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Mit Hegels Ansicht im Uebrigen übereinstimmend betont Scherer besonders scharf das Verfahren Königshofens bei Abfassung seiner Chronik. „Er erklärt Alles für gute Beute, nimmt was er kriegen kann und schreibt aus was ihm paßt. Kurz er arbeitet wie ein heutiger literarischer Tagelöhner, der aus fünf Büchern ein sechstes zusammenleimt."

Lorenz

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pflichtet im Wesentlichen den Ausführungen Hegels und Scherers bei. Er sieht in unserem Chronisten „ein starkes, aber sehr gutes Beispiel für die historiographische Methode im Mittelalter". Hegel ließ Königshofen wenigstens noch einzelne Partieen als originale Arbeit, Lorenz will ihm selbst diese kaum zugestehen. Auch in den Theilen, meint er, welche nach Hegels Vorgang als selbständig angesehen werden, dürften die wenigsten Abschnitte den Eindruck der Originalität auf den unbefangenen Leser hervorbringen. Es sei wahrscheinlich, daß Königshofen den Gewährsmann, der ihm von der Schlacht von Nikopolis oder selbst von den näheren Schweizer Schlachten berichtete, ebenso schonungslos abgeschrieben habe, wie seine Straßburger Vorgänger, denn nur der verhältnismäßig kleinste Theil seiner zeitgenössischen Mittheilungen weise auf eigene Erlebnisse oder mündliche Berichte betheiligter oder mithandelnder Personen. Selbst die eingestreuten Sätze allgemein politischer Natur und politischen Urtheils möchte er nicht als Eigenthum des Chronisten fassen.

Man sieht, das Urtheil der Neueren hat sich immer mehr zu Ungunsten des historischen Werthes des Straßburger Geschichtschreibers und seiner Chronik verschoben.

Treffende Schlaglichter nach derselhen Richtung warfen gleichzeitig die Untersuchungen Weizsäckers über einzelne Stellen bei Königshofen im 2. und 3. Bd. der Reichstagsakten. * Th. Rupp in seinem Aufsatze die Schlacht bei Döffingen"5 steht auf dem Standpunkte Hegels. Auf Hegels und Weizsäckers Untersuchungen basirt auch eine kürzlich erschienene Schrift von G. von der Au.6

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10. Lorenz u. W. Scherer Geschichte des Elsasses 1, 83. 2 Deutschl. Geschichtsquell. im Mittelalt. 1, 38 ff. St. Chr. 8, 181 f. 4 Die behandelten Stellen finden sich verzeichnet RTA. 2 p. II. nt. 1 und 3 p. V. nt. 2. 5 Forschung. z. deutsch. Geschichte 14, 551 ff. Der Verfasser

6 ‚Zur Kritik Königshofens", Dissert. Tübing. 1880? 1881?

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Dagegen betrachtet nun O. Kleissner als Grundlage einer Darstellung der Schlacht von Sempach die Beschreibung, welche Königshofen gibt. Denn dieser Bericht sei ein durchaus zeitgenössischer und dazu einer der eingehendsten und anschaulichsten. Er wendet sich damit gegen Hegel, der die Erzählungen Königshofens von den Kriegen in Wirtemberg, in der Schweiz, von dem großen Städtekrieg als nicht besonders zuverlässig und glaubwürdig betrachtet.2

In derselben Weise wie Kleissner beruft sich auch Lindner in seiner Geschichte des deutschen Reiches" an mehreren Stellen ausdrücklich auf das Zeugniß unseres Chronisten.3

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Demzufolge stehen sich nach der Edition in den Städtechroniken heute noch zwei Ansichten über den Werth Königshofens schroff gegenüber. Die Einen gehen so weit, die Chronik als eine rein mechanische Compilation ohne besonderen Werth" hinzustellen, den Anderen ist sie eine wichtige Quelle.

auf

Wir werden um das hier vorauszuschicken Grund unserer Untersuchungen jener ersteren, von Hegel im Allgemeinen begründeten Auffassung im Wesentlichen beistimmen, dieselbe zum Theil noch mehr zu Ungunsten des Chronisten verschieben müssen.

Diese Untersuchungen sollen sich auf diejenigen Abschnitte des 2. und 3. Capitels oder der Kaiser- und Papstgeschichte beschränken, welche Hegel (8, 181) als originale Arbeit Königshofens bezeichnet. Bisher sind sie, soviel ich sehe, handelt „über die Quellen zur Reutlinger Schlacht“ und „über den Ausgang der Döffinger Schlacht". Für jene Schlacht, erklärt er, kann Königshofens Bericht „der kritischen Prüfung nicht Stand halten" (p. 24). Für die Schlacht von Döffingen ist es mit Königshofen sicherlich nicht anders. Aber indem von der Au sich gegen die Ausführungen Rupps (a. a. O.) über diese Schlacht wendet, zieht er Königshofens Zeugniss mehrfach herbei (p. 52, 53). Das ist nicht richtig. Rupp hat Königshofen hier besser erkannt. Was sonst in der Dissertation über den letzteren gesagt ist, beruht durchweg auf Hegel.

