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Landesgeschäfte ließ er von seinen Räthen besorgen, sich aber von allen wich tigen Dingen Bericht erstatten, was freilich viele Unordnungen nicht verhin derte. Die meiste Verwirrung brachten glänzender Aufwand und unbegrenzte Freigebigkeit in den Finanzen zu Wege. Alles bereicherte sich an seinem Hofe, er allein litt beständig an Geldmangel. Daher kamen Schulden über Schulden, Besteuerungen über Besteuerungen, und was wichtiger, sein schlechtes Haushalten ward die unwillkürliche erste Veranlassung der Kirchenneuerung, indem er zu einem verachtungswürdigen Ablaßkrame seine Zuflucht nahm, sein schlechtes Haushalten verschaffte den Feinden der kathes lischen Kirche freies Gebahren; seine Schulden seßten seine Standhaftigkeit im Katholicismus auf Proben, die er nicht zu bestehen vermochte. Aber das er sogar zu schändlichen Unredlichkeiten seine Zuflucht genommen, zu solchem Vorwurf fehlen doch die Beweise. Wie schon erwähnt, verband er mit Herzensgüte, Klugheit, Gewandtheit und Beredtsamkeit seine Bildung und keine geringe Gelehrtheit. Er war ein großer Mäcen der Vertreter der Wis senschaft, stiftete bereits in seiner Jugend mit seinem Bruder Joachim 1506 die Universität zu Frankfurt an der Oder, und wollte auch zu Halle eine katholische Hochschule errichten, sah sich indessen vergebens nach Lehrern in seinem Sinne um, reich an Wiffen und eifrig im katholischen Glauben zus gleich. Erasmus von Rotterdam hat ihm in dieser Hinsicht nur verdientes Lob gezollt. Der Beifall Ulrich's von Hutten ist unreiner Natur.

Die fehlerhaften Seiten seines persönlichen Charakters hat Luther mit den grellsten Farben gezeichnet, uneingedenk des freundlichen und schonenden Verhaltens, das der Cardinal gegen ihn beobachtete. Grausamkeit hat er ihm geradezu angedichtet; verfuhr man hie und da gegen seine protestantis schen Unterthanen wirklich grausam, darf man dies dem Cardinal nicht beis messen, dessen Nachgiebigkeit so weit ging, daß ihm der Kaiser sogar einmal den Vorwurf der Furchtsamkeit machte. Was gegen seine fleischliche Schwachheit vorgebracht, ist sicher nicht ungegründet, allein von Luther und Andern in einer Weise geschildert und gerügt worden, die sich schwerlich rechtfertigen läßt. Wohl treten bei ihm starke Schattenseiten hervor, viele Vorzüge und Verdienste aber breiten ein versöhnendes Licht über sie.

LXX. Sebaftian, aus dem adligen Geschlechte von Heusenstamm in Hessen, hatte in seiner Jugend den Studien emfig obgelegen und war frühs zeitig Doctor juris geworden. Er bekleidete dann die Würde eines Domscholasters in Mainz, und bestieg am 20. October 1545 den erzbischöflichen Stuhl. Er fand das Erzstift mit großen Schulden beschwert, die er zum Theil dadurch abtrug, daß er alle überflüssigen Kirchengeräthschaften vers kaufte. Als zur selben Zeit der schmalkaldische Krieg begann, hielt er eð mit dem Kaiser und that den schmalkaldischen Bundesgenossen erheblichen Schaden; namentlich bewirkte er es, daß der Graf von Büren mit vierzehn tausend Mann bei Bingen über den Rhein sehen und sich mit den Kaisers lichen ungehindert bei Landshut in Baiern verbinden konnte, ungeachtet solches die Schmalkaldischen auf alle Weise zu hintertreiben suchten. Im Jahre 1548 war er mit zu Augsburg, als der Kaiser den Herzog Meris zu Sachsen mit der Kurwürde belich. Später wohnte er dem Concile zu Trient persönlich bei, mußte aber bald nach Hause, da seine Lande in dem Kriege

