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XLVIII.

Verden.

(Bisthum.)

Bei dem Mangel älterer Nachrichten und dem Schicksale, daß Verden

in mittleren Zeiten häufig mit Verdun, Werden und Kaiserswerth verwechselt worden, sind wir über die Anfänge dieses Bisthums in großer Ungewißheit. Zwar findet sich für die Gründung desselben ein Diplom Karl's des Großen vom 29. Juni 786, allein man ist darüber einig, daß diese Urkunde unäch stark interpolirt und das Produkt einer weit spätern Zeit, nur für die geogra phische Beschaffenheit des Sprengels von Werth. So viel ergiebt sich als Resultat aller bisher getroffenen Untersuchungen, daß Verden im 8. Jahr, hundert nichts als höchstens ein Missionsort gewesen, und ein Bis thum erst im Anfang des 9. Jahrhunderts vom Kaiser Karl errichtet sein dürfte. Die fragliche Urkunde lautet ihrem wesentlichen Inhalte nach:

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Verumtamen quia casus praeteritorum prescios et cautos nos reddunt futurorum, ne quis sibi aliquam in eadem dioecesi, avertendo regulam, ascribat usurpatione potestatem, certo eam limite fecimus terminari. Terminos autem eius firmos, inconvulsos et per omne seculum inconvertibiles, apostolica auctoritate et nostrae regiae maiestatis precepto circumscribi praecepimus; id est Wirraham fluvium, Faristinam, Bicinam usque in Wiemenam, a Wiemena in paludem, quae dicitur Caldenbach, deinde usque quo perveniatur ad Hostam, ab Osta Uternam, Bivernam, Wissenbroc, Ascbroc, Chissenmor, Quistinam, Motam, paludem, quae dicitur Sigefridesmor, Mulenbach, iterumque Ostam, Sneidbach, Wimarcam, Hasulam, Steinbach, Liam fluvium, qui absorbetur ab Albia fluvio, dehinc trans Albiam, ubi Bilena mergitur in Albiam, dehinc in ortum Bilenae, inde ubi Travena absorbetur a mari, deinde usque quo perveniatur, ubi Pene fluvius currit in mare barbarum. Inde in ortum eiusdem fluminis. Hinc in Eldam. Dehinc in Albiam. Inde in rivum Alend. Inde in rivum Bese. Inde in Ro douve usque in Paludem, quae dicitur Rokesford. Inde in Horam

fluvium, Callenvorde. Inde in ortum Horae. Hinc in ortum Hisne. Hinc in rivum Scarbach. Hinc in ortum Geltbach, et ipsum rivum in decensu in Ursenam, et in ascensu Ursenae in Wizenam, hinc in ortum eiusdem fluminis. Hinc in paludem quae dicitur Snederebroch. Hinc in Lernam, et per mediam paludem, quae dicitur Camperebroch, et sic trans Aleram in Wirsaham."

Zur Erläuterung diene, daß unter,,Faristinam" die Gegend zwischen Daverden oder zwischen dem Allerbeck und der kleinen Aller und der Weser zu verstehen sein wird; ,,Bicinam" die Wieste, ein kleiner Fluß, der über Ottersberg in die Wümme fällt;,,Wiemenam" Wümme oder Wörpe;,,Caldenbach" das Colbecks-Moor, in welchem der Golbeck, auch Goldbeck, bei seinem Ursprunge der Kuhstedter Bach genannt; ,,Hostam" die Oste;,,Uternam" die Otter;,,Bivernam" die Bever;,,Quistinam" die Twiste, ein Bach, der zwischen Sassenholz und Twistenborstel sich in die Oste ergießt;,,Motam" die Mehe, Mede, oder das Moorbruch; „,Mulenbach“ der Kuhbach, welcher unterhalb Kuhmühlen bei Groß- Medelsen in die Oste fällt; ,,Sneidbach" vielleicht die schmale Aue zwischen Halvesbostel und Calmoor;,,Wimarcam" bei Wiegersen vermuthlich; ,,Hasulam“ der Haseloh oder Hasel, ein Gehölz unweit Bördel, an der Heerstraße von Burtehude nach Zeven; ,,Steinbach" der Steinbeck, der unterhalb Bliedersdorf in die obere Lühe, Aue genannt, fällt;,,Liam" die Lühe; ,,Bilena" Bille; ,,Travena" Trave; ,,Alend" der Aland, bei Schnakenburg in die Elbe fließend;,,Bese" Biese; „Rodouve" muthmaßlich die Milde; „Horam" die Ohre;,,Callenvorde" Calvörde;,,Hisne" der große Teich bei Stöcken, aus welchem die Ise ents (pringt;,,Ursenam" Derze;,,Wizenam" die Wieze; ,,Snederebroch❝ Schneverdingen;,,Lernam" die Lehre;,,Camperebroch" Nord- und Süd

Campen.

