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gesezt. So eilte Ludwig zur Kurfürstenversammlung nach Rense, und legte derselben die Schreiben des Königs von Frankreich vor. Zwar hielt er damit eine sofortige andere Wahl zurück; aber es zeigte sich doch eine sehr ungünstige Stimmung gegen das Baiersche Haus, man war des unabsehbaren Zwistes müde. Der Kaiser versprach jedem einzelnen Fürsten alles Mögliche, und zerstreuete für diesmal noch die drohenden Wetterwolken.

Ungeachtet aller seiner Bemühungen rückte aber seine Aussöhnungsangelegenheit am päpstlichen Hofe nicht von der Stelle, und auf seine Anfrage bei dem Könige Philipp erhielt er die unvermuthete Antwort: er habe bisher nicht als ein bußfertiger Unters than, sondern immer als ein rechtmäßiger Beherrscher des Reichs die Gnade des Papstes nachgesucht. So kränkend die Antwort auch war, ersuchte doch Ludwig den König Philipp, selber eine dem Papste gefällige Vorschrift zu entwerfen, nach welcher seine Gesandten in Avignon ihre Bitte einzurichten hätten.

Darauf kam nun ein Schreiben zurück, das im Namen des Kaisers die entwürdigendsten Zugeständnisse enthielt, wie man sie kaum von ihm hätte verlangen dürfen, wenn er in den päpstlichen Kerkern gelegen hätte. Ludwig bevollmächtigte nach der Vorschrift darin feine Gesandten, sich in seinem Namen zu allen angeschuldigten Vergehen und Keßereien zu bekennen, sie zu widerrufen und zu verdammen, sich den schwersten Bußen und Strafen zu unterwerfen, seinen kaiserlichen Titel vor dem Papste niederzulegen und zu gestehen, daß er sich ihn nichtiger und unbefugter Weise angemaßt habe, die weitere Verfügung über seine Person und Würde lediglich dem päpstlichen Stuhle anheim zu stellen, und im Voraus Alles zu genehmigen, was der Papst in Bezug auf den König von Frankreich, so wie den König Johann von Böhmen und dessen Söhne anzuordnen für gut finden würde. Erst nach alledem könne an des Kaisers Wiederherstellung in den Stand, in welchem er sich vor dem ersten Verfahren Papst Johannes XXII. befunden habe, gedacht werden. Er solle sich dann zu allen Eiden verstehen, welche des Kaisers Vorfahren im Reiche jemals den Päpsten geleistet hätten, auch auf das Bindendste versprechen, daß er nie die Länder des Kirchenstaats belästigen wolle. Vorläufig aber solle er sich verpflichten, von nun an den päpstlichen Befehlen so nachzuleben, als ob er weiter keinen eigenen Willen habe, auch, daß er diese Vollmacht niemals widerrufen oder abändern wolle.

Empörender hat sich die höchste Unverschämtheit und Anmaßung

Temüthige Unterwerfung des Kaisers. 1343.

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des Römischen Bischofs gegen den rechtmäßigen Herrscher eines großen Reiches, den ersten Regenten der Christenheit, wohl nie geäußert als hier, indem ihm Dinge angemuthet werden, welche anzunehmen, den niedrigsten Sklaven entehrt haben würden. Es giebt indessen einen Heroismus der Resignation, den die Verzweiflung gebiert, und der nicht mit gewohntem Maßstabe gemessen werden darf. Dieser Heroismus war unglücklicherweise über den Kaiser gekommen, er glaubte, sich opfern zu müssen, um endlich sich und dem Reiche Ruhe und Frieden zu geben, denn mehr als geschehen, glaubte er, könne der Papst nicht fordern. Thörichte Hoffnung! Wann hätte wohl je die geistliche Gewalt eine Schranke gekannt? — War der Papst nicht angeblich der Stellvertreter des Unendlichen? - Gab es für ihn eine Grenze?

Ludwig untersiegelte jene entwürdigende Vollmacht in Gegenwart zweier Päpstlichen Notarien, welche Clemens selber dazu gefandt hatte. Er schrieb zugleich noch besondere Briefe an den Papst und die Kardinäle, und bat auf das demüthigste um Beförderung des Geschäfts.

