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Man hat, wie ja das leider noch heutzutage recht oft geschieht, ganz übersehen, dafs nach der byzantinischen Weltaera die Jahre und natürlich auch deren Indiktionen mit dem 1. September beginnen, sodafs also die neunte Indiktion der 74. Aera unserer Zeit vom 1. September 1415 bis zum 31. August 1416 entspricht; der 21. September 1416 aber fällt schon in die zehnte Indiktion. Vgl. V. Gardthausen, Griechische Palaeographie, S. 387. Rechnen wir also 14 Monate vom 21. September 1415zurück, so wird Mazaris etwa im Juli 1414 seine Erlebnisse im Hades erzählt haben.

Unmittelbar hängt der dritte Teil mit dem zweiten zusammen. Holobolos schreibt seinen Brief am 16. Oktober 1415 [B 184 E 248], Malakes antwortet am 21. Oktober 1415 [B 186 E 250].

Beide Teile also hat Mazaris dem Kaiser noch auf dem Peloponnes, vor seiner Abreise, überreicht, und zwar nach dem 21. Oktober 1415. Das lässt sich mit der Zeit, in welcher nach anderen Angaben Kaiser Manuel II im Peloponnes war, gut vereinigen. Ich gebe die betreffenden Daten, wie ich sie für richtig halte, ohne mich hier mit den vielfach falschen Ansichten, welche man darüber liest, abzufinden: Manuel II ist am 25. Juli 1414 von seiner Hauptstadt abgefahren, hat nach dreimonatlicher Belagerung Thasos bezwungen, ist dann, also frühestens im November 1414, nach Thessalonich gegangen und nach Ordnung der dortigen Verhältnisse nach dem Isthmos. Nachdem er dort in 25 Tagen eine Schutzmauer errichtet, hat er sich längere Zeit im Peloponnes aufgehalten. Im März 1416 ist er wieder in Konstantinopel gewesen. Somit hat Mazaris den zweiten und dritten Teil seiner Schrift in der Zeit vom 21. Oktober 1415 bis zu der eine geraume Zeit vor dem März 1416 erfolgten Abfahrt aus dem Peloponnes überreicht.

Ich meine nach dem Vorstehenden, dafs man die Bedeutung des Briefes an den Kaiser für die Beurteilung jener beiden Schriften nicht unterschätzen darf. Mazaris steht zum Kaiser in naher Beziehung, er ist ein gebildeter Mann, wohl bewandert im Aristophanes und Lukian. Er hat jene beiden Schriften allein für den Kaiser und seine Reisegesellschaft zur Kurzweil geschrieben, für Leute, die soeben längere Zeit auf dem Peloponnes gewesen, eine immerhin nicht uninteressante Abwechslung auf der langweiligen Seefahrt. Daraus ergiebt sich zwar, dafs der Unterhaltungston in den byzantinischen Hofkreisen jener Zeit unter Umständen wahrhaftig kein feiner war, man wundert sich mit Recht, wie der feingebildete Kaiser an so plumpen, ja rohen Späfsen Gefallen finden konnte, aber man darf doch deshalb alle jene schimpflichen Dinge, welche den Peloponnesiern nachgesagt werden, nicht für bare Münze nehmen. Ein gut Stück byzantinischen Hochmutes spricht

natürlich bei jenen Schilderungen mit, aber sonst sind es mafslose Übertreibungen und Karikaturen, die jeder der Zuhörer als solche zu erkennen und auf das richtige Mafs zurückzuführen in der Lage war. In keinem Falle waren diese Schmähschriften für eine Weiterverbreitung oder für die Öffentlichkeit bestimmt: fernerstehende und solche, die den Peloponnes nicht kannten, hätten allerdings eine sonderbare Vorstellung von demselben gewinnen müssen. Aber gerade deshalb will Mazaris durchaus nicht, dafs mit seinen Scherzen Mifsbrauch getrieben werde, gerade deshalb bittet er den Kaiser, týongov tò éπnyyelμévov. Man wird also gut thun, die Bedeutung des Mazaris für die Beurteilung, vielmehr Verurteilung der wirklichen Verhältnisse auf Morea nicht zu hoch anzuschlagen. Mazaris' Schilderungen sind nicht, wie Ellissen S. 32 meint, ein mit der subjektiven Bürgschaft der Wahrheit seiner Schilderungen entworfenes Bild, noch weniger mit K. Sathas, Documents inédits tome I (Paris 1880) S. IX, für eins der kindischen Pamphlets zu halten, mit welchen die Byzantiner gegen die Peloponnesier stritten, sondern es sind sehr derbe in übermütigster Laune für die vorübergehende Unterhaltung der Hofkreise hingeworfene Gelegenheitsschriften.

