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Wenn der Landgraf auch der schroffen Hervorhebung und Ausgestaltung des lutherischen Lehrbegriffs vom Abendmahl abgeneigt war, gelegentlich auch entgegentrat und die Vermittlungsbestrebungen seines Gewissensrates Bucer unterstützte, so beharrten doch die Marburger Theologen Kraft, Schnepf1), auch Rosenweber auf dem lutherischen Standpunkt. Als dann Franz Lambert durch die im Jahre 1530 in Marburg ausbrechende Pest seinen Tod gefunden hatte, war Hartmann Ibach dort der einzige namhafte Anhänger Zwinglis. Damals spielte sich aber ein Gegensatz auf kirchlich dogmatischem Gebiet leicht aufs persönliche herüber. Ibachs Lage mußte so eine höchst unglückliche werden. Im Sinn jener Mahnung Melanchthons an Schnepf hielt sich gewiß mancher in der Marburger Gemeinde von ihm fern. Daß er aber trotzdem in derselben auch noch Anerkennung fand, dafür kennen wir ein Beispiel aus der Lebensgeschichte von Hermann Schwan, dessen Ehezwist beizulegen er sich treulich und mit Erfolg bemühte 2). Ein Aufgeben seines Standpunktes gegen seine innere Überzeugung war undenkbar, eine wesentliche Änderung in den Ansichten seiner Kollegen war ebenso wenig zu erwarten. Sein Unglück wurde noch größer, da die von ihm erhoffte Besserung seiner Einkommensverhältnisse auf Schwierigkeiten gestoßen zu sein scheint. Eine schleichende körperliche Krankheit, die vielleicht schon in Buchholz sein „Kreuz" gewesen war, die Nahrungssorgen und die Lähmung seiner Berufstätigkeit hatten endlich auch noch eine Trübung seines Gemütes im Gefolge, daß er sich nicht mehr fähig fühlte, sein Amt als Prediger weiter auszuüben. So weit war er im Jahre 1533, als er jenes Gesuch an den Statthalter und den Landkomtur schrieb, gekommen. Hoffentlich hat damals des Landgrafen Eintreten für ihn dem gewiß nur noch kurzen Rest seines Lebens eine einigermaßen erträgliche äußere Lage verschafft. Jahr und Tag seines Todes sind nicht überliefert worden. Nicht sehr lange nach jenem Briefe von 1533 mag er in Marburg gestorben sein. Eine von konfessionellem Eifer eingegebene Nachricht von

1) Über Schnepfs gemäßigten lutherischen Standpunkt, der auch zwischen ihm und A. Blaurer zur Württemb. Konkordie führte, siehe H. von Schubert in Zeitschr. für Kirchengesch. 1909 S. 60–78. 2) E. Wintzer, Hermann Schwan von Marburg. Marburg 1909. S. 60.

seinem Tode haben wir von dem bekannten Theologen und Fabeldichter Erasmus Alberus, der aus der Umgegend von Frankfurt gebürtig, im Jahre 1522, als Ibach dort predigte, Unterlehrer in Büdingen war. Er war einer der ergebensten Anhänger Luthers und verfaßte 1565 als Superintendent in Neubrandenburg eine Schrift wider die Carlstädter. In einer Aufzählung solcher, die Carlstadt und Zwingli angehangen und zur Strafe dafür ein übles Ende gefunden hätten, kommt auch Hartmann Ibach vor. Von diesem schreibt er 1):,,Zu Marburg ersoff ein Sakramentschänder in seinem eigenen Blute, der hieß Hermann Ibach." Er fährt dann fort: „Noch ein Sakramentschänder war ein Krämer; als der ein Kramfaß aufbrechen wollte, schoß ihm ein Klumpf Bluts aus dem Hals, und er starb alsobald. Als Rodius auf eine Zeit seiner Schwärmerbüchlein etliche einpacken wollte, fiel er nieder und war von stund an tot. Zu Hamburg war ein großer Sakramentschänder, mit Namen Dieterich, der sprang in einen Born, der war nicht tief, da liefen die Leute hinzu, wollten ihn herausziehen, er wollte nicht, ersaufte sich." Der von Alberus zur Bezeichnung der Todesursache Ibachs gebrauchte Ausdruck läßt wohl darauf schließen, daß ein Blutsturz dessen Leben ein Ende gemacht hat 2). Der Frankfurter Balthasar Ritter, der in seinem,,Evangelischen Denkmal" von 1726 diese Stelle auch anführt 3), und der auch ein guter Lutheraner war, bemerkt dazu: „Es hätte aber dieser Ibach, weil er anfänglich hier und da mit aller Treue, Fleiß und Gefahr das reine Wort des heiligen Evangeliums hat befördern helfen, ein gelinderes Urteil und Behandlung verdient, wenn er schon in der Lehre vom heiligen Abendmahl letzthin nicht so gar richtig wäre befunden worden." Ich glaube, wir können diesem Urteile noch unbeschränkter beistimmen.

