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treffen konnte. Da das Jahr 1110 bereits den Vorbereitungen und dem Antritt der Romfahrt galt, nach ihr aber die Politik dieser ersten Jahre niemals wieder aufgenommen wurde, schränkt sich die aus den Namen gewonnene Zeitgrenze 1107-1111 auf die Zeit von 1107-1109 ein, und da im J. 1108 Heinrich V. am 30. Mai zu Merseburg nachweisbar ist1, also zu einer Zeit, die dem im Aufruf genannten Sonnabend in der Bittwoche (1108 der 16. Mai) auf zwei Wochen naheliegt, wird man die längst zu diesem Jahre vorgenommene Einreihung des Aufrufs nur gut heissen können. Die Rüstungen aber galten damals nicht den Liutizen, sondern den Ungarn. Das musste auch den an der Spitze des Aufrufs genannten Männern bekannt sein, sie durften sich nicht an unbestimmte Erwartungen und Pläne, sondern an das bestimmte Gebot der Reichsheerfahrt halten. Und noch eins: die Beziehungen des Reiches zum Grafen Robert von Flandern waren in jener Zeit so wenig freundlich, dass es im November December 1107 wegen des Bisthums Cambrai zur Heerfahrt gegen ihn kam. Ist es wahrscheinlich, dass man ziemlich unmittelbar darauf in einem officiellen Schriftstück gerade ihn, den 'ruhmvollen Grafen', zur Hilfe herbeirief?

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Kurz, ich halte den Aufruf für das Werk eines Einzelnen, der höchstens mit gewisser Vollmacht seiner kirchlichen Vorgesetzten handelte, diese aber in der Form, die er seinem Hilferuf gab, entschieden und bedenklich überschritt. Seine Bedeutung für die politische Geschichte schätze ich dementsprechend viel niedriger ein als seine bisherigen Vertheidiger. Seinen Werth gewinnt er erst für die Geschichte der Besiedelung. Zu ihr, nicht nur zum heiligen Kampfe, spornt er an in einem Gedankengange, der ein Halbjahrhundert später bei Otto von Freising in seiner Schilderung Ungarns und seiner Bewohner wiederkehrt und sich kurz dahin zusammenfassen lässt: das Land lockend und fruchtbar, die Bewohner Scheusale 5, und der ziemlich deutlichen Nutzanwendung: die Scheusale

1) Stumpf n. 3029; als Intervenienten beachtenswerth die Erzbischöfe Friedrich von Köln und Adalgot von Magdeburg, der Bischof Alwin von Merseburg, Herzog Lothar von Sachsen, die Grafen Otto und Wiprecht, als Urkundenempfänger der Bischof von Meissen. 2) Auch der Ton des Ganzen ist, wie Hauck mit Recht hervorhebt, für ein officielles Schreiben deutscher Bischöfe recht befremdlich. 3) Auch die Ehrung der vom Reiche eben befehdeten Flandrer als 'domitores mundi' erschiene dann doch in recht eigenthümlichem Lichte. 4) Gesta Friderici imp. I, 32. 5) Im Aufruf: 'Gentiles isti pessimi sunt, sed terra eorum optima

erschlagen oder hinauswerfen, das Land selbst in Besitz nehmen. Unsere Urkunde ist das früheste Zeugnis für die Anfänge flandrischer Colonisation in der Mark, die gleichzeitig auch in den Nachbargebieten einsetzt. Der vlämische Geistliche, der sie verfasste und seine Landsleute zum Nachschub herbeirief, steht an der Spitze einer Tradition, die in wohl ununterbrochener Folge herableitet bis auf Heinrich von Antwerpen, den ersten Geschichtschreiber der Mark.

carne melle farina avibus et si excolatur omnium de terra ubertate proventuum, ita ut nulla ei possit comparari'. Das letztere zählt, von der damaligen Mark Brandenburg behauptet, allerdings nicht zur geringsten unter den mehrfachen Uebertreibungen des Schriftstückes.

Erwiderung.

Von H. Wibel.

In Bd. XXIX dieser Zeitschrift S. 490-94 wendet sich Herr B. Bretholz gegen meine Anzeige (N. A. XXVIII, 768 n. 371) seiner Studie über Johannes von Gelnhausen. In sachlichem Interesse möchte ich darauf Folgendes erwidern:

1) B.'s Ueberzeugung, das Autograph Johanns und damit das Original seiner Uebersetzung des Böhmischen Bergrechts nachgewiesen zu haben, beruht auf den in der Subscription des Werkes vorkommenden, a. a. O. S. 490 wiederholten Worten. Meine aus der Form dieser Notiz gezogenen Zweifel an der Nothwendigkeit dieser Folgerung weist er unter Berufung auf Wattenbach zurück, wogegen ich auf die bei Schum - Bresslau (Gröbers Grundriss der romanischen Philologie I2, 250) gemachte Bemerkung hinweise, dass solche Angaben 'mannigfach' von 'mechanischen Abschreibern' ohne Weiteres herübergenommen wurden und daher sorgfältigster Prüfung bedürfen.