Aber den ersten Teil hat Mazaris dem Kaiser sicher nicht überreicht. Dafs Manuel II jene Satire gekannt und dafs gerade sie ihn veranlafst hat den Verfasser zu einer ähnlichen Behandlung der Peloponnesier aufzufordern, scheint mir freilich zweifellos; sonst wäre der innere Zusammenhang zwischen den Schriften nicht gewahrt. Aber sollte der Kaiser jene Satire wirklich gebilligt haben? Sollte auch sie in der Hofgesellschaft vorgetragen sein? Das scheint mir völlig unglaublich. Denn mögen in derselben auch viele Klatschereien, welche die Eigenheiten und auch wirklichen Schwächen mancher, unvermeidliche Eifersüchteleien und allerlei kleine pikante Hofgeschichten geifseln, uns noch erträglich erscheinen müssen doch oft allein schon die Familiennamen herhalten, damit den Trägern derselben ein Hieb versetzt werde, es kommen darin doch eine Menge so nichtswürdiger Anzüglichkeiten vor, dafs von selbst plumpem Scherze nicht mehr die Rede sein kann, dafs sich die Betroffenen in ihrer Ehre auf das tiefste verletzt fühlen mufsten. Ich stehe da vor einem Rätsel, dessen Lösung ich durchaus noch nicht finden kann. Wohl aber glaube ich schon jetzt zur Erklärung der wunderlichen Schmähschrift dadurch etwas beizutragen, dafs ich einige der zahlreichen Persönlichkeiten, welche Mazaris herunterreifst denn heruntergerissen werden aufser den Mitgliedern der kaiserlichen Familie alle, die er erwähnt, als wirkliche, nicht blofs erdichtete, nachweise.

Das Unglück will es, dafs wir gerade über jene Zeit recht dürftig unterrichtet sind. Daher sind alle Versuche, die im Mazaris vorkommenden Personen anderweitig nachzuweisen, bis jetzt ziemlich erfolglos gewesen. Hase, Boissonade und Ellissen haben aufser dem Kaiser, seinem Sohn Theodor und seinem Neffen Johannes eigentlich nur drei Männer mit einiger Wahrscheinlichkeit bestimmt: Evdaíuov [B 117 E 191], ein ἀνὴρ συνετώτατος και βαθυγνώμων, der im Peloponnes lebt, ist wohl Σοφιανὸς Εὐδαίμων Ἰωάννης, μεσάζων des Despoten vom Peloponnes im Jahre 1446 [E 319]; Diλouμáraios, oder wie die Berliner Handschrift schreibt Diloμáraios [B 123 E 195], wohl der youuuatεvg Δημήτριος Αγγελος ὁ Φιλομμάτης, der 1421 als Gesandter zum Sultan ging [Ε 325], und Κυδώνιος, ὁ τῆς ὀπώρας Κυδωνίου ἢ προβάτου [B 145 E 214] hält Boissonade, nicht Ellissen, für den bekannten Demetrios Kydones [E 335].

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Die Briefe Kaiser Manuels II, von denen Ellissen Aufschlüsse erhoffte [E 33], sind schon 1853 von Berger de Xivrey in seinem Mémoire sur la vie et les ouvrages de l'empereur Manuel Paléologue benutzt, bieten aber, soviel ich sehe, keine Ausbeute. Brauchbar sind dagegen die Acta patriarchatus Cpolitani aus der Zeit von 1315-1402, welche Fr. Miklosich und Jos. Müller 1860 und 1862 in zwei Bänden herausgegeben. Namentlich sind es mehrere der dort erwähnten oixɛio des Kaisers, welche wir im Mazaris wiederfinden.