Das Ergebnis unserer Untersuchung der Persönlichkeit und Lebensgeschichte Hartmann Ibachs ist kurz folgendes: So manche Orte Deutschlands, im Westen, in der Mitte und im Osten, verdanken ihm die erste Bekanntschaft mit der evangelischen Lehre der Reformation. Gewiß hat er das Beste gewollt und auch unter den ihm befohlenen Gemeinden viel Gutes gewirkt. Doch hafteten ihm auch erhebliche Schwächen an, die seinem Wirken

1) Erasmus Alberus, Wider die Carlstädter. Neubrandenburg 1565 h 2. Über ihn F. Schnorr v. Carolsfeld, Erasmus Alberus, Dresden 1893.

2) Vilmar S. 28.

3) B. Ritter a. a. O. 57.

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eine bescheidenere Begrenzung gaben und die von ihm beabsichtigten guten Erfolge manchmal beeinträchtigten. In jener Zeit der entscheidendsten geistigen Kämpfe war er seinen Gegnern gegenüber zu sehr und zu einseitig nur eine ernste Kampfnatur, zu wenig auf den von ihnen auch zu erreichenden Frieden bedacht. Die erhaltenen Nachrichten reichen meist nicht aus, um bestimmt zu entscheiden, welche und wie viel Schuld an den vielen unglücklichen Wendungen seines Lebens ihm selber oder andern zuzumessen sei. Zu seinem Austritt aus den beiden Marburger Ordenshäusern zwangen ihn innere Seelenkämpfe und dann das Erwachen seines evangelischen Bewußtseins. Die Ausweisung aus Frankfurt und die Entlassung aus Sonnewalde waren eine Folge der übermächtigen Feindschaft der Gegner der Reformation. Am ersten könnte man ihm Schuld geben es ist auch geschehen, doch ohne bestimmten Nachweis —, daß er in Buchholz durch eigenwilliges Vorgehen den Bruch mit den damals maßgebenden Kirchenbehörden herbeigeführt habe. Im ,,Trostschriftlein" an Busch tritt er gegen den immerhin um die Einführung der Reformation in Buchholz verdienten Mann zu schroff als Straf- und Bußprediger auf. Seine Abkehr von Luther zu Zwingli, die sein Endunglück in Marburg herbeiführte, wird man ihm, da sie aus Überzeugung geschah, nicht zum Vorwurf machen können. Zu den Persönlichkeiten, die an dem Werke der Reformation mitgearbeitet, die die ganze Kraft ihres Geistes und Lebens, gewissermaßen ihr Herzblut bis zum letzten Atemzuge dafür hingegeben haben, gehört auch Hartmann Ibach. Das soll ihm unvergessen sein, um so mehr, da ein hartes Geschick ein seine leiblichen und geistigen Kräfte weit übersteigendes Maß von Unglück auf ihn häufte, das ihn bis an seinen Tod, ja noch über denselben hinaus verfolgt hat.

Herrn Prof. Dr. Wenck spreche ich an dieser Stelle noch meinen verbindlichsten Dank für die sorgfältige Nachprüfung des Druckes und der Korrektur und Herrn Archivrat Dr. Küch für die Vergleichung der Beilagen mit den Akten aus.

Beilage 1.

Zwei Schreiben Landgraf Philipps des Grossmütigen an den Statthalter an der Lahn Ludwig von Boyneburg betreffs der Abfertigung Hartmann Ibachs. 1530. (2. Februar und 22. Februar). Vergl. S. 179 f.