Die weltliche Hoheit der Bischöfe erstreckte sich so ziemlich auf das nachmalige Herzogthum Verden, wie es von Büsching III. 559-564 dargestellt worden. Der über das ganze ehemalige Lüneburgsche Land (mit etlichen Ausnahmen) sich erstreckende Sprengel war in 8 Archidiaconate eingetheilt: Propstei Bardewick, seit 1365 auch über die Parochie Kuhfelde im altmärkschen Amte Dambeck; Hollenstedt; Bevensen; Modestorp; Salzhausen; Hittfeld; Sottrum und Scheesel. Nur Mitglieder des Domcapitels, 12 in der Gesammtzahl, konnten seit 1201 zur Verwaltung dieser geistlichen Gerichtsbezirke gelangen.

Es heißt aber der Kritik nur gerecht werden, wenn wir die Namen Swibert, Patto, Tanko oder Tagko, Nortila (Horßla), Leyiulo (Cevilo), Kortla (Rotila), Hysinger (Isinger, sengher) aus dem Verdenschen Bischofsregister streichen. Der erste unleugbare Oberhirt ist

1. Haruth (Haruch), welcher tem Rufe seines Metropoliten Otgar folgte und 829 auf der Synode zu Mainz erschien. Er soll vorher Abt im Kloster Amorbach, von Geburt ein Schotte gewesen, und am 15. Juli 830 gestorben sein.

2. Helingath (Heligand, Hilligand, Hellingaud) kommt zum erstenmal bei der Weihe des Erzbischofs Ansgarius zu Diedenhofen 831 vor, zum leptenmal 838 bei einer kaiserlichen Gerichtssigung zu Nymwegen. Seinen Tod sezt

man zwischen 839-845. Die Angaben der in Folge eines Vertrauensmißbrauchs unter Spangenberg's Namen von J. G. von Echari herausgegebenen verdenschen Chronik entbehren für die ersten Jahrhunderte allen Werth.

3. Walther (Waldgar) tritt urkundlich zuerst 845 auf, ist 847 und 860 auf den Synoden zu Mainz, und soll zwischen 864-867 ge storben sein.

4. Erlulf (Herluf, Herolf, Gerolf, Eralt, Eralf) ist 868 auf einer Synode zu Worms, und soll am 10. Mai 874 des Todes geworden sein.

5. Wigbert (Wipert, Wicpert) war ältester Sohn des Grafen Walbert, des Großfohnes des Herzogs Wittekind, ein Verwandter des hamburger Erzbischofs Hoger, und vor seiner Erhebung Diaconus des Königs Ludwig des Deutschen. Wir finden ihn 890 auf einer Synode zu Forchheim, als Vers anlasser des ersten Klosterbaus in Lüneburg angegeben, und als Wohlthäter seines Bisthums durch Schenkungen. Er verblich am 8. September 908. 6. Bernarius I. 908 bis zwischen 909–915.

7. Adelward erscheint urkundlich zuerst 916 und stirbt am 28. Do tober 933.

8. Amelung war ein Sohn des Grafen Billung und Bruder des Herzogs Hermann von Sachsen, mit welchem er das Michaeliskloster in Lüneburg stiftete. Er starb am 5. Mai 962.

9. Bruno I., Stifter des Klosters Oldenstadt bei Uelzen, verschied am 7. März 976.

10. Herpo, vorher Diacon des Erzbischofs Avaldag von Hamburg, empfing vom Kaiser Otto III. 985 die Münz-, Markt- und Jagdgerechtigkeit im ganzen Stift, und segnete am 19. Februar 993 das Zeitliche.

11. Bernarius II. (Bernhard, Beringer) ist auf mehreren Synoden zugegen, und starb im Juli 1013.

12. Wigger, vormals Dompropft zu Cöln, erscheint auf mehreren Kirchenversammlungen, weiht 1028 den von ihm neuerbauten Dom in Verden, erfreut sich einer kaiserlichen Hofschenkung, und stirbt am 16. August 1031.

