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stätigen, wie wir unten sehen werden, das Gegentheil, was sich auch aus anderen Quellen ergibt. Die beiden Colonna gehörten gerade zu den Cardinälen, welche Cölestin bewogen, die Constitution zu erlassen, die einem Papste abzudanken gestattet, und sie gehörten zur Mehrheit, welche Benedikt Gaetani die Stimme gab, sie waren nicht unter jenen, die erst nachträglich beitraten.

Zur Ansicht, die beiden Colonna hätten nur eingeschüchtert oder aus Furcht so gehandelt, wird sich derjenige nicht bekennen, welcher den kecken Charakter beider Cardinäle und das spätere unerschrockene Gebahren derselben in Betracht zieht.

In der Gesinnung der beiden Colonna trat eine Wandlung ein, die aus mehrfachen Ursachen erklärt werden muss. Sowohl Bonifaz VIII. in seiner Bulle vom 10. Mai 1297, als die Colonna im zweiten Sendschreiben geben uns die Behelfe. Ersterer sagt, die Colonna hätten früher mit Jakob II. von Aragonien und noch zu seiner Zeit mit dessen Bruder Friedrich hochverrätherische Verbindungen unterhalten, wogegen er sie wiederholt gewarnt habe. Da dies nichts gefruchtet und er für die Sicherheit seines Besitzes gefürchtet habe, sei von ihm das Verlangen gestellt worden, dass die Stadt Palestrina, Mittelpunkt der Familiengüter, und die Burgen Colonna und Zagarolo, welche nach aussen der Neffe Jakobs, Stephan, innehatte, dem Papste übergeben würden, damit daselbst päpstliche Besatzung Aufnahme fände. Dies wird durch das zweite Sendschreiben der Colonna bestätigt. Die Colonna verweigerten aber die Forderung. Dazu kam noch ein anderer Umstand. Durch Vertrag vom Jahre 1292, 28. April, übertrugen die Söhne des Oddo Colonna die Verwaltung ihrer Familiengüter ihrem ältesten Bruder, dem Cardinaldiakon (S. Mariae in Via lata seit 1278, 12. März) Jakob 1. An den Besitzungen hatten auch die Neffen, von denen einer der Cardinaldiakon (S. Eustachii seit 1288) Petrus war, Antheil. Die drei Brüder Jakobs, Oddo, Matthaeus und Landulf, warfen ihm vor, die Neffen zu ihrem Nachtheil zu begünstigen. Bonifaz VIII. wurde von ihnen an

1 (Petrini) Memorie Prenestine disposte in forma di annali. Roma 1795, p. 418. Tosti, Storia di Bonifazio VIII., I, 269.

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gerufen, der wiederholt, aber umsonst, den Cardinal Jakob ermahnte, den Brüdern das Ihrige zu geben. Die beiden Cardinäle, sowie die Neffen, von denen Stephan am meisten von sich reden machte, fassten und nährten nun einen unversöhnlichen Hass gegen Bonifaz, der sich auch in der Beraubung des päpstlichen Schatzes durch Stephan kundthat, worauf wir alsogleich zu sprechen kommen.

Die beiden Cardinäle brachen jeden Verkehr mit dem Papste ab und erschienen vor ihm nicht mehr. Gewiss schlugen sie sich schon damals im Geheimen zur Partei der italienischen Spiritualen, wie Ubertino von Casale und Jacobone da Todi 1, welche die Abdankung Cölestins V. als unrechtmässig ansahen und Bonifaz VIII. nicht als Papst anerkannten. Dass sie Verbindung mit solchen Männern hatten, sagen sie selbst in allen drei Schreiben. Der Papst aber scheint damals darauf kein besonderes Gewicht gelegt zu haben, obgleich man bisher das Gegentheil aus der Citation vom 4. Mai 1297 erschliessen wollte. Bonifaz lud nämlich um die Nonzeit des 4. Mai beide Cardinäle auf abends zu sich, ‘audituri, quid sibi placuerit dicere et mandare, quia vult scire si papa est' 2. Die letzten Worte legte man so aus, als habe der Papst in Erfahrung gebracht, dass die beiden Cardinäle ihn nicht als Papst anerkennen, und er sie deshalb verhören wollte. Allein, als die beiden Cardinäle vor Bonifaz erschienen, war davon gar keine Rede, gleichwie auch nicht in der Bulle vom 10. Mai, die abgefasst wurde, ehe das erste Sendschreiben in die Hände des Papstes und der Seinigen gelangte. Der Papst wollte in der Citation vielmehr sagen: 'Ihr seid Cardinäle der römischen Kirche, unterhaltet aber keinen Verkehr mit dem Oberhaupte derselben und lehnt euch gegen dasselbe auf. In meiner Gegenwart nehmt meine Befehle entgegen, denn ich will sehen, ob ich Papst bin oder