Als Ludwigs vier Gesandte in Avignon vor dem versammelten Consistorio die Vollmacht vorlasen, und Ludwigs Person, Stand und Willen ohne den geringsten Vorbehalt in die Hände des Papstes überließen, glaubte die Versammlung, sie würde gefoppt, und wollte die Sigung aufheben. Daß es dem Kaiser Ernst sei, wollte Niemandem einleuchten. Aber als die Gesandten auch in Ludwigs Seele den Eid ablegten, mußten sie wohl das Unerhörte und nie Geglaubte für wahr halten. Als nun die Gesandten die Lossprechung Ludwigs verlangten, forderte der Papst Bedenkzeit. Dies wollten die Gesandten nicht zugestehen. Man suchte sie hinzuhalten, und als es nicht mehr zu umgehen war, rückte der Papst mit einer Menge neuer Artikel heraus, welche Ludwig erst beschwören sollte, che die Lossprechung erfolgen könnte. Diese Artikel waren nun folgende: Ludwig sollte Alles für nichtig und widerrechtlich erklären, was er seit seiner Wahl als Römischer König irgend angeordnet, befohlen oder gethan habe. Doch wolle der Papst versprechen, dasjenige aus bloßer Gnade wieder gültig zu machen, warum ihn dieser demüthig anflehen würde, nachdem er Absolution verlangt habe. Auf alle Rechte und Ansprüche an den Kirchenstaat, an Sicilien, Sardinien und Corsika, welche drei lezteren Reiche der Päpstliche Stuhl als Eigenthum verlange, folle er für immer verzichten. Nie solle sich der Kaiser mit einem Fürsten verbinden, den

der päpstliche Stuhl für einen Kezer oder Feind erkläre. Bräche Ludwig irgend einen versprochenen Artikel, so soll er von selbst in den Bann, alle seine Länder in das Interdikt zurückfallen. Auch soll es dem Papste freistehen, ihn seiner Würde und Herrschaft zu entsetzen, wenn der Kaiser nicht binnen neun Monaten alles wieder in den vorigen Stand bringt. Die Achtserklärung gegen den König von Apulien soll er zurücknehmen, und niemals das Geringste thun ohne ausdrückliche Vergünstigung des Römischen Stuhls. Deshalb folle er auch nach erhaltener Absolution den Papst demüthigst ersuchen, daß er sich der Verwaltung des Reichs wieder unterziehen dürfe. Ohne Erlaubniß des Papstes darf er nie nach Italien gehen, oder dort das Geringste anordnen. Alle Bischöfe und Geistliche, welche der Kaiser bestellt, hat er zu verjagen, dagegen die aufzunehmen, welche der Papst bestellen werde. Alle geistlichen und weltlichen Fürsten soll der Kaiser von ihren Eiden lossprechen, diese aber durch einen neuen Eid dahin verbinden, daß sie sofort gegen ihn zum Schuß der Kirche aufstehen sollten, wenn er diese Verbindlichkeiten nur im Mindesten unerfüllt ließe. Wenn Zweifel an der Auslegung dieser Artikel entstehen, fügt sich der Kaiser der Auslegung des Päpstlichen Stuhles 20.

Ohne Zweifel glaubte der Papst, jezt von dem Kaiser Alles erhalten zu können, und hielt dafür, er sei von Gewissensbiffen wegen seines früheren Benehmens gemartert. Wie viel man dann von einem Menschen erlangen kann, hatte ihn seine frühere Praris des Beichtstuhls gelehrt. Aber er hatte dabei übersehen, daß der Kaiser die meisten der zulezt von ihm geforderten Zugeständnisse gar nicht machen konnte, ohne Einwilligung der Reichsstände, und da eine Menge nie so leicht zu induciren ist, als der Einzelne, fo hatte er sich hierin vollständig verrechnet. Ludwig fandte Abschriften von den bisherigen Verhandlungen an alle größere Reichsfürften, so wie an die größeren Städte, und lud sie auf den bevorstehende n Herbstmonat nach Frankfurt ein, wo er nach ihrem Rathe die lezten Artikel annehmen oder verwerfen wollte.

Während dies geschah, ging Papst Clemens VI. mit dem Plane um, den Kaiser Ludwig ganz zu entthronen. Er berief seinen ehemaligen Schüler, den Markgrafen Karl von Mähren, zu ́ sich nach Avignon, um mit ihm das Weitere zu besprechen. Zwar hatte dieser erst am 13. September 1343 urkundlich versprochen, Frieden zu halten mit Ludwig,,, der sich Kaiser nennt", und mit seinem Sohne, dem Markgrafen Ludwig zu Brandenburg, allen

Weitere Schritte des römischen Stuhls. 1344.

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ihren Helfern, Landen und Leuten, aber von einem freundschaftlichen Verhältnisse waren beide Theile weit entfernt. Was hier in Avignon besprochen wurde, ist unbekannt geblieben, und läßt sich nur aus den Folgen vermuthen.

Davon aber war der Papst überzeugt worden, daß es nicht möglich war, den Kaiser zu entseßen, so lange der jeßige Erzbischof von Mainz, Heinrich von Virneburg, das Haupt der deutschen Geistlichkeit und der Erzkanzler des Reichs, der allein die Kurfürsten zu einer Königswahl zusammen berufen konnte, auf seiner Stelle blieb. Heinrich war der treue Anhänger des Kaisers, und bei der anerkannten Rechtschaffenheit und Standhaftigkeit dieses Fürsten war nicht zu hoffen, seinen Sinn zu ändern, und ihn zur päpstlichen Parthei herüber zu ziehen. Man mußte ihn verdrängen.

