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Urkundliche Nachrichten über den Ausgang

der Speierer Hausgenossenschaft.

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In seinem Buche über das ältere deutsche Münzwesen und die Hausgenossenschaften" bemerkt Eheberg, nachdem er von Seite 167 bis 170 eine aus Lehmann's Speyrischer Chronick" Buch VI geschöpfte übersichtliche Darstellung des Kampfes der Zünfte gegen die Hausgenossen in Speier bis zum Jahre 1330 gegeben: „Im 15. und 16. Jahrhundert verschwinden die Hausgenossen vollständig von der Schaubühne des städtischen, wirthschaftlichen und politischen Lebens. bleibt bald keine Spur von ihnen vorhanden, nicht einmal der Name." Eine eingehendere Betrachtung des Ausganges der Hausgenossen ist derselbe geneigt für die meisten Städte als gar nicht möglich anzunehmen; denn der Process, durch welchen überlebte Institute von dem Fortschritt der Geschichte zur Ruhe gelegt werden, entziehe sich den Aufzeichnungen derselben. Er wirft daher bloss einen kurzen Blick auf den endlichen Untergang der Strassburger Hausgenossenschaft, da hier auf Grund der mitgetheilten Urkunden der Verfall sich ziemlich verfolgen lasse, und erkennt das Ende der dortigen Hausgenossenschaft in dem verunglückten Versuche, mit Hülfe des Bischofs ihre alten Vorrechte wiederzuerlangen, 1437, seit welcher Zeit sie nie wieder im politischen Leben hervortrete und überhaupt nur noch einmal, im Jahre 1479, erwähnt werde. Es ist zu bedauern, dass dem Verfasser für seine Darstellung der Speierer Hausgenossenschaft, um die er sich durch Veröffentlichung ihrer Rechtssatzungen in Band 32, Seite 444-480 dieser Zeitschrift ein besonderes Verdienst erworben hat, ausser diesen von Baron Vely - Junngken auf Höffe bei Preussisch-Oldendorff ihm mitgetheilten Documenten nur secundäre Quellen zur Verfügung gestanden sind, und

1 Leipzig 1879.

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dass das reiche Urkundenmaterial des hiesigen städtischen Archives durch ihn keine Verwerthung gefunden hat. Es sei mir daher gestattet, im Anschlusse an dasjenige, was ich in meinem Versuche einer Speierer Münzgeschichte" 1 S. 22-35 über den Ursprung der Hausgenossenschaften im Allgemeinen und über ihre politische und sociale Stellung speciell in Speier entwickelt habe, und mit Uebergehung der wohl einer besonderen ausführlicheren Darstellung werthen gegen die zweihundertjährige Herrschaft der Hausgenossen gerichteten Verfassungsveränderungen von 1304, 1327, 1330 und 1349 den Ausgang, d. h. die letzte Periode der Speierer Hausgenossenschaft zu schildern, welche immerhin über volle vier Jahrhunderte, 1349-1747, sich erstreckt und namentlich vom Ende des 15. bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts von zahlreichen, freilich nur mehr gerichtlich ausgefochtenen Kämpfen der Hausgenossen gegen den Rath erfüllt ist.

Die Darstellung Lehmann's ist, abgesehen von seinem bis zur Ungerechtigkeit feindseligen Standpunkte gegenüber den Hausgenossen, gerade in Bezug auf den vorliegenden Gegenstand, wie Rau in seiner Biographie desselben ausspricht, sehr unvollständig er theilt sogar ihre alten, abgeschafften Privilegien nur stückweise mit; die entscheidende Urkunde vom Jahre 1330 gibt er nur dem Inhalte nach und diesen nicht einmal vollständig an, und bei der Geschichte des Aufstandes vom Jahre 1349 veröffentlicht er zwar den Verzichtsbrief der Münzer, übergeht aber alle begleitenden Umstände und verschweigt endlich ganz, dass die Hausgenossen auch um die wenigen ihnen noch gebliebenen Rechte fortwährend zu kämpfen hatten. Rau selbst, der in der ersten Abtheilung seiner „Regimentsverfassung der freien Reichsstadt Speier" eingehender mit den Hausgenossen sich beschäftigt, weil während eines grossen Theiles der dort geschilderten Zeit das Stadtregiment ausschliesslich in ihren Händen lag, im Übrigen doch auch z. B. den erwähnten vier Verfassungsveränderungen kaum eben so viele Seiten widmet, findet in dem das Zunftregiment schildernden zweiten Theil selten mehr Veranlassung, der Hausgenossen zu erwähnen. Es geschieht dies S. 15, wo er von den auch durch Fuchs, den Neubearbeiter der Lehmann'schen

