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der Kolonien die Fahnen streichen werden, so wissen wir ja gut genug, aus der langen Zeit dass wir CESAR Godeffroy nahe standen, wie sehr er selbst davon überzeugt gewesen dass es dereinst so kommen werde, und wie sehr er wünschte dass Deutschland dort, wo er deutscher Thatkraft neue Bahnen eröffnet hatte, schützend eingreifen möchte. Allein eine Concurrenz die vor keinem Mittel zurück schreckte, beraubte ihn des Glücks die Früchte seiner Arbeit reifen zu sehen, ein Beschluss des Deutschen Reichstages, herbeigeführt durch Argumente einer Anzahl kurzsichtiger Kirchthurmspolitiker, verhin derte die Reichsregierung am Eingreifen zu rechter Zeit. Und heut ist Samoa das Schmerzenskind der Südsee, statt deren Perle zu sein. Wie anders hätte es werden können!

Freilich ist ja schliesslich doch noch ein kleiner Bruchtheil des weiten Gebietes, wo durch G. der Boden für derart Ziele vorbereitet, Deutsches Schutzgebiet geworden, allein zu unserm Bedauern müssen wir dem zweiten, Kaiser Wilhelmsland und dem Bismarck Archipel gewidmeten Aufsatz entnehmen, dass bei der Verwaltung jener Ansiedlung eine Menge recht unpraktischer, plan- und zielloser Maassnahmen zu Tage treten; dass Gesetze und Maassregeln in Berlin am grünen Tisch der Neu-GuineaCompagnie beschlossen werden, ohne dass man sich eingehende Kenntnis der obwaltenden Umstände verschafft und denselben Rechnung trägt.

Atjeh ist die einzige Skizze gewidmet die sich nicht auf die Südsee bezieht; neben einer Schilderung von Land und Leuten giebt Verf. Mittheilungen über die Berri-Berri Krankheit; die Einrichtung des Hospitals, sowie das Essen das dort gereicht wird lobt er sehr.

In den verschiedenen der Südsee und Australien gewidmeten Skizzen steckt eine Menge ethnographischen Materials. Sehr oft schildert uns B. Tänze der Eingebornen, wobei wir uns der Vermuthung nicht erwehren können, dass bei diesen schon ein gut Theil europäischer Tünche mit unterläuft und nicht alles oborigin ist, was ihm in dieser Beziehung vorgeführt wurde. Mehrfach auch begegnen wir der Besprechung des Kavatrinkens und der Bereitung derselben; dass auf Viti nur Männer dabei gegenwärtig sein dürfen, war uns neu und fanden wir seither nirgend erwähnt. Vom rapiden Verschwinden der ursprünglichen Kultur bildet auch das, was B. über alte Familien-Matten in Samoa sagt, ein neues Beispiel.

Die zu der Skizze ein Picknick mit AustralNegern am Wallaga See gehörende Tafel XI zeigt uns zwei „europäisch" bekleidete Eingeborne, eine wahre Carricatur auf die Menschengestalt;

