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XXVII.

Mainz.

(Erzstift.)

Nach dem Plane des Julius Cäsar Willens ganz Deutschland der römischen Herrschaft zu unterwerfen, war es für Drusus, den Stiefsohn und Feldherrn des Augustus, nöthig, seine Siege und seine Heere zu sichern, und deshalb eine Reihe fester Pläge zu errichten. Und so legte er unter andern auch das starke Bollwerk Mainz (Moguntiacum) etwa um das Jahr 14 vor Christi Geburt an, das sich von der Gegend des heutigen Gauthors bis auf die Hügel vor Zahlbach erstreckte, und zum Hauptorte des oberen Germaniens, zum Sig eines römischen Statthalters, zum ersten Stabsquartier wie zur obersten Gerichtsstätte über die benachbarten Municipalitäten Worms, Speier und Straßburg bestimmt wurde.

Die Festung war das Werk der XIV. Legion.

Als Titus Vespasian den Thron bestieg, befahl er dieser Legion, die inzwischen in Britannien gelegen und seit neun Jahren in ihrem geliebten Mainz wieder gestanden hatte, ihre Quartiere der XXII. Legion, welche der Belagerung von Jerusalem beigewohnt, zu überlassen (80 nach Chrifti Geburt). Unter den Soldaten dieser Heeresabtheilung sollen nicht wenige Christen gewesen und durch sie das Licht des Christenthums im Worms- und Rahegau zuerst aufgegangen sein, das sich mit dem Eintreffen von Predigern des göttlichen Glaubens bald verbreitete. Allein es ist fast lächerlich, von Mainzer Bischöfen des ersten Jahrhunderts zu reden, da man nicht den geringsten Nachweis christlicher Gemeinden zu liefern vermag.

Bei keinem geistlichen Fürstenthum stößt man auf eine so übertriebene Sucht, das Alter desselben und die Zahl seiner Häupter möglichst hoch anzugeben, wie bei Mainz. So wunderlich wie hier ist das Haschen und Jagen nach Bischöfen, die allenfalls als Missionare des Christenthums gelten dürfen, obschon nicht einmal Beweise dafür vorhanden sind, daß sie und welche von ihnen überhaupt anders als in der Eitelkeit, Unwissenheit und Phantasie der alten Scribenten gelebt haben, wohl nirgends.

Ein vernünftiger, stichhaltiger Grund für dies Gebahren, für diese Bischofsfabrikation ist nicht vorhanden.

Die allgemeine Kirchengeschichte lehrt: wo in einer etwas beträchts lichen Stadt eine bedeutende christliche Gemeinde entstand, da finden wir auch bald geistliche Diener und Vorsteher (Aelteste) derselben, welchen Leßteren der Titel Bischof beigelegt ward, um welche sich die kleineren Ges meinden und zerstreuten Christen der benachbarten Orte schaarten, die aber darum keine Bischöfe in der späteren und engeren Bedeutung des Wortes waren, und keine Bisthümer verwalteten. Sie sind vorläufig noch nichts als das priesterliche Centrum eines ziemlich lockern und geringfügigen Relis gionsverbandes. Solcher Titular-Bischöfe und Bisthümer, erfundene und befundene, giebt es in den ersten drei Jahrhunderten zahllose. Aller Orten tauchen sie früh auf und verschwinden nach kurzer Zeit, namentlich bei jedem Sturme, der sie und ihre Gemeinden heimsucht, und sobald die Religionsverbände sich erweitern, firiren und gliedern: sobald wirkliche Bisthümer sich herausbilden. Die Vermischung christlicher Missionare und der Menge vereinzelter geistlicher Gemeindevorsteher mit den eigentlichen Bischöfen, woran frommer, jedoch bornirter Eifer für die Kirche viel verschuldet, hat eine völlig heillose und ganz nichtsnußige Confusion zu Wege gebracht, die bei Ermangelung authentischer und unzweideutiger Beweismittel ein gerechter Skepticismus blos theilweise zu beseitigen vermag.

