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Kinder Franz' I. und einer siamesischen Gesandtschaft für einen Band Mélanges zurückgestellt, ohne dass jedoch bis jetzt ihre Drucklegung erfolgt wäre. Und doch verdient der Band das herbe Schicksal nicht, das ihm bisher beschieden war.

Studien über die avignonesische Bibliothek der Päpste und über die erste Belagerung ihres dortigen Palastes führten mich auf die nun im Museum Calvet (Fond Requien) verwahrte Handschrift. Dieselbe enthält auf 150 Pergamentblättern in Folio eine ohne Zweifel in der Kanzlei Peters von Luna gefertigte, officielle Abschrift jener Concilsacten. Dies beweist vor allem die fast allen Correcturen angefügte Signatur des Concilssekretärs Guy Flandin (Guigo Flandini): G. Die Schrift ist die in jenen Zeiten in den südfranzösischen Kanzleien übliche Cursive, ohne die zuweilen in Peters von Luna Kanzlei auftretenden spanischen Formen. Die ältere Blattzählung stammt vom Schreiber der Handschrift. Auf zwei vorne eingefügte und vier zu Ende leer gebliebene Pergamentblätter wurden im 16. Jahrhundert einige Actenstücke aus der Zeit des Schismas und der Albigenserkriege eingeschrieben.

Die Handschrift kam, wie ich vermuthe, durch Cardinal Peter de Foix von Peñiscola mit den übrigen daselbst verwahrten Schätzen nach Avignon. Sicher befand sie sich daselbst bereits im 16. Jahrhundert, möglicherweise im Besitze eines Gliedes der in dieser Stadt und seiner Geschichte oft mit Ehren genannten Familie der Cabasolle. Am untern Rand der ersten Seite lesen wir: 'Cyes fueille trente deuxiesme, pagee seconde et XXXIX, pagée premiere et II et faict mention daulcun de nos predecesseurs. P. Cabassole.' Diese Angaben sind richtig. Nur wenig später benützt Valladier die Handschrift für seinen Hercule Gaullois 1. Weitere Nachrichten bietet uns eine Randglosse der ersten Seite. Aus ihr erfahren wir, dass Ch. de Blegier die Handschrift in Avignon 1829 von dem Antiquar Godefroy käuflich erwarb, ohne

1 Labyrinthe royal de l'Hercule Gaulois triomphant, representé à l'entrée triomphante de la royne en la cité d'Avignon le 19 nov. 1600. Avignon s. a., p. 80: Tout cecy a esté tiré de trois divers manuscripts de ce temps là fort exactes; et principalement du pioces, que ledict Pierre de Luna mesme en feit instruire au pseudoconcile de Perpignan, qu'il convoqua, signé authentiquement par le secretaire du dict concile.' Cf. p. 81.

trotz aller Nachforschungen ihre Provenienz erfahren zu können. Die Note ist vom 21. September 1834 datirt. Sie wurde vielleicht eingetragen, als der Band von Blegier an Requien überging.

Würde die Handschrift nur die unbedeutenden Beschlüsse enthalten, welche Peter mit seinem armseligen Concil in Perpignan fasste, so hätte sie in der That wenig Interesse. Nun füllt aber den ganzen Band bis auf wenige Blätter eine von dem Gegenpapst den Vertretern seiner Obedienz vorgelegte, documentirte Darstellung fast der ganzen zweiten Hälfte des grossen Schismas (1394-1408). Mit dem Tode Clemens' VII. beginnend, erzählt Benedikt die Geschichte seiner Unionsbestrebungen an der Hand der einschlägigen Actenstücke, welche er allenthalben seiner Darstellung einverleibt1. Von diesen Actenstücken ist allerdings eine bedeutende Anzahl in verschiedenen Sammlungen bereits veröffentlicht. Doch die noch unedirten Stücke dienen trefflich dazu, manche störende Lücke auszufüllen. Von noch grösserem Werthe sind die Uebergänge, durch welche jene Documente zu einer fliessenden Darstellung aneinander gereiht werden; enthalten sie doch Benedikts Auffassung und Erklärung der Zeitlage, der Ereignisse und jener Actenstücke. Sie vor allem machen die Darlegung zu einer Selbstbiographie des grossen Gegenpapstes. Dieses Wort kennzeichnet den Werth und zugleich den Unwerth des ganzen Schriftstückes. Es ist nicht die Arbeit eines über den Parteien stehenden Geschichtschreibers; es ist eine der beiden grossen Parteien, welche sich und ihr Thun vor der Mit- und Nachwelt rechtfertigen will 2.

