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1.

König Ferdinand hatte auf den Landtagen von Oesterreich ob und unter der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain und Görz im December des Jahres 1555 theils persönlich, theils durch seine Commissäre die Forderung gestellt, dass, da nach eingelangten Nachrichten ein gewisser Krieg von Seite der Türken erwartet werden müsse 1), jedes der Länder Abgeordnete auf den 15. Jänner nach Wien abschicken soll, welche mit vollmächtiger Gewalt ausgerüstet ohne hinter sich Bringen beschliessen können, was zur Gegenwehr erforderlich sei.

Ausser den nicht ganz richtigen und sehr kurzen Nachrichten bei Raupach 2), ist von den Verhandlungen dieses Tages nichts Genaueres bekannt.

Es ist mir eine Handschrift in die Hände gefallen, welche alle Schriften desselben enthält, und es schien mir bei Durchlesung derselben der Mühe werth, deren Inhalt bekannt zu geben, da er nicht bloss die von Raupach mitgetheilten Nachrichten berichtiget und vervollständiget, sondern auch ein Bild geben kann, von den grossen Schwierigkeiten der Regierung K. Ferdinand's I. in einem Zeitpunkte, wo es einem solchen Feinde gegenüber, wie damals das osmanische Reich auf der grössten Höhe seiner Macht war, kaum möglich schien, mit der letzten Anstrengung aller Kräfte sich des Untergangs erwehren zu können.

2.

Die Landschaft unter der Enns stellt ihre Vollmacht aus auf Wolfgang Abt zu den Schotten, Georg, Abt von Lilienfeld, Christoph, Propst zu Kloster Neuburg und Bartholomä, Propst von Herzogenburg; aus dem Herrenstande auf Ferdinand Grafen von Ortenburg, Ulrich Freiherrn von Eizing, Michael Ludwig von Pucheim, Erasmus von Pucheim und Christoph von Jörgen; Gebhart Welzer, Hanns von Fünfkirchen, Georg Teufel, Georg Geyer aus dem Ritterstande; auf Hanns Uebermann, Bürgermeister zu Wien, Christoph Hayder, des innern Rathes in Wien, Georg Zimmermann, Beisitzer des Stadtgerichtes in Wien, Gilgen Kern, Rathsbürger der Städte Krems und Stein, und Georg Liebhart, Stadtrichter zu Korneuburg. Sie

1) Suleiman II. hatte eben den Perserkrieg glücklich beendigt und den königl. Gesandten nur einen halbjährigen Waffenstillstand im Juni 1555 bewilligt. 2) Evang. Oesterreich 45 und Beilage Nr. XIII.

S

erhalten von Seite der Landschaft vollmächtige Gewalt mit und neben den übrigen Abgesandten in den Kriegssachen auf ein Jahr oder auch auf zwei, wenn die übrigen Landschaften ihre Ausschüsse auf mehr Jahre abfertigen sollten, sich in Handlung und Bewilligung, so weit die Kräfte reichen, einzulassen, doch ihr und ihren Nachkommen an den Rechten, Gerechtigkeiten, Freiheiten und altem Herkommen ohne Schaden.

In dem Landtage zu Linz wurde am 14. December 1555 die Vollmacht des Landes ob der Enns ausgefertigt. Als Ausschüsse wurden nach Wien abgeordnet: Erasmus von Starhemberg, Hanns von Scherfenberg, Casimir von Polheim, Georg von Perkheim zu Wirting, Hanns von Aspan, Damian Ziegler, Stadtrichter zu Linz, Melchior Hirsch, Bürger von Steyer, Hanns Winter, Bürger von Enns, und Georg Püttinger von Wels. Sie waren beauftragt, zu rathschlagen und zu handeln, wie dem Feinde vorzukommen und der Lande Bewilligung am nützlichsten angelegt werden könne, „Auch von unsern wegen (nach unterthänigster Werbung unsers des weltlichen Standes diemüthigisten Anlangens, Flehen und Bitt, des wir jetzo in unser Landtags-Antwurt ihrer kuniglichen Majestät mit demüthigistem Herzen fürbringen haben lassen, darauf auch sie unsern Ausschuss erstlichen um genädigisten und väterlichen, willfährigen Bescheid.. anhalten sollen) was wir nach Erlangung desselben zu solchem christlichen 1) Werk von unserm noch überbeliebenem, geringschätzigen Vermügen thun sollen.. ein Summa Geld von unser.. Gülten," so viel erschwinglich, zu bewilligen.