2) B.'s Beweisführung selbst aber wird bereits widerlegt durch den Hinweis auf die Ueberschrift des Werkes im Cod. K: 'Hye heben sich an dye perkrecht, dy M. Johans von Geilnhusen, etwen keiser Karls kuniges czu Behem scheiber (soll wohl 'schreiber' heissen), iczunt statschreiber czu der Igla us dem latyn czu dewcz gemacht und geschrieben hat'. Sie ist nämlich wörtlich gleichlautend (nach Zycha) auch in den erst 1505 geschriebenen Cod. D übernommen, der nicht einmal eine direkte Ableitung des Cod. K sein kann1. Wie aber hier in mindestens zwei

1) Soviel ich sehe, geht vielmehr Cod. D mit Cod. E (in den in Betracht kommenden Theilen) auf eine besondere gemeinsame Vorlage zurück. Man vergleiche z. B. im Abdruck von Bretholz S. 242 Z. 1 Cod. K in gotlichen Werken' (= H); dagegen haben nach Zycha S. 167 Z. 12 Codd. DE 'in teglichen Werken' und der lat. Text ebenfalls diurnos Umgekehrt hat Cod. K (S. 242 Z. 17 v. u.) 'und also fur sich und unter sich nach dem', entsprechend dem

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actus'.

maliger Uebertragung besonders das jetzt ganz sinnlose 'iczunt' wieder abgeschrieben wurde, so kann dasselbe wohl auch mit den Worten der Subscription der Fall gewesen sein. Wenn diese also jetzt in Cod. D früher abgebrochen und mit 'etc.' geschlossen wird, so beweist das noch nicht einmal, dass dies auch schon in seiner Vorlage geschehen war.

3) Ist der Cod. K wirklich Autograph und Original, so müssen sich die anderen Hss. als Ableitungen zu erkennen geben. Wenn nun B. meint, dass es der Textkritik zum Beweise nicht bedürfe, so wird diese Auffassung vielleicht darin begründet sein, dass, wie aus seiner Einleitung zu dem inzwischen erschienenen Abdruck des Bergrechtbuches hervorgeht, eben dieses Kriterium hier versagt. B. sagt daselbst 1: 'Das Verhältnis dieser Texte zu einander ist jedenfalls nicht, wie man zunächst erwarten würde, derart, dass die jüngeren Handschriften durchaus mittelbare oder unmittelbare Kopien der Gelnhausenschen Originalübersetzung darstellen'. Verstehe ich ihn recht und das ist in dem Verhalten der Codices thatsächlich begründet --, so ist damit gemeint, dass die anderen Hss., auch abgesehen von willkürlichen Aenderungen etc., auf eine Vorlage zurückgehen, die nicht der Cod. K selbst oder eine Ableitung daraus ist. Der Vergleich mit dem Apparat Zycha's scheint allerdings zu ergeben, dass der Text des Cod. K vielfach besser und vollständiger als der der einzelnen anderen Hss. ist, doch weist auch er wiederum Fehler und Auslassungen auf, die in jenen vermieden sind. Diese Mängel erklärt freilich B. damit, dass Johann 'doch wohl nach einem Konzept ins Reine schrieb'. Setzt man jedoch an Stelle dieses Konzeptes vielmehr das Original Gelnhausens und statt des vermeinten Originalcodex K eine gleichzeitige Prachtausfertigung nach dem Original, so dürfte nach dem Dargelegten damit das Richtigere getroffen sein. Dass nun möglicherweise auch diese Prachtausfertigung das Autograph Johanns zeigt, mag ferner als Möglichkeit bestehen bleiben, die unbestreitbare Nothwendigkeit einer solchen Folgerung besteht indessen nicht und findet auch palaeographisch keine Stütze.

lat. Text 'et sic ultra et infra'; in den Codd. DE (S. 169 Z. 23) sind dagegen die Worte 'und unter sich' ausgelassen. Freilich scheint die Ausgabe Zycha's unzuverlässig zu sein, so dass schon deshalb eine eingehendere Nachprüfung nicht möglich ist. 1) Zeitschr. des Deutschen Ver. f. d. Gesch. Mährens und Schlesiens VII, 205 f. 2) Vgl. Bretholz ebenda S. 12 unten.

Neues Archiv etc. XXX.

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Nachrichten.

1. Durch den Tod A. Moliniers, der im Mai d. J. in Paris gestorben ist, hat die französische Wissenschaft einen schweren Verlust erlitten. Geboren am 30. September 1851 zu Toulouse, ausgebildet auf der École des chartes, die er 1873 verliess, seit 1878 an der Bibliothèque Mazarine angestellt, 1884 Bibliothekar des Palastes zu Fontainebleau, 1885 Conservateur der Bibliothèque de S. Geneviève wurde Molinier 1893 als Professor für Quellenkunde an die École des chartes berufen, an der er bis zu seinem frühen Tode erfolgreich gewirkt hat. Aus der grossen Zahl seiner historischen Publikationen, die von kritischem Talent, gesundem Urtheil, sorgfältiger Akribie Zeugnis geben, seien hier nur die wichtigsten hervorgehoben: die Neubearbeitung der Histoire du Languedoc vom 4. Bande ab zunächst mit Mabille, dann allein; die Ausgaben der Itinera et descriptiones terre sancte und (mit Kohler) der Itinera Hierosolymitana et descriptiones terrae sanctae bellis sacris anteriora, der Chronique normande du XIV. siècle (mit seinem Bruder Emil), der Biographien des Suger von S. Denis; das werthvolle Buch über die französischen Totenbücher des Mittelalters; die Correspondance administrative d'Alfonse de Poitiers; die Ausgabe der Nekrologien der Diöcesen Sens und Paris und die kurz vor seinem Tode vollendete Schrift 'Les sources de l'histoire de France au moyen âge'. Auch seine umfassende Mitarbeit an der Bearbeitung der Handschriftenkataloge der französischen Provinzialbibliotheken darf nicht unerwähnt bleiben. Um die Monumenta Germaniae hat A. Molinier sich grosse Verdienste erworben; er hat mit grösster Bereitwilligkeit und höchster Sorgfalt zahlreiche Collationen in der Pariser Nationalbibliothek besorgt und zu dem 26. Scriptoresbande werthvolle Beiträge geliefert. Auch in unserem Kreise wird das Andenken des hochbegabten, kenntnisreichen und liebenswürdigen Gelehrten stets in Ehren gehalten werden.

H. Br.

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