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Vorrede.

Wenige Begebenheiten der allgemeinen Weltgeschichte mögen

sich mit derjenigen, deren Darstellung den Inhalt der beiden folgenden Bände bildet, an Wichtigkeit, Seltsamkeit, spannendem Interesse, getragen von dem geheimnißvollen Reiz des Wunderbaren, vergleichen. Sie fällt in eine Zeit, in welcher der Kampf um die höchste Macht der Erde in der furchtbarften Aufjährung wüthete, in welcher alle Leidenschaften entfesselt tobten, die Selbstständigkeit des Deutschen Reiches in gefährlichster Weise auf dem Spiele stand, und dieses sich seiner äußeren und inneren Feinde kaum zu erwehren wußte. Mitten in diese großartige Bewegung fiel die hier erzählte Begebenheit, verwickelte den schon so arg geschürzten Knoten noch mehr, steigerte die Verwirrung bis ins Aeußerste, regte neue Leidenschaften, neue Hoffnungen und Wünsche, neue Begierden auf, zerschlug wie ein zerstörendes Hagelwetter die Saaten, welche bis dahin die politischen Stürme noch verschont hatten, und kehrte die Gemüther in glühendem Hasse gegen einander. Die Partheiwuth zerfleischte die Völker und trennte die Familien, der Bürgerkrieg entbrannte mit all seinen Schrecken, und als ob die Zerstörungswuth, die in den

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Herzen loderte, sympathetisch auch die zerstörende Kraft der Natur geweckt hätte, gesellte sich zu jenem politischen Elende die entseglichste Seuche, welche jemals über die Erde geschritten ist, und gebar im Vereine mit jenen Schrecknissen die grausenerregendsten Gräuel des Fanatismus, die wunderbarsten Pilgerfahrten blutiger Andacht. Wahrlich, es ist schwer, bei der Schilderung einer so merkwürdig aufgeregten und furchtbar bewegten Zeit, diejenige Ruhe zu behalten, welche erforderlich ist, wenn man dem Leser eine klare Uebersicht der mannigfaltigen Erscheinungen vorführen, und die leitenden Fäden der Hauptbegebenheiten nachweisen will, namentlich, wenn man mit den Hauptpersonen, und mit dem eigentlichen Schauplah der wichtigsten Vorgänge unmittelbar zu thun hat, und doch kann sich nur so das Anstaunen in ein wahrhaftes Anschauen und Begreifen verwandeln.

Das aber hat eine solche Zeit, in welcher alle Leidenschaften ungezügelt walten, vor jeder andern voraus, daß in ihr der Mensch sich wahrer, nämlich ohne Maske, giebt, denn seine Gesinnung muß sich in ihr weit mehr in Thaten, als in Worten offenbaren. Es gab auch damals schon Leute, welche wußten, daß die Rede oft dient, die Gedanken zu verhüllen, und sie machten davon Gebrauch. Aber die Verhüllung hielt nicht lange vor, denn die tobenden Leidenschaften zerrissen gar bald das leichte Gewebe, und der nackte Mensch trat, oft wahrhaft schamlos, hervor. Es ist eine psychologische Unmöglichkeit, in einer solchen Zeit einen Betrug von der Art durchzuführen, wie ihn neuere Geschichtschreiber angenommen haben. Welch eine große Zahl von Theilnehmern von der Oder bis zum Rheine wäre dazu erforderlich gewesen, und wie Wenige vermogten in einer so aufgeregten Zeit ihres Herzens Meinung nur oberflächlich auf einige Tage zu verhehlen! Nicht einmal der schlaue Karl

