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Anhang.

I.

Die Einwendungen gegen die Bedeutung von adhramire als spondere im fränkischen Rechte. Erklärung von Lex Saliga, Tit. de vestigio minando. Herold 40. Emendata 39. Merkel XXXVII.

Es ist wohl im fränkischen Rechte nur eine einzige Stelle aufzufinden, welche scheinbar das Wort adhramire (achramire, agramire) in einer anderen Bedeutung als in der von „Spondere" zeigt, nämlich der Titel der Lex Saliga: de vestigio minando. Die Rücksicht auf diese Stelle scheint insbesondere J. Grimm veranlasst zu haben, in seiner Einleitung zur Ausgabe der Lex Saliga von Merkel S. VII. „achramire" oder „adhramire" als umwinden oder umspannen zu erklären und es mit dem „adfathamire" (adfatomire, L. Rip. 48 adfatimire) wenigstens insoweit zusammen zu stellen, dass bei beiden der Gebrauch desselben Symboles, nämlich des Umwindens mit dem Faden, ja auch ein synonimer Gebrauch beider Wörter für wahrscheinlich gehalten werden dürfte. J. Grimm findet insbesondere in dem genannten Titel der Lex Saliga den Ausspruch, dass derjenige, der seinem gestohlenen Thiere auf der Spur folgt und nachgekommen ist (der sog. Vindikant), es mit der dritten Hand zu a chramiren, d. h. zu umspannen habe". Diese Erklärung muss vom rechtsgeschichtlichen Standpunkte aus mancherlei Bedenken unterliegen. Uebrigens ist es unerlässlich, die hauptsächlichsten Grundsätze des sog. Vindikationsprozesses der Mobilien nach den fränkischen Rechtsquellen hier voranzustellen, indem erst nach deren genauerer Kenntniss ein Urtheil über die Bedeutung von adhramire in dem Titel de vestigio mi

nando der Lex Saliga möglich ist. Ich gebe in dieser Darstellung die Resultate wiederholter selbstständiger Prüfungen mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass hiernach auch die in meiner deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, 2. Aufl. Bd. II. Abthl. II. 1847. §. 102 enthaltene Darstellung des altgermanischen Vindicationsverfahrens zu modifiziren ist.

Allerdings kam bei der Verfolgung geraubter und gestohlener Sachen und überhaupt bei der Vindikation derselben, sowohl nach der Natur der Sache, als nach dem ältesten und nach dem späteren Rechte, vor Allem ein Ergreifen der Sache (eine manus injectio) von Seite des Vindikanten vor, sowie er derselben ansichtig wurde. Eine Andeutung hiervon liegt in dem Titel der Lex Saliga de vestigio minando selbst, indem darin gesagt wird: „Si quis bovem etc. fuerit consecutus". Ein bestimmteres Zeugniss würde die Lex Ripuaria 33 (35) §. 1 enthalten („Si quis rem suam cognoverit, mittat manum super eam"), wenn dieser Text buchstäblich und überhaupt für richtig genommen werden dürfte, wogegen aber sehr grosse Bedenken vorliegen, wie später gezeigt werden wird. Ausdrücklich und unzweifelhaft erwähnen aber das Ergreifen der Sache bei Einleitung eines Vindikationsprozesses die Rechtsquellen des XIII. und XIV. Jahrhunderts unter der Bezeichnung „Anefang Anfangsrecht, im Schwabenspiegel, Lassberg c. 317. ,,sin gut anvangen". (Vergl. über die gleichbedeutenden Ausdrücke: sein gut anfallen, es begreifen, sich der Habe unterwin'den „meine St. u. R.Gesch. Bd. II. Abthl. II. 1847 §. 109. Note 25 u. fl.). Auch findet man mitunter gewisse Förmlichkeiten erwähnt, welche bei der Ergreifung der Sache zu beobachten sind, wie z. B. das Fassen des Thieres mit einer Hand am Ohre und das Setzen eines Fusses auf den Fuss des Thieres (Glosse zum Sachsenspiegel II. 36 §. 2). Auch wird wohl erwähnt, dass wo möglich, der Richter oder sein Büttel bei dem „Anfangen“ zugezogen werden soll (Schwabenspiegel, c. 317. „Mag er den richter gehaben oder sinen boten. daz ist gut. mag er dez nüt, er vellet ez ane daz an und füret es vor den richter."). Endlich findet sich auch namentlich in der Lex Saliga selbst mehrfach, dass der Vindikant bei Einleitung des Vindicationsprozesses. d. h. bei

