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sondern nur an das Geloben mit fistuca zu denken ist, erhält eine weitere Bestätigung durch den ganz ähnlichen Fall, welcher in der L. Saliga, tit. de Chrene cruda (Herold u. Emend 61; Merkel LVIII.) erwähnt wird. Auch in dieser Stelle ist von der Befreiung eines Verbrechers von der Todesstrafe durch Zahlung oder Zahlungsversprechen dritter Personen (hier seiner Verwandten) die Rede, und auch hier wird keine Pfandbestellung gefordert, sondern das Zahlungsversprechen der Verwandten lediglich mit dem Worte fides. bezeichnet, welches in der Lex Saliga durchaus die Stelle von wadium als Sponsio vertritt, (... et si eum homicidam per compositionem aut fidem nullus suorum redimat, aut pro eo persolvit, tunc de vita componat.).

V.

Zusatz zu Seite 54. Erläuterung einiger quellenmässigen technischen Ausdrücke, das Wadium betreffend.

I. Der Beitritt der Bürgen (fidejussores) zu dem Wadium des Hauptschuldners heisst recipere wadium" (Vergl. Legg. Luitprandi, V. 7. 8. 9.

II. Derselbe Ausdruck, oder auch „accipere, suscipere wadium“ wird aber auch von dem Gläubiger, d. h. von demjenigen gebraucht, welcher sich das Gelöbniss leisten lässt und also die wadia als Symbol, d. h. die fistuca u. dergl. empfängt (Luitprand V. 7. 9.) Hierdurch entstehet mitunter für den ersten Anblick grosse Undeutlichkeit in jenen Stellen, in welchen von dem recipere des wadium durch den Bürgen und dem recipere oder suscipere desselben durch den Gläubiger abwechselnd und untermischt die Rede ist, wie namentlich in Luitprand V. 9. Die Undeutlichkeit verschwindet aber bei genauerem Eingehen, so wie man die Verhältnisse des Gläubigers zum Bürgen und Schuldner und die des Schuldners zum Bürgen scharf auseinander hält.

III. Hat der Schuldner unterlassen, rechtzeitig zu seinem wadium die erforderlichen Bürgen beizuschaffen, wozu er, wie oben S. 53 erwähnt wurde, nach dem lombardischen Rechte (Luitprand

V1. 75.) sogar eine dreitägige Frist hat, so heisst dies,,neglexit wadiam recipere per fidejussorem". (Luitprand V. 7.).

IV. Wird der Gläubiger von seinem Schuldner rechtzeitig befriedigt, so hat er ihm durch die Hand des Bürgen (damit auch dieser wisse, dass die Schuld bezahlt sei, und nicht etwa aus Unkenntniss hiervon zu einer Auspfändung des Schuldners schreite) die wadia, d. h. das bei der wadia empfangene Symbol, zurückzugeben. Die Unterlassung dieser Rückgabe heisst:,,neglexit wadiam reddere (Luitprand V. 7.).

V. Ob der Gläubiger den vorgestellten Bürgen als tüchtig anerkennen und annehmen wollte, hing zunächst von ihm ab. Doch findet sich im longobardischen Rechte schon gesetzlich eine Vorsorge zu Gunsten des Schuldners getroffen, um den Gläubiger zur Annahme eines tüchtigen Bürgen zu nöthigen, wenn er etwa nur aus Chikane dieselbe verweigern wollte (Luitprand V. 9.). Hier soll die Erklärung eines Mannes aus der Ortsgemeinde (collibertus) des Gläubigers, dass der Bürge ihm als ein zahlungsfähiger Mann bekannt sei, den Ausschlag geben.

