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Mainz war in der Sache mit thätig. Anfangs hatte er den ehemaligen Mainzer Vitzthum, zu dessen Erhebung auf den Bamberger Bischofsstuhl er mitgewirkt hatte, gegen die Bamberger Geistlichen zu schützen versucht, und Hermann hatte auf seine Hilfe gehofft, aber der Jammermann verliess ihn in der Noth, wie alle, die auf ihn vertrauten. Statt in Bamberg energisch für den Bischof einzutreten, hatte er die Anklagen der Bamberger Geistlichen noch durch die seinigen gehäuft, hatte durch seine Autorität zwischen dem Clerus und dem Bischof einen für diesen höchst ungünstigen vorläufigen Vergleich zu Stande gebracht, war nach Rom zu der Synode, auf der Hermanns Sache verhandelt werden sollte, gereist, obgleich ihn da niemand erwartet hatte, und hatte dort gestanden, dass jener bei Erlangung des Bamberger Bisthums sich der Simonie schuldig gemacht, dass er, der Erzbischof, selber eine bedeutende Summe dabei für ihn ausgegeben habe. Diese Aussage war für Hermann vernichtend. Der Erzbischof Siegfried ist der 'sacerdos secus viam hoc videns' 2, der dem armen unter die Bamberger Räuberpfaffen gefallenen nicht nur nicht beisteht, sondern noch weiter beiträgt, ihn zu Grunde zu richten.

König Heinrich suchte den ihm ganz ergebenen Mann so lange als möglich zu halten, er verbot den Bamberger Domherren, gegen ihren Bischof vorzugehen, er erklärte, dass Hermann in rechtmässiger und canonischer Weise die Bischofswürde erhalten habe, aber nachdem Hermann abgesetzt und excommuniciert war, liess er ihn nothgedrungen und sehr wider seinen Willen fallen. Der König glaubte damals noch seinen Vortheil dabei zu finden, wenn er sich mit Gregor VII. gut zu stellen suchte, überliess also Hermann seinem Schicksal und setzte an seine Stelle einen ihm nicht minder ergebenen Mann. Der König durfte mit dem excommunicierten Bischof nicht verkehren 3, daher heisst es in dem Briefe: 'ad te piissimum Samaritanum confugere si licuisset! Sed sublata omni facultate rerum mearum cum hoc facere prohibitus essem'. Vom Könige verlassen zog Hermann sich in das Kloster Münster

1) Brief der Bamberger Geistlichkeit an einen Bischof im Codex Udalrici n. 44, Jaffé, Bibl. V, 94. 2) Sicher nicht den Papst versteht Hermann unter dem sacerdos, den erwähnt er vorsichtiger Weise in dem Briefe gar nicht, spielt nur vielleicht an einer Stelle leise auf ihn an : 'Cur servum de manu cui commiseras non requisisti?' Aber auch da ist vielleicht Siegfried von Mainz gemeint. 3) Dass der König es nicht thun wollte, sagt Lampert, Ann. (SS. R. G.) p. 210 ausdrücklich.

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Schwarzach zurück, wie es nach der angeführten Stelle des Briefes heisst: 'nihil melius existimavi, quam ut ad penitentię remedium me conferrem et interim secundum canonum institucionem in monasterio laterem'. Genug Anlass zur Busse hatte Hermann, wenn auch nur eine Hälfte der Anklagen, welche die Bamberger Cleriker auf ihn häuften, Simonie, Meineid, Verschleuderung der Kirchengüter, begründet war.

In dem Kloster Münster-Schwarzach ist der Brief im Spätjahr 1075 geschrieben, wahrscheinlich noch, bevor Hermann die Mönchskutte nahm, wohl sicher noch, bevor er nach Rom zog, um die Lossprechung vom Kirchenbanne zu erwirken. Unter dieser Situation erklärt sich jedes weitere Wort des Briefes, der mit grösstem Geschick und äusserster Vorsicht geschrieben ist, völlig und tritt in das rechte Licht. Der gefallene Mann konnte es sich nicht erklären und nicht glauben, dass der König ihn, seinen treuen Anhänger, ganz verlassen hätte, daher die Frage: 'Sed quare, o mitissime omnium, tam neglexisti?' u. s. w. Der Umstand, dass er wegen Simonie verurtheilt worden war, veranlasste ihn zu der Frage: 'An de casu meo scandalizaris?' und, da die grössten Sünden verziehen werden, zu dem Ausruf: 'Noli ergo, rex clementissime, noli in me scandalizari'.