In der zweiten Epistel des Apostels Paulus an den Timotheus wird eines Crescenz gedacht, der nach Galatien gezogen: diesen stempelt man zum ersten Bischof von Mainz. Möglich ist, daß er nach Mainz gegangen, das Christenthum dorthin zu verpflanzen und den Samen zu pflegen und zu fördern, den Soldaten der XXII. Legion ausstreuen konnten. Da indessen jede Nachricht fehlt, daß zu seiner Zeit in und um Mainz eine christliche Ge meinde entstanden, was in den Sigen römischer Oberbefehlshaber am nachdrücklichsten erschwert wurde, da ferner es eine bloße Vermuthung ist, daß das Christenthum unter der XXII. Legion Anhänger gewonnen, da wir nicht die geringste Bethätigung solcher Anhänglichkeit kennen, welche den Soldaten den Tod gekostet haben würde, so ist es vollkommen ungerechtfer tigt die Reihe der Mainzer Bischöfe und den Bestand dieser Kirche mit einem Glaubensboten zu beginnen, von dem wir überhaupt sehr wenig wissen. Wenn Hirschel, Profeffor am bischöflichen Seminar zu Mainz, noch in unsern Tagen eine alte unbrauchbare Ueberlieferung glaubhaft machen will, muß er es jedenfalls mit größerem Geschick versuchen, als es in seinem Abriß einer Geschichte der Stadt und des Visthums Mainz geschehen.

Crescenz soll im Jahre 103 den Martertod erlitten haben.
Mehrere Scribenten lassen ihm dann folgen:
Marinus (Martin), von 104 bis 107, 108 oder 109.
Crescenz II., foll achtzehn Jahre Bischof gewesen sein.

Cyriacus, angeblich 140 oder 141 gestorben.

Hilarius, 160 oder 161 zu Tode gemartert.

Martin, 174 oder 175 gestorben.

Celfus, 198 getödtet.

Lucius, 207 oder 208 hingerichtet.

Gothard (Gotthard, Bodard), 222 gemartert.

Sophronius, 230 getödtet.

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Gewilieb, Vorgänger des Bonifacius.

Eine vortreffliche Kritik der totalen Haltlosigkeit dieser Reihenfolge hat ter Bater Ignaz Hocker in seiner Schrift: Mainz in den ersten sieben Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung (o. D. 1791) geliefert, und sich für tie von andern Schriftstellern auf Grund alter Handschriften beliebte, vor hm von dem Pfarrer Sebastian Severus (Diagramma historicocriticum circa Seriem Antistitum Moguntinorum, bei Schunk II. 113-217) vertheidigte Series von sechszehn Antecefforen des Bonifacius emischieden. Danach fällt der Ursprung des Mainzer Erzstifts in das vierte hrhundert, wahrscheinlich in die Zeit, da Kaiser Constantin der Große Christ wurde, die blutigen Verfolgungen der Chriften ein Ende nahmen, die Betenner Jesu Christi sich sammeln und organisiren konnten. Auch stamen die ersten glaubwürdigen Nachrichten von Kirchengemeinschaften und Kirchenbauten in und um Mainz aus dieser Zeit.

Der Nahegau war der erste Sprengel, über den sich die Pflichten des Cherhirten der Mainzer Erzkirche erstreckten. Ich sage Erzkirche, denn es ist ein Irrthum, daß Mainz durch Bonifacius vom Bisthum zum Erzbisthum vorgeschritten und durch eine Art Degradation des Hochstifts

Worms dazu gelangt wäre. Die im Jahre 395 zu Tours gehaltene Synote verordnete, daß jene Bischöfe für Primaten oder Erzbischöfe zu halten seien, die beweisen könnten, daß die von ihnen bewohnten Städte zu Metropolen erhoben worden. Da nun Mainz schon zu den ersten Zeiten der Römer die Hauptstadt des obern Germaniens und seit Organisation der christlichen Gemeinden, wohl nicht später als um 320, jedenfalls aber seit Martin der Siz des Oberhirten der dem Christenthum gewonnenen Bevölkerungen und Ortschaften, so versteht es sich von selbst, daß die Mainzer Kirche als Erzkirche zu betrachten ist, von Bonifacius als solche nur wiederhergestellt werden konnte. Worms war niemals berechtigt, sich für eine Großkirche zu erachten, oder richtiger, es hat nie einen triftigen Anlaß gegeben, dieses Bisthum für die Metropole von Mainz zu halten, wie doch geschehen. Das Widers sinnige, daß ein ganzer und bedeutender Sprengel für die Privat - Rachethat eines Bischofs (f. Gewilieb) hätte büßen müssen, liegt so sehr auf der Hant, daß es befremdet, derlei Ungereimtheit noch in unserer Zeit nacherzählt zu finden. Der Mainzer Stuhl stand öfters leer, besonders in der leßten Hälfte des fünften Jahrhunderts, und unter den Schwächlingen der Merovinger. Worms war der nächste Bischofssiz und sein Inhaber im Verhinderungsfalle des Mainzer Oberhirten der geeignetste, bei geistlichen Vorfällen dessen Amt zu versehen. Diese Vertretung gab zunächst Anlaß zu dem Irrthum, daß die Mainzer Kirche der zu Worms und ihren Bischöfen untergeordnet gewesen sei. Mainz konnte seine Vorrechte und Würden durch eine Vers tretung der Wormser Bischöfe nicht verlieren, was auch Papst Hadrian L. in einem Schreiben vom Jahre 774 als Grundsay im Allgemeinen mit rücwirkender Kraft aussprach.

