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meister zu beziehen haben" -, aber sie hat andrerseits jene Vorwürfe, so berechtigt sie waren, tief empfunden. Die angerufene landesherrliche Hülfe, welche überdies unter den obwaltenden politischen Verhältnissen nur in sehr beschränktem Umfange eintreten konnte, hatte denn doch auch ihre unangenehme Seite, daß die Regierung nämlich nicht blos sich um die rechte Verwendung der bewilligten Mittel bekümmerte, sondern von diesem Punkte aus die ganze innere Verwaltung der Universität ihrer Kontrolle zu unterwerfen bestrebt war. Jedes Mitglied der Körperschaft, jeder Lehrer, Beamter und Diener mußte es wie eine Verkürzung des Hergebrachten empfinden, daß die Regierung am 11. Nov. 1797 von sich aus den Anschlag der zur Besoldung gehörigen Naturalien und zwar den Malter Korn von 9 auf 6 und das Fuder Wein von 220 auf 150 fl. herabsetzte. Nun kam hinzu, daß jene kurfürstliche Bewilligung aus den Schenkungsgeldern zwar für den Augenblick dem Nothstande abhalf, aber natürlich der Wiederkehr desselben in keiner Weise vorbeugte. Der Kurfürst hatte gut sagen, daß aus den Zinsen der übrig gebliebenen 25 000 fl. allmählich die Schulden getilgt werden sollten. Diese 25 000 fl. waren unglücklicher Weise zum größten Theil im Ueberrhein angelegt worden; die Zinsen derselben kamen ebensowenig ein, als die Zinsen der sonst dort stehenden Universitätskapitalien, und die vorhandenen Schulden konnten daher auf diesem Wege unmöglich vermindert werden. Es blieb im Gegentheile nichts übrig, als neue zu machen, um die laufenden Ausgaben und vor Allem die sehr rasch wieder in Rückstand gerathenen Besoldungen zu decken. Im Jahre 1797 wurden noch zu diesem Zwecke 8000 fl., 1798 wieder 7000 fl. und außerdem in kleineren Posten 6917 fl. aufgenommen, so daß der Schuldenstand am 10. Dec. 1798 rund 79 000 fl. betrug, deren Verzinsung aufzubringen auch dann sehr schwer gefallen wäre, wenn die überrheinischen Einkünfte wieder zur Verfügung gestanden hätten.

Ein Mal zeigte sich eine gewisse Aussicht, dieselben wiederzuerlangen. Nach allerlei Verhandlungen mit den in der Pfalz stehenden französischen Administrativbeamten uud Generälen, welche in den bezüglichen Zuschriften zugleich als Heroen und als Beschützer der Künste und Wissenschaften gefeiert wurden, sprach allerdings die zu Kreuznach sitzende provisorische

Regierung am 15. Juli 1797 die Aufhebung des Sequesters aus, wie ich vermuthe, im Hinblick auf den Präliminarvertrag von Leoben, der ja nicht nur einen Friedensschluß zwischen Frankreich und Oesterreich, sondern auch zwischen Frankreich und Deutschland einleiten sollte. Wie mögen da die Glieder der Universität und wie mögen ihre Gläubiger gejubelt haben! Die Freude war jedoch nur kurz, denn das Direktorium hob gleich darauf jene provisorische Behörde auf und setzte an ihre Stelle einen außerordentlichen Kommissarius, der sich um den Arrêt vom 15. Juli 1797 nicht im Geringsten kümmerte, die Einkünfte der Universitätsgüter für die Republik einforderte und als die Universität ihm während des Rastatter Kongresses am 1. Juli 1798 ein ausführliches Mémoire zur Begründung ihrer Ansprüche einreichte, dieses einfach zu den Akten legte, obwohl sie sich erboten hatte, für jene Güter einen verhältnißmäßigen Beitrag zu öffentlichen Zwecken zu leisten. Der Wiederausbruch des Krieges machte einige Monate später allen auf die hochgepriesene „générosité" der Franzosen gesetzten Hoffnungen ein Ende.

