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Bericht (§ 10) die Notiz, daß die Japuden früher beiderseits des Gebirges (d. h. der Okra; von diesem Gebirge allein war vorher die Rede) gesessen haben und zwar bis zu der Niederwerfung durch Octavian, also bis Ende der dreißiger Jahre des ersten Jahrhunderts vor Chr. Seitdem ist die Okra nur noch „nahe bei" den Japuden. Also ergibt sich das Bild, daß die Japuden einmal

am Ende

des 2. Jahrhunderts oder in der ersten Hälfte des 1. sich nach Nordwesten ausgebreitet haben und die eroberten Gebiete bis auf Octavians Feldzug behaupteten.

Damit kommen wir einen Schritt weiter in der Streitfrage, die Walter Schmid und Veith im Beiblatt der Österr. Jahreshefte 1922-24 erörtert haben. Schmid hatte mit Pick aus den vorrömischen und nach Ausweis der Waffenfunde von den Römern zerstörten Befestigungen, die sich mit der Front gegen Italien vom Birnbaumer Wald (an der Straße Aquileia-Laibach) bis in die Gegend des Krainer Schneebergs hinziehen 1), einen japudischen Besitzstand beiderseits der Okra herausgelesen (Hoernes a. a. O. dachte an die Grenze zwischen „cisalpinen“ und „transalpinen“ Japuden), während Veith diese Latènefestungen den Japuden absprach. Schmid hat also zweifellos recht, nur die Datierung der Entstehung der Verschanzungen in die Zeit des römischen Raubkrieges von 177 v. Chr. ist zu korrigieren: damals saßen die Japuden noch viel weiter südöstlich 2).

Die ältere Quelle behandelt dann (§ 3f.) den лαоáлlovs von den Karnern (im Friaul) an und scheidet eine istrische Küste von 1300 Stadien, eine japudische von 1000 und eine liburnische von unbekannt wievielen, aber über 1000 Stadien. Die Gesamtgruppierung entspricht dem, was man für diese Quelle erwartet: die Japuden sitzen an der Albia und südöstlich von ihr, sie brauchen also eine erhebliche Küstenstrecke. An sich stehen die Zahlen in guter Gesellschaft, dicht vorher wird die Entfernung vom Winkel der Adria (also am Timavo) bis zur augusteischen Grenze Italiens

1) Schmid-Pick 277 ff.; vgl. Hoernes, Mitt. Wien. Anthrop. Ges. 1888, 247 f. Eine Karte des Hauptteils bei Much, Kunsthist. Atlas I, Tafel 85.

2) Nicht zu halten ist auch die Ansetzung von Metulum bei St. Michael (a. a. O. 282 ff.; 495 f.; dagegen Veith 479 ff.): den Ort nennt auch die ältere Quelle als japudisch (VII 5, 4), er kann also nicht nordwestlich der Albia liegen. Daraus folgt natürlich nicht die Richtigkeit von Veiths Gleichung mit Viničica bei Josefstal, zumal CIL III 10060 in der Tat nichts beweist (Schmid a. a. O.). Ich kenne beide Plätze nicht, bin aber betr. die Lokalisierung von Metulum genau so skeptisch wie bei dem Varusschlachtfeld. Daß die Japuden unter Octavian nicht erst an der Albia begannen, sollte übrigens gegen Veith aus CIL. V 525 f. folgen: Octavian befestigt im Japudenkriege Triest, 60 km Luftlinie von der Albia!

(an der Arsia bei Nesactium ö. Pola) auf 800 Stadien und als identisch mit der Distanz Ancona - Südspitze Istriens angegeben. Die erste Ziffer ist richtig, die Gleichung ungefähr zutreffend. Aber wir wissen nicht, ob die Zahl 800 in der alten Quelle stand und von Strabon nur durch die politischen Grenzen seiner eigenen Zeit illustriert wird, oder ob sie aus Vermessungen in Strabons eigener Zeit stammt. Dürfen wir die Zahl 1300 für die istrische Küste genau nehmen, so umfaßt sie nicht nur die Strecke, die in Strabons Zeit istrisch ist (excl. Triest bis incl. Nesactium) sondern die gesamte Küstenlinie der istrischen Halbinsel bis Fiume. Und das muß so gemeint sein, denn 1000 Stadien für die japudische Küste führen, wenn man die Sackgassen der Fjorde vermeidet, bis jenseits Zara, diesseits Scardona und der Kerka, und letztere Stadt ist nach Strabon a. a. O. der erste Platz in der nächsten Einheit, Liburnien 1). Damit hätten wir eine zweite Völkerverschiebung, die die Osthälfte der istrischen Halbinsel zwischen Fiume und Nesactium den Istriern entrissen hat; es liegt auf der Hand, sie mit der zu identifizieren, die die Japuden in die Okra führte. Die Eroberer waren hier nicht Japuden, sondern liburnische Stämme; jedenfalls kennen wir fortan den genannten Küstenstrich nur als liburnisch (s. u. S. 8ff.). An Stammesnamen haben wir in diesem Winkel vorläufig nur den der Rundicten, die nach Ausweis von CIL. V 698 an der Straße Triest-Fiume bei oder östlich Materia saßen und offenbar den letzten Gau in der späteren Provinz Dalmatien bildeten, der direkt an Italien grenzte 2).

