühmte Herausgeber der Acta pacis Westphalicae, Archivarius wegen des Zellischen heißt. Er war gleichzeitig Grenzsecretär und Consistorialrath und starb 1755.

worden. Zuerst 1745, aber nur als Manuscript gedruckt'); denn auf dem Titel ist nichts über Herausgeber, Verleger oder Verlagsort bemerkt. Auch 1742 scheint eine Publication beabsichtigt gewesen zu sein. Münchhausen erwähnt in seinen Diarien zum 16. Januar, der kurmainzische Kanzler Benzel wolle die gewisse Nachricht haben, die fürstlichen Gesandten, die sg. Offenbacher, die um den Berathungen des Kurfürstencollegs nahe zu sein, ihre Versammlung von Offenbach nach Frankfurt verlegt hatten 2), beabsichtigten, die Protocolla electoralia cum notis drucken zu lassen. „Er dolirte dabey mit großem Recht, daß gegen die genommene so theure Verabredung man das Secretum von dergleichen angelegenen Sachen nicht beßer beobachtete (16. Januar 1742).

II. Die Sitzungsprotokolle sind als urkundliche Anlagen der Relationen behandelt und tragen deshalb an ihrer Spitze den Vermerk: ad relationem de 25. Nov. 1741 u. s. w. Da die Relationen, mit dem 4. November 1741 beginnend, nur bis zum 27. Februar 1742 reichen, so fehlt den Protokollen der späteren Sessionen die Bezugnahme auf eine Relation. Der Eingang der ersten Relation mag die Einrichtung der übrigen vertreten.

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,,Eure Kgl. Maj. geruhen allergnädigst Ihro in tiefster Submission vortragen zu laßen, was maßen ich der Geheimter Rath von Münchhausen den 2ten hujus früh Morgens allhier ankommen bin.

Es sind an demselbigen Tage, ohne mich vorher melden zu laßen, der ChurBayersche Gesandter Graf Koenigsfeld wie auch der ChurSächsische Graf Schönberg und der ChurMayntzische Baron von Groschlag bey mir gewesen“. Seitdem die Berathungen des Wahlconvents begonnen haben, lautet der Eingang der Relationen oft: „Geruhen Ew. Kgl. Maj. in dem Anschlusse das protocollum sessionis etc. zu empfangen". Der Inhalt ist denn auch überwiegend ein Bericht über das in den einzelnen Sitzungen des Wahlconvents, den Rathssessionen 3), Vorgekommene. Nachrichten politischer Art, Mittheilungen über das von den fremden Gesandten Erfahrene, die sich in den Eingangsrelationen finden, verschwinden nachher und werden für die Diarien aufgespart. 1) Pütter, Litt. des deutschen Staatsrechts III 849.

2) Pütter, Histor. Entw. III 19.

3) So werden die officiellen Berathungen der Electorales, der Wahlbotschafter, die auf dem Römer stattfanden, genannt; davon denn auch zu Rathe kommen" (CI 159b), „etwas mit auf den Rath bringen“ (II 99a), „Rathstag“ z. B. morgen ist wiederum Rathstag (I 115a).

Die Relationen des Göttinger Bandes Nr. 38 sind nicht, wie W. Meyer S. 261 gemeint hat, von den Originalen genommene Abschriften, die Münchhausen für Pütter anfertigen ließ, sondern die Concepte der Relationen, wie die am Ende jedes Berichts unter dem Orts- und Tagesdatum stehenden eigenhändigen Chiffren Münchhausens und Hugos beweisen. Das Staatsarchiv in Hannover besitzt von den Concepten der Relationen ein zweites Exemplar; außerdem die Reinschriften in zwei Exemplaren, von denen eins nach Hannover an den Geheimen Rath, das andere nach London an den König gieng. Beide Exemplare sind ebenso wie die Concepte (oben S. 4) Ad Regem adressirt. Die doppelte Ausfertigung, die hier wie bei den noch zu erwähnenden Diarien wiederkehrt, ist die Ausführung einer durch das Regierungsreglement Georgs I von 1714 Aug. 29, das er bei seiner Uebersiedlung nach England erließ1), getroffnen Anordnung. Danach sollte die Gesandtschaft am Reichstage zu Regensburg an den König eine „summarische kurze Relation", einen ausführlichen Bericht an die Geheimen Räthe nach Hannover einsenden. Unsere übrige an fremden Orten subsistirende Ministri und Correspondenten aber sollen jedesmahl in duplo, nehmlich an Uns und Unsere heimlaßende Geheimte Räthe in forma referiren" 2). Eine Unterscheidung, die die geringere Wichtigkeit und Dringlichkeit der Regensburger Verhandlungen gegenüber den diplomatischen Geschäften an den Höfen hervortreten läßt.`

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III. Die Diarien beginnen mit dem 2. November 1741, dem Tage der Ankunft Münchhausens in Frankfurt (oben S. 4). Tag für Tag sind Berichte niedergeschrieben, an manchen Tagen ihrer mehrere und dann „antemeridie" und "pomeridie" unterschieden. Neben kurzen von 3 Seiten finden sich über 12 Seiten umfassende. Je eine Anzahl von Berichten wurde zusammen nach Hannover abgesandt, vermuthlich je dem Abgang der Post nach Norddeutschland entsprechend. In Hannover ist dann jeder einzelne Bericht einer solchen Sendung mit dem Praesentatum versehen worden. In der Regel liegt das Präsentationsdatum 4-5 Tage hinter dem des jüngsten Berichts. So sind die ersten vier, vom 2.-5. November datirt, am 10., die vom 6.-10. am 14., die vom 11.-13. am 17. November präsentirt. Es waren schon dreizehn Berichte dieser Art niedergeschrieben und partieenweise abgesandt, als Münchhausen in einem nach Hannover gerichteten Briefe die fol

1) Spittler, Gesch. des Fürstenthums Hannover II (1786) Beil. 13.
2) § 19 des cit. Reglements (S. 127). v. Meier I 159.

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