Verfolgung der Sache als einer gestohlenen vor Gericht, den Anfang damit machen muss, dass er selbdritt behauptet, und wenn der Gegner es läugnet, auch beschwört, dass die Sache sein eigen war, bevor sie gestohlen wurde. In der Lex Saliga tit. de filtortis (Herold 50. Emend 49. Merkel XLVII.) heisst dies ,,mittere alterum in tertiam manum, und übereinstimmend im Titel de charoena §. 2 (Herold u. Emend 64. Merkel LXI.) „desuper hominem in tertia manu aliquid (s. quamlibet rem) mittere", und wird es in letzterer Stelle mit einer besonders schweren Strafe bedroht (200 sol.), wenn der Kläger nach solcher Einleitung des Prozesses die Sache dem Beklagten mit Gewalt (per virtutem) abnehmen würde. Ausdrücklich übereinstimmend sagt noch der Sachsenspiegel II. 36. §. 7. Selve dridde sal he sik dar to tien de't anevanget hevet," und Schwabenspiegel c. 57. „... bereit (beredet) er selbe drite, daz ez sin was, do ez verstolen wart, oder geroubet, man sol ez im wider geben". Dieses selbdritte Behaupten des Eigenthumsrechtes an der Sache heisst in tertiare. Der Vindikant heisst: ille qui intertiavit“ (Capp. Childeberti ad Leg. Sal. add. c. 1. Pertz, Legg. II. S. 6); der Beklagte heisst: ,,ille super quem intertiatur" (L. Ripuar 33. 35. §. 1.); die vindicirte Sache selbst heisst: „res intertiata" (L. Sal. tit. de filtortis i. f.; Capp. Childeberti 1. ad L. Sal. addita c. 1). Auf dieses intertiare, oder in tertiam manum mittere, d. h. das selbdritte Behaupten (und nach Umständen Beschwören) des Eigenthumes durch den Kläger folgt sodann unmittelbar das adhramire des Beklagten, wie diess die L. Sal. tit. de filtortis ausdrücklich, sehr schön und scharf die beiden Akte unterscheidend, sagt („si quis quamlibet rem suam sub alterius potestate agnoverit, mittat eam in tertiam manum, et ille apud quem agnoscitur, debet adhramire"). Durch dieses „adhramire" wird nun der Beklagte „filtortus" des Klägers (Capp. Childeberti I. citata c. 1.) was J. Grimm sehr schön in der Vorrede zu Merkel's Ausgabe der L. Sal. S. VIII. aus dem Romanischen erklärt hat, als Verpflichteter durch ein Rechtsgeschäft (ein Gelöbniss), wobei als Symbol ein Umwinden der Hände mit einem Faden (filum) Schnur u. s. w. gebraucht zu werden pflegte".