Weitere Andeutungen auf Völkerverschiebungen enthalten Strabons Berichte nicht. Die ältere der Quellen nennt zwar, wie auch Artemidoros bei Steph. Byz., Triest ein Dorf der Karner (VII 5, 2); eine andere Tradition V 1, 9, die schon die Entfernung von Aquileia nach Triest recht genau angeben kann, rechnet den Platz zu Istrien, freilich nur zur istrischen Küste, ohne klare. ethnographische Angabe. Es wäre nun gewiß möglich, daß Triest bei jener Wanderung von den Istriern, die vor den Liburnern 1) Daß Kyrikte (die Insel Veglia) an der japudischen Küste liegt, wäre auf jeden Fall richtig.

2) Die Straße, die der Statthalter von Dalmatien durch ihr Gebiet baut, wird nach Westen durch den Kaiser, nicht die Provinzialverwaltung weitergeführt. Sie kreuzte dort die fines Laecanii Bassi. Dieser ist uns bekannt als der Großunternehmer in Pola, dessen Lager und Fabrik Gnirs aufgedeckt hat: Österr. Jahresh. Beibl. 1910, 95 ff.; 1911, 35 ff., 1914, 75 f. Seine Amphorenfabrik ist dann in kaiserlichen Besitz übergegangen (Stempel a. a. O. 1911, 37 und Anm. 12), zugleich offenbar sein Landgut und zwar, wie die Inschrift aus Materia lehrt, unter oder vor Claudius.

weichen mußten, den Karnern entrissen worden wäre, aber Caes. Bell. Gall. VIII 24, 3 ist Triest ein Angriffsobjekt der Istrier, also offenbar ihnen nicht zugehörig. Man müßte unnötig kompliziert annehmen, daß die Stadt den Istriern zwischen der Zeit jener Quelle Strabons und Caesar wieder verloren gegangen ist.

Sonst gibt Strabon noch mancherlei: seine ältere Quelle nennt (VII 5, 2) Nauportus eine Siedelung der Taurisker, Siscia eine solche der Pannonier, § 3 grenzen die Istrier an der Küste an die Karner. Dem entsprechen IV 6,9 wo letztere sich zur Adria erstrecken, V 1,9 wo die Karner an die Veneter grenzen und V 1,8 wo Aquileia bereits außerhalb des Venetischen Gebiets liegt, gegen das ein Fluß (deutlich der Tagliamento) die Grenze bildet 1).

Dieser Fluß nun bildet die Zufahrtstraße für das große Zentrum Noreia (V 1,8), zu dem man von Aquileia aus 1200 Stadien zu fahren hat. Daß die ganze Strecke zu Schiff zurückgelegt wird, ist ein Irrtum Strabons, die Distanz selbst aber steht wie die Entfernungsangaben o. S. 3 in guter Gesellschaft: die in einem Atem mit ihr genannte für die Strecke Aquileia-Triest ist ziemlich genau.

