von Jülich, Kleve und Berg gestattete dieser Post den Durchgang durch sein Land. Schon im folgenden Jahre suchte Herzog Wilhelm engere Verbindung mit Sachsen; eine Verbindungspost von Sachsen nach Jülich nahm mit Genehmigung des Landgrafen Philipp durch Kassel ihren Weg. Diese Post war eine Vorläuferin des späteren Leipzig-niederländischen Kurses. Eine Fußpost schufen sich zur Beförderung ihrer Briefe 1573 Landgraf Ludwig zu Marburg und Fürst Joachim Ernst zu Anhalt. Herzog Julius von Braunschweig benutzte 1577 zum Deputationstage in Frankfurt von Kassel aus wieder die hessische Post. Diese hessischen Reichstagsposten bestanden offiziell nur für die Dauer des Reichstages, für den sie eingerichtet waren; langsam gingen sie nachher wieder ein. Allmählich und wohl ganz unbemerkt hatte sich auch die Allgemeinheit diese Verbindungen und Beförderungsmöglichkeiten zu nutze gemacht; dieselben Wege wurden benutzt und es entwickelte sich, wenn auch kein regelmäßiger, doch ein ständiger, reger Botenverkehr. Von weniger langer Dauer als die erwähnten Reichstagsposten der hessischen Fürsten waren ihre Reiseposten. Reiseposten. Je nach dem Aufenthaltsorte des Landgrafen wurden gut organisierte Verbindungen mit Stationen angelegt; natürlich hörten diese Posten nach Rückkehr des Fürsten in seine Residenz sofort wieder auf. Von Ziegenhain aus, auf der Durchreise nach Darmstadt, erteilte der Landgraf am 11. April 1561 den Befehl, daß in Zwingenberg „zwei gerade junge Burschen, die wohl lauffen können, bestellet und auch in Eid und Pflicht genommen werden"; diese sollen die Briefe, die an den Landgrafen ankommen, „,es sei Tag oder Nacht", annehmen und sofort nach Darmstadt bringen. Auch soll in Zwingenberg ein Bote angestellt werden, der jeden ankommenden Brief annimmt und genau aufschreibt, wann er angekommen und wieder abgefertigt worden ist. Am 1. August 1564 befand sich Landgraf Philipp in Friedewald; von hier aus ließ er durch seinen Hofmarschall Friedrich von Rolshausen und seinen Rat Simon Bing eine Reisepost nach Kassel anlegen; als Zwischen station wurde Heida bestimmt1). In dem Briefe an seine Beamten heißt es: In der Frieda soll eine Post angelegt werden, damit die Briefe desto fürterlicher an uns mögen kommen.. die Zeit wir hier oben sein werden.“ Die Zuverlässigkeit der Beamten und Postbedienten konnte auf diese Weise gut beobachtet werden; daß Unregelmäßigkeiten und Nachlässigkeiten vorgekommen sind, zeigt ein wenig liebenswürdiger Brief des Landgrafen von Heidelberg aus 2). Besonders unangenehm war es natürlich dem Landgrafen, wenn er am Hofe eines anderen Fürsten von so unliebsamen Ereignissen bei seiner eigenen Einrichtung hören mußte. Durch seine Räte ließ er die Beamten ernstlich ermahnen: „,daß die Leut zu aller Eil Tags und Nachts fortgeschickt werden". Welcher Bote seine Post nicht in fünf Stunden läuft, dem soll kein Lohn gegeben werden." Die Unmöglichkeit dieser letzten Verfügung zeigte Simon Bing, Hauptmann in Ziegenhain. Auf einer Inspektionsreise besuchte er die einzelnen Stationen und berichtete von Ziegenhain aus an den Landgrafen 3): er habe angeordnet, daß der Bote von Ziegenhain nach Felsberg in sechs, nach Marburg in acht Stunden gehen müsse; in fünf Stunden den Weg zu machen, sei unmöglich; außerdem fände sich auch kein Bote, der dies übernehmen wolle. Ein gutes Beispiel für die Errichtung einer fürstlichen. Reisepost im 16. Jahrhundert ist die des Landgrafen Wilhelm von Hessen von Kassel nach Wolfenbüttel. 