Auf der Höhe seiner Größe und seines Glanzes umfaßte das Erastift folgende Ortschaften, die wir zur besseren Uebersicht nach gewissen Kreisen oder Aemtern aufführen. Ich gehe zwar damit äußerlich einer Eintheilung nach, die wenigstens zum Theil einer spätern Zeit angehört, als der, welche unser Interesse umschließt, da sie aber den wesentlichen Territorials bestand bis zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts in geordneter Weise darthun und in sich hineinbringen läßt, und dies ja eben unsere Absicht ist, darf es uns nicht fümmern, wie ein Geograph des fünfzehnten oder sechs. zehnten Jahrhunderts die kurmainzschen Lande beschrieben haben könnte.

I. Vicedom- Amt der Stadt Mainz.

Mainz (feit 1462 erst).

II. Visthumei außerhalb der Stadt Mainz.

Caffel (Kastel) am Rhein, Kostheim und Weißenau, Zahlbach, Laubenheim, Mariaborn, Bodenheim (zwischen Mainz und Oppenheim), Nackenheim, Budenheim, Heidesheim (nur zu einem Drittel, zwei Drittel Nassauisch), und etliche andere Dörfer am Main und Rhein.

III. Amt Höchy st.

Höchst am Main mit einem seit 1441 angelegten Antoniterkloster: Hofheim an der Guldenbach.

IV. Amt Dim.

Ober-Olm, Algesheim (seit 983), und die Dörfer Nieder-Olm, Hechtsheim, Büdesheim, Ockenheim, Drommersheim, Drais, Ebersheim, Effens heim, Finten, Gaubischofsheim, Gonzenheim, Harrheim, Klein-Winterheim, Tulmesheim (eingegangen), Sörgenloch, Stadecken (früher unter Cöln, seit 1325 unter Mainz, seit der lutherischen Reformation unter Kurpfalz), Zornheim, Lörzweiler, Dietersheim.

V. Bißthumei Rheingau.

Eltville (Altavilla, Elfeld) mit Schloß, Geisenheim, Lorch, Lorchhauien, Winfel (Vinicella, Wincella), Mittelheim, Rüdesheim, die Dörfer Johannesberg, Grund, Destrich, Erbach (Eberbach) mit einer 1131 dort geftifteten Cistercienser-Abtei, Hattenheim, Kidrach (Kidrich) mit einem Capuzinerkloster, Neudorf, Frauenstein, Ober- und Nieder-Waluf, Hallgarten, Rauhenthal, Eibingen mit Benedictiner - Nonnenkloster, Authausen, Sterhanshausen, Steinheim (im 16. Jahrhundert eingegangen), Reichardshausen (Ende des 12. Jahrhunderts eingegangen), Klingelmünde (im 13. Jahrhundert eingegangen), Asmannshausen, und die Cistercienser-NonnenFlöter Gottesthal, Marienhausen und Tiefenthal.

VI. Amt Lahnstein.

Lahnstein mit Schloß und sechs Dörfern.

VII. Amt Steinheim.

Steinheim am Main, Kahl und 28 Dörfer, von denen ich hier nenne : Cher und Nieder-Rotha, Auheim, Biber, Offenbach, Bürgell, Rumpenben, Mühlheim, Diedesheim, Lämmersbühl (oter, wie bei Büsching, Lemmerspiel), Oberhausen, Heusenstamm, Rheinbrücken.

VIII. Amt Dieburg.

Dieburg mit Schloß, Capuzinerkloster und acht Dörfern.

IX. Amt Freigericht,

ein erst seit 1500 dargebotenes Reichslehn, das die Grafen von Hanau zur Hälfte besaßen, und aus dem Marktflecken Alzenau und dreizehn Dörfern

bestand.

X. Amt Haußen.

Orb, Wirthheim und die Dörfer Haußen und Burgiossa.

XI. Vißthumei Aschaffenburg.

Aschaffenburg mit den Collegiatstiften zu St. Peter und Alerander, und einem Capuzinerkloster; Seligenstadt, Obernburg, Stockstadt, Rothenbuch, bie Dörfer Schöllfrippen, Beffenbach, Klein-Wallstadt, Bachgau, Ostheim, Dettingen, Heimbüchenthal, Wüstthal, das Benedictiner - Nonnenkloster Schmerlenbach und das Cistercienser-Nonnenkloster Himmelthal.

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