Die Landschaft von der Steiermark sandte den Landeshauptmann Hanns Ungnad, zugleich Hauptmann und Vicedom in Cilli, den Landesverweser Georg von Herberstein, Lucas von Zackl, Moritz von Racknitz, Sigmund Galler, Georg Pögl, Jacob von Windischgrätz, Georg Stadler, Franz von Teufenbach, Hanns Marchart, Bürgermeister zu Grätz, Sebastian Pauchinger, Bürgermeister zu Bruck und Colman Holzmann, Bürger von Marburg. Die Instruction ddo. Grätz am 9. December trug ihnen nur auf, am 15. Jänner in Wien zu sein und daselbst wegen einer beharrlichen Hilfe zu rathschlagen und zu beschliessen.

Die Landschaft Kärnten sandte laut Instruction vom 9. December den Abt Bernhard von Vietring, Erasmus von Windischgrätz, Sigmund von Khevenhiller, Augustin Paradeiser, Moritz Rumpf, Leonhard von Keutschach, Hanns Jakob von Greifeneck, Hanns Senuss, Amtmann zu Villach, Hanns von Neuhaus, Balthasar Rust und Andrä Magerl Bürgermeister von S. Veit. Sie waren beauftragt: „vor Anfang anderer Handlung um.. Erledigung der Beschwerung, d. i. freizulassen beiderlei Gestalt des hochwürdigen Sacraments.. allen denen, die es ihrem Gewissen nach anders nicht empfahen wellen noch mügen" und Erledigung anderer Landesbeschwerden inhalts der jüngsten Landtags-Antwort sich in nichts einzulassen. („Wo das aber seinen Fürgang nicht erreichen wollt, sich in Bewilligung nicht einlassen, sondern wiederum anheim verfügen sollen.") Im Falle aber der Abhilfe, haben sie mit den übrigen Ausschüssen zu handeln und zu schliessen.

1) Um Gestattung des luther. Bekenntnisses.

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Aus Krain, Windischmark, Mettling, Isterreich und Karst wurden die Instruction ddo. Laibach am 9. December 1555 mit dem Auftrage, nebst der Zustandebringung einer stattlichen und beharrlichen Hilfe und anderer das Kriegswesen angehender Punkte, zuerst um Erledigung der angebrachten Beschwerden „zuvorderist auch auf unser und der Land hievorig.. Anbringen der Religion halben, daran nit allein die zeitlich sondern die ewig Erhaltung gelegen" mit der andern Länder Ausschüssen zu handeln. Zu Ausschüssen waren benannt Jakob von Lamberg, Verwalter der Landeshauptmannschaft und Landesverweser in Krain, Anton von Thurn, Erbhofmeister der fürstlichen Grafschaft Görz, Hanns Joseph von Egg, Jobst von Gallenberg, Leonhard von Singerstorf, Michael Francouitsch, Bürgermeister zu Laibach, Vincenz Primus Strussnigg, Stadtschreiber daselbst.

Die Grafschaft Görz sandte Georg Edlinger, Maximilian von Dornberg und Georg Allinger „von der Stadt Görz wegen." Eine Instruction derselben liegt nicht vor.

3.

Der Anfang des Ausschusstages wurde auf den 22. Jänner erstreckt, an welchem die erste Versammlung in Wien stattfand, in der den Ausschüssen die königlichen Propositionen vorgetragen wurden. Sie enthalten folgende wesentliche Punkte:

1. Schnelle Gegenrüstung ist dringendes Bedürfniss, da ein Ueberzug der Türken höchst wahrscheinlich befürchtet werden muss. Die Ausschüsse möchten demnach ohne allen Aufschub berathschlagen und beschliessen, was zum Schutze, zur Sicherheit, Rettung und Gegenwehr zweckdienlich ist, und sich mit der Bewilligung aufs „höchste und stattlichste angreifen" und selbe auf drei oder doch allerwenigstens auf zwei Jahre erstrecken. Je ergiebiger die Hülfe der zunächst am Feinde gelegenen Länder ausfallen wird, um desto grössere Unterstützung ist zu erwarten von den übrigen Reichen und Ländern des Königs und von den Ständen des deutschen Reiches, zu welcher sich K. Ferdinand nach dem Schlusse dieser Handlung zugleich mit Ausschüssen der n. ö. Länder begeben wird.

