erledigen. Ein solcher, eines Gemeinwesens wie Nürnberg an sich unwürdiger Zustand konnte in der That nur infolge eines unvermutet erfolgten Ereignisses, das den Gebrauch des Rathauses verbot, durch plötzlich eingetretene Baufälligkeit, durch eine infolge eines elementaren Ereignisses verursachte wesentliche Beschädigung sich gebildet haben. Die den Ueberschwemmungen ausgesetzte Lage an und für sich allein aber kann es nicht gewesen sein, die, wie man angenommen,16) zum Aufgeben des Hauses drängte, da das nunmehr benützte Hallerische Haus 17) dem Flusse noch näher lag und das Augustinerkloster dem Ueberschwemmungsgebiet gleichfalls keineswegs entrückt. war. Vom Rathause an der Tuchgasse hat man bisher allgemein angenommen, es sei mit dem städtischen Brothause, das gleichfalls im Judenviertel gelegen war, und das der Rat dem Kloster Heilsbronn 1332 zur Sicherheit des von dem erkauften Hause am Salzmarkt zu reichenden Zinses verpfändet hatte, ein und dasselbe Gebäude gewesen. Diese Aufstellung geht auf den bekannten Rats- und Geschichtsschreiber Johannes Müllner 18) zurück und ist auf Grund seiner Autorität von den nachfolgenden Historikern ohne nähere Prüfung ihrer Berechtigung und Haltbarkeit als selbstverständlich hingenommen worden. 19) Folgende Stelle aus den ältesten Polizeiordnungen wird zum Beweise der behaupteten Identität ins Feld geführt: >>Ez sol nieman mit mezzern sten ze verkaufen danne niederthalb*) des brothaus gein der brugke, ez sei grempler**) oder ander, danne er habe ain crame hie oben, da er inne ste«.20) Auf diese Stelle Bezug nehmend, folgert Müllner 18): »welche Wort abermal auf das alte Rathhaus oder Tuchhaus zeigen, von welchem nicht weit zur Brucken gewest,« und fügt zur Vervollständigung seines Beweises noch bei: »>Es ist männiglich bekannt, dafs in vielen Städten gewöhnlich unter den Rathhäusern Brodlauben seyn.<< Ein anderer Autor21) sucht Müllners Annahme durch den Hinweis auf die Thatsache fester zu begründen, dafs der Rat sich in Ulrich Hallers, dem Brothause benachbarter Wohnung versammelt habe. »So«, fährt er wörtlich fort, »>ist es um so wahrscheinlicher, dafs dies Brodhaus das alte Rathhaus gewesen, in dessen Nachbarschaft sich der Rath überhaubt manchmal, oder bis das neue Rathhaus erbauet war, versammlet hat.<< Und das ist die ganze Beweisführung! Aber, darf man wohl mit Grund fragen, genügt denn auch die örtliche Bestimmung >>unterhalb des Brothauses gegen die Brücke«, in Verbindung mit der weiteren Thatsache, dafs Brot- und Rathaus am vicus Judaeorum gelegen waren, zur Erbringung des Beweises der Identität derselben? Beide waren in demselben Viertel gelegen, beide waren Eigentum der Stadt, das ist nach allem erwiesen; aber auch weiter nichts, und der Rest ist Zuthat, die den Verhältnissen nicht entspricht. *) unterhalb. **) Krämer, Trödler. ** Bei der ganzen Beweisführung ist eben übersehen, dafs das Rathaus schon damals, als es noch in dieser Eigenschaft bestand, auch als Schau- und Handelslokal zu dienen hatte. Nun vergegenwärtige man sich, was für Anforderungen an das enge, nur aus dem Erdgeschofs und einem Stockwerk bestehende Gebäude in der Tuchgasse gestellt werden müssen. Einmal war es durch die Sitzungen und Geschäfte des Rats in Anspruch genommen, weiterhin hatte es Räumlichkeiten, oder doch zum wenigsten einen sehr ausgedehnten Raum für das Tuchmachergewerbe zu bieten, drittens endlich soll es überdies noch als städtisches Brothaus gedient haben. Man könnte allerdings denken, dafs das Haus seinen Namen erhalten habe von Brotlauben, die sich aufsen an demselben hinzogen. Dem widerspricht indes eine Stelle aus den ältesten Polizeiordnungen, welche den Verkauf des Brotes in das Haus selbst hineinverlegt.22) Zur weiteren Klärung der Situation