nur

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Kulturfähigkeit scheint eine eitle Hoffnung bei diesen zu sein, interessant sind die Mittheilungen über die Reife-Ceremonie auf pg. 165. Eine anmuthende Skizze ist dem König WILLIAM BARAK (Victoria), dem einzigen noch lebenden Schwarzen aus jener Zeit, als Melbourne noch nicht existirte, gewidmet. Er versteht noch die ursprüngliche Kunst der Feuererzeugung mittelst Reibens zweier Holzstücke und gab Proben seiner Zeichnenkunst, wobei das befolgte System Interesse beansprucht. Will man auf Neu Caledonien noch Eingeborne in einigermaassen ursprünglichem Zustande sehen, so muss man sich schon weit landeinwärts begeben und auch hier sind die Spuren der „Civilisation" nur zu bemerkbar. Was der Verfasser uns mit Bezug darauf, und bezüglich der Berathungshäuser erzählt, empfehlen wir der Beachtung. In den Neu Hebriden wurde die Insel Meli besucht, wo der Verfasser bei den noch ziemlich gefährlichen Eingebornen durch einen zu denselben in verwandtschaftlichen Beziehungen stehenden Mischling als „Nicht Missionär" legitimirt war. Wohnungen, Clubhäuser, Hausrath, Waffen etc. werden besprochen, ebenso das Klassensystem und die Reifeceremonien bei denen das Schlachten eines Schweines eine Rolle spielt; auch hier wird Kava Von Männern getrunken. Rund gewachsene Eberzähne dienen als Armschmuck. Tätowirung wurde wenig beobachtet. Von grossem Interesse ist auch die Besprechung der aufrecht in der Erde gruppenweise stehenden Trommeln, aus einem ausgehöhlten Baumstamm mit seitlichem Schlitz bestehend, denen mittelst eines Knüppels bei Festen Töne entlockt werden und deren oberes Ende meist in Form eines menschlichen Gesichtes geschnitzt ist. Durch zwei gute Abbildungen wird das Gesagte erläutert (Siehe auch Dr. A. HAGEN & A. PINEAU: Les nouvelles Hebrides in Revue d'Ethnogr. Vol. VII pg. 358). Kannibalismus herrscht noch immer, indes erklärte der Häuptling keine Weissen mehr essen zu wollen, weil deren Fleisch zu salzig im Gegensatz zu dem süssen Fleisch der Schwarzen. Von den Viti- (Fidschi-)Inseln giebt B. uns eine gute Beschreibung der Anfertigung der Masi oder Tapa; im Verfertigen der Matten stehen die Vitier hinter den Samoanern zurück; der früher bedeutende Canoebau ist zurückgegangen. Menschenfleisch wurde nur mittelst heisser Steine gebraten und zwar mit Gabeln genossen, weil es heilig war und die Lippen nicht berühren durfte. Weibern war dessen Genuss verboten. Von dem pg. 252 erwähnten Stein hörten wir schon vor Jahren durch KLEINSCHMIDT, die wahre Bedeutung dürfte die eines phallischen Symbols sein. Siehe übrigens auch dessen Mittheilungen in „Die ethn. anthropol. Abth. des Museum Godeffroy pg. 128. Die alten

Tempelgebäude sind mit allem zum heidnischen Kult gehörendem gänzlich verschwunden; viele sind „auf Antrieb der Missionäre" absichtlich zerstört. Was der Verfasser betreffs der Maori auf Neu Seeland mittheilt, kann nur wehmüthige Gefühle und den Gedanken an eine entschwundene Herrlichkeit im Herzen des Ethnologen erwecken. So ist z. B. die kunstvolle Tätowirung aus der Mode gekommen, nur Weiber tätowiren sich noch manchmal am Kinn, die Kleidung ist europäisch und dabei vielfach zerlumpt; Kleidungstücke aus Matten und Hundefellen und Putz aus bunten Federn sind längst abgekom. men; nur die Tiki's, kleine Nephrit-Idole von denen sich die Eingebornen schwer trennen und die mit mindestens L. 20 bezahlt werden, sieht man noch hie und da als Schmuck getragen. Auf Tonga, wo ebenfalls alle Eigenart längst vor europäischer Tünche gewichen, besuchte der Verfasser die terrassenförmig aus Stein früher aufgeführten Königsgräber, und giebt eine Beschreibung derselben, die durch eine Abbildung auf Taf. XXIII unterstützt wird. In den Namen hat sich übrigens ein Irrthum eingeschlichen; derselbe ist nicht Langi-(Himmel), sondern Otu (Leiter-)-Langi, d. i. Himmelsleiter, dadurch findet auch die Form des Baues ihre Erklärung (Siehe auch Dr. H. TEN KATE: Verslag eener reis in de Timorgroep en Polynesië [Nederl. Aardr. Genootschap; Tijdschrift 1894] pg. 256). Mit einer anregenden Schilderung des Besuchs des Kilauea auf Hawaii schliesst dies interessante Werk, das wir allen Lesern des Archivs wärmstens empfehlen, jedoch nicht ohne zum Schluss noch einen Wunsch auszusprechen. Dr. BÄSSLER gehört zu jenen Glücklichen, denen die Vorsehung reiche Mittel bescheert hat und die, statt sich dem behaglichen „dolce far niente" zu widmen, ihre Mittel und Kräfte in den Dienst der Wissenschaft stellen und ein Wanderleben mit dessen Beschwerden dem Ruhen auf weichem Kissen vorziehen. Viel dankt unsere Wissenschaft im Allgemeinen, und die Museen zu Berlin und Dresden, im Besondern ihm schon. Von seiner letzten Reise mit vom Fieber schwer zerrütteter Gesundheit heimgekehrt, wünschen wir ihm dass dies ohne nachhaltige Folgen bleibe und dass es ihm gegeben sein möge schon bald wieder zu neuen Thaten auszuziehen. XII. VITTORIO BOTTEGO: Il Giuba esplorata