Die Lage der Universität war schon 1797, als trotz des Friedens weder ihre Güter selbst noch die Einkünfte zurückgegeben wurden, geradezu eine verzweifelte. Die Besoldungen konnten 1797 und 1798, wie erwähnt, nur durch Anlehen und auch so nur zum Theil bezahlt werden, die sonstigen Einnahmen der Lehrer aber aus Kollegiengeldern u. dgl. schrumpften auf ein Minimum zusammen, da der Besuch der Universität äußerst schwach war. Noth macht jedoch erfinderisch und es tauchten nun allerlei Projekte auf, um einerseits der Hochschule neue Hülfsquellen zu eröffnen und andrerseits ihre Anziehungskraft zu verstärken. Namentlich der Rektor des Jahres 1798 Franz Anton Mai, Professor der Medizin, zeichnete sich in dieser Beziehung durch eine besondere Spürkraft aus und die hauptsächlichsten seiner Vorschläge zur Rettung und Hebung der Universität mögen hier eine Stelle finden.

Da der Universitätsfiskus durch den Krieg verschuldet, die Akademie der Wissenschaften zu Mannheim aber verfallen sei, empfiehlt er zunächst letztere mit ihren Kapitalien der Universität einzuverleiben; ebenso auch das Dominikanerkloster zu Heidelberg, aus dessen Mitteln ein klinisches Hospital, ein anatomisches Theater u. s. w. herzustellen wären. Der durch

die Belagerung Mannheims ruinirte botanische Garten daselbst solle verkauft und der Ertrag zur Einrichtung eines neuen botanischen Gartens in Heidelberg verwendet werden. Das Naturalienkabinet in Mannheim und den aus dem Mannheimer Schloßbrand geretteten Ueberrest des physikalischen Kabinets will Mai gleichfalls nach Heidelberg überführen, letzteren „, damit den candidatis medicinae die in die Physiologie einschlagende physica experimentalis, eine höchst nöthige Hülfswissenschaft, vorgetragen werden kann". Endlich solle in der Pfalz künftig Niemand angestellt werden, der nicht in Heidelberg studirt habe. Mai hat diese Vorschläge in einer späteren Eingabe vom 1. Mai 1798 noch dahin ergänzt, daß auch die auf dem rechten Rheinufer liegenden Güter der früheren Jesuiten dem akademischen Fiskus einzuverleiben wären.

Man sieht, alle Projekte Mai's laufen im Grunde darauf hinaus, daß der ihrer Fundation zum größten Theile beraubten Universität neue Fonds zugeführt werden sollten durch Einverleibung solcher Institute, welche irgend welches flüssig zu machendes Vermögen noch besaßen. Ob aber diese Institute so viel hatten, um daraus nicht blos die Schulden der Universität, sondern auch die laufenden Ausgaben derselben zu decken und obendrein noch Spitäler u. s. w. zu gründen, scheint mir doch sehr fraglich, besonders da doch eine Menge auf jenen Instituten ruhender Besoldungen und Pensionen mitübernommen werden mußten. Mai selbst scheint außerdem anfänglich ganz übersehen zu haben, daß die etwaigen Neugründungen einen erheblichen Betriebsaufwand erfordert haben würden. Er hat deshalb später, als er auf diese Lücke seines Systems aufmerksam geworden sein mochte, den weiteren Vorschlag gemacht, daß künftig bei allen Lustbarkeiten und Tanzvergnügen, die an Wochentagen in den Wirthshäusern der Stadt abgehalten würden, 20 Kreuzer Eintrittsgeld zum Besten des klinischen Spitals erhoben werden sollten.

Diese Vorschläge charakterisiren genügend die verzweifelte Lage der Universität. Das Jahr 1798 ging hin mit Verhandlungen über diese Mai'schen Projekte. Die vom Kurfürsten mit ihrer Prüfung beauftragte Präsidialversammlung zu Mannheim schloß sich dem Gutachten der Oberkuratel an, daß „bei dermaligen Umständen, wo die Universität ihrer künftigen Existenz nicht versichert und ihr Erhaltungsfond erschöpft