Dass der Brief keine sogenannte Stilübung ist, halte ich mit Manitius für sicher. Niemand hätte sich so völlig in die Lage des abgesetzten Bischofs hineindenken können, um alle die thatsächlichen Angaben und Anspielungen so zutreffend in dem kleinen Kunstwerk zu vereinigen. Es ist für mich zweifellos, dass das Schriftstück von Hermann ausging, aber es ist nicht wahrscheinlich, dass er es selbst verfasst bat, da uns von allen Seiten mitgetheilt wird?,

1) Berthold. (Ann. S. Blasii), SS. V, 279; Lamperti Ann. (SS. R. G.) p. 242. Es ist nicht sicher, zu welcher Zeit des Jahres 1075 das geschah; vgl. daselbst die Note 1 und Meyer v. Knonau a. a. O. II, 544 n. 128. Jedenfalls geschah es nicht vor dem Herbst 1075. 2) Lampert 1. 1. p. 205 'expers ipse omnino litterarum'; Brief des Bamberger Clerus, Codex Udalrici n. 44, a. a. O. S. 93: 'malum enim inscitiae, quod in eo quantum sit, vos optime nostis, ad inmanitatem aliorum (scil. malorum), licet intolerabile, leve ducebamus'; Bruno de bello Saxon. c. 15, SS. R. G. p. 9 sq. (Rex) Babenbergensem episcopatum . . . cuidam mangoni dedit qui melius sciebat nummos monetae cuiuslibet aestimare, quam textum cuiusdam libri, ne dicam intelligere vel exponere, saltem regulariter pronuntiare'. An der Ostervigilie hätte er beim Gottesdienst gelesen: "Terra autem erat inanis et vacca", 'ipse nimirum, licet bipes, vacca bruta et omni probitate vacua'. Papst Gregor nennt ihn in einem Briefe an die Bamberger, Registrum II, 76, Jaffé, Bibl. II, 201: 'quidam idiota'.

dass er ganz unwissend und ungebildet war. Deshalb wäre es auch überflüssig, den Brief Hermanns an den Papst, den wir besitzen1, auf seine Stilistik hin mit diesem vergleichen zu wollen. Wären beide Briefe auch von derselben Person verfasst, so würde eine solche Prüfung bei deren zu geringem Umfang doch zu keinem Ergebnis führen. Jedenfalls ist der Brief an den Papst 2 mit nicht minderer Klugheit und Vorsicht verfasst als der an den König. M. Manitius verdient unseren Dank dafür, dass er diesen an das Licht gefördert hat. Er bildet einen schönen Abschluss der Reihe von Briefen, welche wir über den Fall Hermanns von Bamberg besitzen.

1) Codex Udalrici n. 43, 1. 1. p. 91 sqq. Der Bischof entschuldigt sich darin, dass er nach Rom vorgeladen, um sich wegen der Klagen des Bamberger Clerus zu verantworten, nicht erscheinen könne.

zeigt nur an einigen Stellen Reimprosa, wie 'praesumpsissem pissem', 'resarcirem . . subvenirem'.

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2) Dieser

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Der Aufruf

der Bischöfe der Magdeburger Kirchenprovinz zur Hilfe gegen die Slaven aus dem Anfang des 12. Jh. Von M. Tangl.

Dem Schreiben, das die Fährlichkeiten, denen die Christen an der Elbe-Linie ausgesetzt seien, in ebenso ausführlicher wie lebendiger Weise schildert, waren, seit es zu Beginn des 18. Jh. durch den Druck bekannt geworden war, in ziemlich gleichem Masse Zweifler und Vertheidiger erstanden. Die zweifellosen Uebertreibungen des Schriftstückes mahnten in der That zur Vorsicht, da sie die Annahme einer Fälschung oder mehr noch einer Stilübung