1 Die Sammlung ist in manchen Punkten dem (in cod. 1462 der Pariser Nationalbibliothek enthaltenen) Protokoll des Processes über die Wahl Clemens' VII. ähnlich, welches König Johann von Castilien für sich anfertigen liess; vgl. Baluze, Vitae pap. Avenion. I, 1281 s.

2 Daher sagte schon das Pisaner Concil von dieser Darstellung: 'Et ibidem legi fecit (nämlich Benedikt in Perpignan) secundum se suae assumptionis modum et quae fecerat pro unione habenda; sed non fuerunt ibidem descripti seu recitati sui defectus et impedimenta per eum paci ecclesiae praestita nec alia, quae in praecedentibus sunt veridica narratione descripta. Et ex post, ut fertur, dici fecit per concilium suum particulare, quod ipse erat verus papa ac quod fecerat debitum suum in unione ecclesiae procuranda, et quod ipse semper fuerat catholicus absque labe haeresis et schismaticae pravitatis.' Labbe-Mansi, Concilia XXVI, 1214.

Der Band lässt sich in drei Theile zerlegen. Der erste enthält nächst der Einleitung die erste Regierungsperiode Benedikts: von seiner Erwählung bis zum Vertrag von ChâteauRenard (1394-1403), der zweite bietet die Verhandlungen mit Gregor XII. (1404-1408), der dritte erzählt den Abbruch der Verhandlungen, die Flucht und den Verlauf des Afterconcils von Perpignan (1408-1409).

Ich theile zunächst den ersten und dritten Theil, welcher zum vollen Verständniss des erstern unentbehrlich ist, in genauem Abdruck mit. Hierbei übergehe ich jedoch die bereits anderwärts veröffentlichten Actenstücke. Nur in zwei Fällen mache ich von dieser Regel eine Ausnahme und theile von neuem zwei theilweise bereits veröffentlichte Stücke mit, nämlich den Bericht über die Belagerung des Palastes und den Vertrag von Château-Renard.

Jener Bericht wurde in einer von unserer verschiedenen Redaction von Baluze aus cod. Colbertinus 817 (jetzt cod. 1478 der Pariser Nationalbibliothek) unter dem Titel: 'Informatio seriosa eorum, quae nuper facta fuerunt Avinione per dominos duces Franciae et alios ex diversis sumptis occasionibus circa dominum nostrum papam Benedictum XIII.' abgedruckt. Doch fehlen im Texte Baluze's Abschnitte, welche sich in unserm finden, und hat unser Text einige nicht, welche wir in jenem lesen. Es bietet also nur die Zusammenfassung beider Redactionen den vollen Bericht und ermöglicht nur sie die genauere Untersuchung des Schriftstückes. Endlich hat dasselbe nun als Bestandtheil der officiellen Darlegung Benedikts für uns einen ganz andern Werth.

Eine zweite, gleichzeitige Abschrift dieser von Baluze veröffentlichten Redaction fand ich im vaticanischen Archiv in der neuerdings von Pastor und Gayet erwähnten Sammlung de schismate im armarium 541, welche vom Cardinal von Pampelona

1 No. 23 (bei Raynaldus no. 10), Bl. 195 bis 205a unter der Aufschrift: 'Sequitur informatio seriosa eorum, que nuper facta fuerunt Avenione tempore quo fuerunt hic domini duces Bituricensis, Burgensis et Aurellanensis per dominos duces Francie et alios ex diversis sumptis occasionibus circa dominum nostrum papam.'