zwischen Kurfürst Moriß zu Sachsen, seinen Bundesgenossen und dem Kais er hart mitgenommen wurden, obgleich er das Ungemach nicht zu heben vermochte. Insbesondere haufte der berühmte und berüchtigte Markgraf Albrecht von Brandenburg in der Stadt Mainz furchtbar (1552), da die Bürger die von ihm geforderten 12,000 Goldgulden, und die Geistlichkeit die Contribus tien von 100,000 Goldgulden nicht aufbringen konnten. Er brannte das erzbischöfliche Palais nieder, plünderte und verwüstete die Stifter St. Alban, St. Victor, heiliges Kreuz und die Carthause, brandschaßte auch in den Häusern der Vornehmeren. Ebenso legte er die Schlösser zu Aschaffenburg

und Miltenberg in Asche.

Es hat nicht an Versuchen gefehlt, Sebastian für den Protestantismus zu gewinnen. Allein er wies alle derartigen Zumuthungen standhaft zurück, und entwickelte den regsten Eifer zur Belebung des alten Glaubens. Er ließ alle Pfarreien und Klöster visitiren, und alle Uebelstände nach Kräften beseitigen. Im Jahre 1549 feierte er zu Mainz eine Provinzialsynode, auf welcher der katholische Glaube gegenüber den Neuerungen kurz und faßlich targelegt, Verbesserung der Schulen und des Studiums angeordnet, sorgfältige Aufmerksamkeit dem Wandel der Weltlichen und Geistlichen, vornehmlich der Amtsführung der Leßteren zugewendet wurde. Wie sehr das Bolf sein aufrichtiges und thätiges Verfahren anerkannte, zeigte sich auch bei irinem Tode, der ihn am 18. März 1555 auf seinem Schlosse zu Eltville traf. Auf seinen Grabstein befahl er zu schreiben: Vigilate, quia nescitis diem neque horam.

LXXI. Daniel, aus dem adligen Geschlechte der Brendel von Homburg, ist nach der Angabe der Einen am 22. März 1519, nach Andern 1523 geboren. Er erhielt frühzeitig ein Canonicat an der Domkirche zu Eveier und wurde bald darauf Scholasticus daselbst. Als er sich 1555 in Augsburg befand, ging sein Vorweser Sebastian gerade mit Tod ab, da er dann, als Mainzer Domherr, eiligst zurückberufen ward, um der Wahl eines neuen Kurfürsten beizuwohnen, die ihn wider Erwarten am 18. April selbst traf. Im Jahre 1559 wohnte er neuerdings dem Reichstag zu Augsburg bei, 1561 legte er den Grund zu einem Jesuitencollegium in Mainz. In demselben Jahre kam das Cistercienserkloster Otterberg bei Kaiserslautern, bisher unter Mainz, an den Kurfürsten von der Pfalz, der es 1564 einzog. Im Jahre 1562 frönte Daniel den römischen König Marimilian II. in Frankfurt. Dann befreite er das Eichsfeld von den Räubereien eines Ritters von Winzingerode, besuchte die Städte und Dörfer daselbst in Beglei tung einiger Jesuiten, welche das Volk belehrten und den katholischen Gottesdienst wiederherstellten. Die Mönche und Pfarrer, die von der römischen Confeffion abgefallen oder dissidirten, diese vertrieb er, und errichtete 1573 zu Heiligenstadt ein Jesuitencollegium. Er wachte über die Sitten des Clerus, gab Verordnungen gegen übermäßige Pracht und Schwelgerei, hidte talentvolle junge Männer zu ihrer Ausbildung in das deutsche Collegium zu Rom, und sorgte nicht minder für den äußeren Wohlstand des Landes, wohin die Einlösung mehrerer verpfändeter Besizungen zu rechnen. Orb und Wirtheim brachte er 1564 und 1565 für 23,000 Gulden zurid. Die seit mehr denn zweihundert Jahren verpfändet gebliebenen Ein

