den Jahren 1398 und 1399 ausgeführten Waffenthaten in einer Weise, dass für die Sendung nach Avignon kein Raum bleibt. Ihren Bericht über die Expedition gegen Perigord bekräftigt Jarry 1 durch eine Reihe unedirter Actenstücke, allerdings ohne den Widerspruch zu bemerken, in welchen er sich mit dem von ihm adoptirten Bericht Froissarts verwickelt. 4 Auch eine andere Angabe Froissarts zeigt, dass er über die Vorgänge im Süden Frankreichs schlecht unterrichtet war. Nach ihm 2 wäre Raimund von Turenne einer der ersten kampf- und beutelustigen Herren gewesen, welche Ende August 1398 ihre Schaaren nach Pont-St.-Esprit zuführten. Aber nach De VicVaissette 3 war Raimund eben im Sommer 1398 infolge seiner langen Fehde gegen die Königin von Sicilien und das päpstliche Gebiet in einen Krieg mit Frankreich verwickelt worden. Amauri von Severac und andere unruhige Herren der Auvergne wollten ihm, trotz des ausdrücklichen Verbotes des Königs von Frankreich, 3000 Mann über die Rhone zuführen. Der König befahl dem Seneschall von Beaucaire, die Rhoneübergänge zu besetzen. Um seinen Freunden eine Brücke zu eröffnen, versuchte Raimund einen Anschlag gegen Pont-St.-Esprit, der beinahe gelang. Also nicht als Freund und Bundesgenosse, wie Froissart will, sondern als Feind des Königs von Frankreich erschien Raimund im Sommer 1398 in Pont-St.-Esprit. Hierauf brach er in Vivarais ein, besetzte zuerst Bais und machte schliesslich sein Schloss Bouzol zu seinem Hauptwaffenplatz. In ihm wurde er vom Anfang 1399 bis Ende 1400 von dem Seneschall der Auvergne belagert. Allerdings fügen auch De Vic-Vaissette 5, welchen ich diese Angaben entnehme, den Bericht Froissarts ihrer Darstellung ein; 1 L. c. p. 219. 2 Ed. Kervyn de Lettenhove, XVI, 126: 'Et fist le dit mareschal son mandement et amas de gens d'armes; et toutes gens le vindrent servir, les aucuns par obéissance, et les autres pour pillier et rober sur ceulx d'Avignon: et vindrent devers le mareschal de France messire Raymond de Thouraine à grant joye, qui estoit tout prest de chevauchier.' 3 Histoire de Languedoc 2, IX, 983. 1 Vgl. Douet-D'Arcq, Choix de pièces inédites, I, und Martène-Durand, Amplissima collectio, VII, 483. 5 L. c. p. 975 s. ein Widerspruch, der leider bei der Vorbereitung der sonst so trefflichen zweiten Ausgabe unbemerkt blieb. Sehr bestechend ist in Froissart die so lebendige und wahrheitstreue Detailschilderung. Unwillkürlich denkt man: so schreibt nur jemand, der Zeuge der Ereignisse war, welche er berichtet, oder aus dem Munde von Augenzeugen seinen Bericht empfing. Wirklich glaubten Kervyn de Lettenhove1 und Tschackert 2 unter dem Eindrucke der farbenfrischen Erzählung annehmen zu sollen, Froissart habe, als er, wie einige glauben, in Cantimpré bei Cambrai weilte, aus Ailly's eigenem Munde Mittheilungen erhalten. Doch darf man bei kritischen Untersuchungen der Berichte Froissarts den allgemeinen literarischen Charakter seiner Chronik nicht aus dem Auge verlieren. Es ist diesem Chronisten vielmehr darum zu thun, durch eine lesbare und interessante Darstellung Leser zu gewinnen und sie zu fesseln, als schlicht und treu die historische Wahrheit den kommenden Geschlechtern zu überliefern. Das ihm vorschwebende und von ihm angestrebte Ideal umfasste allerdings beide Aufgaben gleichmässig; in der Aufführung jedoch ist erstere durchaus massgebend und zwar häufig auf Kosten der letzteren. Wo dem Chronisten das zur Abrundung und Färbung seiner Erzählung nöthige Detail nicht zur Hand ist, lässt er seiner dichterischen Begabung 3 freien Lauf. Als solche poetische Erzeugnisse erkannte Tschackert die Reden, welche Froissart seiner Darstellung einfügt; die Detailangaben dagegen glaubt er aus Mittheilungen Ailly's herleiten zu müssen. Für eine solche Unterscheidung liegt durchaus kein Grund vor. Wer Phantasie genug hatte, um jene Reden zu erdichten, der konnte, falls er wie der vielgereiste Chronist in und um Avignon Bescheid wusste, mit Leichtigkeit auch jene Einzelheiten erfinden. Dass z. B. Ailly ganz vorzüglich lateinisch und französisch sprach - eine Angabe, welche Tschackert besonders imponirt, konnte Froissart sehr wohl vom Hörensagen wissen, ja bei einem so hervorragenden Pariser Theologen einfach voraussetzen. 