ist eine Schilderung des damaligen Marktes, so weit eine solche bei der Armut und Unklarheit der Quellen möglich erscheint, kaum zu umgehen. Der Platz, der heutzutage unter dem Namen des Haupt- oder grünen Marktes bekannt ist, war bis um die Mitte des 14. Jahrhunderts vom Judenviertel eingenommen.4) Auf der Nordseite erstreckte es sich bis zu Franz Hallers Haus,23) das beim schönen Brunnen jetzt die nordwestliche Ecke bildet, gegen Süden bis zu dem jetzt Sandelischen, damals dem Fritz Behaim 23) gehörigen, südwestlichen Eckhause, im Norden wie im Süden eine Verbindungsstrafse nach Osten freilassend. Nach der letzteren Richtung dehnten sich die Judenhäuser mit ihren Strafsen bis in die Gegend des Zotenbergs24), des heutigen Dötschmannsplatzes, aus. Wo jetzt die Frauenkirche sich erhebt, stand damals noch die Synagoge. Auch die westlich den Hauptmarkt abgrenzende Häuserreihe, von der Tuchgasse nördlich hinauf, bildete jüdisches Besitztum. Es waren jene Häuser, welche Kaiser Karl IV. durch Urkunde vom 3. April 1355 dem Friedrich Schopper wegen seiner getreuen, Kaiser und Reich unablässig geleisteten Dienste zum Geschenk machte.25) Die Urkunde bezeichnet sie als >>aller juden huser, die gelegen und begriffen sein von den broitdischen uncz**) an des Czenners hus mit hofsteden, gelegenheit und alles, das darzu gehort.« Die hier bis südlich zur Fleischbrücke hinab gehende Strafse hat damals den ganzen Marktverkehr umschlossen. Wo standen aber die Brottische welche die Urkunde erwähnt, aber ihrer Lage nach nicht näher bestimmt? Waren sie mit dem Brothaus identisch, stellten sie vielleicht ein Annex, eine äufsere Fortsetzung desselben dar, oder aber bestanden sie endlich selbständig für sich? das sind die schwierigen Fragen, die sich aufdrängen. Eine Beschreibung des Marktes vor Beseitigung der Judenhäuser verdanken wir dem Chronisten Sigmund Meisterlin.26) Seine Schilderung bezieht sich freilich auf 150 Jahre früher beseitigte Verhältnisse. Da sie aber zu anderweit verbürgten Nachrichten nicht nur in keinen Widerspruch gerät, *) bis. sondern durch diese, soweit sie uns erhalten, weiter erhärtet wird, so wird man ihr bis in die vorgeführten Einzelheiten hinein zu folgen berechtigt sein. Und das um so mehr, als sie auf die Ueberlieferung zurückzuführen sein dürfte, die bei topographischen Verhältnissen und Umwälzungen so einschneidender Natur wie die hier in Rede stehenden sich mit gröfserer Lebendigkeit und Dauer als sonst fortzupflanzen pflegt. Nach Meisterlins Bericht standen auf dem Markte eine Anzahl Häuser und Häuslein, die Bänke der Metzger, die Läden der Bäcker, die Schränke der Pfragner,27) die Brenten*) der Fischer,28) die Läden der Fürkäuflinnen, die zum Teil der Stadt, zum Teil den Juden zu zinsen hatten. Unter den Bänken der Metzger kann nichts anderes als die unter dem. Namen der Fleischbänke bekannte Oertlichkeit verstanden werden, die nachweislich schon damals in der unmittelbaren Nähe des für dieses Gewerbe so unentbehrlichen Wassers gelegen waren.23) Aus gleichzeitiger Quelle aber wissen wir, dafs das Brothaus bei den Fleischbänken seine Stelle hatte.22) Dann aber können die in der Urkunde Karls IV. erwähnten Brottische, die ja bis an die Fried. Schopper vom Kaiser geschenkte nördlich vom Tuchgäfschen am Markt gelegene Häuserreihe sich erstreckten, nur in dem einen Falle mit dem Brothaus identisch gewesen sein, wenn man sich dieses als ein langgestrecktes, auf der Mitte des Platzes gelegenes Gebäude vorstellen würde, das sich vom Fleischhaus bis zur Tuchgasse und noch darüber hinaus ausgedehnt hätte. Das ist auf keinen Fall annehmbar. Wie hätte ein solches Haus auf dem engen Platze, der ohnedies schon durch ein Gewirre von Krämen und Buden über alle Gebühr verstellt war, noch