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wieder erschienenen Waldemars. Auch er ist überzeugt, daß er falsch gewesen, aber er hält ihn für keinen abgedankten Bedienten und Handwerksmann," sondern vermuthet vielmehr, daß er ein abgefeimter irrender Mönch, etwan aus Böhmen oder anderswoher, der seiner Streiche wegen aus einem Kloster ins andre, und endlich gar auf die Landstraße gerathen, oder sonst ein listiger Landstreicher, der allenthalben zu Hause gehörte," gewesen sei. Auch der Göt

tingensche Professor Häberlin in seiner Bearbeitung der allgemeinen Weltgeschichte, (Deutsche Reichshistorie), erklärte den Waldemar ebenfalls für falsch, und somit entschieden sich jetzt diejenigen, welche jene Zeit am speciellsten behandelt hatten, gegen die Echtheit.

Völlig siegreich wurde diese Meinung, als der in der Brandenburgischen Geschichte sehr bewanderte Ph. W. Gerken im Jahre 1771 seine Vermischte Abhandlungen aus dem Lehn- und Teutschen Rechte, der Historie" 2c. herausgab, in deren erstem Theile er von S. 189 bis 207 eine „Kritische Geschichte gab von dem komischen Auftritt des falschen Waldemars in der Mark Brandenburg und der darauf_erfolgten Aussöhnung des M. Ludewigs mit dem Kaiser Carl dem IV., wobey die lezten Absichten genau entwickelt, und der Vortrag des Herrn Buchholz von diesem Umstande gründlich untersucht wird. " Allerdings ist diese Arbeit

den früheren sehr überlegen, allein sie ist weder frei von Fehlern, noch prüft sie unbefangen und partheilos. Einen Auftritt, der so unendlich viel Blut und Thränen gekostet, komisch zu finden, dazu gehört eine eigenthümliche Art von Humor. Abgesehen davon, enthält die Arbeit viel Gutes; aber eine Menge von Thatsachen war dem Verfasser unbekannt geblieben, selbst wie wir schon oben gezeigt haben, die meisten dahin gehörigen Urkunden, Vieles erscheint in

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ganz falschem Lichte, der Verfasser konnte, bei der mangelhaften Kenntniß der Vorgänge, nicht genug in die Einzelnheiten eindringen, und hat sehr wesentliche Umstände übersehen, durch welche sie erst den richtigen Werth und die volle Bedeutung erlangen. Da aber die späteren Compilatoren der Brandenburgischen Geschichtsbücher ihm an specieller und gründlicher Kenntniß meist alle nachstanden, so konnten sie sich seiner Autorität nicht erwehren, und schworen auf das Wort des Meisters; ohnehin wurde dabei faft nur aus Pauli und Buchholz geschöpft. Es kam dazu, daß sich das verwickelte Drama auch in dieser Art ohne Schwierigkeit zu lösen schien, besonders wenn man nicht tiefer eindrang, und es hat für jeden Autor etwas Verführerisches, die geheimen Triebfedern und Machinationen eines großen Betruges nachzuweisen. Es ist eine Aufgabe für den Scharfsinn, man zeigt sich frei vom politischen Aberglauben, und erhaben über alle Augenverblendung, liefert man den Beweis, daß man verstehe hinter die Coulissen des großen Welttheaters zu blicken, wobei für Viele auch die vortreffliche Gelegenheit zu Declamationen, oder auch zum Lästern, in Anschlag zu bringen ist, Lauter Rauchopfer, die der Autor zur Feier seiner eigenen Tugenden anzündet, und dazu hat der arme Markgraf Waldemar hinlänglich Material liefern müssen. Eine gründliche Untersuchung der Sache, soweit die Thatsachen vorlagen, hat meines Wissens nachher Niemand daran gewendet.

So ist die Sache denn bei Gerken's Entscheidung geblieben, und bis in die neueren Zeiten ist seine Meinung unangefochten als die richtige angesehen. Die Geschichte selbst ist in den meisten späteren Werken sogar schlechter behandelt, als in den früheren. Namentlich hätte man wohl in einer eigenen historischen Monographie, welche M. Reclam

zu Berlin im J. 1787 in französischer Sprache unter dem Titel: Waldemar Margrave de Brandebourg. Par M. Reclam, herausgab, und dem Kronprinzen von Preußen dedicirte, eine Untersuchung erwarten solleu. Allein das Werk enthält nur 54 Octavseiten in großem Druck, und die Geschichte des falschen Waldemar ist auf nicht ganz vier Seiten abgehandelt. Untersucht ist nichts.