Obgleich die lang währenden Kriege die Kammergüter zum höchsten erschöpft haben und deren viele verpfändet sind, so wird dennoch der König mit seinen Söhnen treulich alles leisten, was nur möglich ist.

2. Die Ausschüsse sollen sich berathen über eine gleiche und billige Austheilung der Bewilligung.

3. Zur schleunigen „Anordnung des Kriegswesens, Versehung und Bestärkung und etwas stattlicher Erbauung und Befestigung der sehr weitläufigen Grenzen (mit Einschluss von Siebenbürgen) und anderer nothwendiger Gegenwehr und (zur Beischaffung von) Kriegsnothdurft," ist eine sofortige Aufbringung eines baaren Geldvorrathes unumgängliches Bedürfniss. Die Ausschüsse haben zu berathen, auf welche Weise derselbe erlangt werden könne.

4. Sie haben ferner auf gebührliche und leidentliche Mittel zu denken, wie zur Erhaltung der Ehre und des Dienstes Gottes und des gemeinen Mannes Seelenheil dem Verfalle und dem Abkommen der armen Pfarren und Mendicantenklöster, welche ohne Hülfe zu Grund gehen müssen, gesteuert werden könne.

5. Auf die Aufforderung des Königs mit Beiseitesetzung aller „Particulargeschäft und Artikel” eine stattliche Bewilligung Andern zum Exempel zu thun, haben die Ungarn in Rakos (zu Pressburg) sehr beträchtliche Hülfe beschlossen 1). Die Ausschüsse möchten nach dem Beispiele derselben nicht bloss eine stattliche Bewilligung aussprechen, sondern auch „andere Nebenhändel und Artikel gutwillig ein- und anstellen."

4.

K. Ferdinand erwartete kaum, dass sich die Ausschüsse diese letzte Ermahnung zu Herzen nehmen würden. „Die Ausschüsse allein der 5 n. ö. Landen” (mit Ausschluss von Görz) „haben zuvor für das bequemist, nachst und nothwendigist bedacht und erwogen", dass zuerst dem Könige die Religionssachen vorzubringen seien. „Darum auch ehe sie zur Berathschlagung gegriffen drei Tag nach einander nachfolgendes Gebet in aller Andacht mit gebognen Knieen.. gebetet.."

„Allmächtiger, barmherziger, ewiger Gott! Wir deine arme Würmlein, die du aus lauter Genad und Barmherzigkeit durch das theure Verdienst Jesu Christi zu Kindern angenummen, kummen zu dir in unser grossen anliegenden Noth, bekennen und geben uns schuldig, dass wir dich so gar manigfältiglich zu deinem gerechten Zorn gereizet und mit unsern so grossen manigfaltigen Sünden dein Ruth und Straf als deine unwürdigen und ungehorsamen Kinder mehr dann tausendfaltig wol verdient, die du uns aber bisher aus deiner unaussprechlichen Barmherzigkeit nur genädiglichen gezeigt und uns zur Buss als der wolmeinend Vater, der den Tod des Sünders nit will, dardurch vermanest; Wir bitten dich inniglich durch Jesum Christum deinen eingebornen Suhn, durch welichen du uns Gewehrung und Erhörung gar genädiglich durch dein heiliges Wort mildiglich versprochen und zugesagt, dass du uns und unsere (n) Vorvordern so manigfaltige Uebertretungen nicht zurechnen sondern genädiglich und väterlich verzeihen, dann wir kommen nit auf einigs unser Verdienst oder Gerechtigkeit, sondern auf dein grundlose Genad und Barmherzigkeit (bauend) mit dem verlornen Suhn diemüthigist bitten(d), dass du uns wieder zu Genaden annehmen und durch die Genad deines heiligen Geists erleuchten (wollest), dass wir unser sündlich Leben herzlich bereuen, wahre Frucht der Buss erzeigen und in einem neuen dir wolgefälligen Leben hinfüran wandlen, dein heiligs Wort in unser Herz einschliessen, bewahren und über alle Ding lieben. Nachdem an (ohne) dein Genad der Menschen Vernunft noch Kraft gar nichts vermag, sondern (wir) Alles von deiner milden

