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gewesen wie in denen des Neffen. Die Zahl der unehelichen Kinder, welche dieser in seinem Testamente zu versorgen hatte 1, lässt vermuthen, dass Clemens in betreff desselben sich in ähnlicher Weise täuschte, wie er dies in Bezug auf Hugo Geraldi 2 und Bernard de Artigia 3 that. Endlich ist der Eindruck dieser Freigebigkeit besonders peinlich in Anbetracht der winzigen Summe, welche dem Nachfolger verblieb. Dieselbe reichte kaum zur Bestreitung der Bedürfnisse der ersten Monate aus, und es musste die sofortige Beschaffung der nöthigen Geldmittel ernstliche Unannehmlichkeiten bereiten.

In Bezug auf die Besteuerungsmethode, welche er angewandt hatte, machte sich Clemens selbst auf seinem Todbette Vorwürfe und suchte allenfallsiges Unrecht, soweit es noch in seiner Macht, wieder gutzumachen. Ausser den 'servitia communia' 4 hatte er bei Verleihung von Gnaden und Privilegien, ja, wie es scheint, auch bei Uebertragung von Beneficien sich unter dem Titel von 'servitia secreta' nicht unbedeutende Summen einbezahlen lassen. Da ihm Bedenken über die Zulässigkeit dieser Bezüge aufstiegen, befahl er kurz vor seinem Tode, sämmtliche diese 'servitia secreta' betreffenden Schuldscheine zu verbrennen 5.

Im übrigen wachte Clemens mit Aufmerksamkeit über die Verwaltung der päpstlichen Kammer. Er liess sich alle vier bis sechs Wochen Rechenschaft geben und ordnete von Zeit zu Zeit eine allgemeine Revision an7. Was sodann die im Schatze verwahrten Gesammtsummen betrifft, so wurden im

nenser Pfunde für den Kreuzzug; s. Notices et extraits des mss. XX, 2e partie, p. 229 s.

1 S. oben S. 22, Anm. 1.

2 S. oben S. 106. Derselbe war zunächst päpstlicher Kaplan (Regest. Clementis V. n. 137, 5403), später Referendär (Rymer, Foedera III, 436), Gesandter an Kaiser Heinrich (Regest. Clem. V. n. 7499, 8033).

3 Vgl. oben S. 65, Anm. 3.

4 Die beim Antritt von kirchlichen Beneficien zu entrichtende Taxe.

3 Vgl. oben S. 129, Anm. 2.

S. oben S. 81, Z. 32; S. 76, Z. 7.

Eine solche fand am 21. April 1307 statt; s. Introitus et exitus n. 8, f. 10a.

Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte. V.

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August 1311 1 300 000 Goldgulden zusammengerechnet 1, eine Summe, über deren Bedeutung nicht einmal der sie berechnende Kammercleriker sich klar war, da, wie in jedem geordneten Geschäftshaus jeder Zeit, so auch in der päpstlichen Kammer die allgemeine Geschäftslage sorgfältig geheim gehalten wurde. Es mag dies die Gesammtsumme der Gelder gewesen sein, welche seit dem Beginne des Pontificates in den päpstlichen Schatz geflossen waren. In seinem letzten Willen vom 29. Juni 1312 verfügte Clemens über 814 000 Goldgulden 2. Gegen den Januar 1313 befanden sich 987 000 Goldgulden in der Kasse 3. Im Januar und Sommer 1313 wurden 320 000 Goldgulden an die Könige von Frankreich und England ausgeliehen 4. Endlich theilte Clemens selbst im Sommer 1313 dem Cardinal Bernard de Jarre mit, es seien ihm von der ganzen Zeit seines Pontificates an Geld nun noch 1040 000 Goldgulden übrig 5. Die am 20. November 1313 und am 20. Februar 1314 abgezählten Summen von 365 000 und 390 476 Goldgulden 7 repräsentiren wohl nur die Einkünfte oder Ausgaben einer kürzern Periode. Aus den beiden uns noch erhaltenen Rechnungsbüchern der Kammer 8 ersehen wir, dass der Aufwand für die gesammte päpstliche Hofhaltung non computatis donis secretis et operibus factis für eine Woche in der Regel zwischen 1600 und 2000 Goldgulden, also für das Jahr zwischen 83 200 und 104 000 schwankte. Wollen wir uns also durch runde Summen einen annähernden Begriff von der Bewegung des päpstlichen Schatzes

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5 Vgl. oben S. 44, Z. 20; S. 51, Z. 41; S. 64, Z. 8.
• S. oben S. 64, Z. 30.

7 S. oben S. 64, Z. 39.

4 Vgl. oben S. 126.

* Vgl. die bereits oben (S. 66, Anm. 2) erwähnten Bände in dem Archiv. Avenion., in der Abtheilung Introitus et exitus, n. 8. Liber expensarum camere ... factarum per venerabilem virum dominum Bertrandum de Bordis decanum Aniciensem dicti domini capellanum . . . Arnaldo tit. s. Marcelli camerario existente, enthält dem Titel gemäss die Ausgaben vom 11. März 1307, als die Curie nach der schweren Krankheit des Papstes von Bordeaux nach Poitiers aufbrach; n. 10. Introitus et exitus vom 14. Nov. 1309 bis 23. Oct. 1310, und zwar Bl. 1 bis 6 a den 'introitus' und Bl. 6 bis Ende 'exitus' per Bertrandum [de Bordis] episcopum Albiensem, domini camerarium, camerariatus sui anno 3o.

