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BEITRÄGE

ZUR ETHNOGRAPHIE VON NEU-GUINEA.

VON

J. D. E. SCHMELTZ,

Conservator am Ethnographischen Reichsmuseum zu Leiden.

VI. UEBER EINE SAMMLUNG AUS KONSTANTINHAFEN, ASTROLABEBAI 1)

2ter Theil: Die Waffen. Mit Tafel VII-IX.

Mit dem gegenwärtigen, den Waffen gewidmetem Theil schliesst die Besprechung der von KUBARY zusammengebrachten Sammlung ab und dürften, bevor wir zu der Behandlung der Waffen selbst schreiten, einige allgemeine Betrachtungen am Platze sein.

Fassen wir die Sammlung als Ganzes ins Auge, so prägt sich in ihr, so gering auch der Umfang derselben sein möge, eine eigene, gut umgrenzte Kultur aus. Leider liegen von KUBARY keinerlei Notizen betreffs des Volksstammes bei dem diese Gegenstände in Gebrauch, deren Namen, Bedeutung etc. vor; der Grund dürfte darin zu suchen sein, dass er, in Neu-Guinea sich in seiner Stellung nicht wohl fühlend, kaum Lust und Neigung zu wissenschaftlicher Arbeit hatte. Das ist bei einem Forscher, dem wir eine so gute Kenntnis der Ethnographie des Karolinen Archipels verdanken, sehr zu bedauern und zwar um so mehr als wir jetzt gezwungen sind uns auf FINSCH'S Mittheilungen und das was uns die Gegenstände selbst lehren vorerst zu beschränken.

Wir haben an anderer Stelle die Ansicht ausgesprochen dass die Kultur des Ostens von Neu-Guinea, der, der Melanesischen Inseln verwandt sei, und sich von der des Westens streng unterscheide. 2) Das findet auch in dieser Sammlung wieder eine Bestätigung. Die wenigen, nicht sehr nahen Verwandtschaften die wir bei der Betrachtung der uns hier beschäftigenden Sammlung im Westen Neu-Guinea's finden, werden dennoch durch eben so schwerwiegende, stichhaltige Unterschiede aufgewogen. Ueber Neu-Guinea im Westen hinaus gehend hört überhaupt jede Verwandtschaft auf, anders aber im Osten; hier finden wir z. B. auf den Salomo-Inseln in den Schmucksachen, den Holzschüsseln, einzelnen Waffenformen, z. B. den Speeren mit stilisirtem Gesicht, der Verwendung von roth gefärbten Rotanstreifen für Schmuck des Leibes und der Geräthe, Verwandtschaften mit der Kultur des Ostens von Neu-Guinea, zumal mit der des östlichen Theils von Deutsch-Neu-Guinea. Was die Verwandtschaften des hier in Rede stehenden Gebiets mit anderen Kulturen innerhalb Neu-Guinea's angeht, so hat FINSCH ganz richtig wiederholt auf solche mit dem Südosten hingewiesen. Auch in unserer Sammlung bieten sich dafür Belege im dem gleichzeitigen Vorkommen hölzerner Schüsseln, gewisser Speere, Pfeile etc. Der einzige Gegenstand der, soweit uns bis jetzt bekannt, isolirt in der Kultur von Konstantinhafen dasteht, ist

1) Siehe Bd. VIII, pg. 241. ff.

2) DE CLERCQ & SCHMELTZ. Ethn. Beschr. van N. W. Nieuw-Guinea, pag. 245 ff. I. A. f. E. IX.

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die im vorigen Theil, pg. 243 besprochene Tanzrassel1). Auffallend ist auch die augenfällige Uebereinstimmung der, Taf. VIII Fig. 11 abgebildeten Pfeilform mit einer durch Dr. SERRURIER im ersten Bande dieser Zeitschrift pg. 18 beschriebenen und Taf. II Fig. 90 abgebildeten Form von Utanata an der Südwestküste. EDGE PARTINGTON bildet, Taf. 152 Fig. 13 (zweite Serie), einen Pfeil mit lanzetförmiger Palmholzspitze ab, der unserer unten beschriebenen Form f entspricht.