Martin de Salva, dem fähigsten der Vertrauten Benedikts, angelegt wurde. Von besonderm Interesse sind die Randglossen dieser Abschrift. Einige derselben stammen von der Hand des Cardinals von Pampelona; leider sind sie kaum zu entziffern. Die grössere Zahl rührt von einem andern Vertrauten des Gegenpapstes her, welchem derselbe das Schriftstück zur Prüfung übergeben hatte. Ich bezeichne sie als die der ersten Hand. In ihnen wird die Unterdrückung und Abänderung mehrerer Abschnitte gefordert. Auch dieser Glossator muss, wie seine genaue Kenntniss mancher Vorgänge zeigt, an der Curie eine hervorragende Stellung innegehabt haben. Er weiss genau, von welchen Actenstücken Benedikt beglaubigte Abschriften besass und von welchen nicht. Es war vermuthlich Peter Rabat, Bischof von St. Pons 1. Diese erste, bereits veröffentlichte Redaction reicht, von dem Tode Clemens' VII. beginnend, bis gegen den Mai 1399 und endet in einer Weise, die deutlich zeigt, dass sie damals abgefasst wurde. Aus der Stelle in Betreff der beiden nach Villeneuve gesandten Abgeordneten 2 scheint mir hervorzugehen, dass der vaticanische Text dieser Redaction älter als der Pariser ist, da in diesem Tristan de Bosc schon richtiger und deutlicher bezeichnet ist. Die Randglossen der vaticanischen Handschrift wurden, wie ich glaube, kurz nach der Abfassung angefügt, als das Schriftstück vor der Veröffentlichung geprüft wurde. In die Zeit der Gefangenschaft weist sie die vielfach sich kundgebende Besorgniss, die französischen Prinzen zu reizen. Ferner ist zu beachten, dass der Cardinal von Pampelona von Arles aus für die Befreiung Benedikts thätig war und am 22. October 1403 starb, worauf seine Sammlung an Benedikt kam.

Diese Randglossen zeigen uns deutlich die Gesichtspunkte, welche überhaupt bei der Abfassung dieser historischen Darlegung sowohl 1399 als 1408 massgebend waren, die Rücksichtnahme auf die Ehre und den Vortheil der eigenen Partei, auf die Gunst des französischen und aragonischen Hofes, auf mögliche Einwendungen und Widersprüche. Da jedoch von 1399 bis 1408 die Lage Benedikts sich um vieles verändert hatte, so kann es 1 Eine Zusammenfassung dieser Glossen s. unten als Anhang. 2 S. unten S. 424, Anm. 3.

nicht Wunder nehmen, dass bei der Feststellung der zweiten Redaction die meisten Randbemerkungen unbeachtet blieben. Dass diese Redaction wirklich nicht vor 1408 abgefasst wurde, macht der Umstand wahrscheinlich, dass bereits in den ersten noch das Jahr 1399 betreffenden Abschnitten der Fortführung der ersten Redaction von dem 'dominus Aurelianensis bone memorie'1 die Rede ist. Die Ermordung des Herzogs erfolgte aber am 23. November 1407. Ferner ist es mehr als wahrscheinlich, dass an die Weiterführung erst Hand angelegt wurde, nachdem der 1399 niedergeschriebene Theil einer Durchsicht unterzogen und der neuen Bestimmung des Schriftstücks angepasst war.

Ich bezeichne in den Anmerkungen durch Bal. den von Baluze veröffentlichten Pariser Text, durch Va. die Handschrift des vaticanischen Archivs, durch Av. den Text der in Avignon befindlichen Acten des Concils von Perpignan.

Die sachlichen Erklärungen und Ergänzungen, welche zur Erläuterung des Textes wünschenswerth wären, sind zu zahlreich und ausgedehnt, als dass sie in den Anmerkungen ihre Stelle finden könnten. Ich verspare sie für den zweiten und vierten Theil der Arbeit, in welchen ich die hier gebotenen neuen Materialien verwerthen werde. Auf Grund derselben habe ich nämlich die bisher übliche Darstellung der Obedienzentziehung und der ersten Belagerung des päpstlichen Palastes von Avignon zum grossen Theil umzustossen. Sodann gilt es, die zum Wiederaufbau nöthigen Materialien zu ergänzen. Denn für diesen Zweck reichen selbst die in den hier veröffentlichten Concilsacten enthaltenen Ergänzungen nicht hin. Eben in Folge dieser Unzulänglichkeit des Quellenmaterials ist die bisherige Darstellung dieser Epoche so lückenhaft, dass der Gang der Ereignisse nicht einmal in seinen Hauptlinien festgestellt ist.

Der Haupttheil des Vertrages von Château-Renard2 wurde von Martène im zweiten Band seines Thesaurus abgedruckt. Doch fehlt der ganze zweite, die Auftragsschreiben enthaltende Theil, der zum Verständniss der Verhandlungen unentbehrlich

1 S. unten S. 433, Z. 26.

2 Er findet sich auch in cod. 1479, n. 14-16 der Pariser Nationalbibliothek und theilweise in cod. XVI. 78, f. 32 der Barberina in Rom.

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