1 Froissart, Chroniques, I, 1, p. 454. 2 Peter von Ailly, p. 103, Anm. * A. a. O. S. 103. Anm. In einem der nächsten Hefte werde ich eine Anzahl neuer Actenstücke aus der Zeit der Belagerung und Gefangenschaft Benedikts veröffentlichen und den Verlauf dieser Begebenheiten auf der so gewonnenen, neuen Grundlage darzustellen suchen ; hierbei werde ich Gelegenheit haben, den hier geführten Beweis zu ergänzen und einige der Quellen Froissarts nachzuweisen. Bis also neue und klare Actenstücke zur Rettung des Berichtes Froissarts beigebracht sind, was wohl kaum geschehen wird, muss, wie mir scheint, eine fernere Berücksichtigung der ihm eigenen und der Erzählung des Mönchs von St. Denis und Benedikts widersprechenden Angaben als unkritisch verurtheilt werden. Mit dieser Auffassung steht auch alles Uebrige im besten Einklange, was wir von Benedikts Beziehungen zum Marschall Boucicaut und dem ferneren Verhalten von dessen Bruder Geoffroy wissen. Des unruhigen Treibens seiner Dogenherrschaft müde, stellte sich Genua am 4. November 1396 unter die Oberhoheit des Königs von Frankreich1. Als dessen erste Gouverneure der Stadt den ersehnten Frieden nicht brachten, bestellte Karl 1401 seinen waffenkundigen Marschall Jean Boucicaut zum Statthalter. Während Benedikt 1404 bis 1408 an der ligurischen Küste mit Gregor XII. verhandelte, hatte er natürlich mehrfach mit Boucicaut zu verkehren. Seine Beziehungen zu demselben waren derart, dass sich im Sommer 1405 in Italien das nicht ganz grundlose Gerücht verbreitete 2, Boucicaut hege die Absicht, Benedikt, für dessen Obedienz er bereits Pisa gewonnen hatte, mit gewaffneter Hand nach Rom zu führen. Selbst noch zur Zeit, als 1408 der französische Hof sich von neuem von Benedikt abgewandt hatte und der Marschall infolge dessen den 1 Vor allem Jarry, La vie politique de Louis de France, duc d'Orléans. Paris 1889, p. 177; de Circourt, Le duc Louis d'Orléans, ses entreprises en Italie 1394-1396 in Revue des questions historiques (1889) XLVI, 162; Delaville-Roulx, La France en Orient, I, 403, 404; Stella, Annales Genuenses in Muratori, SS. rer. ital. XVII, 1187; Giustiniani, Annali della repubblica di Genova, ed. 1855, II, 219 s. 2 Jarry 1. c. p. 338. Wünschen desselben nicht mehr entsprechen konnte, bezeichnete ihn Benedikt doch noch als 'ferventissimus in factis ecclesie et bono unionis' 1. Hierbei fanden allerdings beide Theile ihren Vortheil. Es ist nämlich eine bisher noch kaum beachtete Thatsache, dass Benedikt, als er sich Anfangs 1408 zum zweitenmale durch den französischen Hof bedroht sah und eine Rückkehr nach Avignon kaum mehr hoffen konnte, am 3. Februar 1408 vier bedeutende Schlösser der Grafschaft Venaissin: Châteauneuf-Calcernier (oder du Pape)2, Bedarrides, Bollène und Pernes um 40 000 Goldgulden an Boucicaut und seine Erben verpfändete. Martène-Durand versprachen in der Einleitung 3 zum siebenten Band ihrer Collectio amplissima, den Pfandbrief Benedikts im neunten Bande folgen zu lassen. Dort findet sich derselbe wirklich im Nachtrag in einer Vollmacht, welche Jean Le Meingre einem seiner Agenten ausstellte, um von dem Kämmerer Johanns XXIII. die ausgeliehene Summe wieder zu erlangen. Uebrigens ist dieser Schuldbrief auch in Benedikts Registerbänden enthalten. Ich theile aus den im vaticanischen Archiv verwahrten Bruchstücken der Kammerrechnungen Benedikts zwei Einträge mit, welche zeigen, wann und wie die Pfandsumme ausbezahlt