sotto gli auspici della Società geografica Italiana. Roma, Ermanno Loescher & Co. 1895. 8°.

The Italian geographical Society has sent, in the year 1892 an exploring expedition under the leadership of Mrss. VITTORIO BOTTEGO and MATTEO GRIXONI, both captains in the Italian army, to the upper and central Juba Valley in North Eastern Africa. The scientific results of this expedition were of the highest value, because they threw light for the first time on a country and its people not visited before by any scientific explorer. The geographical and ethnological observations, as well as the ethnological and zoological collections brought together by the expedition, are extremely rich. In the very handsome volume we have before us, Mr. BOTTEGO records, in the form of a diary, the history of the expedition. His communications are only of a general character, but we receive naturally such which are for the greater part quite new, for they have been gathered in an unexplored country.

With respect to ethnography, the description of the Arusi-Galla, the Djandjam and the Garra-Murra are of a special interest, and it is elucidated by a great number of excellent illustrations, made under the supervision of another energetic traveller, Mr. G. BOGGIANI, who is at the same time an enthusiastic artist.

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One of the illustrations (pg. 306) shows us an interesting example of the use of a landshell (Achatina) as a goatbell, which we see here for the first time. XIII. Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Von dieser neubegründeten Zeitschrift, auf deren Erscheinen wir schon in Bd. VIII pg. 251 hinwiesen, liegen jetzt zwei Hefte vor. Jedes derselben enthält eine Originalabhandlung und eine grosse Anzahl Referate, sämmt. lich von berufener Feder. Die Zahl derselben beträgt jetzt schon 199 und finden wir darunter orientierende Berichte über selbst schwerer zugängliche Werke und Arbeiten, so dass dies Organ berufen scheint mit der Zeit ein unentbehrlicher Wegweiser in der stets mehr und mehr anschwellenden Zahl anthropologischer Publicationen zu werden. Wir empfehlen dasselbe der Aufmerksamkeit unserer Leser nachdrücklichst.

J. D. E. SCHMELTZ.

VI. EXPLORATIONS ET EXPLORATEURS, NOMINATIONS, NECROLOGIE. REISEN UND REISENDE, ERNENNUNGEN, NECROLOGE.

I. Der Verein für oesterreichische Volkskunde zu Wien versandte im März d. J. seinen ersten Jahresbericht, aus welchem wir zu unserer

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Freude von dem, wider Erwarten raschen Aufblühen des Vereins Kenntnis nehmen. Die Mitgliederzahl ist bis auf 950 gestiegen, die Zeitschrift hat ihren

ersten Jahrgang vollendet und kommen wir an anderer Stelle mehrfach auf deren interessanten und hochwichtigen Inhalt, der durch zahlreiche gute Abbildungen unterstützt wird, zurück; die Vortragsabende hatten sich eines guten Besuches zu erfreuen und boten reiche Belehrung und Anregung, und endlich ist die Errichtung einer Vereinsbibliothek sowie die Gründung eines Museums für Oesterreichische Volkskunde um ein gewichtiges Stück der Verwirklichung näher geführt. Wir wünschen dem Verein ferneres frisches fröhliches Gedeihen und zweifeln nicht dass er, Dank der thatkräftigen Leitung des Vorstandes, zumal der mit Begeisterung für ihr Streben erfüllten Herrn Dr. HABERLANDT & Dr. W. HEIN, die ihm gesteckten Ziele erreichen werde.