wäre", eine weitere Behandlung der Sache ganz überflüssig sei, d. h. man betrachtete die alte Hochschule als einen hoffnungslosen Kranken, den man am besten ruhig sterben läßt. Und so wäre es auch wohl gekommen und die Ruperta würde das Schicksal so mancher Schwester, welche nach langem zum Theil ruhmvollen Bestande an Entkräftung zu Grunde ging, getheilt haben, wenn sie nicht an oberster Stelle in München einen warmen Freund gehabt hätte, der immer wieder darauf drängte, daß ihre Erhaltung wenigstens versucht würde. Ich vermuthe, daß dies der frühere Heidelberger Professor, damals vortragender Rath Georg Friedrich von Zentner war, der wenigstens unter Max Joseph das Referat über Angelegenheiten der Universität hatte und sich ihrer stets auf's Angelegentlichste annahm. Genug, der Kurfürst beauftragte am 27. Juli 1798 die Präsidialversammlung, die Vorschläge Mai's nochmals einer besondern Kommission unter Zuziehung desselben vorzulegen; aber freilich die Präsidialversammlung - es zeichnen von Dalberg, von Perglas und von Reibeld kam auch jetzt nur zu dem für die Universität wenig tröstlichen Resultate, daß die Ungewißheit bevorstehender Ereignisse und selbst die Hoffnung allenfallsiger Rückkehr der Universitätsbesitzungen auf dem linken Ufer" nicht empfehlen würden, jetzt einen Entschluß zu fassen, daß aber jedenfalls vorher die schwierigen Vorfragen, welche durch Mai's Vorschläge angeregt wären, in einer besonderen Kommission eingehend erörtert werden müßten. Unter diesen Vorfragen sind nun wohl vorzugsweise die durch Mai's Projekte allerdings in erster Linie betroffenen Interessen der (katholischen) Geistlichen Administration" zu Heidelberg zu verstehen, welche besonders von Reibeld begünstigt zu haben scheint,

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denn auch nicht versäumte, im Gegensatze zu den Bitten der Universität, z. B. um Ueberweisung des Stifts Neuburg, ihrerseits gleichfalls Ansprüche auf dasselbe geltend zu machen und um Entschädigung für ihre Verluste auf dem linken Ufer zu petitioniren.

Mit solchem Hin- und Herschreiben ward aber dem wirklichen Nothstande nicht abgeholfen. Wir erfahren aus einer erneuten Vorstellung der Universität an den Kurfürsten vom 12. Nov. 1798, in welcher sie unter Anschluß an die Vorschläge Mai's nochmals um Zuweisung der Fonds der Mann

heimer Akademie und der aufgelösten Lazaristen-Congregation bittet, daß sämmtliche Besoldungen nun schon mehrere Quartale im Rückstande waren und daß die mit Recht besorgten Gläubiger der Universität selbst, und unter diesen oben an der Professor von Traitteur, auf die Rückzahlung ihrer Forderungen drängten. Ganz ebenso stand es übrigens bei der staatswirthschaftlichen hohen Schule zu Heidelberg. Mir hat u. A. das Gesuch eines Pedells derselben vom 9. November vorgelegen, der seit acht Monaten keinen Kreuzer erhalten hatte. Der pfalzbairischen Regierung kann indessen deshalb, weil sie jenen beweglichen Vorstellungen gegenüber taub blieb, kein sonderlicher Vorwurf gemacht werden: ein neues gewaltiges Kriegsgewitter zog mit der eben sich bildenden zweiten Koalition gegen Frankreich herauf und was wollten im Verhältniß zu den mit ihr verknüpften Gefahren für den Bestand der Wittelsbacher überhaupt die Nöthe einer vielleicht so wie so nicht mehr zu rettenden Hochschule bedeuten?

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Die Universität entschloß sich nun, als ihre letzte Eingabe unbeantwortet geblieben war, eins ihrer Mitglieder selbst nach München zu entsenden und ihre Wahl fiel auf den Hautz unter den Professoren nicht einmal verzeichneten Pater Caspar Schmitt, „pfalzbairischen wirklichen geistlichen Rath, Doctor der Theologie und öffentlichen Lehrer der Kirchengeschichte an der hohen Schule zu Heidelberg", einen Mann, der durch seine kirchliche Stellung wohl ganz besonders geeignet schien, den Gegenbemühungen der geistlichen Administration die Spitze abzubrechen. Die Vorschläge aber, welche Schmitt zu München am 23. Jan. 1799 in einem ausführlichen Promemoria machte, sehen von Allem ab, was Mai zur Hebung der Hochschule gethan wissen wollte, und beschränken sich einfach auf das, was zu ihrer Erhaltung unumgänglich nöthig war. Schmitt verlangt erstens, daß die Schulden der Universität, damals 79 000 fl., als Landesschulden anerkannt und den Gläubigern die Fonds der Mannheimer Akademie als Unterpfand bestellt würden; zweitens daß die Veräußerung der überrheinischen Kapitalbriefe und die Verwendung des Restes der Schenkungsgelder zur Tilgung der rückständigen Interessen und Besoldungen gestattet würde (auch das NovemberQuartal war wiederum nicht ausbezahlt worden); endlich drittens daß der wirkliche Geldvorrath des Lazaristenfonds für

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