Raum finden sollen! Und unbedeutend konnte dieses Haus nicht sein. Mufsten doch neben anderem Brote sämtliche in der Stadt gebackenen Semmeln im Brothause feilgehalten werden,22) was ohne Zweifel doch im Erdgeschosse geschah. Für eine gewisse Gröfse und Stattlichkeit des Gebäudes spricht dann noch der Umstand, dafs es beim Rathauskauf als Pfandobjekt angeboten und angenommen worden ist. Ein Doppeltes bleibt anzunehmen übrig. Entweder standen die Brottische der Urkunde Karls IV. mit dem Brothause überhaupt in keiner Verbindung. Und es ist ja immerhin möglich, dafs sie sich wie die Brotlauben bei der St. Sebald-**29) und Lorenzkirche, bei den Dominikanern, bei der Frauenkirche oder auch beim späteren Rathause, das schon vorher als Kloster Heilsbronnisches Besitztum von der Überlieferung als Brothaus angesprochen wird, hier irgendwo an einem Hause oder sonst hinzogen, wie ja auch später jenseits der Pegnitz ein Haus, genannt zur >> Brotlaube<< beim Langheimer, angetroffen wird.30) *) Bottiche, Kufen. **) Man könnte auch anfangs geneigt sein, jene Brottische der Urkunde mit den 1424 vom Rat abgelösten und dann abgebrochenen Brotbänken, die sich vom Rathaus über die Strasse nach der St. Sebaldkirche erstreckten, für identisch zu halten. Aber einerseits ist die Entfernung bis zum Markte eine zu grofse, dann aber die Schilderung Meisterlins mit einer solchen Annahme schwer in Übereinstimmung zu bringen, so dass wir davon abzusehen haben. Oder aber die Brottische, identisch mit Meisterlins Bäckerläden, waren weiter nichts als ein Annex, eine äufsere Fortsetzung des Brothauses, dessen Räume bei dem schnellen Anwachsen der Stadt und dem gesteigerten Verbrauch des notwendigsten aller Nahrungsmittel nicht mehr als zureichend erscheinen mochten. Nehmen wir die wohlbeglaubigte Nachricht, dafs das Brothaus bei den Fleischbänken gestanden, im wörtlichen Sinne als den Fleischbänken unmittelbar benachbart, so wird auch jene Stelle der Polizeiordnungen, die den Messerern ihre Stände unterhalb des Brothauses, nach der Brücke hin zuweist, mit einem Schlage klarer und verständlicher. Es ist bemerkenswert, dafs Meisterlins Marktbericht die Messerer nicht aufführt. Sie standen eben nicht nach dem Markte hin, konnten hier nicht stehen, da hier nach der Brücke zu die Kandelgiefser, und zwar direkt vor den Fleischbänken, ihre Kräme hatten. So war es wenigstens i. J. 146531) und wird vorher auch kaum anders gewesen sein, da es nicht glaublich, dafs die Messerer, einmal im Besitz einer solch günstigen, von einem lebhaften Verkehr berührten Position, sich sollten haben verdrängen lassen. Die Thatsache, dafs hier auf der anderen Seite des Flufsarmes schon in alter Zeit die Schleifmühle sich befand, führt unwillkürlich zu der Frage, ob denn diese Mühle nicht etwa als ein letzter Hinweis und eine historische Spur des in nächster Nähe abgehaltenen Messerermarktes zu betrachten sei. Es liegt so nahe, anzunehmen, die Messerer hätten, angelockt durch die für ihr Gewerbe so gut zu verwertende Wasserkraft, gerade hier ihre Stände errichtet. Wenn nun auch diese Vermutung durch die, allerdings erst aus zweiter Hand32) auf uns gekommene Nachricht, dafs die Schleifmühle erst im Jahre 1444 erbaut worden, hinfällig wird, so ist auf der anderen Seite die Annahme nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern vollberechtigt, dafs der in der Nähe befindliche Messerermarkt mit den Anstofs zur Erbauung der Mühle gerade an diesem Orte gegeben habe. Befanden sich aber die Messererkräme nach dem Schleifersteg zu, so kann das Brothaus nur in einem Haus bei den Fleischbänken gesucht werden, das mit der einen Seite nach dem Markt, mit der anderen nach der heutigen. Winklerstrasse hin sah. Demnach hätten wir uns die Situation