II. Congrès intern. des Américanistes. Comme nous venons d'apprendre, la session tenue en Octobre dernier en Mexique, dont nous avons parlé dans notre Volume VIII (pg. 191) n'est pas la onzième, mais une session extraordinaire. La onzième session sera tenue, conforme à la décision, arrêtée au congrès de Stockholm, aux Pays Bas.

III. Sa Majesté le roi de Suède a décerné la croix le classe de l'ordre de Vasa à notre collaborateur, l'américaniste bien connu M. le docteur E. SELER à Berlin.

IV. His Majesty the King of Sweden has conferred upon our collaborator Dr. J. WALTER FEWKES the golden ,,Litteris et Artibus".

medal

pour ses ouvrages ethnologiques sur les lois des peuples non civilisés. J. D. E. SCHMELTZ.

VIII. † Dr. ALEXANDER SCHADENBERG. Mitte Januar traf in Europa die Depeche ein, Dr. SCHADENBERG wäre plötzlich (auf der Insel Panay) gestorben, eine Nachricht, welche nicht nur die Verwandten und persönlichen Freunde dieses durch und durch edlen Forschers, sondern auch alle jene mit Trauer erfüllte, welche die Verdienste SCHADENBERG'S, um die Kenntnis der Philippinen sich erworben, in ihrer ganzen Grösse zu würdigen verstanden, und von ihm, dem im kräftigsten Mannesalter hinweggerafften, noch

Dr. ALEXANDER SCHADENBERG,

viele werthvolle Bereicherun

gen unseres Wissens erwarteten. Nun ist er uns für immer entrissen, uns aber gebührt es, ihm ein dankbares Gedenken zu widmen.

SCHADENBERG war ein Preussisch-Schlesier (geboren zu Breslau am 27 Mai 1852). Er besuchte das MagdalenenGymnasium seiner Vaterstadt und legte dann, nachdem er unter dem berühmten Botaniker GÖPPERT studirt, an der Breslauer Universität seine Examina ab. Im J. 1879 wandte er sich nach den Philippinen, wo er nach Nostrificirug seines Doctorats als Chemiker in die Dienste des Welthauses SAR TORIUS (später BOIE & SCHADENBERG) trat. Er kehrte zwar 1880 nach Europa zurück, um sich aber im folgenden Jahre wieder nach den Philippinen zu begeben, wo er, zwei Rückreisen nach Europa abgerech

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nach einer in Breslau aufgenommenen Photographie. net, nun dauernd verblieb; als

V. We have to report the death of Dr. V. BALL, C. B., F. R. C., Director of the Science and Art Museum, Dublin, who died on June 15, 1895.

VI. M. le prof. ABEL HOVELACQUE, directeur de l'école d'Anthropologie de Paris est décédé le 22 février dernier, âgé de 52 ans. La Revue mensuelle de l'Ecole d'Anthropologie de Paris du mois de mars contient une nécrologie très appréciative de la plume de M. ANDRÉ LEFEBRE.

VII. Nous avons à annoncer la mort de M. le docteur H. A. Post, qui est décédé le 25 août dernier à Brème, âgé de 56 ans. Le défunt est bien connu

Apotheker in Vigan und später als Theilhaber der Firma BOIE & SCHADENBERG in Manila selbst.

Diese seine Stationen (Cebú, Manila, Vigan und schliesslich wiederum Manila) bildeten für ihn eigentlich nur den Ausgangspunkt und Erholungsort für die zahlreichen Expeditionen, welche der unermüdliche SCHADENBERG, sei es allein, oder in Begleitung seiner heldenmüthigen Frau, oder in Gesellschaft des Dr. KocH unternahm, so oft seine Berufsgeschäfte ihm einige Wochen freie Zeit vergönnten. Diese Forschungszüge durch Central- und NordLuzon, durch Ost- und Südmindanao und in das Innere der Insel Mindoro lieferten für die Ethnographie,

Linguistik, die Botanik und die Zoologie eine überraschend grosse Beute und es wäre eigentlich Sache eines besonderen Werkes die so ungemein fruchtbare Thätigkeit SCHADENRERG'S richtig zu würdigen; in diesem kurzen Nachruf kann nur das Allerwichtigste berührt werden.