fünfte von Ober- und Niederdorla und Langela löfte er 1573 mit 4968 Thalern ein; in demselben Jahre Amt und Schloß Bischofstein, durch welches er noch in Streitigkeiten mit Hessen verwickelt wurde, die 1583 eine Grenzberichtigung nöthig machten. Die Hoheitsrechte über Renshausen im Amte Gieboldehausen erwarb er 1577 vom Michaeliskloster in Hildesheim. Im Jahre 1563 suchten ihm die Herzöge von Grubenhagen den Eigenthumsbesig über Duderstadt streitig zu machen und ihm blos einen Pfandbesiß zu vindiciren. Den Ausgang des Processes, der sich nun entspann, und dessen wir schon gedacht (S. 99), erlebte er nicht. Mit Zustimmung des Kaisers Rudolf II., den er 1575 zu Augsburg gekrönt, bemächtigte er sich 1581 der Grafschaft Königstein in der Wetterau, und incorporirte sie, bis auf wenige Orte, welche den Grafen von Stolberg zufielen, dem Erzftift. Von der Grafschaft Rienec auf dem Spessart, die nach dem Tode des leßten Grafen Philipp theils an Würzburg, theils an Kurpfalz fiel, bekam Mainz das Städtchen Lohr am Lohr, und die Pfarrdörfer Flammersbach und Wiesen, nachdem sich Daniel mit der Wittwe des lezten Grafen, Margarethe aus dem Hause Erbach, abgefunden. An dem Städtchen Rieneck und dem Dorfe Schaibach erwarb er Ans theile. Durch Verkauf an Hanau und die Grafen von Nostiz büßte Mainz diese Erwerbungen späterhin wieder ein. In seiner Metropole erbaute Das niel das zerstörte erzbischöfliche Palais von Neuem, und das sogenannte Canzleis oder Schloßthor. Uebrigens hielt er sich meist in Aschaffenburg auf, segnete auch daselbst am 22. März 1582, also an seinem Geburtstage, das Zeitliche.

Und hiemit verabschieden wir uns für diesmal vom Erzftift Mainz, da die Regierung seines Nachfolgers schon dem siebzehnten Jahrhundert mit angehört.

XXVIII.

Meißen.

(Bisthum.)

Das Bisthum Meißen, dessen Geschichte noch sehr im Dunkeln liegt,

das aber auch keine höhere kirchliche oder politische Bedeutung erlangt hat, sol nach vorhandenen Urkunden entweder im Jahre 934 vom König Heinrich L., hinwiederum 938 oder 948 von Kaiser Otto I. gestiftet worden sein. Diese Urkunden sind aber als falsch erwiesen worden. Die Gründung dieses Hochstists fällt frühestens in das Jahr 965, mit größerer Wahrscheinlichs feit 967, wenn nicht 968 erst das eigentliche Stiftungsjahr ist, wie mehrfach angenommen wird. Wenigstens kennt man früher feinen Bischof. Otto dehnte die Grenzen über die Gaue Nisizi, Luzizi und Selpoli, von der Mulde bis an die Oder und hinwärts zur Elbe aus, und überwies auf diese Weise auch die Bewohner der Oberlausiß der Zehntpflichtigkeit des neuen Bischofftuhles. In einer andern Urkunde, welche der Form nach ebenfalls unächt ist, angeblich ausgestellt zu Rom am 29. October 968, jest Otto die Grenzen des Bisthums nochmals aus. „Ubi caput et fons est aque, que dicitur Odera: inde quasi recta via usque ad caput Albee. Inde deorsum ad occidentalem partem ubi diuisio duarum regionum est Behem et Nisen: ibidemque ultra Albeam, et per sylvam in occidentalem partem usque ad caput Milde, et sic deorsum per ambas plagas ejusdem fluminis, usque dum Milda intrat in Albeam et sic sursum ultra provinciam Nisici ad ipsum terminum: nec non in altera parte Lucizi et Selpoli, et sic usque ad civitatem Sulpice, illam videlicet infra eundem sursum usque ad caput ejus. Omnes, qui infra terminum istum habitant, in omni felicitate terre, frugum et pecudum in argento, vestimento, nec non quod Teutonici overcoupunga dicunt, et talunga familiarum: insuper tota utilitate et omnibus rebus, quibus mortales utuntur diversis modis decimationes, quas deo cuncta gubernanti debent, ad Misnensem ecclesiam, primo deo, deinde sancto Johanni evangelistae, beatoque Donato, matri dei, universa dubietate procul remota, persolvant referant et reddant."