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Was aber den Inhalt dieses,,adhramire“, d. h. dieses gerichtlichen Gelöbnisses, wodurch der gelobende Beklagte Filtortus wird, im Vindicationsprozesse bildet, das zeigt ausführlich die Lex Ripuaria 33. (35) §. 1. Durch dieses ,,adhramire" gelobt nämlich der Beklagte, der sich auf seinen Autor beziehen will, um sich von dem Vorwurfe des Diebstahls zu reinigen, dass er auch wirklich auf den wahren Autor sich beziehe, und diesen zu Gericht stellen werde. Der Autor heisst nun aber ebendaselbst im Verhältnisse zum Beklagten ebenfalls tertia manus", und die Erklärung, den Autor stellen zu wollen, heisst,,tertiam manum quärere"; die wirkliche, eidliche oder feierlich gelobte Benennung des richtigen Autors aber heisst „ad tertiam manum trahere." Dass leicht Verwechslungen und Missverständnisse bezüglich der „tertia manus“, die der Kläger zum „intertiare", d. h. zur Begründung der Klage nöthig hat, und jener,,tertia manus", deren der Beklagte zu seiner Vertheidigung bedarf, und dass daher auch Verwechslungen von „intertiare“ und „adhramire" vorkommen mussten, ist wohl zu erwarten. So z. B. zeigt sich deutlich, dass die Verfertiger der erhaltenen Handschriften der Lex Ripuaria selbst schon sich in dies zweifache Vorkommen einer „tertia manus beim Vindikationsprozesse, nämlich einmal auf Seite des Klägers und einmal auf Seite des Beklagten, (und auf jeder Seite in anderem Sinne), gar nicht mehr hinein finden konnten, und darum am Anfange der Stelle, welche vom Vindikationsprozesse handelt, die tertia manus geradezu wegliessen, wo sie nach dem Zeugnisse der bereits angeführten Titel der Lex Saliga de filtortis §. 1. und de charoena §. 2. nach dem Zusammenhange nothwendig stehen muss. Es beginnt nämlich die Lex Ripuaria 33. (35) die Darstellung des Vindikationsprozesses mit den schon oben erwähnten Worten: „De intertiare. Si quis rem suam cognoverit, mittat manum super eam" und dann fährt diese Stelle unmittelbar fort: „Et si ille super quem intertiatur, tertiam manum quaerat, tunc in praesente ambo conjurare debent cum dextera armata et cum sinistra ambo rem teneant. Unus juret, quod in propriam rem manum mittat, et alius juret, quod ad eam manum trahat, qui (quae) ei ipsam rem dedit." Diese Stelle der Lex Ripuariorum will

offenbar, und wie sie selbst ausdrücklich verkündigt, das intertiare, d. h. die Einleitung des Vindikationsprozesses nach fränkischem Rechte beschreiben. Es ist also zu erwarten, dass der erste Satz sofort sagt, was intertiare ist: und dass er es auch sagen soll, gehet daraus hervor, dass der zweite Satz mit den Worten „et si ille super quem intertiatur“ so fortfährt, als wäre bereits in dem vorhergehenden Satze gesagt, was intertiare sei. Dies ist nun aber in diesem ersten Satze laut der Fassung, wie sie die erhaltenen Handschriften geben, durchaus nicht der Fall, sondern ihrem Wortlaute nach spricht sie von etwas ganz anderem, nämlich von dem der Natur der Sache nach wohl eintretenden, aber gar nicht hieher gehörigen Greifen des Bestohlenen nach seiner Sache, wenn er derselben ansichtig wird. Dieses Greifen (Angreifen) der Sache (rem tenere) findet auch noch bei einem anderen, im Vindikationsprozesse vorkommenden Akte statt, nämlich bei der Schwurleistung, und wird hierbei auch in den nachfolgenden Sätzen der Lex Ripuaria 33. (35) §. 1. ausdrücklich, und zwar als eine Handlung erwähnt, die jeder der beiden streitenden Theile zugleich vorzunehmen hat, wie die angeführte Stelle deutlich zeigt. Da nun aber der erste Satz, wie das Rubrum und der nachfolgende zweite Satz beweisen, nicht von einem solchen physischen Anfassen der Sache zu sprechen hat, sondern von dem intertiare reden soll und muss, so muss dieser erste Satz nach Anleitung der oben erwähnten Titel der Lex Saliga, de filtortis §. 1. und de charoena §. 2. ergänzt und muss gelesen werden: „De intertiare: „Si quis rem suam cognoverit, mittat tertiam manum super eam." In dem nachfolgenden Satze aber, welcher den Inhalt des Schwures angibt, den der Vindikant zu leisten hat, wird ganz richtig die Schwurformel nur dahin bestimmt: quod in propriam rem manum mittat“, und kann hier nicht „tertiam manum“ stehen, weil der Vindikant nur für seine Person diesen Eid leisten kann, die zwei Juratores aber, die er zur Unterstützung seines Eides zu stellen hat, (d. h. die altera et tertia manus) erst nach der Schwurleistung des Vindikanten ihre Eide besonders zu leisten haben.

Ganz in gleicher Weise kann auch demjenigen, der mit der

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