etwa in folgender Weise zu denken. Auf der nördlichen Seite des Fleischhauses war das Brothaus und ihm benachbart Ulrich Hallers Haus 33) gelegen, dem sich noch einige weitere Häuser bis zu dem von diesem Häuserkomplex durch eine Reihe geschiedenen Rat- und Tuchhaus anschlossen. Kann nun auch bei der Armut der uns überlieferten Zeugnisse die bezeichnete Situation des Hauses nicht mit jener Wahrscheinlichkeit dargethan werden, die von der absoluten Sicherheit nur mehr um einen Schritt entfernt ist, so darf doch so viel wenigstens als erwiesen betrachtet werden, dass Ratund Tuchhaus einerseits und Brothaus andererseits ein einziges Gebäude nicht gebildet haben, dafs sie vielmehr als unterschiedliche Oertlichkeiten wohl auseinanderzuhalten sind. Und das ist es, worauf an dieser Stelle in erster Linie hingewiesen werden sollte. Eine weitere Verfolgung des Gegenstandes unter Benützung von heute etwa noch nicht erschlossenen Quellen mag in Zukunft vielleicht etwas mehr Licht über Lage und Beschaffenheit des Brothauses und und des angrenzenden Marktes verbreiten, als dies jetzt nach Lage der Sache möglich ist. Wenn der Rat 1332 in Ulrich Hallers Haus und fast um dieselbe Zeit auch noch im Augustinerkloster tagte, so deutet das, wie bereits bemerkt, auf einen unvermutet eingetretenen Notstand hin. Das alte Rathaus war als unbrauchbar aufgegeben, das neue noch nicht fertig, vielleicht war noch nicht einmal bezüglich des Ortes, wo es erbaut werden sollte, Beschlufs gefafst worden. Der Zeitpunkt, in welchem der Rat sein Rathaus an der Tuchgase aufzugeben sich gezwungen sah, ist in den Anfang der 30er Jahre, 1332 oder auch etwas früher, zu setzen. Das Jahr 1332 ist deshalb anzumerken, weil am 7. September desselben ein Privathaus zu einer Ratssitzung benützt wurde,13) und weil zweitens am 28. Juli 1332 der Kauf des Platzes, auf welchem dann das neue Rathaus erstand, abgeschlossen worden ist. Wenn nun auch, seitdem das alte Rathaus aufgegeben war, immerhin durch Beratungen und Erhebungen, welche sich auf die Wahl des Platzes bezogen, durch Verhandlungen, welche dem Abschlusse des Kaufes vorhergiengen, Zeit in Anspruch genommen wurde, so ist doch wohl kaum anzunehmen, dafs alle diese verschiedenen Geschäfte einen übermässigen Zeitaufwand erfordert hätten. Man wird daher wohl nicht fehl gehen, wenn man das Jahr 1332, zum höchsten aber 1331 als das des Auszuges annimmt. Der interimistische Zustand wird weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass noch ein drittes Lokal am Weinmarkt als Rathaus in Verwendung gekommen ist. Folgende Stelle beweist dies: >>Ez hat her Marquart von dem Neuuenmarkte geben auz seinem aigen, daz des Utenhofers erbe ist, zwai pfunt geltes gemeiner münze ewiclich durch got ze stegen und zu wegen, daz man die davon bezzern sol. Und ain pfunt zu dem prunnen vor dem rathause an dem weinmarkt und die dreu pfunt geltz sol man nemen auz den vir heusern, di etzwen*) ain haus warn und dez Cuntzen bei dem prunnen warn an dem araz an dem zotenberg.<< Diese Stelle 34) ist einem der Bibliothek des Germanischen Museums angehörigen Fragment eines sog. Stadtbuches entnommen, das eine Reihe von Handwerks- und Polizeiordnungen enthält. Die Handschrift kann, soweit man sieht, kaum vor dem Jahre 1331 niedergeschrieben sein, wenn sie auch Bestimmungen enthält, die ohne Zweifel früher getroffen worden sind. Auf Blatt 187 begegnet von der Hand, die den ursprünglichen Text niederschrieb, das Jahr 1330, auf Blatt 196 und 197 das Jahr 1331. Man wird vermuten dürfen, dass die Aufzeichnung, soweit sie von der ersten Hand herrührt, nicht ganz der chronologischen Ordnung entbehrt, wie dies auch die angeführten Jahreszahlen zu erweisen scheinen. Da nun jene eben mitgeteilte Stelle *) ehedem. |