bilden, so können wir sagen, dass jährlich mindestens 200- bis 250 000 Goldgulden eingingen, von welchen ca. 100 000 in der Hofhaltung aufgingen und 100- bis 150 000 zurückgelegt, den Schatz in ungefähr neun Jahren auf ca. eine Million anwachsen liessen. Diese Ziffern zeigen im Vergleich mit den uns erhaltenen Kammerrechnungen der folgenden Pontificate durchaus nichts Auffälliges. Allerdings wuchsen die jährlichen Ausgaben allmählich auf 120-, 150-, 180-, ja einigemal, zumal unter Innocenz VI., auf über 200 000 (im Jahre 1357: 254 000) 1 Goldgulden an; aber weitaus der grösste Theil dieses Zuwachses wurde durch die Kriege, welche in Italien zu führen waren im Jahre 1357 107 000 flor. 'pro guerra patrimonii et terrarum ecclesie 2, ein anderer, allerdings viel geringerer Theil durch Erbauung des avignonesischen Palastes verursacht. Ich bemerke dies zumal der gegentheiligen Behauptung Faucons gegenüber.

Die Veröffentlichung obiger Processacten dürfte zur Genüge darthun, dass von einer Plünderung des päpstlichen Schatzes durch Bertrand de Got nicht mehr die Rede sein kann. Man mag über die letztwilligen Bestimmungen Clemens' V. urtheilen, wie man will, man mag sie als den Rechten und Interessen der Kirche widerstreitend noch so streng verurtheilen, ja man mag sogar in Anbetracht verschiedener Formfehler mit Johann und den von ihm befragten Cardinälen 3 deren Rechtskraft bestreiten, trotzdem wird man nicht in Abrede stellen können, dass die von seiten Bertrands vorgelegten testamentarischen Bestimmungen wirklich authentisch waren und von letzterem in gutem Glauben an ihre Rechtskraft im grossen und ganzen treu ausgeführt worden sind. Der hauptsächlichste Formfehler bestand ohne Zweifel darin, dass die Zeugen keine genügende Kenntniss von dem Inhalt der Actenstücke hatten, deren Authenticität sie durch ihre Untersieglung bekräftigen sollten.

Der Vorwurf kann dagegen der Familie Clemens' V. und in erster Linie Bertrand de Got nicht erspart bleiben, dass sie die Gutherzigkeit des Papstes in einer die Interessen der Kirche

1 Im Vatic. Archiv, Intr. et exit. cam. apost. n. 282, f. 274.

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und die Würde seines hohen Amtes schädigenden Weise zu ihrem eigenen Nutzen ausgebeutet haben. Clemens selbst aber zeigte sich hier wie in allen anderen Verhältnissen als ein Charakter, in welchem die Eigenschaften des Gemüthes die des Geistes überwogen. Es zierte ihn eine allen wohlwollende Gemüthstiefe und ein lebhafter Sinn für Frömmigkeit, für die Forderungen der Pflicht und Gerechtigkeit. Dies bezeugt jenes offenherzige Schreiben vom Jahre 1307; dies die in seinem letzten Willen verfügten Rückerstattungen, durch welche er unbedachterweise begangenes Unrecht gutzumachen suchte; dies vor allem die Kraft, mit welcher er die Templer gegen die Willkür Philipps vertheidigte, bis es letzterem und seinen Helfershelfern gelang, in ihm den Glauben an die Unschuld des Ordens zu erschüttern; dies beweist selbst der Eifer, mit welchem er von diesem Zeitpunkt an die Processirung der Ritter betrieb. Aber leider fehlte Clemens der seinen Nachfolger auszeichnende scharfe und weite Blick, die mit dieser Geisteskraft gewöhnlich verbundene Willensstärke und jenes aus diesen beiden Elementen entspringende, consequente, von untergeordneten Rücksichten unbeirrte, in festen Bahnen sich bewegende Handeln; dagegen zeigte er die solchen gutherzigen Charakteren eigene Scheu, anderen etwas abzuschlagen, ihnen entgegenzutreten oder in ihnen Tücke oder Hinterlist zu vermuthen; und diese Schwäche und jener Mangel1 machte es Philipp und anderen ihre Sonderinteressen verfolgenden Persönlichkeiten nur zu leicht, durch Vorspiegelung

1 Ich bemerke jedoch, dass dieser Mangel zumal in neuerer Zeit von Renan und in etwa auch von Wenk in m. E. durchaus unbegründeter Weise zu einer für Pflicht und Gewissen unempfindlichen Weichherzigkeit und Urtheilslosigkeit aufgebauscht wurde. Wie wäre denn dann, um nur eine Ungereimtheit dieser Voraussetzung zu erwähnen, wie wäre das von Cardinal Napoleon Orsini (Baluze, Vitae pap. Avenion. II, 289) unwiderlegbar bezeugte, freilich erfolglose Ankämpfen gegen die Willkür Philipps zu erklären? Der Mangel, welcher in jenen überaus schwierigen Zeitläuften, nicht verborgen bleiben konnte, hätte sich in einem ruhigern Pontificate kaum bemerkbar gemacht. Denn an einer gesunden Urtheilskraft, welche für gewöhnliche Verhältnisse selbst in einer so hohen Stellung ausreichten, fehlte es Clemens nicht, aber jene für seine Zeit erforderliche, durchaus ausserordentliche Geisteskraft war ihm nicht beschieden.

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