Dass das Vorkommen des Holzbogens in unsrem Gebiet ein Beweis für die Richtigkeit von Prof. RATZELS Hypothese betreffs der Verbreitung desselben sei, haben wir früher schon erklärt 2); das gleichzeitige Vorkommen derselben Bogenform an zwei einander diametral gegenüber liegenden Punkten, Astrolabebai im Norden und Papua-Golf im Süden, worauf auch FINSCH hinweist, ist eine neue, werthvolle Stütze für Prof. HADDON'S Annahme eines Verkehrsweges der Eingebornen, längs dem sich Kulturströmungen wechselseitig quer durch Neu-Guinea ergossen. 3)

Uns der Nordküste wieder zuwendend, ist uns östlich der Astrolabebai nur für zwei Gegenstände, für die Holzschüssel und die Holzkeule, eine Parallele aus Autopsie resp. von Cap Cretin und Finschhafen bekannt. Auf die Unterschiede der beiden Keulenformen werden wir hier unten zu sprechen kommen; auch bei den Schüsseln findet sich ein solcher im Schnitzwerk, indem dasselbe an jenen von Cap Cretin an einen Büffelkopf mit langen Hörnern erinnert. ) Die uns aus dem Gebiet des Westens, Humboldtbai etc., bekannt gewordenen Holzschüsseln sind ungemein roh bearbeitet und entbehren jeder Verzierung. 5) Für das Ahnenbild und die Form des Gesichtes in der Ornamentik der unten zu erwähnenden Speere und Pfeile finden sich Parallelen, zumal mit Rücksicht auf die spitze, verlängerte Form der Nase in den Ahnenbildern und Masken die innerhalb des westlichen Theils von Deutsch Neu-Guinea vorkommen, 6) aber nicht darüber hinaus, in der Humboldtbai etc. Das zuletzt Gesagte ladet von selbst zu einem Vergleich der Kultur der Astrolabebai, auf Grund des uns aus KUBARY'S Sammlungen vorliegenden Materials, mit jener der Humboldtbai ein, die wir ja zumal durch DE CLERCQ ziemlich eingehend kennen gelernt, und aus welcher reiches Material im Ethnographischen Reichsmuseum vorliegt.

Der Holzschüsseln, sowie der Ornamentik der Speere und Pfeile haben wir schon oben erwähnt; hier sei dem hinzugefügt dass, wie wir an anderer Stelle nachgewiesen, Speer und Keule in diesem Gebiet unbekannte Waffen sind. 7) Auch für die Tanzrassel findet sich, wie schon erwähnt, hier keine Parallele, und die irdenen Töpfe zeigen ebenfalls eine volkommen abweichende Form.

Es bleiben also noch Bogen und Pfeil beider Gebiete zu vergleichen. Was zuerst den Bogen angeht so steht er, was Grösse und Schmuck betrifft, weit hinter dem Bogen des

1) Herr Dr. H. SCHURTZ ersucht uns bemerken zu wollen dass dasjenige, was bei Besprechung der Rassel von uns mit Bezug auf die ihm in Bremen zur Verfügung stehenden Stücke gesagt ist, allein darin seinen Grund hatte das er keinen photographischen Apparat zur Hand hat. Er würde nie die Benutzung von Gegenständen, selbst wolle er sie selbst verwerthen, einem Andern verweigern. Diese Anschauung entspricht vollkommen der unsren und kommen wir daher mit um so grösserem Vergnügen dem Wunsch unsres Herrn Mitarbeiters nach.

2) DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op cit. pg. 231.

3) Siehe dieses Archiv, Bd. VIII pg. 145 und HADDON: Decorative Arts of Br. N. G., pg. 257.

4) EDGE PARTINGTON, Op. cit., 1ste Serie, Pl. 291 Fig. 1.

5) DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op. cit. pg. 195.

6) FINSCH: Ethnol. Atlas, Taf. XIV & XV.

7) DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op. cit., pg. 225 ff. und Tabelle.