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1 Die Quellen zur Sempacher Schlacht und die Winkelriedsage. Freib. Dissert. 1873. 2 Hegel in St. Chr. 8, 182. 3 Z. B. I, 20, 71, 414. 4 Von Früheren, wie Aschbach, Staelin, zuletzt noch Vischer, Geschichte des schwäbischen Städtebundes der Jahre 1376-1389, Forsch. z. d. G. 2, 1 ff., welcher sich in zahlreichen wesentlichen Punkten allein auf Königshofen stützt, können wir hier füglich absehen, da ihnen die Arbeit Hegels noch nicht zur Hand war.

ausgenommen die Untersuchungen Weizsäckers über einzelne Stellen aus der Geschichte des Königs Wenzel (s. S. 2), noch nirgends eingehender behandelt worden.

Außerordentlich erleichtert hat mir meine Arbeit die vortreffliche Ausgabe Hegels. Ihr verdanke ich die wichtigsten Fingerzeige, und, wenn ich zu einigen neuen Ergebnissen gelangt bin, so gebührt ihr dabei das eigentliche Verdienst. Bei der Fülle der Bemerkungen Hegels war es mir nicht möglich, an allen Stellen auf ihn zu verweisen. Möge mir deshalb gestattet sein, es hier ein für allemal zu thun.

1. Königshofen, zweites Kapitel.

St. Chr. 8, 485-498.

Wir setzen mit unseren Untersuchungen da ein, wo andere bekannte Quellen, zuletzt noch die Continuatio des Matthias von Neuenburg, unserem Chronisten nur noch spärliche Ausbeute, einige kurze Datirungen u. dergl. bieten, um eine bestimmte Grenze zu stecken, mit dem Jahre 1365. Der hier beginnende Abschnitt umfaßt die Regierungszeit Carls IV. von 1365 ab und diejenige seines Sohnes bis zur Wahl Ruprechts. Wir nehmen der leichteren Uebersicht wegen stets das Zusammengehörige zusammen. Dabei wird es sich allerdings nicht vermeiden lassen, daß mehrfach die Reihenfolge, welche Königshofen in seiner Darstellung eingeschlagen, unterbrochen wird. Dieser Uebelstand wird sich jedoch nicht besonders empfindlich machen, da die benutzte Ausgabe das Citiren außerordentlich erleichtert. Der 8. und 9. Band der Städtechroniken (Straßburg 1 und 2) führen fortlaufende Seitenzahlen. Ich citire deshalb nur die Seiten ohne Angabe des betreffenden Bandes.

1. Besuch Carls IV. in Avignon.
485, 11-21.

Königshofens Bericht: Darauf (nachdem er in Straßburg gewesen war) reiste Carl IV. nach Avignon zum Papste Urban V. ,und schůf mit dem das er wolte". Der Papst beklagte sich, daß er früher einmal, bevor er Papst geworden, als päpstlicher Gesandter an die „Herren" von Mailand Briefe

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überbracht habe. Die „Herren" von Mailand waren unwillig über diese Briefe, und er mußte sie aufessen. Noch viel andere schmachvolle Behandlung war ihm von jenen zu Theil geworden; weshalb er den Kaiser bat, ihn zu rächen. Der Kaiser versprach das und zog wieder nach Deutschland zurück. Am 29. Juli traf er in Straßburg ein. Von da ging er nach Selz und lag do stille".

Eigenthum Königshofens sind die Verhandlungen in Avignon. Eingeschoben sind sie in die aus der Contin. Matthiae Nüwenburg.' herübergenommenen Angaben über Zeit und Ort der Reise: -recessit versus avinionem ad papam" und in festo autem petri et pauli [Juli 29.] reversus fuit argentinam per navigium; inde recedens ivit in selse".

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Die Absichten Carls IV. bei dieser Reise kennt Königshofen nicht. Er begnügt sich mit: und schůf das er wolte". Dagegen gibt er sich den Anschein, als sei er von den Verhandlungen, welche von päpstlicher Seite ausgingen, sehr genau unterrichtet. Leider ist nun aber an seiner ganzen Erzählung kaum ein wahres Wort.