1587 besuchte der Landgraf den Herzog Julius von Braunschweig; er nahm seinen Weg nach Wolfenbüttel über Gandersheim, Halle, Halberstadt und Wolmirstedt. Von Halberstadt aus erteilte er seinen Räten in Kassel den Befehl, ihm alle Zeitungen und Briefe, die für ihn ankämen unverzüglich nach seinem jeweiligen Aufenthaltsorte nachzusenden. Einige der nächsten Orte, wo die Post erwartet werden sollte, wurden angegeben. Auch wollte der Landgraf wissen, was für Gerüchte über politische Dinge in Kassel die Runde machten. Seinem Marschall trug er auf, ihm über die Jagd zu berichten,,,wieviel Hirsch er erleget und was diese gewogen". Alle diese Nachrichten sollten dem Landgrafen auf der Post „als uff Hall undt Wollmerstedt" zugesandt werden. 1) Heute Domäne Heidau bei Morschen. 2) 11. Mai 1576. 8) 17. Mai 1576. Sobald eine Post überflüssig zu sein schien, wurde sie aufgehoben; 1558 befahl Landgraf Philipp dem Reinhard Schenk zu Rotenburg, die Post von Alten-Katzenelnbogen nach Gießen eingehen zu lassen. In dringenden Fällen sollte ein reitender Bote die Nachrichten auf die Post nach Gießen bringen. Die Boten hatten oft unter der Nachlässigkeit der Beamten zu leiden. Um sich ihr Recht zu verschaffen, reichten 1557 die fußgehenden Boten eine Beschwerde an den Landgrafen ein wegen rückständigen Geldes; das verdiente Geld war ihnen nicht ausbezahlt worden und für die Wege hatten sie kein Zehrgeld erhalten. Der erhoffte Erfolg blieb nicht aus. Der Landgraf verfügte, daß 1000 Gulden für die Bezahlung der rückständigen Gelder und für späteren Lohn bereit gelegt würden. Die Hälfte des Betrages wurde aus der alten Tranksteuer genommen. Der sächsische Postreiter Daniel Winzenberg richtete. an den Landgrafen Wilhelm 1588 ein Bittgesuch, in dem er wegen seiner 40jährigen schweren Arbeit im Postdienst um eine Unterstützung bat, da er nichts mehr zu leben habe. Besonders hob Winzenberg hervor, daß er auch für die hessische Post viel geleistet und große Reisen für das fürstliche Haus Hessen verrichtet habe. Sehr interessant ist ein Verzeichnis seiner laufenden und gelaufenen Posten und Reisen, die er gemacht hat. Als Hauptpunkt seiner Leistungen für Hessen führt er an, daß er 14 Jahre und etliche Monate die Ordinari-Post von Dresden bis Langensalza befördert habe. Von seinem sächsischen eigentlichen Brotherrn scheint der alte dienstunfähige Postreiter nicht die nötige Pension erhalten zu haben; so war er auf die Gnade und Mildtätigkeit anderer früherer Herren angewiesen. Ob Winzenberg von dem Landgrafen eine Unterstützung erhalten hat, ist aus den vorhandenen Akten nicht ersichtlich. Immer mehr machte sich, besonders an den Höfen, das Bestreben geltend, die Postverbindungen regelmäßiger zu gestalten. Schon 1575 sollen regelmäßige Posten zwischen Sachsen und den hessischen Höfen bestanden haben 1). Ein Reskript für Leipzig vom Jahre 1586 ordnete an: „,es sollen für die Post nach Hessen und Braunschweig zwei fleißige Botten angestellt werden, welche die Posten täglich abwarten möchten". Der Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen bat den 1) Archiv für Post und Telegraphie. Bd. 28. 1900. S. 55. Landgrafen Wilhelm von Hessen um Anlegung einer Ordinari-Post 1); von Kassel bis Weißensee sollte der hessische Teil der Post gelegt werden, damit die Postsachen schnell und gut befördert werden möchten". Auch andere Fürsten, bemerkte der Herzog, unterhielten mit ihm derartige Verbindungen; zudem habe eine ähnliche Verbindung mit Hessen bei Lebzeiten des Kurfürsten Christian bestanden. Extraboten waren zu teuer und auch unbequem; die aufgewandten Kosten wollte der Herzog natürlich tragen helfen. Nach einem Briefe des Landgrafen Moritz des