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Die Quellen, aus welchen Königshofen für die Regierungszeit Urbans V. geschöpft, waren sehr unlauter. Nichts Genaues, nur im Allgemeinen den Hergang der Ereignisse hatte er annähernd wahrheitsgemäß daraus entnehmen können. Schriftliche Quellen waren es nicht und der Wert mündlicher Nachrichten ist bekannt. Seine eigenen Erinnerungen aus jener Zeit mochten dem Chronisten in seinen späteren Jahren, als er sein Werk verfaßte, wenig mehr nützen. Als Urban V. Papst geworden (1362), stand Königshofen im 16. Lebensjahre, als Urban V. starb, war er 24 Jahre alt. Es ist das ein Alter, welches nicht besonders geeignet ist zum Verständniß geschichtlicher Vorgänge, am allerwenigsten für Königshofen, der ein echtes Verständniß solcher nirgends besitzt, selbständig niemals tiefer in den Gang der Dinge eindringt. Er hat nur Interesse für Aeußerlichkeiten, dies aber stets gehabt.

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Etwas genauer unterrichtet ist er in der Regierungszeit des folgenden Papstes. Gregor XI. von Beaufort, erzählt er, ward einstimmig in Avignon gewählt und am 5. Jan. 1371 gekrönt (592, 1 ff.). Das ist vollkommen richtig. Etwas Wahres mag auch daran sein, daß die Cardinäle auf den von Beaufort deshalb verfielen, weil er kränklich war und darum die Erwartung wohl erfüllen würde, daß die Curie fortan in Avignon bleibe.2 Denn von diesem Gedanken wurden sie allerdings bei der Wahl geleitet. Auch die tertia vita Gregorii IX. sagt: Gregor war von blasser Gesichtsfarbe und zarter Constitution. Aber hauptsächlich sind es wohl seine vortrefflichen Charaktereigenschaften, seine Bescheidenheit und Milde, sein gelehrtes Wissen dazu und die Aussicht für die Cardinäle, einen solchen Mann leicht zu ihren Ansichten bestimmen zu können, gewesen, welche Gregor die Tiara eintrugen.

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1 Bal. 1, 451 (secunda vita Gregorii IX.), 477 (tertia v.), 481 (quart. v.), 483 (quint. vita G.). 2 591, 17 ff. 3 Baluz. 1, 479: „vultu pallidus et complexionis admodum delicatae“, ibid. 442 etiam non minus afflictus est in persona, quam gravela (Steinkrankheit) adeo gravavit quod dies suos in magna parte minoravit". 4 Bal. 1, 426 „et cum esset humilis, modestus, circumspectus et liberalis, ac aliis multis virtutibus dotatus, omnes eum piissime dilexerunt". Ibid. 479 (tertia vita Greg.):

Er war der Sohn des Grafen Wilhelm von Beaufort, „eines einschiltiges (eines nur von väterlicher oder mütterlicher Seite aus dem Ritterstande stammenden) ritters sun", sagt Königshofen; ob mit Recht, habe ich nicht finden können.

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592, 5-7 do richete er sine fründe (machte sie reich) und moge und mahte sinen vatter zů eime grofen und houbetmanne in dem lande und mahte sine brüder zů cardinalen." Etwas anders stellt das seine vita bei Baluzius 1 dar. Er liebte seine Verwandten, heißt es da, erhöhte sie zwar nicht weiter, denn sie waren bereits von Clemens, seinem Oheim, zu angesehenen Stellungen erhoben, aber er erhielt sie in diesen Stellungen, in denen sie Einfluß auch auf manche seiner eigenen Geschäfte hatten. Das entspricht mehr den übrigen von ihm überlieferten Charakterzügen. Deshalb möchte ich auch die Nachricht 2: „Fuit insuper pauperum et afflictorum pius sustentator, consolator, et largifluus benefactor" der gegentheiligen des Königshofen vorziehen: und hielt sich me mit den edeln und richen denne mit den armen" (592, 19).

Uebersiedelung nach Rom.

Königshofen: „Do dirre bobest fünf jor den romeschen stůl zů Avion gehette, do kam ime ein eiswas (besser: eineiswas, „ich weiß nicht was" 3) in dem sloffe für und riet ime, er solte den hof wider gein Rome ziehen. dovon sprach er zu den cardinalen und zů den curtisanen, sie soltent sich ufrüsten, er wolte gein Rome varen. das widerrietent ime die cardinale.“

Damit ist es natürlich nichts. Diese Stelle beweist nur, wie z. B. die Nachricht (484, 14 f.) über Carl IV. „und kunde die swarzen buch, also etliche sprechent", daß unser Königshofen sich vom Aberglauben seiner Zeit nicht emancipirt hatte.