wurde. In den Registra Avenion. Benedicti XIII., t. 54, findet sich ff. 206a bis 516 'Manuale receptarum et expensarum seu datarum factarum per me Iulianum de Loba canonicum Tirasonensem et Vicensem pecuniarum camere apostolice receptorem a die XI mensis octobris de anno domini millesimo, quadringentesimo septimo, qua die incepit pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri domini Benedicti divina providentia pape terciidecimi, anno cartodecimo et indictione XV'. Unter den recepta finden sich verzeichnet: (F. 231) Recepte mensis martii [1408] ... De diversis: Die V dicti mensis marcii scribuntur, qui dicta die et aliis diversis vicibus et diebus, tam in mense februarii proxime preterito, quam in presenti mense marcii in civitate Ianue fuerunt recepti a nobili et 1 S. den dritten Abschnitt. 2 Zum Unterschied von dem östlich von Avignon gelegenen Châteauneuf de Gadagne. 3 p. LXXVI, Randglosse. Regest. Avenion. Benedicti XIII., tom. 51, f. 57a s. magnifico viro domino Iohanne le Mengre milite Turonensis diocesis, marescallo Francie et gubernatore regio Ianuensi, ex illis triginta milibus francis, valore cuiuslibet XXV sol. monete Ianuensis terciatis (?), valentibus XXXVII VC lib. dicte monete, per eum restantibus ad solvendum de et ex illis quadraginta milibus francorum, quos domino pape et camere apostolice promisit et convenit amicabiliter mutuare et quos dictus dominus noster papa per suas litteras bulla plumbea bullatas sub dicta die III dicti mensis februarii confectas, confessus fuit se recepisse et infra biennium a dicta die III februarii continue numerandum se obligavit eidem domino Iohanni le Mengre seu heredibus suis aut habituris causam ab eo vel eis sub certis conditionibus, pactis, penis et cautelis in eisdem litteris apostolicis contentis, per manus domini Colini Serra eius thesaurarii et qui eos per certos bailyvios dicte (231°) civitatis assignari et traddi michi fecit; videlicet cum octingentis florenis datis michi per eundem Colinum in tercerolis auri; quinque mille et centum quadraginta flor. Ianue et Florentie etc. in sua specie, ad rationem XXV sol. monete Ianue pro quolibet floreno; et decem mille centum nonaginta quatuor flor. Ianue et Florentie in sua specie, ad rationem viginti sex sol. dicte monete Ianuensis pro floreno; et alii duo mille trecenti nonaginta novem flor. Ianue et Florentie in sua specie, ad rationem XXVI sol. et trium den. dicte monete; qui sunt in summa XVII septingenti triginta tres floreni Ianue etc. in sua specie et valent ad rationes supradictas XXII" VIII XXV lib., XVII sol., IX d. monete Ianuensis; restantibus XIIII" sexcentis septuaginta quatuor lib., duobus sol., tribus den. fuerunt recepte in mille trecentis florenis cor., quolibet pro XXI sol., et quingentis scutis auri de Francia, quolibet pro XXX sol., et in grossis Avinion. cur., grossis Ianue, pataquinis et alia moneta Ianuensi minuta; [novem millia VIC LXXIIII lib., II sol., tres den. Quare V lib. pro IIII flor. tenentur pro complemento solvere usque ad primam diem mensis aprilis proxime venturum dominus Lucianus de Spinolis et Baptista de Lomelinis et ad id se obligarunt cum instrumento recepto per Tomam notarium Ianue]. Reducte omnes predicte monete ad florenos camere XXX sol., computato quolibet floreno Florentie etc. pro XXXI sol. et scuto pro XXXIIII sol., et floreno cur. pro XXIII sol. monete Avinionis et XII VC LIX lib., II sol., III den. restantibus ad rationem XXVI sol. III d. monete Ianuensis pro floreno camere, valent XXV VIC LXXXIX flor. camere, XXII sol., IX d. (F. 244) De diversis. Die XXX dicti mensis aprilis fuerunt recepte in Portu Veneri a magnifico viro domino Iohanne le Mengre milite Turonensis diocesis et marescallo Francie ac gubernatore regio Ianuensi pro illis quatuor milibus florenis Ianue terciatis, quos venera |