Gebietes der Humboldtbai zurück. Hier erreicht der Holzbogen innerhalb Neu-Guinea's eine wahrhaft erstaunliche Grösse, und dass dies hier die bevorzugte Waffe ist, kommt auch in der auf die Bearbeitung desselben verwendeten Sorgfalt und im Schmuck mit Flechtwerk, Federkwasten etc., zum Ausdruck. Auf Einzelnes werden wir unten noch zurückkommen; hier möge nur noch einmal an die interessante Thatsache erinnert sein, dass, wie RATZEL dasselbe für Afrika nachgewiesen, in Neu-Guinea in dem Gebiet wo wir die ausgebildetste Bogenform antreffen, der Speer fehlt. 1) Dass derart Parallelen zu denken geben wird uns Jeder zugeben, der für die hier in Betracht kommenden Untersuchungen Verständnis hat; wer darin nichts weiter als einen Zufall sieht, nun der möge sich glücklich fühlen; diese Annahme ist ja immer der leichteste Weg um der Lösung schwieriger Fragen und so mancher Räthsel, welche das Studium ethnographischer Gegenstände darbietet, aus dem Wege zu gehen und statt dessen beschaulich der Ruhe zu pflegen. — —

Die Pfeile sind in beiden Kulturen das getreue Spiegelbild des Bogens, sowohl was die Grösse, als auch den Schmuck des Schaftes betrifft. Pfeile deren Spitze mit einem Vogelknochen oder einem Rochenstachel bewaffnet, wie wir deren im Gebiet der Humboldtbai oft begegnen, sind aus dem der Astrolabebai uns bis jetzt nicht bekannt geworden. Mit Widerhaken bewaffnete Pfeile kommen in beiden Gebieten vor, sie treten aber der Form und Zahl nach in dem östlichen, weit hinter denen des westlichen zurück. Auffallend ist, dass nur ein einziges Mal in unsrem Material sich ein Pfeil mit faltenähnlich geschnitzter Spitze findet, wie wir deren unter den Pfeilen aus dem Gebiet der Humboldtbai so oft begegnen. ) Statt der Pfeile mit stylisirtem Gesicht finden wir im Westen Formen an denen eine Ahnenfigur zur Ausführung gelangt ist. Einer Parallele sei hier noch nebenher erwähnt, nämlich derartiger Pfeile von den Inseln der Torresstrasse, die aber einen in jeder Hinsicht verschiedenen Charakter der Form und des Schnitzwerks tragen 3). Die lang ausgezogene, spitze Form der Nase, welcher auch wir zu erwähnen haben werden und welche sich an der Nordküste mehrfach findet, wo das Gesicht oder die Menschenfigur im Ornament auftritt oder sonst zur Nachahnung gelangt, ist durch WILKEN in Verband gebracht mit der Form des Schwanzes der Eidechse, welche bekanntlich im Volksglauben der Indonesiër und, dadurch wahrscheinlich veranlasst, auch in der Ornamentik eine bedeutende Rolle spielt. Die aus Bambus verfertigten Pfeilspitzen sind im Gebiet der Humboldtbai oft mit Farbenmustern und Schnitzwerk à jour verziert und mit grossen Widerhaken bewehrt, eine Erscheinung die wir im Gebiet von Konstantinhafen vermissen, worauf schon FINSCH hingewiesen. Beschmierung mit braunem Farbstoff der einfacheren Spitzenformen beobachteten wir bei Pfeilen aus Konstantinhafen nicht.

Auch Verschiedenheiten in der Verzierung des Schaftes bieten sich mehrere, in die Augen fallende, obgleich einzelne der an unsrem Material beobachteten Verzierungen mit solchen aus dem Gebiet der Humboldtbai eine äusserst entfernte Verwandtschaft zeigen 4). Die Verzierung der Schaftglieder mit Längslinien findet sich in der Humboldtbai nur sehr vereinzelt, die complicirtere Verzierung des ersten Gliedes erstreckt sich hier sehr oft auf ein, und selbst zwei weitere Glieder und beinahe ausnahmlos spielt darin das Fisch-, resp. Eidechsenornament, wovon wir auf den Tafeln unsres mehrgenannten Werkes eine Anzahl von Beispielen gaben,

1) DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op cit., pg. 228 & 231.

2) DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op cit., Pl. XXIX Fig. 3, Pl. XXX Fig. 11, Pl. XXX Fig. 18 etc.

3) HADDON: Decorative Art of Brit. N. G., pg. 51 Fig. 18.

4) Siehe z. B. DE CLERCQ & SCHMELTZ, Op cit., Pl. XXX Fig 3a.

und wohin auch die von EDGE PARTINGTON auf Taf. 151 seiner zweiten Serie abgebildeten Verzierungen gehören, eine bemerkenswerthe Rolle.