Gelehrten an den Markgrafen von Ansbach kam eine Postverbindung von Ansbach und Kassel über Uffenheim, Kitzingen, Schweinfurt, Meiningen, Vacha, Rotenburg in Gang 2). Alle Briefe sollten ungestört von Kassel nach Ansbach und umgekehrt auf diesem Kurse befördert werden. Auch waren Kassel und Regensburg durch eine Post verbunden. Der Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, dem Landgraf Moritz diese Einrichtung mitgeteilt hatte, machte diesen auf den großen Umschweif" des Weges aufmerksam; der Weg ging von Regensburg über Ansbach, Kulmbach, Koburg, Schmalkalden u. s. w. nach Kassel; daß dieser Weg von Regensburg nach Kulmbach über Ansbach ein „Umschweif" war, lehrt ein Blick auf die Karte. Diese Regensburger Post ist auch von längerer Dauer gewesen. 1599 bat der Botenmeister in Koburg den Landgrafen um Gehalt und ausgelegtes Geld. Der Landgraf verfügte, das rückständige Geld sofort auszuzahlen und setzte hinzu, daß dem Botenmeister in Koburg eine jährliche Belohnung zukommen sollte. Während die erwähnten Beförderungsgelegenheiten verschiedener Art die Straßen Hessens belebten, hatte in einem anderen Teile Deutschlands eine Macht sich auszubreiten versucht, mit der Hessen-Kassel bald in Konflikt geraten sollte. Über den Streit der Familie von Taxis mit den Fürsten von Hessen-Kassel soll im folgenden Abschnitt gehandelt werden. 1) Weimar, 16. Juni 1592. 2) Kassel, 9. Juli 1599. Kapitel 2. Taxis und Hessen-Kassel. „Wenn auch nicht zu bestreiten ist, daß das taxissche Postwesen ein mächtiger Kulturfaktor gewesen ist, so darf bei der kritischen Beurteilung seines ideellen Wertes doch nie außer Acht gelassen werden, daß es eine Lehnpost war, ein beneficium, das den Taxis übertragen war und aus dem möglichst viel Nutzen zu ziehen allezeit ihre vornehmste Aufgabe gewesen ist. Es war stets eine Domäne, die Überschüsse liefern mußte, mit anderen Worten: Eine Privat-Erwerbsgesellschaft im Großen“1). Der beste Kenner der Geschichte des Hauses Taxis, der taxissche Archivrat Dr. J. Rübsam, hat durch Veröffentlichung von Urkunden aus den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts wichtige Aufschlüsse über die lange umstrittene Frage der ersten taxisschen Posten gebracht 2). Doch ist es nicht meine Aufgabe, hierauf näher einzugehen. Auch kann im Rahmen dieser Arbeit der endlose Streit um die Frage: „gehörte im heiligen Römischen Reiche Deutscher Nation das Recht, das taxissche Postwesen zum Reichsregal zu erheben, zu den Reservatrechten des Kaisers oder stand das Recht, Posten anzulegen, als Teil der Landeshoheit den einzelnen Territorialgewalten zu" 3), nicht näher erörtert werden. Mohl) bezeichnet das Verfahren in der Postregalsfrage kurzweg mit Usurpation, und es ist schwer, diesen Standpunkt zu widerlegen. Stängel) schreibt: „Die Verfassung an dem Hofe Kaiser Rudolfs II. in Prag war so zerrüttet, daß auch die wichtigsten Negociationen, wenn Barschaft und Versprechen mit geschickter Abwechselung gebraucht wurden, fast nicht mißlingen konnten". Doch setzt Stängel vorsichtig hinzu, es sei doch nicht anzunehmen, daß Taxis sich solcher Mittel bedient habe, um die Reichspostgerechtsame zu erhalten; seiner Beharrlichkeit und seinem Unternehmungsgeist sei es gelungen, seine Wünsche beim Kaiser durchzusetzen. 1) G. Görs, Thurn und Taxissches Postwesen. Rostock 1907. S. 8. 2) Vergl. Ohmann, Die Anfänge des Postwesens und das Emporkommen der Taxis in Italien. Leipzig 1909. 3) Görs, a. a. O. S. 9. S. 668. *) R. v. Mohl, Staatsrecht des Königreichs Württemberg. T. II. 5) Stängel, Das deutsche Postwesen. Stuttgart 1844. S. 18. |