Erst in der neuesten Zeit hat unser vortrefflicher, überall auf die Quellen zurückgehende und mit hellem Blicke prüfende Stenzel in seinen Werken über Preußische und Brandenburgische Geschichte den Glauben an die Gerkensche Meinung mächtig erschüttert, indem ihm die Formlosigkeit des richterlichen Verfahrens auffiel. Er hat ein eigenes Werk über Waldemars Geschichte versprochen. Nur der Reichthum meiner Materialien konnte mir, bei einer solchen Aussicht, Veranlassung gewähren, mein Buch herauszugeben. Auch nach demselben wird die Arbeit eines so ausgezeichneten Forschers eine höchst dankenswerthe sein, so wie ich dagegen weiß, daß mein Buch für diese nicht unerheblich sein wird.

Die Uebersicht zeigt, wie seltsam die Meinungen über die Person Waldemars gewechselt haben. Bei seinem Leben hielten ihn die Meisten, nach Benesch's Angabe, für echt, nach seinem Tode für falsch. Diese leztere Ansicht wurde über 300 Jahre ohne Untersuchung, bloß auf den kaiserlichen Ausspruch gestüßt, beibehalten. Jest fanden Untersuchungen statt, und es trat eine Periode von etwa 80 Jahren ein, in welcher ihn die meisten Urtheilsfähigen für echt hielten. Diese wechselte, durch Widerlegung jener Untersuchung, mit einer fast eben so langen, in welcher er wieder für falsch galt. Ob diese Periode schon zu Ende ist, muß die Zukunst zeigen. Den großen Fortschritt aber, der in

zwischen vom bloßen Meinen zum Wissen gemacht wurde, wird hoffentlich mein Buch nicht verkennen lassen.

Bei der Verarbeitung meiner Materialien ist es mir Gesetz gewesen, mich völlig unabhängig von vorgefaßten oder früheren Meinungen, so wie von jeder äußeren Einwirkung zu halten, und meine Ansicht nur aus den geschichtlichen Umständen und Thatsachen hervorgehen, und durch sie bestimmen zu lassen. Ich habe diese, wie sie sich ergab, nachgewiesen, und wer meinen Untersuchungen mit Unbefangenheit und kritischem Sinne folgt, wird mir hoffentlich beistimmen. Möglich aber ist es, aus meinen Mittheilungen noch neue Gründe für die entgegenstehende Meinung aufzu= finden; daß aber eine solche sich als die richtige wird behaupten können, glaube ich nicht. Es wird eine Zeit kommen, in welcher der Inhalt der Archive allgemeiner und specieller_ge= kannt sein wird, als er es bis jezt ist, und das ist für jede deutsche Specialgeschichte das dringendste Bedürfniß, dann wird auch noch manche Urkunde bekannt geworden sein, welche in die hier behandelte Geschichte einschlägt, und man wird flarer in der Sache sehen, als es jezt möglich ist; allein ich fürchte nicht, daß sich das hier gewonnene Resultat als ein unrichtiges ergeben werde. Das eben ist ja die hohe Aufgabe der Geschichte, daß sie richten soll über die Thaten und die Gesinnungen der Menschen aus früheren Tagen, und wo man ihr Urtheil durch Unkenntniß und Vorurtheil bestochen hat, da soll sie selber mit immer hellerem Blicke hineinschauen in die Vergangenheit, und es zu ihrer heiligsten Aufgabe machen, ihren früheren Ausspruch zu berichtigen, damit die Wahrheit siege, denn so nur ist die Weltgeschichte das Weltgericht.

Vorrede.

Inhalt.

Erfter Abschnitt.

Einleitung. Die Regierung Markgraf Ludwigs des Aeltern

sem Jahre 1323 bis 1345 .

1. Uebersicht der Hauptbegebenheiten.

2. Das Land .

3. Hoheitsrechte des Markgrafen

4. Markgraf Ludwig und seine Stellung zum Lande, seine Fa

milie und sein Hof

5. Die Nachbarn der Mark

Zweiter Abschnitt.

Chronik der Ereignisse in der Mark vom Jahre 1346 bis

1348 . .

Seite

1

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31

44

47

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. 80

Dritter Abschnitt.

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L. Ueber Ludwigs des Römers erste Anwesenheit in der Mark, dessen
Reise nach Polen, und eine bisher zweifelhafte Tochter Markgraf
Ludwigs des Aeltern

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368

447

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