Die Befestigung der Spitze auf dem Schaft mit geflochtenen Bändern etc. ist andererseits wieder bei den Pfeilen aus Konstantinhafen eine viel sorgfältigere als bei denen aus der Humboldtbai; erstere zeigt sich manchmal der auf den Salomo-Inseln gebräuchlichen verwandt. Auf die Parallele zwischen der Verzierung der Pfeile und deren Grösse mit beiden Erscheinungen am Bogen der Humboldtbai haben wir ebenfalls schon früher in unsrem oben citirten Werk, p. 232 hingewiesen.

Aus den vorstehenden Ausführungen dürfte erhellen dass genug der durchgreifenden Unterschiede sich an den Pfeilen beider Gebiete wahrnemen lassen, und dass die Aufstellung von Charakteren für die einzelnen Gebiete durchaus nicht so schwierig ist als FINSCH (Ethnol. Erf., pg. 16 [214] dies annimmt. Diese werden uns dann bei weiterer Materialsammlung befähigen, erkennen zu können welchem Kultur-Gebiet die eine oder andere Form angehört. Ein erstes Erfordernis dafür sind aber sicher und festumschriebene Localitätsaufgaben; ohne solche wird unsere Kenntnis doch stets voller Lücken bleiben. Eine Aufgabe wie „North Coast" bei EDGE PARTINGTON für die Pfeile seiner Tafeln, die meist alle dem Gebiet der Humboldtbai angehören ist durchaus ungenügend; sie ist eben so gut als gar keine.

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Indem wir uns nun der Betrachtung der Waffen im Einzelnen zuwenden, bemerken wir dass wir diese Bezeichnung in ihrem weitesten Sinne hier verwandt und also auch die Jagd-, resp. Fischpfeile, die eigentlich in die Gruppe IV des von uns befolgten SERRURIERschen Systems gehören, mit aufgenommen haben.

a) Hiebwaffen. Als solche kommen Keulen, Taf. IX Fig. 3 & 14, in Betracht, von denen nur eine Form, in zwei unter einander in geringen Details abweichenden Exemplaren (Inv. No. 1047/14 & 15) vorliegt.

Beide sind von Palmholz verfertigt, lancetförmig und zeigen keinerlei Verzierung durch Schnitzwerk. Das Griffende der einen (Fig 3.) zeigt hervorstehende Ecken, das Schlagende beider ist mehr oder minder lanzetförmig, bei der einen beiderseits schwach convex, während das der andern, Fig. 3, in der Mitte am diksten ist. Die durch den äusseren Theil des Baumstammes gebildete Seite ist mehr oder minder geglättet, die andere wo die Adern des innern Stammtheils hervortreten, rauh und bei der einen (Fig. 14) mit rother Farbe beschmiert, während oberhalb des Schlagendes bei diesem Stück überdem noch ein, in Zickzackmuster von feinen Rotanstreifen geflochtenes Band um das Exemplar befestigt ist. Die Länge beträgt resp. 137 & 144, die Breite des Schlagendes 6,5 7,5 CM.

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FINSCH bemerkt, Op. c., pg. 77 [215], und wie uns scheint mit Recht, dass Keulen in Deutsch Neu-Guinea weniger in Gebrauch als an der Süd-Ostküste; die hier besprochene Form wissen wir keiner anderen, uns aus Neu-Guinea bekannten zu vergleichen; dagegen ähneln derselben gewisse „löffelstielförmige" Keulen aus Neu-Britannien. Die dem Gebiete Finschhafens eigene Form (Siehe dieses Archiv, Bd. II, Taf. VII Fig. 11) unterscheidet sich von der unsern durch die Verzierung mit Schnitzwerk, durch das ganz abweichend gestaltete Griffende, sowie überhaupt durch sauberere Arbeit. Dadurch nähert sie sich gewissen Keulenformen von der Süd-Ost-Küste und aus dem Salomo-Archipel, obwohl uns eine, ganz mit der von Finschhafen übereinstimmende Form aus ersterem Gebiet, wie FINSCH solche erwähnt, aus GOLDIE'S Sammlung im ethnographischen Reichsmuseum nicht bekannt ist.

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