Wo lag nun Noreia? Die alte Ansicht setzte es nach Neumarkt an der Straße von Klagenfurt nach dem oberen Murtal, wo eine Poststation der späteren Kaiserzeit diesen Namen führte (CIL. III 2, p. 618). Diese Gleichnamigkeit genügt sicher nicht: genau wie es allenthalben Gottheiten mit dem Namenszusatz Noreia gibt 2), wird im norischen Lande der Ortsname mehr als einmal vorgekommen sein. Auch die Gold- und Eisengruben fehlen hier, aber das mag hingehen; für die wirtschaftliche Bedeutung des Ortes mochte es genügen, wenn Noreia der Umschlagsplatz für das Eisen des Erzberges war. Garnicht passen will aber Strabons Entfernungsangabe und erst recht nicht die Darstellung Appians (Kelt. 13) für die Schlacht des Jahres 113. Der Konsul Carbo fürchtet für Italien und besetzt einen Paß, um die Invasion zu hindern. Der Paß bei Neumarkt liegt etwa 200 km jenseits des letzten italischen Bauernhofes, er ist keine Stelle, wo man einen „Einbruch

1) Die Angaben IV 6, 9 betr. die Berge „über den Karnern" und ihre Flüsse helfen nicht weiter. Es herrscht eine Verwirrung, die z. T. Strabon, z. T. wohl auch das MS angerichtet hat (Verdoppelung der Etsch). Vgl. Cartellieri, Alpenstraßen 131. Für das Fortleben der seltsamen Vorstellung einer Wasserverbindung zwischen Donau und Adria mußte übrigens das Bekanntwerden des Karst mit seinen im Boden verschwindenden Flüssen neue Nahrung geben. Poseidonios kannte den Oberlauf des Timavo (Strab. V 1,8) offenbar als erster.

2) Weitaus die meisten übrigens im Südosten des späteren regnum Noricum, vgl. CIL. III 4806 ff., 5123, 5188, 5193, 5360; Egger, Österr. Jahresh. Beibl. 1912, 28 f. gegenüber CIL. III 5613.

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in Italien" abfangen kann. Die Teutonen (so Appian statt Kimbern) greifen aber nicht an, der Konsul geht über seine Paßstellung hinaus vor und erleidet die bekannte Niederlage; die Gegner verzichten auf eine Verfolgung und ziehen weiter nach Gallien. Das letztere paßt für Neumarkt vollends nicht wenn die Germanen nördlich Neumarkt siegen und in Richtung Gallien weiterziehen, kommen sie im oberen Murtal in eine Sackgasse, aber niemals nach Gallien. Endlich sind die Bewohner der Ebene nördlich des Passes, in der die Kimbern sich aufhalten, voi des römischen Volkes: je näher an Italien heran desto vorstellbarer wird ein solches Rechtsverhältnis. Egger, Führer durch das Landesmuseum in Klagenfurt 13 will daher mit Noreia in die Gegend von St. Veit a. Glan nördlich Klagenfurt; die strabonische Entfernung ist nur wenig zu niedrig, wenn man die Windungen einer Alpenroute einrechnet. Die Schwierigkeit liegt darin, daß eine Stellung des Konsuls etwa in der Gegend, wo sich später Virunum erhob, ebenfalls nichts weniger als eine Abriegelung Italiens war. Sie konnte auf der bequemen Strecke, der jetzt die Bahn St. VeitVillach folgt, umgangen werden, und auch sie liegt noch 150 km jenseits des Randgebietes der italischen Wirtschaft, die der Konsul schützen wollte. Appians Bericht erfordert einen Paß, der direkt eine Verbindung zwischen Venetien und der Ebene von Noreia darstellt und der zugleich so außer allem Vergleich der gangbarste war, daß man einen anderen Weg für die Germanen nicht in Rechnung zu stellen brauchte. Ein solcher Paß ist nur der von TarvisPontebba, gegen 800 m über dem Meere, sehr sanft und bequem und zu umgehen nur über die westlicher gelegene, viel höhere Plöckenalp (vgl. Cartellieri, a. a. O. 9 ff. 27). Und wenn diese passiert wurde, konnte der Konsul immer noch mit Leichtigkeit an die Vereinigungsstelle beider Paßwege zurückgehen und die Ebene dort decken. Dann müßte Noreia im Villacher Becken oder in einem der anschließenden Flußtäler gelegen haben, Drau oder Gail. Und in dem letzteren liegt ein altes Zentrum der Hallstadt- und Latènekultur der Ostalpen, Gurina bei Dellach. Der Weg von Aquileia zum Tagliamento, über Tarvis und im Gailtal aufwärts ist reichlich 200 km, Strabons 1200 Stadien wären 213 km. Und ein Germanenheer, das den von Tarvis aus sich vorwagenden Konsul schlägt und durch das Gailtal westwärts abzieht, kommt über den Gailbergsattel (970 m, 260 über der Talsohle) in das Pustertal und auf den bequemsten Weg zu den Helvetiern und nach Gallien: vgl. Cartellieri a. a. O. 9. 30 wenn die Schlacht nicht etwa soweit im Osten geschlagen wurde, daß es gleich der Drau folgen konnte: eine Schlacht bei Noreia blieb der

Vorgang auch so, es stand kein anderer Ortsname zur Verfügung. In dünn besiedelten Barbarenländern begegnet der Usus notwendigerweise, ein Treffen nach einem relativ entfernt liegenden Ort zu nennen, man denke an die Schlacht bei Arbela" 1).