13. Ditmar I. 1031 bis 25. Juni 1034 (†).

14. Bruno II., Bruder des Bischofs Ditmar von Merseburg, vorher Abt zu Bergen und Münchneuburg, endete am 21. August 1049.

15. Sigebert (Syebert, Sitto, Sizzo, Sicin) 1049 bis 9. Dctober 1060 (†).

16. Richbert (Rucbert, Robert, Rupert) 1060 bis 29. November 1084 (†).

17. Hartwich (Hartwin, Hertwin) 1084 — 1097.

18. Maso, vorher Propst zu Goslar, stirbt am 25. October 1116. 19. Ditmar II., ein Herr von Plößke, hat dem Stift ansehnliche Grundstücke verschafft, und ist am 23. September 1148 gestorben.

20. Hermann starb am 11. August 1167 in Italien an der Peft. 21. Hugo war mit dem Kaiser 1168 in Italien und lebte bis 1. März 1180.

22. Tammo (Tamno), vorher Domcustos, 1180 bis December 1188, errichtete das Cyriacusstift in der Stadt Lüneburg.

23. Rudolf I. bringt neue Güter zum Stift, erfreut sich des kaiserlichen Wohlwollens, ist 1197 auf einem Zuge nach dem gelobten Lande, und stirbt am 29. Mai 1205.

24. Iso (Hyso, Hysenger), ein Graf von Wölpe, fundirte das Andreasstift in Verden, welche Stadt er mit Mauern umgab (1210), vergabte dem Stift aus seinem eigenen Erbe Güter, kaufte andere hinzu, demüthigte einige widerspenstige Lehnsleute, und starb am 5. August 1231.

25. Luder 1231-1251, 28. Juni, fundirte das Cifterciensermönchsfloster Scharnebec.

26. Gerhard I., ein Graf von Hoya, entschlief am 4. Mai 1268.

27. Conrad I., Sohn des Herzogs Otto I. von Braunschweig - Lüneburg, Bruder Otto I. von Hildesheim, 1268 postulirt, gerieth mit Giselbert von Bremen in Fehde, worüber der Dom verwüstet wurde, den er aber schöner denn zuvor aufbaute, und auch sonst des Stifts Interesse sehr wahrnahm, so wenig dies anfänglich den Anschein hatte. Er erreichte sein irdisches Ziel am 15. September 1300.

28. Friedrich von Hohenstädt schied am 9. Januar 1312 „aus diesem Jammerthal."

29. Nicolaus de Pileis (oder von Ketelhodt [Keffelhut]) hat dem Stifte namentlich als guter Haushalter vorgestanden und Vieles gebessert, was sein Vorweser verdorben und vernachlässigt. Bei dem Flecken Rotenburg errichtete er eine starke Veste, die in der Geschichte dieses Landes berühmt geworden. Er starb am 11. Februar 1332. Unter ihm wird das Prämonstratenserkloster Heiligenthal im lüneburgschen Amte Scharnebeck geftiftet (1314), unter Johann II. aber nach Lüneburg selbst verlegt (1382).

30. Johann L. von Hake, am päpstlichen Hofe erzogen und Leibarzt des heiligen Vaters, wurde dem Stift aufgedrungen. Es gefiel ihm aber in Verden so wenig, daß er schon 1333 nach Avignon zurück ging, und einem Vicar das Regiment überließ. Das Weitere von ihm vermerken wir unter Freisingen.

31. Daniel, ein Carmelitermönch aus der Familie von Wichtrich, wurde dem Bisthum 1338 vom Papste vorgesezt. Das Capitel verweigerte ihm die Anerkennung, und er selber wirthschaftete nicht danach, die Geneigtheit der Geistlichkeit zu erwerben. Er drückte das Land, verthat seine Gelder auswärts, kehrte blos von Zeit zu Zeit wieder um neue Summen zu erpressen, erlaubte sich zu dem Zwecke sogar Gewaltthätigkeiten, wurde deshalb 1358 vom Papste in den Bann gethan, und verschied unbußfertig zu Cöln, wohin er sich zurückgezogen hatte, am 7. März 1363.