1) Bucholtz, Geschichte K. Ferdinand's I. VII, 335.

Güte gewarten und empfahen und wann du dieselb aufthust, so erfreuen sich alle deine Creaturen auf Erden so erfreu auch nun du einig getreuer Gott unser von dir vorgesetztes Haupt und Obrigkeit sammt uns und allen Andern, von derwegen du uns unzweifenlich durch dein Genad anjetzo zusammengefügt hast, und gesegne um deines geliebten Sohn und unsers einigen Gnadenthron Jesu Christi willen all unser Rathschläg, Gedanken und Thun, auf dass es Alles zu deiner Ehr, Lob und Preis reiche, und würdige uns genädiglich zu Instrumenten, dass wir deinen willen wirken und durch dein allmächtige Hand sammt unserm von dir geordneten Haupt uns (und) alle deine unwürdige Christen in gemein von dem bevorstehunden Gefahr und Fürnemen unserer Feind, die ihr Bögen wieder uns spannen, väterlich schützen und erhalten und das Alles durch Jesum Christum deinen eingebornen Sohn, dem mit dem heiligen Geist sei Lob, Ehr und Preis in Ewigkeit. Amen, Amen.

Darauf welle jeder ein andächtigs Vater unser beten etc.

5.

Nach Verrichtung dieses nicht eben markigen Gebetes wurde dann eine Antwort auf die königliche Proposition berathen, welche am 31. Jänner vollendet und übergeben wurde 1).

Es wird in derselben, welche von fünf n. ö. Landen mit Ausschluss der Grafschaft Görz unterfertigt ist, der Satz geltend gemacht, dass die Fortschritte der Türken bis zur Grenze der n. ö. Lande „ain ernstliche und gewisse Geissel Gottes" seien wegen der Sünden und des unbussfertigen Lebens, „durch weliche Straf, wo nit sein heiliges Wort nach reinen christenlichen Verstand angenummen" und von Sünden abgestanden werde, nicht allein das zeitliche sondern auch das ewige Heil verloren gehen müsse. Wofern nicht von Unglauben und Sünden abgelassen wird, ist jede Gegenwehr vergeblich.

Von dieser Ansicht ausgehend, haben die Landschaften ihren Ausschüssen den Auftrag ertheilt, nach Anhörung des königlichen Vortrages sofort, um mit Gott anzufangen, der Lande höchste, das Gewissen, Seele und Seligkeit angehende Beschwerde vorzutragen und um deren Erledigung zu bitten. Schon im Jahre 1542 haben die Gesandten der n. ö. Lande mit Einschluss der fürstlichen Grafschaft Görz mit einem Fussfalle dem Könige die Bitte vorgetragen, sie bei „der reinen Lehr des heiligen Evangelii und wahren Justification des Glaubens auch... des Sacraments unter beiderlei Gestalt nach Christi Einsetzung," ohne Strafe besorgen zu müssen, verbleiben zu lassen. Sie haben die nämliche Bitte auf dem Reichstage zu Augsburg wiederholt 2), im Jahre 1548. Ebenso haben auch die Landschaften öfter und noch in den Landtagen im letzten December Beschwerde erhoben gegen das königliche Generale vom 20. Febr. 1554 3),

1) Abgedruckt bei Raupach 1. c. Beil. Nr. 3, S. 13.

2) Raupach 1. c. II, Beilage S. 75, 82. Meine Geschichte v. Wilhering 91. 3) Codex Austr. I, 250. coll. Raupach II, 122. Auftrag die Communio sub una zu empfangen,

Archiv. VIII.

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