1 Mittheilungen des histor. Vereines der Pfalz. X. Speier 1882.

Chronik, berichteten angeblichen Umtrieben zum Umsturze der Verfassung im Jahre 1386 sagt: „Aus der Hausgenossenzeit her bekannte Namen (Retschel, Clupphel, Roseler, Roner u. a.) der angesehensten Geschlechter wurden dabei genannt, so dass das Ganze beinahe als ein Versuch, im Interesse der Hausgenossen Wahlen durchzusetzen und dann vielleicht die Verfassung zu ändern, erscheint“ und S. 17, wo es von der ersten Umgestaltung des zünftigen Rathes in den Jahren 1430-33, die bis 1512 Bestand hatte, heisst: „Es ist kein Zweifel, dass diese Organisation zum Vortheil des Ganzen ausschlug. Aber allmählig bildeten sich auch Familien, in denen der Rathssess erblich zu werden schien, denen die wichtigsten Ämter fast durchgehends zugetheilt sind. Die Rinckenberg, Murer (Meurer), Koenig, aus alter Zeit noch die Klupffel, Pfrumbaum, ebenso die Steinhuser, Fritze, Lebart, Wisshaar, Boerlin, fast alle in der Zunft der Hausgenossen, sind Namen, die sich fortwährend in den Würden der Bürgermeister, der Vier vor Rath und andern aufgezeichnet finden." S. 23 endlich wird des Ausganges der Hausgenossen gedacht mit den Worten: „Die Zunft der Hausgenossen schwand so zusammen, dass von 1674 an nur mehr Einer von derselben im Rath sass; 1679 wählte sie zum letztenmale: Johann Adam Weiss sass von derselben im Rathe." Dass die Abnahme der Zahl der Hausgenossen bereits mit der Einführung des neuen Stadtregimentes im Jahre 1349 begonnen habe, schliesst Lehmann VI. 11, 615 aus den seit jener Zeit regelmässig geführten Rathsverzeichnissen, aus denen hervorgehe, „dass die alte Geschlechter der Hausgenossen mehrertheils sich an andere Ort zu wohnen begeben, ihre Häuser und Güter `verkaufft, und wenig davon in der Stadt ihre Wohnung behalten“. Von den alten Münzerfreiheiten war zu seiner Zeit das geringst nichts zu spüren", und Fuchs erzählt IV. 20, 294, dass, „als die Franzosen im Jahre 1688 sich der Stadt Speyer bemächtiget, kein einziger Müntzer mehr zu Speyr Bürger und zünfftig gewesen". Zweihundert Jahre früher war dies allerdings noch anders gewesen, indem auch Fuchs VII. 123, 949 bemerkt: Es waren damahls in denen dreyen Räthen sehr viel RathsVerwandten, Bürger- und Altermeister, von denen Müntzern, insonderheit die Eitel Fritzen, die Maeurer, die von Rinchenberg, die zum Lamm, die Weissen, die Eyrer, die vom Hage,

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die Koenig, die Boerlin, die von Ach, die von Schweinfurt, von Altzen etc.".