so eher nahelegten, je schwülstiger die Sprache, je gröber und offenkundiger die Uebertreibungen. Andererseits aber waren und bleiben solche Uebertreibungen auch eine typische Eigenthümlichkeit so ziemlich aller Kundgebungen, die aus Gebieten kommen, in denen nationaler, religiöser oder wirthschaftlicher Kampf entbrannt ist. Mit allgemeinen Gefühlsäusserungen war daher dem Schreiben überhaupt nicht sicher beizukommen. Nachdem Gersdorf in ernster und sachkundiger, wenn auch kurzer Kritik für die Echtheit des Aufrufes eingetreten war1, unterzog Wattenbach in dieser Zeitschrift VII, 621 ff. seine handschriftliche Ueberlieferung, aber auch Eigenthümlichkeiten des Inhalts einer eingehenden Prüfung, und gerade er, der uns sonst in führender und grundlegender Weise Vorsicht bei der Benutzung von Briefen und Briefsammlungen lehrte, sprach sich zu Gunsten des Schriftstückes aus 2. Als vollends Brückner, der Einladung Wattenbachs, sich mit dem 'Unhold', dem Menschenopfer heischenden slavischen Götzen Pripegala näher zu befassen, nachgekommen

1) UB. des Hochstifts Meissen, CD. Sax. reg. II. Haupttheil I, 43 n. 40, die kritische Erläuterung S. 45. 2) Nach dem sorgsamen Abdruck, den Wattenbach seiner Untersuchung anfügte (S. 624-626), ist im Folgenden stets citiert.

war und den Namen als durchaus verbürgte lokale Bezeichnung der Gottheit, die ähnlich wie Radigost und Triglav den eigentlichen Namen mit der Zeit verdrängte, erwiesen hatte 1, konnte Bresslau, als er in sorgfältiger Weise die ältesten Nachrichten über die Brandenburger und Havelberger Bischöfe sammelte, unsere Urkunde als in ihrer Echtheit nicht mehr antastbar' bezeichnen 2, während sie P. Kehr allerdings nur vorsichtig und zögernd in sein Merseburger Urkundenbuch aufnahm und zu abschliessendem Urtheil eine Neuuntersuchung verlangte 3.

In jüngster Zeit ist nun der Zwiespalt in ihrer Werthschätzung wieder in voller Schärfe ausgebrochen. F. Curschmann, der in seiner im Druck befindlichen Geschichte des Bisthums Brandenburg S. 64 die bisherige Kritik in guter Uebersicht zusammenfasst und abwägt, verwerthet sie als echt, dagegen streicht sie Hauck gänzlich aus der Reihe der für die Kenntnis der Märkischen Verhältnisse zu Beginn des 12. Jh. in Betracht kommenden Quellen. Er sieht in ihr ein Machwerk aus der Zeit des zweiten Kreuzzuges und der mit ihm gleichzeitigen Slavenkreuzfahrt, hervorgerufen durch das Auftreten Bernhards von Clairvaux, dessen pathetische Beredsamkeit sie an sich trage 5.

Die Zeugnisse für die Besiedelung der östlichen Markgebiete fliessen so spärlich, dass jedes einzelne kostbar ist, dass wir es als schweren Schlag empfinden, wenn uns ein noch dazu reichhaltiges und anscheinend hervorragend wichtiges einfach aus der Reihe gestrichen wird. Andererseits wäre es verkehrt, an einer Quelle, die sich als irreführendes Trugwerk herausstellt, mit unangebrachter Zähig keit noch länger festzuhalten.

Eine nochmalige Untersuchung kann hier allein entscheiden. Ich stellte sie in der Hoffnung an, in der Schaffung zuverlässigerer Grundlagen zur Beurtheilung der Urkunde über die bisher gewonnenen Ergebnisse hinausführen zu können, und prüfte zunächst nochmals die hand

1) Archiv für slav. Philologie VI, 216 223. 2) Forsch. zur brandenburg. und preuss. Gesch. I, 395. 3) UB. des Hochstifts Merseburg I, 75 n. 91 Vorbemerkung. 4) Das Werk, dessen Druckbogen mir zugänglich sind, wird demnächst als II. Bd. der Veröffentlichungen des Vereins für die Gesch. der Mark Brandenburg erscheinen. 5) Kirchengesch, Deutschlands IV, 599 Anm. 4. Curschmann setzt sich in seiner Anmerkung S. 64 mit dieser Ansicht Haucks bereits auseinander, zunächst hatte er sein Urtheil aber noch vor dem Erscheinen des neuesten Bandes von Hauck niedergeschrieben.

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