Holobolos erzählt dem Mazaris, einer der εὐγενεῖς, Τζαμπλάκων inɛivos & Kaẞaλλágios, hätte ihn betrogen [B 121 E 193]. Boissonade und Ellissen [E 323] hielten xaßa22ágios für einen Titel. Als solcher kommt das Wort in dieser Zeit allerdings vor. So im Jahre 1394 ein καβαλλάριος κῦρ Ἰωάννης ὁ Κουτρούλης [Acta II 210], vielleicht auch ·1400 naßalλágios ó Kovtootέqavos [Acta II 395]. Aber das Wort ist ganz gewils auch Familienname: so lebt 1316 ein 'Iwávvng und ein Βασίλειος ὁ Καβαλλάριος [Acta I 61 f.], 1325 ein Γεώργιος ὁ Καβαλ λágios [Acta I 139 f.]. Vgl. Geo. Pachym. I 65, 9. Und so ist unser Mann sicher derjenige κυρὸς 'Αλέξιος Τζαμπλάκων ὁ Καβαλλάριος, welcher im Oktober 1396 als Mitglied der øúynλntos bei der Aufnahme eines Inventars der uɛyáλŋ innλyoia zugegen ist [Acta II 566]; es ist derselbe, welcher im Jahre 1383 vom Patriarchen & oinɛios tỷ ȧvía Baбiλείᾳ μου κῦρ ̓Αλέξιος ὁ Καβαλλάριος genannt wird [Acta II 57], und 1399 ὁ οἰκεῖος τῷ κρατίστῳ καὶ ἁγίῳ μου αὐτοκράτορι, ἐν ἁγίῳ πνεύματι· ἀγαπητὸς υἱὸς τῆς ἡμῶν μετριότητος, κύρις ̓Αλέξιος Τζαμπλάκου (sic!) ô KaB«A2pcos [Aeta II 324.

Ὁ ἀοιδὸς Πῶλος Αργυρός [Β 145 E 214], welche Namen Ellissen S. 334 richtig. als eine Auflösung des Namens 'Aqyvo̟ónovλos erkennt,

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ist wahrscheinlich jener κύριος Ανδρέας ὁ ̓Αργυρόπουλος, welcher 1400 oinɛtos des Kaisers ist [Acta II 374], derselbe, welcher in einem anderen Aktenstick derselben Zeit als ἀπὸ τῆς πολιτείας ἀρχόντων erscheint [Acta II 472].

Ein anderer οἰκεῖος des Kaisers vom Jahre 1400, Χρυσοκέφαλος [Acta II 424] wird wohl jener Συρματθαῖος ὁ Χρυσοεγκέφαλος sein [B 145 E 214], welchen Ellissen S. 336 nur des Vornamens wegen für Matthaios Laskaris hält.

Der Höfling Boviors oder, wie er in der Berliner Handschrift heifst, Bovλlorýs [B 147 E 215] ist wohl jener oixɛios des Kaisers, der in einem Aktenstick des Jahres 1401 κῦρ Δημήτριος ὁ Βουλωτής [Acta II 509], in einem anderen zvo Aŋuýτoios & Bovλlorýs genannt wird [Acta II 513].

Der πυγὴν νύττων Πυγωνίτης [Β 145 E 214] heifst natürlich in Wirklichkeit Inyoovitns, und so steht auch in der Berliner Handschrift. Das kann ὁ Πηγωνίτης ἐκεῖνος κῦρ Δημήτριος sein, der 1400 starb, oder sein damals noch junger Sohn Kovotavtīvos [Acta II 386]. Ὁ Ασπιέταος [Β 152 E 219] kann 'Ανδρέας oder Αλέξιος ὁ Ασπιέτης sein [Acta II 301. 400].

Unter den Arzten heifst einer Xagoiavitys [B 146 E 215, B 150 E 218], ein axóλaotos und oivópavě, der sich ein Nebenweib hielt. Das ist ὁ Καππάδοξ Χαρσειανίτης, ὁ ἰατρός, der um 1401 mit seinem Schwiegervater in Erbschaftssachen prozessiert [Acta II 476. 485].

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Ὁ ἐκ ποταμίων ρευμάτων Ιαπετός (das heifst,der Uralter) ἐκεῖνος Ποτάμιος, ὁ πρὸς ὕβρεις ῥήτωρ δεινός [Β 150 Ε 218] ist jener Rhetor Theodoros Potamios, welcher 1391 eine Monodie auf den Kaiser Johannes V schrieb. Vgl. K. Krumbacher, Gesch. der byz. Litt. S. 207. Auch zu Kaiser Manuel II stand er sicher in Beziehung. Jener Hotάuns, an den der Kaiser um 1404 schreibt [Berger de Xivrey S. 192], ist wohl Ποτάμιος.