besaß Verstellungskunft genug, seinen ewigen glühenden Haß gegen das Haus Baiern anders, als eine Zeitlang durch freundliche Worte zu verdecken, zu Thaten brachte er es nicht. Dieser nie ruhende schlecht verhehlte Haß des Königs ist das Gespenst, das durch jene Geschichte so unheimlich spukt, in den verschiedensten Gestalten erscheint, alle Fäden der Begebenheiten verwirrt, und, ganz der Natur des Bösen gemäß, endlich um den König selbst ein so beengendes Nez spinut, daß ihm nichts Anderes übrig bleibt, als sich gewaltsam herauszuhelfen. Es ist keine andere Triebfeder nöthig, um den Gang jener merkwürdigen Begebenheiten vollständig zu begreifen, ja jede andere hat es mit so vielen Unwahrscheinlichkeiten, Schlechtigkeiten und Inconsequenzen aufzunehmen, sie vorauszusehen, ohne sie nachweisen zu können, daß wir sie schon aus natürlichem sittlichen Ekel vor solchen Voraussehungen, von der Hand weisen müssen.

Das aber darf ich wohl behaupten, und mein Buch wird den Beweis liefern, daß man von dieser überaus merkwürdigen Zeit und ihren Vorgängen bisher nur eine höchst unvollständige Anschauung gehabt hat. Selbst Hauptsachen waren gänzlich unbekannt, viele andere unterlagen falscher Deutung und Beurtheilung; kein Wunder, wenn auch die Personen, von denen man so wenig wußte, unrichtig beurtheilt wurden, und Vermuthungen ohne zureichende Stüßen die Stelle des Wissens vertreten mußten. Wie gering und dürftig das urkundliche Wissen, wie wenig daher auch die bisherigen Meinungen begründet waren, möge folgende Thatsache nachweisen.

Als der für die Brandenburgische Geschichte unermüdet thätige Ph. W. Gerken im J. 1756 den zweiten Theil seiner Fragmenta marchica veröffentlichte, theilte er S. 57 auch eine Urkunde Waldemars für Prißwalk vom J. 1348

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mit. Er begleitete sie mit einer Anmerkung, in welcher er S. 60 sagt: „Gegenwärtige Urkunde hat der Herr v. Gundling von dem Original abgeschrieben erhalten, aus dessen Codice ich selbige hier communicire, und sie für sehr erheblich halte, je weniger Urkunden von diesem Waldemar gedruckt sind. Es werden deren über 4 nicht sein 2c. Darin war er nun im Irrthum. Vor ihm kannte man bereits 8 gedruckte Urkunden, er selbst publicirte nach und nach 5. Jedenfalls kannte er also nur wenige Urkunden von ihm, daher auch nur wenige Thatsachen, bei denen Waldemar unmittelbar betheiligt gewesen ist. Dennoch ist es hauptsächlich sein Urtheil über die Person Waldemars, das der Meinung von seiner Unechtheit zur vorzüglichsten Stüße gedient hat. Nach Gerken sind 10 Waldemarsche Urkunden bekannt geworden; ich publicire außer diesen noch 11, und gebe den Inhalt von 5 ungedruckten; somit sind nun 39 Waldemarsche Urkunden bekannt, die allerdings ein sichereres Urtheil gestatten, als Gerken darüber abgeben konnte, denn in einem noch größeren Verhältniß ist auch die Zahl aller übrigen, auf diese Geschichte bezüglichen Urkunden gewachsen. So ist es wohl kein Wunder, wenn kaum einer der darin als handelnd auftretenden Charaktere richtig beurtheilt ist.

Die Zahl der Urkunden, auf welche sich meine Darstellung in diesen beiden Bänden stüßt, beläuft sich auf mehrere Tausend, und unter diesen befinden sich etwa 450 ungedruckte und bisher dazu nicht benußte Urkunden, von denen ich mehr als 100 der wichtigsten meinem Werke anhänge. Dieser Anhang wird demselben zur besonderen Zierde gereichen, denn an Wichtigkeit und Interesse dürfte diese kleine Urkunden - Sammlung nicht leicht von einer andern ihres Umfanges überboten werden. Wohl darf ich es als

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