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Das gewonnene Bild wäre also, daß die keltischen (Strabon VII 2, 2), genauer norischen Taurisker im zweiten Jahrhundert v. Chr. in Kärnten saßen und, da wir sie bei Nauportus wiederfanden, sicher ganz Kärnten, die südliche Steiermark (etwa im Umfange der jetzt zu Jugoslavien gehörigen Gebiete) und Krain besiedelten. Südlich von Tarvis und dem Plöckenpaß, östlich des Tagliamento und einschl. Triest gehörte das Land den Karnern, ebenfalls Kelten; die Istrier füllten die ganze ihren Namen tragende Halbinsel. Vom östlichen Krain und Fiume an begannen die Japuden 2). Als Fremdkörper eingesprengt war die Kolonie Aquileia

1) Der Fundbestand von Gurina wird von A. B. Meyer, Gurina im oberen Gailtal 1885 vorgelegt, vgl. die Rezension von Virchow, Zeitschr. f. Ethnologie 1885, 201. Die Besiedelung steht fest für die Hallstadt- und Latènezeit (Fibeln S. 16 ff.) bis in das 1. Jahrhundert v. Chr.; denn ptolemäische Münzen des 2. Jahrhunderts (Meyer 10 ff.) werden kaum vor 100 bis hierhin verschlagen sein. Republikanisches Geld Roms fehlt nach Meyer S. 15 (ein einzelnes Stück ist in Villach). Dann ist erst wieder die Kaiserzeit greifbar und zwar das erste und zweite Jahrhundert sehr spärlich (Meyer 12 ff.; 36) abgesehen von Fibeln (23 ff.): mehr als eine bäuerliche Siedelung mit spärlichen Beziehungen zum Süden ist nicht erkennbar, ganz im Gegensatz zu der älteren Zeit. Hier eine venetische und eine keltische Epoche zu trennen, woran Meyer dachte, geht nicht an: die von ihm konstatierte Lücke (S. 95) liegt zu spät und in einer Zeit, als Kelten längst da gesessen haben müssen. Dagegen paßt das Bild dazu, daß das alte Noreia 58 v. Chr. zum letzten Mal erwähnt (Caes. Bell. Gall. I 5, 4) und bei Plinius (III 31), offenbar nach der Reichsaufnahme des Agrippa, als verfallen bezeichnet wird. Zur Ethnologie von Gurina: Pauli nahm an, daß in Gurina Veneter saßen bis in das zweite Jahrhundert v. Chr. (Inschrift von Würmlach), dann Kelten, die in römischer Zeit notorisch dort waren (vgl. jetzt Cambridge Anc. Hist. IV 441 f.). Die keltischen Münzen des 4. Jahrhunderts (Virchow a. a. O.) beweisen an sich nichts dagegen, die können ihren Weg in venetisches Gebiet machen. Aber die Scherben, die venetische Kritzeleien, vielmehr Kritzeleien in venetischem Alphabet tragen, reichen bis an die Kaiserzeit heran (Mitteilung Mahrs im Wiener Museum), also in Zeiten, wo an der keltischen Besiedelung nicht zu zweifeln ist. Gewiß war die Gegend einmal illyrisch, denn die Kelten sind erst im 4. Jahrhundert in die Donauländer und Ostalpen eingebrochen; noch Skylax kennt die Karner nicht im Friaul (s. u. S. 11), und illyrische Sprachinseln in den Nordalpen haben den Keltensturm überdauert (u. S. 24). Aber über das 4. Jabrhundert herunter werden wir den Wechsel nicht rücken können. Richtig jetzt Cartellieri a. a. O. 9.

2) Treffen osö Laibach (unter 15° ö. L.) heißt in der Kaiserzeit municipium Latobricorum (CIL. III 3925), das keltische Wort läßt eher an die Taurisker als die im Kern illyrischen (s. u. S. 112) Japuden denken. Daran, daß die Aelii Carni

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