1 Er ist im ersten Sendschreiben als Zeuge aufgeführt.

2 Von diesem vom Notar Petrus de Setia geschriebenen Act existiren im Vatic. Archiv (C. Fasc. 47) sechs am 15. Mai ausgestellte Transsumpte, wie auch bei Dupuy, Hist. du différend d'entre le pape Boniface VIII. et Philippe le Bel, p. 33. Alle enthalten nur an Petrus eine Einladung. Eine ähnliche erging aber auch an Jakob, denn in den Sendschreiben ist allgemein davon die Rede.

nicht.' Gerade wie im gewöhnlichen Leben öfters betont wird: 'Ich will endlich zeigen, dass ich Herr bin im Hause und zu befehlen habe.' Allerdings legten nachher die Cardinäle in ihren Sendschreiben dem Worte 'quia vult scire si papa est' boshafter Weise den Sinn unter, als habe Bonifaz selbst gezweifelt, ob er Papst sei, wie wir alsbald erörtern werden.

Bisher glaubte man, die beiden Cardinäle hätten der Aufforderung des Papstes, vor ihm zu erscheinen, nicht Folge geleistet, weil in dem ersten, allein bekannten Sendschreiben beider Cardinäle vom 10. Mai steht, sie hätten sich zweimal, Samstag und Sonntag, vom Erscheinen entschuldigen lassen. Allein aus der zweiten, unten veröffentlichten Denkschrift ergibt sich, dass sie wirklich am Montag (6. Mai) vor dem Papste erschienen, der von ihnen in Gegenwart des heiligen Collegiums die Ausführung dreier Aufträge forderte, welche sämmtlich den Grafen Stephan betrafen. Fürs erste sollten sie ihn bewegen, die Geldsumme, welche der Neffe des Papstes, Petrus Gaetani, von Anagni nach Rom bringen wollte, von Stephan und seinen Leuten aber bei einem Ueberfall weggenommen wurde, zurückzuerstatten. Dann sollte sich Stephan als Gefangener dem Papste übergeben. Endlich müssten die Stadt Palestrina und die Burgen Zagarolo und Colonna an den Papst ausgeliefert werden. Beide Cardinäle, dürfen wir ihrer eigenen Aussage Glauben schenken, verstanden sich zur Ausführung und erreichten, dass Stephan den geraubten Schatz herausgab1. Indes hinsichtlich der beiden anderen Forderungen gab er nicht nach. Infolge davon sei der Papst gegen die Colonna noch mehr erbittert und zu seinem Schritte geführt worden. Aber noch ehe der Papst die Bulle vom 10. Mai veröffentlicht hatte, erschien das erste Sendschreiben der beiden Cardinäle

1 Dies ist der Grund, weshalb der Papst in der Bulle vom 10. Mai diesen Punkt mit keinem Worte berührt. Die Beraubung des päpstlichen Schatzes wird noch durch andere Quellen bestätigt. S. Tosti 1. c. p. 203. Die auch von Reumont adoptirte Phrase des Gregorovius: 'Ich glaube nicht an den Raub des päpstlichen Schatzes durch Stephan, weil der Papst davon schweigt' (Geschichte der Stadt Rom, V, 2. Aufl., S. 532, Anm. 1) wird nun hinfällig. Wieder ein schönes Beispiel dafür, dass das argumentum ex silentio äusserst schwach ist.

unter demselben Datum, dem bald das zweite und das dritte folgte. Der Cardinal Petrus hat uns selbst einen Bericht über dieselben hinterlassen, und zwar bei Gelegenheit des unter Clemens V. in Avignon im Jahre 1311, April 14-24, angestellten Processes, der im Vatic. Archiv (C. Fasc. 47) uns erhalten ist, von dem eine späte schlechte Abschrift in der Barberini, XXXIII, 75, existirt, aus der Höfler in den Abhandlungen der hist. Kl. der k. bayer. Akad. der Wissensch., III, 3 (1843), den Process veröffentlicht hat 1. Ich theile aus der Vaticanischen Handschrift (fol. 5) vorläufig dasjenige mit, was sich auf die drei Sendschreiben bezieht.