Obschon Du Cange die Bedeutung von collibertus (a Vesme, collivertus) oder colibertus, conlibertus, als „homo ejusdem conditionis vel ejusdem pagi", oder als ,,sodalis", nach der griechischen Uebersetzung „ouvτpopo¿“ im Allgemeinen richtig angibt, so ist ihm doch die etymologische Erklärung des Wortes nicht im Geringsten gelungen. Collibertus oder conlibertus findet sich in Legg. Luitbrand. II. 2.; V. 9.; VI. 37. In diesen drei Stellen erscheinen die colliberti als vollständig rechtsfähige, ja als die regelmässig in den Rechtsgeschäften, z. B. als Contrahenten, auftretenden Personen. An eine Zusammenstellung mit,,libertus,, in der Bedeutung von Freigelassenen", ist hier also gar nicht zu denken. Vielmehr ist hier auf,,libertas" in der Bedeutung von Recht, jus, auch Privilegium, zu verweisen. Noch jetzt spricht man von Freiheiten, in der Bedeutung von Rechten, z. B. städtische, landständische Freiheiten, daher z. B. auch der bekannte Ausdruck: (urbem) libertate Romana donáre, d. h. einem Orte Stadtrecht ertheilen. In gleicher Weise steht in der Rubrik der L. un. Cod. VII. 6. „de latina libertate tollenda et per certos modos in civitatem Romanam

transfusa" der Ausdruck latina libertas" für „Jus latinum“. So hezeichnete Burgfreiheit" den Bezirk um eine Burg, worin dem Burgherrn die Jurisdiktion als Emunitas, d. h. mit Ausschluss des ordentlichen Richters zustand. Colliberti sind daher die Personen, welche nach demselben Rechte oder in derselben Rechtsverbindung (Ortsgemeinde) leben: qui eodem jure utuntur s. qui eadem libertate gaudent, so viel also, wie concives.

VI.

Zusatz zu S. 61 u. 86. Ueber den officiellen Charakter der Lex Saliga emendata s. reformata.

J. Grimm hát in der Vorrede zu Merkel's Ausgabe der L. Saliga S. LXXXIV als einen der Gründe, aus welchen er der sog. Lex Saliga emendata s. reformata den Charakter einer officiellen Recension bestreitet, die Aufnahme der „heidnischen, vermeintlich von Childebert schon aufgehobenen Chrenecruda", besonders hervorgehoben. Hiergegen will ich vorläufig nur so viel bemerken, dass das Rechtsinstitut, welches in dem mit Chrenecruda bezeichneten Titel der Lex Saliga vorgetragen wird, ein zwar aus alter heidnischer Zeit stammendes aber durchaus kein heidnisches Institut ist, d. h. auch nicht die entfernteste Beimischung irgend einer heidnisch-religiösen Vorstellung oder Symbolik an sich hat; dass ferner eine Aufhebung der Chrenecruda durch Childebert, welche J. Grimm selbst als eine vermeintliche" bezeichnet, weder durch Childebert II., dem sie in einem capitulum spurium beigemessen zu werden pflegt, noch weniger von Childebert I. geschehen ist: und dass die Aufgebung dieses Institutes durch die Praxis (die,,desuetudo"), die in einem oder dem anderen Theile des Frankenreiches stattgefunden haben mag, durchaus nicht auf dem Gegensatze des christlichen Elementes gegen das heidnische, sondern auf einem ganz anderen rein juristischen Grunde beruhte; dass aber diese desuetudo in der karolingischen Zeit noch keine allgemeine bei den Franken war, und daher jenes eigenthümliche, juristisch bedeutungsvolle Institut wohl in

einer officiellen Redaktion der Lex Saliga als fortbestehend aufgenommen werden konnte, und zwar mit der bewussten Absicht, es in praktischer Geltung zu erhalten. Die nähere Ausführung und Begründung dieser Andeutungen gedenke ich demnächst an einem anderen Orte zu geben.

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S. 19. Z. 13. v. unten: st. „denn daher" lies: daher denn.

S. 23. Z. 14. v. oben: st. „guargargi" lies: guargangi.

S. 50. Z. 9. u. 10. v. oben: st. Vindications prozess" lies: Vindicationsprozesses.

S. 63. Z. 13. v. oben: st. quandoi" lies: quando.

S. 63. Z. 18. v. oben; st. „quae" lies: quas.

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