Der Papst erließ ein Schreiben an ihn, worin er ihm die · Treue gegen seinen Kaiser zum schwärzesten Vorwurf machte, und sie als die sträflichste Undankbarkeit gegen den päpstlichen Stuhl auslegte. Demnächst sollte er Stiftsgüter verschleudert haben, und das Alles wurde durch hohe Worte zu großen Verbrechen gestempelt. Er wurde mit dem Banne und dem gänzlichen Verluste seiner Würde bedroht, wenn er sich nicht binnen vier Monaten perfönlich zu Avignon ftellen, und den päpstlichen Befehlen in Allem fügen würde. König Johann von Böhmen machte sich diese Gelegenheit sofort zu nuße, um die ganze Böhmische Kirche dem Mainzischen Sprengel zu entziehen, was seine Vorfahren vergebens versucht hatten. Der Papst erhob den Bischof von Prag zu einem Erzbischof, unterwarf ihm ganz Böhmen, und entzog es dem Erzbischofe von Mainz, unter dem nichtigen Vorwande, weil die Böhmen eine andere Sprache redeten. Diesen Eingriff des Römischen Hofes in die Freiheiten der deutschen Kirche nahmen die Reichsfürsten sehr übel auf, und beschwerten sich so kräftig, daß König Johann, um den Vorwürfen zu entgehen, ihnen zuschwor, daß der ganze Handel ohne sein Vorwissen geschehen sei. Allerdings mochte sein Sohn Karl die meiste Schuld tragen.

Ein so gehässiger, trogiger und hoffährtiger Mißbrauch der päpstlichen Gewalt bis zu dieser enormen Höhe, vermochte denn doch, das deutsche Phlegma aus seiner trägen Gelassenheit aufzurütteln. Das Aergerniß war allgemein, man fühlte, daß Deutschland in seinem Kaiser beschimpft sei. Aber Kaiser Ludwig rechnete auf keine Dauer dieser Entrüstung, und ließ Processionen, Fastund Bettage von seinen Unterthanen anstellen, indem er mit Be

forgniß den Tag zu Frankfurt herannahen sah. Acht Tage vor demselben versammelten sich die Kurfürsten zu Cöln, und beschlossen einmüthig, die päpstlichen Artikel zu verwerfen.

Am 8. September 1344 wurde der Reichstag zu Frankfurt vom Kaiser eröffnet, indem er den Ständen erzählte, was er für Opfer für die Ruhe des Reichs gebracht habe, und wessen man sich von dem Papste zu versehen habe. Doch sei er erbötig, Alles zu thun, was die Stände für gut finden würden. Nach mehrfachen Debatten erklärten die Stände die von dem Papste eingeschickten Artikel einmüthig als höchst nachtheilig, zum Schaden und Untergang des Reiches abzweckend, wodurch das Kaiserthum an Fremde gebracht, und ihnen die Kurwürde entrissen würde. Weder der Kaiser noch sie könnten ihres Eides halber solche Forderungen jemals eingehen. Es solle eine Botschaft an den Papst und die Kardinäle geschickt werden, damit die Forderungen zurückgenommen würden. Außerdem wollten sie in den ersten acht Tagen zu Rense mit dem Kaiser näher berathen, wie man im Weigerungsfalle den Päpstlichen Anmaßungen mit Nachdruck widerstehen könne.

Am 17. September schloß der Kaiser den Reichstag mit der Ankündigung, daß er sich mit den Fürsten sogleich nach Rense bebegeben, und dort, mit Zuziehung des Markgrafen Karl von Mähren die Berathschlagungen fortseßen wolle. Leider ergab sich nur zu bald, wie wenig der Kaiser auf die Reichsfürsten rechnen durfte!

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Schon auf der Hinreise nach Rense sprach der König Johann von Böhmen den Kaiser zu Bacharach an, und verklagte ihn vor den Kurfürsten wegen der Tirolischen Händel. Die übrigen schwiegen, bis sie in Rense waren; hier aber überhäuften sie den Kaiser mit den bittersten Vorwürfen, indem er sich und dem Reiche durch seine schimpfliche Demüthigung gegen den Papst nur zu viel schon vergeben habe. Seine Nachlässigkeit in Regierungsgeschäften und seine Ländersucht hätten die meiste Schuld an dem Verfalle des Kaiserthums. Es sei kein anderes Mittel, den gänzlichen Verfall zu verhüten, als die Wahl eines neuen Römischen Königs, zu welchem Niemand sich so wohl eigne, als Markgraf Karl von Mähren.

Mit Schrecken gewahrte Ludwig, wie weit die Umtriebe der päpstlichen Parthei bereits vorgeschritten waren, wie sehr man ihn demüthigte, um seinen bittersten Feind, Karl von Mähren, zu erhöhen. Es war natürlich, daß er ihn als seinen Thronfolger

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