Damit werden die Nachrichten der Speierer Geschichtschreiber über unseren Gegenstand ziemlich erschöpft sein; unsere eigene Darstellung aber wird, wie bereits bemerkt, mit dem Jahre 1349 zu beginnen haben, in welchem, wie fast gleichzeitig in den meisten rheinischen Städten, die Hausgenossen oder Patrizier auf ihre bisherige exclusive Stellung in der Gemeinde dauernd zu verzichten gezwungen wurden. Nachdem dieselben nämlich bis 1304 den ganzen Rath, von 1330 an noch den halben aus ihrer Mitte besetzt hatten, und nachdem noch in der Bestätigung ihrer Privilegien durch Kaiser Ludwig IV. 1330 bestimmt worden war, dass ein Münzer wohl jedes beliebige Handwerk betreiben, in eine Zunft aber nur dann solle eintreten können, wenn er deren Geschäft erlernt habe und eigenhändig ausübe, gesellten sich die Hausgenossen nun selbst als erste Zunft den 13 anderen Zünften bei, übergaben denselben alle ihre Briefe und Handvesten, verpflichteten sich zu allen Diensten gleich einer andern Zunft und verzichteten auf alle und jegliche Vorrechte mit Ausnahme ihres Wechsels und Münzgerichtes, versprachen endlich, dass, wer künftig aus ihnen mit Erlaubniss ihres Zunftmeisters eine andere Zunft gewinnen wolle, dies nur thun solle nach Aufgebung seines Hausgenossenrechtes, und wenn er persönlich das Handwerk der betreffenden Zunft ausübe. Damit war der Sieg der Handwerker über die vornehmen Geschlechter endgültig entschieden, und wiewohl der Verzicht der Letzteren ein durch schwere, thätliche Bedrohung der Einzelnen abgenöthigter war, so besassen doch die Zünfte ein zu grosses Übergewicht, als dass die so jähe von ihrer Machthöhe Gestürzten ernstlich an eine Wiedergewinnung ihrer früheren Stellung denken konnten, weshalb wir auch während eines ganzen Jahrhunderts wenig oder nichts von neuen Reibungen zwischen Hausgenossen und Zünftlern hören. Die Klage, welche der die völlige Unterwerfung der Stadt anstrebende Bischof Raban von Helmstatt neben zahlreichen anderen Beschwerden auch hinsichtlich des Münzmeisters und des Hausgenossenamtes vor dem unter dem Vorsitze des Pfalzgrafen Ludwig 1419 in Heidelberg zusammengetretenen Schiedsgerichte vorbrachte, mochten durch vertrauliche Vorstellungen

der Münzer beim Bischofe veranlasst worden sein, aber jedenfalls traten dieselben nicht offen als Kläger hervor und finden daher auch nur indirect Erwähnung. Die von dem Bischofe in dieser Hinsicht erhobenen Anstände bezogen sich darauf, dass der Speierer Stadtrath dem Münzervorrecht entgegen Krämern und vielen anderen Leuten Wechsel zu treiben und denen, die mit Wage und Gewicht kaufen und verkaufen, dieselbe vom Münzmeister unbesehen und ungezeichnet zu gebrauchen verstatte. Von dem Schiedsspruche des mit dem Bischofe eng verbundenen Pfalzgrafen appellirte die schwer benachtheiligte Stadt, da von dem weltlichen Oberhaupte, Kaiser Sigismund, keine ausgiebige Hülfe zu erwarten war, an das geistliche, Papst Martin V., der auf Betreiben des Bischofs Raban die Sache an den Erzbischof Conrad von Mainz verwies. Dieser stellte 1420 eine fast durchaus den geistlichen Ansprüchen günstige Rachtung in 38 Artikeln auf, der die Stadt trotz anfänglichen heftigen Widerstrebens sich schliesslich unterwerfen musste. Die hieher gehörige Bestimmung lautet darin also: „Item die von Spier sollen auch unsers heren von Spier müntzmeyster, die hußgenossen, die müntze, die schopphen by der müntze, und waz zu der müntze und ampt gehoret ir alten herkomen und fryheit genißen lassen und ine darinne geferliche nit angen. Also daz sie mit wessel und ander ußrichtunge der müntze zugehorenden bestellen, daz den luten handelunge und ußrichtunge geschee. Teden sie des nit, so mogen ez die lute anderswo in der stat suchen."

In mehrfacher Hinsicht interessant ist der von Rau in seiner Regimentsverfassung I. 36 abgedruckte Brief aus dem Jahre 1447, über die Aufnahme neuer Hausgenossen, in welchem 14 namentlich benannte Hausgenossen unter dem Vorsitze des Münzmeisters Ort Bünne übereinkamen, dass Jeder von ihnen berechtigt sein solle, einen Unerben, d. h. nicht leiblichen Erben, zu dem Hausgenossenamt zu erwählen, der ehelicher Geburt, eines ehrbaren Stammes und der Münze und den Hausgenossen nicht zur Unehre sei. Der Gewählte, falls er die Wahl annehme, solle gehalten sein, 100 fl. zu zahlen, die zu gemeinsamem Nutzen der Hausgenossen sollten angelegt werden1

1 Bei der nächsttheuersten Zunft, den Metzgern, betrug die Kaufsumme, um welche die Zunft gewonnen wurde, 18 fl., bei den Kürschnern 7 fl., bei den Rothgerbern und Fischern 6 fl. Rau II. 6.

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