Die erste Publication SCHADENBERG'S, welche allgemeines Aufsehen erregte, war sein Artikel „Ueber die Negritos der Philippinen" (Zeitschr. f. Ethnologie, Jhg. 1880, Heft II u. III), welcher insbesondere durch den Abdruck von Negrito-Vocabularen eine grosse Bedeutung erlangte und auch wegen seines sonstigen Reichthums an Daten die verdiente Würdigung fand. Nicht minder erfolgreich waren seine Wanderungen in den Landschaften am Golfe von Dávao. Hier erstieg er mit Dr. KocH zweimal den noch jungfräulichen" Vulcan Apó, ein Erfolg der um so mehr Aufsehen erregte, als es kurz vorher von dem spanischen Gouverneur RAJAL und dem französischen Forschungsreisenden Dr. MONTANO vergeblich versucht worden war, die Spitze dieses, von den Bagobos als Sitz eines Dämones gefürchteten, Feuerberges zu erreichen. Als Frucht seiner Reisen in Südmindanao veröffentlichte SCHADENBERG, abgesehen von ethnographischen Notizen, Schädelmessungen etc., auch ein Vocabular des Bagobo-Idioms.

Hier wäre auch die Entdeckung der grössten Blume der Welt (Rafflesia Schadenbergiana, GOEPPERT) und der neuen Myrthenspecies, des prächtigen Leptospermum (Glaphyria Annae, STEIN), einzuschalten.

Noch reicher war die Ausbeute, welche Dr. SCHADENBERG im Norden von Luzon gewann. Ich übergehe seine Arbeit über Leben, Sitten und Gewohnheiten der wilden Stämme des Distriktes Principe auf Luzon (Ausland 1883, No. 52), sondern beeile mich auf jene grossartigen Kreuz- und Querzüge durch Nordwest-Luzon zu sprechen zu kommen, welche uns die Tingianen, Igorroten, Rontok-Leute, Silipanen, Kianganen, Banaos, Ginaanen, Kalingas, Apayaos etc. näher kennen liessen. Die Ergebnisse seiner Reise finden sich theils in dem von ihm und Dr. A. B. MEYER herangegebenen VIII. Bde. der Publicationen des Kgl. Ethnogr. Museums zu Dresden, theils in dem von beiden genannten Autoren heraus

gegebenen „Album von Philippinen-Typen. Nordluzon"1) wieder, theils selbständig in der Zeitschrift für Ethnologie veröffentlicht, wobei die Sprachkunde wieder nicht leer ausging (Vocabular der GinaanSprache). Wer da weiss, dass wir vor SCHADENBERG von den meisten der obengenanten Stämme nichts anderes wussten, als was die wohl gut gemeinten, aber meist wissenschaftlich ganz oder wenig brauchbaren Berichte spanischer Missionäre uns vorerzählten, der allein wird ermessen können, welch grossen Dank, welch hohe Anerkennung wir Dr. SCHADENBERG für die Ergebnisse seiner Forschungen zollen müssen. Denn SCHADENBERG war ein ungemein genauer und scharfer Beobachter, dabei von einer unbedingten Verlässlichkeit. Er besass nicht nur einen grossen Sammeleifer, sondern bewies im Sammeln auch die kundige Hand und so brachte er eine wahrhaft erstaunliche Fülle von ethnographischen Objekten zusammen, deren Doubletten er an die Museen von Wien, Dresden, Leiden und Berlin abgab, während der Grundstock seiner grossen Sammlung in Kottbus aufbewahrt wird.

In der letzten Zeit wandte SCHADENBERG sein Hauptaugenmerk der Insel Mindoro zu, wo zwei Dinge seine besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen: Der Monte Halcon und die Mangianen. Den ersteren Berg wollte er in diesem Jahre besteigen, aber es hat nicht sollen sein". Dagegen holte er reiche Beute von den Mangianen: er entdeckte, dass sie im Besitze einer eigenen Schrift, ähnlich jener der Tagalen und anderer Philippinenstämme wären und brachte die ersten, in dieser Schrift geschriebenen „Documente" zur allgemeinen Kenntnis. Leider sollte es ihm nicht vergönnt sein, das Eintreffen der von ihm, Dr. A. B. MEYER und Dr. Foy herausgegebenen, hochinteressanten Publication „Die Mangianenschrift von Mindoro" zu erleben: gerade, als der Dampfer, der diese von ihm sehnlichst erwartete Druckschrift bringen sollte, in die Bai von Manila einfuhr, erlag er bei einem Ausflug nach Panay einem Herzschlage.

