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Ludwigs des Bayern Königswahlgesetz 'Licet iuris'.

Nachtrag.

Von Karl Zeumer.

Zu meinen Erörterungen über das Gesetz 'Licet iuris' im vorigen Hefte dieser Zeitschrift (XXX, 85) habe ich zunächst Folgendes nachzutragen. Ich hatte übersehen, dass die von mir dort S. 103 ff. gegebene Erklärung des Gesetzes in der Hauptsache bereits von Th. Lindner, Deutsche Geschichte unter den Habsburgern und Luxemburgern I (1890), S. 446 ausgesprochen und begründet war, freilich dem Charakter dieses Werkes entsprechend nur kurz, jedoch unter Hervorhebung desjenigen Grundes, der auch für mich der wesentlichste war. Ich constatiere mit Vergnügen diese Uebereinstimmung und räume Lindner gern die Priorität der Erklärung ein.

Ferner freue ich mich, schon jetzt den von Albericus de Rosciate überlieferten Text des Gesetzes nach der Editio princeps Mediolani 1492 mittheilen zu können. Jakob Schwalm benachrichtigte mich, dass ein Exemplar dieser Ausgabe sich in der Hamburger Stadtbibliothek befände. Seiner Freundlichkeit verdanke ich die Kollation des Textes. In dem Abdruck, welchen ich nun folgen lasse, habe ich alles, was abgesehen von orthographischen und andern Kleinigkeiten mit dem Texte des Nicolaus Minorita übereinstimmt, in Petit, alles von demselben Abweichende in grösserer Schrift drucken lassen. Durch Sperrdruck ist in dem grösseren Texte dasjenige hervorgehoben, was Albericus besser als Nicolaus überliefert hat. Das Stück findet sich in des Albericus Commentar in Cod. 1. 3 C. de quadr. praescr. (VII, 37)1.

1) Die dem Texte vorhergehenden Worte lauten: De hoc (d. h. über das Recht des Gewählten) fuit magna concertatio tempore Io[annis] XXII. et successoris sui Benedicti duodecimi inter eos et dominum

Neues Archiv etc. XXX.

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* Licet iuris utriusque testimonia manifeste declarent, imperialem dignitatem et potestatema immediate in filio dei ab antiquo processisse et deum per imperatorem et reges mundi iura humano generi aperte tribuisse, et quod imperator ex sola electione eorum, ad quos pertinet *, verus efficitur imperator nec alicuius alterius eget confirmatione seu approbatione, quoniam in temporalibus superiorem non habet in terris. Sed eidem subsunt nationes, et ipse Dominus noster Ihesus Christus mandaverit, que sunt dei deo, et que sunt cesaris cesari fore reddenda; quia tamen quidam avaricie et ambitionis cecitate devicti et nullius scripture intelligentiam se habere dicentes, sed divertentes a tramite recti sensus in quedam iniqua et prava comenta et in assertiones detestabiles prorumpunt contra potestatem a et auctoritatem imperialem et iura imperatorum electorum et aliorum principum et imperii fidelium committentes, fallaciter asserentes, quod imperialis dignitas et potestas est a papa, et quod electus in imperatorem non est verus imperator nec rex, nisi prius per papam sive sedem apostolicam confirmetur, approbetur et coronetur, et per huiusmodi pravas assertiones et pestifera dogmata hostis antiquus movet lites et iurgia suscitat, contentiones pariat et seditiones procuret. Ideo ad tantum malum evitandum de consilio et consensu electorum et aliorum principum imperii declaramus, quod imperialis dignitas et potestas b est immediate a solo deo, et quod de iure et imperii consuetudine antiquitus approbata est, postquam aliquis eligitur in imperatorem sive regem ab electoribus imperii concorditer vel maiori parte eorundem, statim ex sola electione est verus rex et imperator Romanorum censendus et nominandus et eidem debet ab omnibus imperio subiectis obediri, et administrandi iura imperii et cetera faciendi, que ad imperatorem verum pertinent, habet plenariam potestatema, nec pape sive sedis apostolice aut alicuius alterius approbatione, confirmatione, * auctoritate indiget vel consensu.

Et hac inperpetuum valitura lege decernimus, ut electus in imperatorem concorditer vel a maiori parte electorum ex sola electione censeatur et habeatur ab omnibus pro vero et legitimo imperatore, et eidem ab omnibus subiectis imperio debeat obediri, et administrationem et iurisdictionem imperialem et imperialis potestatis plenitudinem habeat et habere ac obtinere ab omnibus censeatur et firmiter asseratur.

Quicunque autem contra hoc declarata, decreta vel diffinita aut aliquod eorum asserere seu dicere aut asserentibus seu dicentibus consen

a) ptate. b) ptas.

Lodovicum de Bavaria electum in imperatorem, et me existente tunc in Romana curia audivi magno[s] prelatos et etiam laicos [in] utroque iure peritos in hanc opinionem inclinare tanquam veriorem, et super hoc idem dominus Lodovicus fecit legem, que sequitur: Licet iuris u. s. w. das auf den Text unmittelbar Folgende s. oben S. 405.

Ueber

tire vel eorum mandatis vel litteris vel preceptis obedire presumpserint, eos omnibus feudis, que ab imperio detinent, et omnibus gratiis, iurisdictionibus, privilegiis et immunitatibus a nobis vel predecessoribus nostris eis concessis ex nunc privamus et ipso iure et facto decernimus esse privatos. Insuper eos crimen lese maiestatis decernimus incurrisse et penis omnibus impositis crimen lese maiestatis committentibus subiacere. * datum in Colonien[si] civitate Alamanie die.