1. Philips von Gots gnaden landgrave zu Hessen, grave zu Catzenelnpogen etc.

Rat und lieber getreuer. Wir haben Dein schreiben, darinne Du uns des comenthurs rechnunge und unsers Dir jungsten der ordenspersonen halber getanen bevelhs a), daß dieselbigen b) abgefertigt werden solten, und daruff genents comthurs ausfluchtige gevolgte antwort, uns itzo gethan, [meldung thuest,] vernomen und wollen Dir daruff nicht pergen, daß nachmals unser bevelh und meinunge ist, daß Du forderlich anhaltest und vorigem unserm bevelh, Dir derhalben gethan, gelebest, auch deme compthur ansagest, daß solichs unser meinunge und nicht vonnoiten ist, uns darumb anzusuchen, des er sich unwegerlich gehalten und die rechnunge thun lassen und die ordensperson, so ausgangen sein, abfertigen wolle. Darane geschicht unser zuversichtig meinunge. Datum Cassel am 2. tage Februarii Anno D. 30.

Unserm stathalter an der Loyne, hoffrichter, rat und lieben getreuen Ludwigen von Boyneburgk zu Lengsfeldt. a) Vorlage: beuelh. b) Vorlage: diesebtigen.

2. Philips von Gots gnaden lantgrave zu Hessen, grave zue Catzenelnbogen etc.

Lieber rat und getreuer. Gestern haben wir Dir schreiben und anzaigen lassen, weis wir uns der rechnung und auch der ordenspersonen abefertigung halber mit dem commenthur zu Martburg vorglichen haben. Darauf wir

1) 1. Deutschordensarchiv Marburg 7, D. O.-Ritter, Nr. 5592, Fasc. Lit. f, Rub. 3, n. 2.

2. St.-A. Mbg., O. St. S. 9176. Kirchensachen Marburg; 26 Bl. (Erstes Blatt). Die auf der 2. Seite unter dem Text stehende Abkürzung P. C. und darunter L und S (als Monogramm) sst. bedeutet: Princeps commisit. Lersner secretarius subscripsit.

Beide Stücke sind Abschriften der landgräfl. Kanzlei aus wenig späterer Zeit. Die unmittelbare Beziehung beider zur 2. Beilage ist nur scheinbar, wegen des Zeitunterschiedes unmöglich.

Dir hiermit befelhen, wo sich darin oder uber das der abfertigung halb zwuschen dem commenthur und Hartman Eibachen zweihelligkait zutruge und sie sich nit vergleichen konten, das alsdan Du von unsernwegen ein gleichen spruch in der guet thuest, dem sie auch von beiden teiln uff dis unser gehais geleben und Du volnziehen solt, dormit sie deshalb in ruhe gestelt und wir des vilfaltigen bemuhens entragen werden.

Zum andern bericht uns Eibach, das in vorzeiten unsere altern und wir den gewesen monchen im Barfußencloster jerlichs ezlich kuchenspeise und anders zur haushaltung dienent durch ide unsere rentmeister haben geben lassen, wilchs izo vorhalten werde. Deshalben ist unser bevelh, das Du dich dorumb bei dem gewesen rentmeister Joesten Lunckern oder Sommerkorn, dem gewesen kuchenschreiber, erkundest und dan, was das, das hievor den monchen geben wurden ist, den armen leuten zur siechen durch izigen unsern rentmeister gereicht und geben werden verfugest.

Zum dritten wollen wir, das Du ernstlichen befelh zu Martburgk thuest und auch doruber haltest, weil der kirchof zur pfar recht oben inmitten der stadt liegt, und der rauch von den toden corpern schaden thun mag, auch sich zu besorgen, das ein sterben einfallen werde, das kein toten sie mehr zur phar oder einen andern ort, on allein uff Sanct Michaels kirchof begraben.

An dem allem thuestu unser selbst gehais, meinunge und zuvorsicht, und sein Dir zu gnaden geneigt. Datum Cassel am dinstag Cathedra Petri Anno etc. 30.

Unserm stadthalter an der Loen, rat und lieben getreuen Ludwigen von Boineburgk zu Lengesfelt.

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