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Der Anlaß zu der Reise nach Rom war ein sehr reeller

Vitae enim innocentissimae fuit, placidus in moribus, et super omnes humilis et devotus." Vergl. damit Königshofens: „und was kiusche, daz men meinet, er stürbe luter maget" (als vollkommen keuscher Mann) 592, 19-20.

1 Bal. 1, 441 f. (prima vita Gr.). 2 Bal. 1, 442, pr. vita Gr. 3 S. Schröder Glossar zu Königsh. „neiswas“.

Zeitschr. XXXVI.

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und handgreiflicher. Es handelte sich um Erhaltung oder Verlust des Kirchenstaates, dessen meiste Städte sich der von Florenz gebildeten Liga in die Arme geworfen gegen den Papst.1

Die Cardinäle widersprachen ihm wie vorher seinem Vorgänger. Doch ebenso vergeblich.

,,Also sas er und die cardinale uf daz mer in schiffe und koment mit grossen erbeiten gen Rome noch gotz gebürte 1376 jor."

Allerdings wurde die Fahrt durch Stürme und anderes Mißgeschick vielfach gehindert.3 Schon am 13. September 1376 brach er auf und erst am 17. Januar des folgenden Jahres betrat er die Stadt Rom.

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Von seiner Thätigkeit daselbst erfahren wir nichts. Nur noch seinen Tod berichtet uns Königshofen, aber um einen Tag zu spät: „er starp zů Rome am steyne (s. S. 32 nt. 3) zů mittelvasten (28. März) noch gotz gebürte 1378 jor". Die genauer unterrichtete vita secunda Gregorii IX. nämlich nennt den 27. März als Todestag."

Die Angabe „also er war bobest gewesen 7 jor und 16 wuchen" ist um einige Wochen zu hoch gegriffen, trotzdem Königshofen die beiden Daten des 5. Januar 1371 (Krönung) und des 28. März 1378 (Todestag) selbst niedergeschrieben. Mit Zahlen weiß nun einmal unser Chronist nicht umzugehen.

9. Urban VI. und Clemens VII.

Beginn des grossen Schisma.

593-600.

Mit Urbans VI. Wahl ward das Schisma eingeleitet. Sie ist von außerordentlicher Wichtigkeit. Schon gleichzeitig

1 Ueber die Reise Gregors XI. nach Italien vergl. Gregorovius 6, 466 ff., Hefele, Conc.-Gesch. 6, 616. Baluz. 1, 437 f.: „Praedicta autem durante tempestate fuit per litteras et nuntios speciales insinuatum dicto Gregorio Papae quod si ipse personaliter veniret ad partes Italiae, confestim praedicta omnia recuperaret etc.“ „Ipse vero volens circa ea providere et ipsis posse tenus obviare, deliberavit se transferre ad partes Italiae memoratas suosque gressus dirigere versus Romam etc. 2 Ibid.: „Qui sic disposuit facere et ordinavit, quamvis contra consilium et deliberationem quasi totius collegii omniumque amicorum suorum. 3 Ibid. 1, 453 f. secunda vita Greg. 14. Jan. landete er in Ostia, am 15. Jan. kam er bis St. Paul, ibid. 454.

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4 Ibid. 1, 437 f.

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"

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Ibid. 1, 438. Am

6 Baluz. 1, 456.

überschwemmte die Länder der Christenheit eine Fluth von Streitschriften, welche die Generalfrage discutirten: Ist Urban VI. rechtmäßiger Papst? Es steht fest, er ist es gewesen.1

Unser Königshofen folgte der Obedienz Urbans VI., um dies hier vorauszuschicken; wir werden also für die Wahl einen Bericht von ihm erwarten, der seine Parteistellung vertritt. Das ist aber nun sonderbarer Weise nicht der Fall. Der Bericht ist (593, 15 ff.) scheinbar ziemlich objectiv gehalten, Manches sogar spricht mehr für den Gegenpapst, denn, wie wir sehen werden, sehr wichtige, die Rechtmäßigkeit der Urbanischen Wahl vorzüglich documentirende Punkte sind. nicht erwähnt. Auch noch ein Anderes fällt auf, nämlich daß der Chronist über die ihm doch fern liegenden Vorgänge so genau unterrichtet ist. Er muß eine Quelle gehabt haben, welche den Ereignissen sehr nahe stand, und die Darstellung des ganzen Abschnittes spricht dafür, daß diese eine schriftliche war. Ich glaube sie nun gefunden zu haben in der Declaration der von Urban VI. abgefallenen Cardinäle, die sie am 2. August gegen Bartholomäus, Erzbischof von Bari (Urban VI.) von Anagni aus erließen. Vielleicht lag Königshofen auch das Schreiben derselben Cardinäle vor, in welchem sie erklären, Clemens VII. sei rite et canonice gewählt, inthronisirt und gekrönt worden. 3