32. Gerhard II., Freiherr von Berg, 1363 zum Verdener Bischof erwählt, wurde schon 1365 Bischof von Hildesheim (f. dafelbft).

33. Rudolf II. Rühle, aus Friedberg in der Wetterau gebürtig, vorher Propst zu Weglar, auch kaiserlicher Kanzler, starb am 29. Juni 1367 und wurde im Kloster Arnsburg an der Wetter begraben.

34. Heinrich I., aus der lüneburgschen Familie von Bangelen, vorher Propft zu Lüne, fromm aber nachläffig", verschleuderte die Stiftsgüter und

Kleinodien an seine Verwandten und Freunde durch Verpfändungen, und starb am 23. Januar 1381.

35. Johann II. von Zesterfleth, vorher Bremer Domdechant, uns schon bekannt aus dem Leben des Bremer Erzbischofs Albrecht (I. 102), im Februar 1381 erwählt, löste die Verpfändungen seines Vorwesers ein, kaufte zum Stift aus eigenem Vermögen 56 Meierhöfe, und nahm am 10. Dezember 1388 ein christseliges Ende.

36. Otto, Sohn des Herzogs Magnus mit der Kette von Braunschweig-Lüneburg, ward 1395 Erzbischof zu Bremen (f. daselbst).

37. Dietrich, aus Niem im Paderbornschen gebürtig, vorher Secretair am päpstlichen Hofe, wurde dem Bisthum aufgedrungen, residirte wegen Uneinigkeit mit dem Capitel in Lüneburg, und gab das Episcopat 1399 aui. Daß er dann Bischof zu Cambray geworden, ist ein Irrthum, wohin er sic aber gewendet, ist nicht historisch festzustellen. Er schrieb: Comment. de regione orbis; Vita Joannis XXIII. pont. rom; Lib. III. de schismatibus inter pontif. roman. per annos 39, denen Simon Schardius ein viertes Buch: Nemus unionis beigefügt hat; de necessitate reform. eccleciast. Sein Tod wird in 1417 gefeßt.

Conrad von Vechta (f. II. 385) war zwar von Benedict XIII. für das Verdener Bisthum bestimmt, ist aber nie nach Verden gekommen, unt gehört in feiner Hinsicht hierher.

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38. Conrad II., aus der Lüneburgschen Familie von Soltau, vorber Stiftsherr zu St. Blasien in Braunschweig, von Natur ein Praffer und Schlemmer", hat in der That das Bisthum sehr in Schulden gestürzt, aud die Verlegung desselben nach Lüneburg durchgefeßt, welche jedoch 1402 wieder aufgehoben wurde. Andererseits rühmt man seine theologische Gelehrsamfer, besonders seinen Tractat von der heiligen Dreifaltigkeit. Man flagte ih zwar deretwegen der Keßerei an, der Papst sprach ihn aber nach angehönet persönlicher Vertheidigung davon frei. Er verschied am 11. Januar 1407, und ward im Michaeliskloster zu Lüneburg beigesezt.

39. Ulrich wurde 1407 gegen den folgenden vom Capitel erwählten Heinrich auf Verwenden des römischen Königs Ruprecht vom Papste Gre gor XII. bestätigt. Er residirte in der bischöflichen Curie zu Lüneburg unt kam hier und im öftlichen Theile des Sprengels zur Anerkennung, ward auch in Verden eingeführt, indeß sein Gegner Schloß Rotenburg inne hatte. Ob gleich die Päpste Alerander V. (1409) und Johann XXIII. (1415) jeine Provision cassirten, erhielt er sich doch als Bischof von Verden bis Verseßung nach Seckau (s. II. 439).

40. Heinrich II., Graf von der Hoya, vorher Verdener Dechant, vom Capitel am 21. Februar 1407 erwählt, kam nach Ulrich's Abgange zum ungetheilten Befiße des Bisthums. Sein Regiment ist reich an Verpfändungen von Stiftsgütern. Doch im Eingeständniß seiner Unfähigkeit hat er 1426 freiwillig resignirt, und ist am 15. Februar 1441 gestorben.

41. Johann III., aus Asel bei Hildesheim gebürtig, Doctor der geist lichen Rechte und Practikus am römischen Hofe, bekam das Bisthum durd Resignation seines Vorwesers am 14. Auguft 1426, brachte das verpfänder Rotenburg zurück, hatte aber eine sehr fehdereiche Regierung, und ve

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