Ein recht schlagender Beweis, dafs nicht nur die Verstorbenen, sondern auch die Lebenden mitgenommen wurden, ist Mavinaitαos οὐλωμένος, einer der ὑπογραμματεῖς des kaiserlichen γραμματεὺς Holobolos [B 139 E 209]. Denn das ist zweifellos jener Tɛógyios & Maνικαίτης, welcher in den Jahren 1418-1442 selber βασιλικός νοτάριος war [Acta III 162. 163. 171. 173. 185. 186. 194. 215]. 1447 hat er das Amt nicht mehr, sondern ein Georgios Galesiotes [Acta III 223].

Am wenigsten hat es bis jetzt gelingen wollen, eine der Hauptpersonen als geschichtlich nachzuweisen. Man hegt sogar noch Zweifel, ob denn der Name des Schriftstellers ein wirklicher sei. Ellissen S. 27 weifs nur einen Mönch ähnlichen Namens aus Du Canges Glossar,

Maximus Mazarus, anzuführen. Ein Mönch mit gleichem Namen, 'Iwávvns Mágαons (sic!) lebte im Jahre 1357. Vgl. Acta I 371. Ich halte den Namen entschieden für echt. Holobolos redet seinen bösartigen Feind Παδιάτης mit Μπαντιάτα an [Β 134 Ε 204, Β 138 E 208], und dieser nennt ihn nie, wie andere 'Olóßolos, sondern 'Olóẞodos [B 134 E 204, B 135 E 205, B 137 E 207, B 139 E 209]; ebenso wird in seinem Munde aus Μάζαρις Μειζάρης [Β 134 Ε 204, B 134 E 205]. Diese Verdrehungen der beiden letzteren Namen haben zwar die Herausgeber nicht beachtet, sie sind aber, wenigstens nach meiner Handschrift, ganz sicher. Wie also nach Boissonades wohl richtiger Bemerkung aus Padiates ein Bandit wird, so hat man bei Holobolos' Schmeichelnamen an poídiov, pódiov, buculus, zu denken, in Mag-άons ist die Anspielung auf einen Habsüchtigen unverkennbar. Diese Wortverdrehungen haben doch nur dann einen Sinn, wenn es sich um wirkliche Namen handelt.

Ebenso schlimm steht es mit der Persönlichkeit des IIa di άτng. Der Name ist in jener Zeit nicht selten. Κύρικος und Μιχαὴλ ὁ Iladiáτns sind im Jahre 1357 Mönche. Acta I 370. 371. Schwiegersohn des δομέστικος τῶν δυτικῶν θεμάτων ist 1330 & Παδυάτης κῦρ Γεώργιος; ein οἰκεῖος des Kaisers in demselben Jahre Θεόδωρος ὁ Παδυάτης [Acta I 151 f.]. Unser Mann stammt offenbar aus der Familie dieser beiden. Endlich finden wir bei Phrantzes, ed. Bonn. S. 135 f., im Jahre 1429 einen 'Ανδρόνικος Λάσκαρις ὁ Παδιάτης. Das mag der Sohn unseres Padiates sein, von dem er B 140 E 210 spricht.

Nirgends endlich eine Spur von der wichtigsten Persönlichkeit, welche Mazaris im Hades trifft, von Holobolos. Hase hat wenigstens festgestellt, dafs es nicht jener Manuel Holobolos sein kann, der von der Grausamkeit des Kaisers Michael I Palaeologos so viel zu leiden hatte, nicht der Rhetor Manuel Peloponnesios (aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts). Aber Positives weifs man nicht von ihm. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn man seinen Namen schliesslich für fingiert hielt. Vgl. K. Krumbacher, Gesch. d. byz. Litt. S. 375.

Ein glücklicher Zufall setzt mich in den Stand seine Existenz erweisen zu können. Der Mönch Joseph Bryennios schreibt folgenden Brief:

(fol. 112*) Τῷ εὐδοκίμῳ καὶ εὐφυεῖ καὶ σπουδαίῳ ἐν ἰατρικῇ καὶ ῥητορικῇ καὶ φιλοσοφίᾳ κυρῷ Μανουὴλ τῷ Ὁλοβόλῳ ἐν Θεσσαλονίκη):

Οἶδά σου τὴν ἀγάπην τὴν γνησίαν καὶ θερμήν, οὐδενὶ μαραινο

1) Θεσαλονίκη

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