Gar keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit darf eine angebliche Urkunde des Papstes Johann XIII. vom 2. Januar 968 machen, in welcher die Eremtion von jeder erzbischöflichen Obergewalt erklärt, und eine andere desselben Jahres, in welcher die vorgebliche Unmittelbarkeit wieder aufgehoben wird. Die Bischöfe von Meißen waren stets Suffragane des Erzstifts Magdeburg. Sie führten seit dem Jahre 1230 den Titel,,princeps", übten einige landesherrliche Rechte aus, besaßen jedoch keine unmittelbare Reichsstandschaft, sondern hatten die Markgrafen von Meißen als Erbschußherren, sich selber als sächsische Landstände und Landes - Bischöfe zu betrachten. Die Anerkennung dieses Verhältnisses scheint erst 1542 eine ausdrückliche geworden, bis dahin eine thatsächliche und stillschweigende gewesen zu sein. Die stiftsvogteilichen Functionen waren nicht den Burggrafen von Meißen, sondern einem eigenen advocato officiali anvertraut. Weihbischöfe, blos für liturgische Handlungen, finden wir seit 1352; außerdem capellani episcopi seu curiae episcopalis, und eine nicht geringe Anzahl von weltlichen Beamten, die zum bischöflichen Hofstaat gehörten.

Fortwährend von den benachbarten unruhigen Völkerschaften befehret und mit Verwüstungen heimgesucht, wie in den Jahren 985, 1002 und 1015 durch Böhmen und Polen, von den nur zu oft wechselnden und häufig abwesenden Markgrafen ohne Unterstüßung gelassen, hatten die Meißner Bischöfe Jahrhunderte hindurch einen schweren Stand. Und selbst dann, als die Verhältnisse des Meißner Landes stetigere und geordnetere waren, wurde das Domstift sehr vernachlässigt, wenn man die reichen Dotationen und Bes günstigungen betrachtet, die den Klöstern widerfuhren, die man möglichst unabhängig zu machen sich bestrebte. Erst die kräftigen und selbständigen Regenten, Conrad der Große und Otto der Reiche, begründeten einen schnell fich erhebenden Wohlstand des Domstifts, und es gewann durch Privatschens kungen und zweckdienliche Verwaltung so, daß das Bisthum im dreizehnten Jahrhundert auf einer hohen Stufe des Reichthums und der Selbständigkeit erscheint. Es erwarb so viele Rechte, daß die Landesherren Bedenken trus gen, sie anzuerkennen, und Conrad I. sich erlauben durfte, gegen den Markgrafen mit dem Banne vorzuschreiten, um die Anerkennung zu erzwingen. Außerordentlich stieg die Wohlhabenheit des Stifts unter Witigo I., anderers seits aber begannen allmälige Beschränkungen der Bischöfe durch die Domherren, und Johann von Ísenberg mußte sich zu einer Capitulation beques men, welche seitdem das Muster für alle nachfolgenden Capitulationen blieb. Durch dieselbe wurde der Bischof nur der Erste des Capitels (primus inter! pares), und die Capitularen nahmen von nun an thätigen Antheil an ter inneren Verwaltung des Stifts, wodurch dasselbe jedoch keineswegs gewann. Die Collisionen häuften sich, und es war kein Wunder, daß sich die Bischöfe in Meißen, der markgräflichen Stadt, unheimisch fühlten, und daher auf den Schlössern zu Stolpen oder Wurzen, bisweilen zu Mügeln und Rossen rests dirten. Auch trat immer mehr Abhängigkeit des Bisthums von äußeren Einflüssen, namentlich böhmischen, an den Tag. Den Metropoliten von Magdeburg muß man lassen, daß sie ihm das Suffraganatsverhältniß wenig zur Erinnerung führten. Jedwede Bedeutung des Stifts erlosch schon mit dem Tode des Bischofs Johann IV., wogegen die einzelnen Klöster des

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