Vorstehender Text des Albericus unterscheidet sich von den späteren Drucken dieses sogenannten Vulgat-Textes in vortheilhafter Weise durch seine viel weitergehende Uebereinstimmung mit dem Nicolaus - Texte. Das Datum freilich ist hier ebenso heillos entstellt wie in den späteren Drucken.

Entgegnung.

Von J. Haller.

J. Schwalm hat sich unlängst in dieser Zeitschrift (Bd. XXIX, S. 640) mit einer Stelle meines Buches über 'Papstthum und Kirchenreform' (I, 44 Anm. 4) beschäftigt, an der ich ein zeitgenössisches Urtheil über Clemens V. angeführt hatte1. Schwalm meint, die Beziehung der von mir citierten Worte auf Clemens V. sei gänzlich ausgeschlossen' und müsse 'als übereilt zurückgewiesen werden'. 'Uebereilt' habe ich mich nun zwar keinesfalls, mir vielmehr die Gründe, die dagegen sprechen können, wohl überlegt, wenn ich auch den Leser damit nicht glaubte behelligen zu müssen, da sie sich mir von selbst zu widerlegen schienen. Doch sei es mir erlaubt, meine Auffassung, nun da sie angegriffen wird, mit zwei Worten zu begründen.

1) Die Worte 2 'Monstruosa res est gradus summus et animus infimus' etc. können sich nur auf einen Papst beziehen. Schwalm leugnet das, bleibt aber die Erklärung schuldig, welchen Sinn dann diese Worte haben sollen. 'Gradus summus', 'sedes prima', das ist unter allen Umständen die päpstliche Würde; lingua magniloqua, manus ociosa, sermo multus, actus nullus, vultus gravis, actus levis' wenn das nicht auf eine bestimmte Person gemünzt ist, so fragt man vergeblich, wie der Schreiber darauf verfallen sein soll, diese Antithesen niederzuschreiben.

2) An Clemens V. zu denken, liegt schon darum am nächsten, weil dies in langen Zeiträumen der einzige Papst

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1) Ich darf daran erinnern, dass ich das Urtheil nicht, wie Schwalm sich ausdrückt, 'verwerthet', sondern nur in einer Note angeführt habe, ohne im Texte der Darstellung davon Gebrauch zu machen; und das mit Bedacht, nicht weil mir die Beziehung auf Clemens zweifelhaft geblieben wäre, sondern weil das Urtheil anonym ist. 2) Schwalm spricht wiederholt von 'Versen', 'Verschen', 'Schreiberversen'. Mit welchem Rechte? Ich kann nichts Versähnliches entdecken, sehe nur assonierende Prosa.

ist, auf den die Worte, nach dem, was wir sonst von ihm hören, passen würden. Das wäre erst mit Clemens VI. wieder einigermassen der Fall. Dazu kam für mich als zweitesnicht als allein massgebendes Moment in Betracht, dass die Worte auf der Rückseite einer Urkunde von 1311 stehen. Schwalm hat allerdings gezeigt, dass sie erst hingeschrieben wurden, als die Urkunde bereits zum inneren Ueberzug einer Einbanddecke verwandt worden war1. Er hat jedoch übersehen, dass dadurch die Wahrscheinlichkeit meiner Annahme nicht erschüttert, sondern befestigt wird. Denn der Band, um den es sich hier handelt, enthielt, wie Schwalm selbst S. 639 mittheilt, ein Verzeichnis des päpstlichen Schatzes aus der Sedisvacanz nach dem Tode Clemens' V. (1314-1316). Man begreift nun umso besser, dass einem Beamten der Curie beim Anblick dieses Verzeichnisses und in der Erinnerung an den jüngst verstorbenen Papst so wenig vortheilhafte Gedanken über dessen Person aus der Feder flossen. Die Bemerkungen müssen aller Wahrscheinlichkeit nach gleich bei der Herstellung und Betitelung des Bandes notiert worden sein, während eine spätere Aufzeichnung dieser Art zwar nicht gänzlich ausgeschlossen', aber doch schwierig zu erklären wäre, da ein Schatzverzeichnis wie dieses sich der Natur der Sache nach nicht in dauerndem oder gar täglichem Gebrauche befinden konnte. Allerdings erklärt Schwalm S. 639: 'Die Schrift weist auf die Zeit nach 1330'. Sollte es aber nicht gar zu gewagt sein, im 14. Jh. und überdies in einem so gemischten Milieu, wie es die Curie war, wo alle Länder und Altersstufen neben einander stehen, eine Datierung der Schrift bis auf 15 Jahre zu unternehmen? Ich wüsste wenigstens nicht, welcher objectiv sicheren Merkmale man sich dabei bedienen könnte. Und dass das Jahr 1330 in der Geschichte der Schrift eine Epoche bedeute, wird ausser mir auch anderen neu sein.

1) Schwalm sagt S. 639: 'als der Band längst gebunden war'. Ich vermisse den Beweis für das 'längst'.

Anm. der Redaction. Herr Dr. Schwalm schreibt uns, dass er auch nach der vorstehenden 'Entgegnung' keineswegs geneigt sei, von seinen Ausführungen über den historischen Werth jener Schreiberverse zurückzutreten, im übrigen aber die Controverse dem Urtheil der Fachgenossen überlasse, zumal es ihm an seinem zeitigen Wohnort nicht möglich sei, für die Niederschrift nach 1330, etwa im Zusammenhang mit der Inventarisierung des alten Schatzes 1339, den strikten Beweis zu führen. Vielleicht ergreife nun einer der täglichen Benutzer avignonesischer Archivalien in Rom dazu das Wort.

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