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Jedenfalls sind namentlich auch diese beiden Schriftstücke nach Ausbruch des Schisma eifrig colportirt worden. Daß sie dann auch nach Straßburg kamen, ist selbstverständlich. Denn einmal lag die Stadt fast auf der Grenzscheide der durch die Doppelwahl getrennten Christenheit. Gerade hier also mußten sich die Flugschriften beider Parteien treffen. Sodann war Straßburg selbst, wie das jene Zeit so häufig mit sich brachte, in die Anhänger des einen und des anderen Papstes geschieden. Die Bürgerschaft stand in der Obedienz

1 Gregorovius 6, 483 ff., sehr eingehend erörtert von Hefele, Concil.Gesch. 6, 628 ff., besonders behandelt von Lindner, Histor. Zeitschr. von v. Sybel 28, 101 ff. 2 Baluz. 2, 821 ff. 3 Ibid. 2, 837 ff. ✦ Vergl. auch vit. Clement. VII, Papae ap. Murat. III, 2 p. 732 f., Baluz. 1, 490 (prim. vit. Clement.): „Dictus autem Clemens satis cito post assumtionem suam ad Reges et Regna suos legatos et Nuntios ad Imperatorem Romanorum et regna Alamanniae et

destinare decrevit

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Bohemiae ac alias terras Imperii eis adjacentes dominum Guillelmum de Aquifolio etc.

Urbans VI. und der Bischof Friedrich von Blankenheim suchte seinen Vortheil im Anschluß an Clemens VII.1

Die Declaration sowohl als auch jenes Schreiben der Cardinäle mochten also Königshofen leicht zu Gebote stehen. Seine Darstellung von der Wahl Urbans VI. nun und im Anschluß daran von der des Gegenpapstes stimmt im Gedankengang, in der Wahl des Ausdrucks, in einzelnen Worten selbst auffallend mit ihnen überein. Ich stelle sie mit Königshofen

zusammen:

Declaration der Cardinale.

Baluz. 2, 821 ff.

Königsh. 593, 15 ff.

cum sanctae memoriae et felicis Do der vorder bobest Gregorius recordationis dominus Gregorius (var. bobest genant Greg. der eilfte) Papa XI. die xxvii. praeteriti mensis gestarp, do gingent die geweltigesten Martii obiisset concluserunt (offi

ciales urbis) ut omnino cogerent

Dominos Cardinales ad eligendum

Romanum vel saltem Italicum, eo, zu Rome zu den cardinalen und ut dicebant, quia aliter non poterant

securi quod curia in Italia remaneret

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praefati officiales urbis simul botent sü, das sü soltent welen einen adunati cum alio magno numero bobest von Rome oder Italia, so civium omnibus dominis Cardinalibus blibe deste e der stůl bi in zü Rome 2, insimul adunatis pluries supplica- das were in und dem lande gar nütze. verunt eosque requisierunt ut elige- und sprochent fürbasser: were es das rent Papam Romanum vel saltem daz nüt zehant geschehe, so vorhtent Italicum et aliquibus vicibus sü, das under dem volke zů Rome subjunxerunt, quod aliter dubitabant wurde grosse missehelle (var.: und de maximis et irreparabilibus peri- rumure) ufstonde. do gingent die culis et scandalis, cum viderent et cardinale zusamene (in den palast cognoscerent corda civium nimium und conclave zu Rome) und woltent sublevata solemniter juraverunt einen bobest welen, und swůrent in bene et fideliter Dominos Cardinales die Roemer, das sü woltent die cartenere securos et ab omni violentia dinale schirmen vor gewalte und vor et impressione custodire. überlouffe.

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(p. 826.) postquam intraverunt und gingent die Roemer do für und conclave — et etiam existentes armati, wider geweffent und schruwent etwie utplurimum quasi sine intermissione dicke: 'wir wellent einen bobest von clamantes: „Romano lo volemo o Rome oder Italia'. do vorhtent sich Italiano." Domini Cardinales die cardinale und sprochent zům propter vitandum mortis periculum volke, sû woltent einen welen also

' Königshofen 678, 18-19: „do wolte er (der Bischof) nüt an den bobest zů Rome glouben". 2 (Var.: Rome ader zů Italia, das ist in dem lande dobi, und das were.)

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