Am 23. Mai 1365 kam Carl IV. in Avignon an. Ob der Hauptzweck der Reise die Krönung in Arles war, welche am 4. Juni gefeiert wurde, wie Huber 2 annimmt, können wir hier füglich dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls würde es sich darum handeln, was für wichtiger zu erachten, die Krone eines halbverlorenen und nicht zu haltenden Reiches oder die Verhandlungen mit der Curie über ihre Rückkehr nach Rom, ihre Entfernung aus französischem Einfluss. Uns gehen hier diese Verhandlungen an. Zunächst, und das war die Hauptsache für den Kaiser nicht minder als für den Papst, wurde die Rückkehr des letzteren nach Italien erwogen. Ein Brief Urbans V. vom 14. Sept. 1366 an den Kaiser nimmt darauf Bezug. Uebrigens ging die Politik des Kaisers schon lange dahin. Bereits im Jahre 1361 hatte er Urbans V. Vorgänger Innocenz VI. seine Begleitung nach Rom angeboten. Der 1 Studer p. 213. 2 Einleit. in die Regest. des Kaiserreichs unter XXVII. p. 3 Theiner cod. dipl. dom. temp. S. sed. 2 nr. 416: de deliberatione per te, cum in Curia Romana fuisti, nobiscum habita Ceterum, fili carissime, licet contra nostrum accessum ad Urbem sentimus impedimenta parari, tamen in deo et magnificencia tua confisi, nec terremur quin nostrum firmum in hac parte propositum constanter et viriliter exequamur.“

Karl IV.

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Papst hatte ihm damals versprochen, seine Unterstützung annehmen zu wollen, wenn sich die Gelegenheit dazu biete.1 Immer wieder kam dann Carl mit seinem Vorschlag. Man sieht das aus einem Schreiben Urbans V. vom 23. Mai 1364.2 Er kam damit dem Verlangen der Päpste und besonders Urbans V. willkommen entgegen, lag diesen doch viel daran, ihre im mehrjährigen Streite mit den Visconti von Mailand um Bologna außerordentlich geschwächte Autorität in Italien wieder herzustellen. Auch bedeutende materielle Interessen spielten da mit hinein.

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Diese die Visconti betreffende Angelegenheit, bisher von den Geschichtschreibern dieser Epoche, so viel ich sehe, kaum berührt 3, bildete den zweiten Gegenstand der Unterhandlungen. Auch Johanna von Neapel nämlich hatte sich in Avignon eingefunden und diese, der Papst und der Kaiser trafen mit dem zu diesem Zwecke herbeigerufenen Grafen Amadeus von Savoyen eine Verabredung zur Bekämpfung der Visconti.1

Als dritter Gegenstand kam dann hinzu der Plan einer

1 Martene et Durand thesaur. 2, 946. 2 Raynald. annal. eccles. ad 1364 § 11. 3 Weder Pelzel Kaiser Karl d. Vierte 2, 754 ff. noch Palacky Gesch. von Böhmen II, 2 p. 353 erwähnen davon ein Wort, wo sie über die Avignonesische Zusammenkunft sprechen. S. auch nt. 4.

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Monument. histor. patriae III, SS. 1, 334 f. (chroniques de Savoye): „Et estre le pape, lempereur et la royne Johanne a conseil ensamble fut vise que nul homme ne porroit mieulx faire venir a subjection les Viscontes de Millan que feroit le conte de Sauoye, sy en voloit prendre la charge." J. Matthes Der zweite Römerzug Kaiser Karls IV. Dissert. Hal. 1880 meint (p. 8), in Avignon scheine von einem Vorgehen gegen Bernabò noch nicht die Rede gewesen zu sein. Er schliesst das aus dem Antwortschreiben des Papstes (ap. Theiner 2 p. 438) auf die kaiserliche Anfrage, was auf einen Brief Bernabò's zu entgegnen. Der Kaiser, heisst es da, solle dem Bernabò die reine Wahrheit einschenken, es handle sich um die Ausrottung der bösen Gesellschaften. Aber mir scheint jene Anfrage beim Papst gerade zu beweisen, dass zwischen diesem und dem Kaiser noch Abmachungen anderer Art als gegen die Gesellschaften bestanden. Und weshalb die bestimmte Angabe der Chroniques de Savoye (oben) anzweifeln? Auf dem Frankfurter Reichstag von 1366 (s. unt. S. 10) war, so viel man sieht, allerdings von einem Zuge gegen die Visconti nicht die Rede (Matthes p. 10). Aber das beweist auch nichts. Es sind da verschiedene Gründe denkbar, weshalb man den Namen Bernabò aus den Verhandlungen fortliess. Der Zug richtet sich ja doch nun einmal vor Allem gegen die Visconti.

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