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Item eadem die iovis [15. April 1311] reverendus pater dominus Petrus de Columpna cardinalis supradictus tradidit prefato domino nostro in camera supradicta quandam cedulam de papiro depositiones seu responsiones suas super dicto zelo continentes, quam idem dominus noster nobis notariis supradictis tunc coram ipso presentibus in actis predictis tradidit registrandam. Cuius tenor talis est.

Sanctissime pater, quia expedit quod super hiis, de quibus pridie coram sanctitate vestra et presentia dominorum cardinalium actum fuit et per sanctitatem vestram interrogatus fui, plene sciat veritatem vestra sanctitas, et ut nullus locus sit errori: sciatis quod secundum quod recordari possum et credo, per nos cardinales de Columpna facta fuit una denunciatio et appellatio sub instrumento publico 3, et in illa respondebatur ad verbum quod in citatione erat quam Bonifacius fecerat, quod cardinales de Columpna predicti comparerent coram eo sub virtute sancte obedientie et pena privacionis cardinalatus, quia volebat scire utrum esset papa prout de citatione huiusmodi apparet publicum instrumentum, quod factum fuit ante omnem processum de facto presumptum per Bonifacium contra ipsos. In isto autem instrumento non continetur aliquid nisi super illegittimo ingressu et eius denunciatione et appellatione, prout patet ex forma ipsius instrumenti. Quo non obstante eadem die Bonifacius de facto processit contra eos 5.

1 Dem Gregorovius ist der interessante Act völlig entgangen.

2 D. i. Clemens V.

3 Das ist die erste Denkschrift vom 10. Mai 1297.

4 S. oben S. 495.

5 Dadurch wird doch deutlich ausgedrückt, dass die Denkschrift vor der ersten Bulle In excelso throno, auf die oben angespielt wird, wenngleich an demselben Tage, erschienen ist.

Post processum predictum de facto presumptum dicti cardinales de Columpna innovaverunt appellationem, supponentes se et iura sua protectioni divine, sedis apostolice et futuri veri Romani pontificis et concilii generalis, et in dicta appellatione expresserunt de nullitate et iniquitate processuum multa, prout apparet ex forma patenti appellationis. et innovationis appellationis predicte sigillata sigillis cardinalium predictorum, de qua constat. Post ista (Bonifacio aggravante processus suos iniquos contra Columpnenses et procedente ad dirutionem hedificiorum, palatiorum et turrium et ad exterminium castrorum et subversionem roccarum et murorum, et quod peius est, fatuitatem quam fecerat in primo suo processu, in quo primo processu sub certa forma contra eos tanquam contra hereticos et scismaticos procedebat, continuante et pronunciante ipsos Columpnenses hereticos et scismaticos et relapsos, et tanquam huiusmodi puniendos 2) dicti cardinales miserunt. quandam litteram patentem eorum sigillis pendentibus sigillatam, que incipiebat: Intendite, ubi narrabantur iniquitates et iniusticias attemptatas contra ipsos per Bonifacium, et ubi narrabant mala opera Bonifacii, et quomodo scandalizabat ecclesiam Dei in multis, et quomodo immutabat statum generalem ecclesie, subvertebat canones et concilia sanctorum Patrum, et multa alia continebantur contra ipsum, in quibus ipse peccabat, et in quibus et de quibus incorrigibilem se reddebat. Et conclusio erat quod daretur opera ad congregationem concilii generalis, ut omnis error tolleretur de ecclesia sancta Dei, et ut in Dei ecclesia non nisi verus et legittimus vere et legittime pastor preesset.

In supradictis autem litteris non opponebatur heresis in specie per modum obiectus, nisi quod in aliqua de illis precedentibus litteris seu in quadam quarta littera continebatur expresse quod dictus Bonifacius prophanabat ecclesiastica sacramenta et quod in multis et gravibus criminibus, in quibus incorrigibilis erat, scandalizabat ecclesiam, quod et ipsum species heresis est et erat. Item continebatur quod darent operam congregationi petiti concilii generalis, ne in periculum animarum prophanarentur ecclesiastica sacramenta per Bonifacium antedictum, sed omnino error tolleretur de ecclesia sancta Dei, quam dictus nephandus

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1 Hier wird auf die zweite Denkschrift der Cardinäle vom 11. resp. 16. Mai Bezug genommen.

2 Dies geschieht in der zweiten päpstlichen Bulle vom 23. Mai 1297 Lapis abscissus.

3 Die dritte Denkschrift der Colonna vom 15. Juni.

4 In den sechs Exemplaren der Schrift Intendite, welche im Vatic. Archiv aufbewahrt sind, kommt Obiges nicht vor.

5 Das Folgende steht in allen Exemplaren.

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