Ehre seinem Andenken!

LEITMERITZ, 29. März 1896.

1) Letzteres Werk in zwei Ausgaben, einer deutschen und einer spanischen.

FERD. BLUMENTRITT.

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UEBER DEN GLAUBEN

VOM JENSEITS UND DEN TODTENCULTUS

DER TSCHEREMISSEN 1)

VON

S. K. KUSNEZOW,

Bibliothekar an der Kaiserl. Universität, Tomsk.

III. DIE BEERDIGUNG DES TSCHEREMISSEN.

Einladung der Verwandten um den Sarg zu zimmern. Verschiedene Sargarten: Bretter Sarg und Särge aus hohlen oder gesunden Baumstämmen. Aeltere Bestattungsarten: in einer met Brettern oder Steinfliesen ausgelegten Grube. Waschen und Ankleiden des Leichnams. Die Obliegenheiten der Frauen. Die condolierenden Nachbarinnen mit den Leinwandstücken und den Pfannkuchen. Verbrennung verschiedener „Pfänder". Die kostbareren Pfänder werden nur in der Flamme eines Birkenspanes geräuchert. Die Einsargung. Verzeichnis der für das andere Leben nothwendigen Gegenstände: Messer, Pfeife, Feuerstahl, Feuerstein, angefangener Bastschuh, Lindenstab, Nahrungsmittelvorrath, Leinwandstücke, Branntwein, Geld. Specielles Verzeichnis je nach der Beschäftigung und dem Geschlecht des Todten: angefangene Stickerei, kleines Beil, kleine Zange, Säckchen mit Fingernägeln. Bedeutung des Seidenfadens. Naschwerk für früher verstorbene Kinder. Die Ueberreste von der Sargzimmerung, die Wäsche und das Bettzeug des Todten werden in eine Schlucht geworfen. Betragen der Verwandten. Das Hinaustragen des Leichnams auf die alte und die neue Weise: durch eine besondere Oeffnung oder durch die Thür, mit dem Kopfe voran. Das Zurückhalten des elterlichen Glücks. Der Leichenwagen, jetzt und früher. Das Huhnopfer bei dem Thor. Die Bereitung des Grabes. Die Begleitung auf den Begräbnisplatz. Das Betragen der zu Hause bleibenden Frauen. Text einer weiblichen Klage um den Todten. Hinablassung des Sarges in das Grab und die Furcht vor demselben. Die Trage für den Todten. Warum trifft man in alten Tscheremissengräbern die Skelette in einer abnormalen Lage an? Das Todtenmahl auf dem Grabe. Das Grabdenkmal. Die Badstube nach der Beerdigung. Das Gedächtnismahl.

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Sobald der Sterbende seinen Geist aufgegeben hat, eilt, falls der Tod am Tage erfolgt ist, einer aus der Familie sofort zu den Nachbarn; wenn aber der Todesfall in der Nacht eingetreten, so wird die Benachrichtigung bis zum Morgen aufgeschoben. Bloss zu Kindern, welche als vater- und mutterlose Waisen zurückgeblieben, eilen die Nachbarn sofort. Der Abgesandte tritt der Reihe nach an das Fenster jedes Nachbarhauses und ruft:

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[Kommet den Sarg (wörtlich „das Haus") zimmern, der Iwan ist gestorben]. Drei oder vier Nachbarn eilen sogleich herbei und machen sich an die Arbeit. Gegenwärtig fertigt man nur an waldreichen Orten den Sarg aus einem gesunden Fichten- oder Eichenstamm in Form eines Kastens an, oder auch, der geringeren Arbeit wegen, macht man ihn aus hohlen Baumstämmen, vorzugsweise aus Linden; während man

1) Fortsetzung von Band VIII pg. 17.

I. A. f. E. IX.

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