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die dringendsten Bedürfnisse angewiesen werde. Diese Vorschläge nun, welche von umfänglichen Belegen begleitet sind, wurden von jenem ungenannten Freunde der Universität, in welchem ich von Zentner vermuthe, im kurfürstlichen geheimen Rathe auf's Nachdrücklichste unterstützt und im Gegensatze zu dem Votum der Präsidialversammlung, die überhaupt nichts gethan haben wollte, wenigstens was den zweiten und dritten Punkt betrifft, vom Kurfürsten am 12. Febr. 1799 genehmigt, aber nicht die Anerkennung der Universitätsschuld als Landesschuld und ihre Sicherstellung durch die Mannheimer Akademie. Es mochte immerhin etwas zur Beruhigung der Gläubiger dienen, wenn der Kurfürst in jenem Reskripte die feste Absicht aussprach, die Universität für ihre Verluste zu entschädigen und ihre Erhaltung zu sichern, obwohl er hinzufügen mußte, daß weiteres „die Zeitumstände und die Ungewißheit künftiger Ereignisse" nicht erlaubten. Es ist das letzte die Universität angehende Aktenstück, welches Karl Theodor unterzeichnet hat. Am 16. Febr. 1799 starb er. Man wird ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen, daß er sich, wie überhaupt für Künste umd Wissenschaften, so auch für seine Hochschule zu Heidelberg immer ein gewisses Interesse bewahrt hat.

Sein Nachfolger Maximilian Joseph von Zweibrücken hatte schon wenige Wochen nach seinem Regierungsantritte sich mit den Angelegenheiten der Universität zu befassen, welche in einer Denkschrift vom 20. März 1799 dem neuen Kurfürsten darlegte, wie die in dem Reskripte seines Vorgängers vom 12. Februar gewährten Mittel zu ihrer Rettung nicht ausreichen könnten, da wegen der Erneuerung des Krieges eine Veräußerung der überrheinischen Kapitalbriefe unmöglich, der größte Theil der Schenkungsgelder ebenfalls jenseits angelegt und der Lazaristenfond schon überlastet sei. Sie bat deshalb um eine anderweitige außerordentliche Unterstützung. Da war denn guter Rath theuer. Auf der einen Seite erkannte Zentner in seinem Berichte an den geheimen Rath an, daß der Universität irgendwie geholfen werden müsse, auf der anderen Seite steckte die Regierung selbst in den größten Verlegenheiten. Dabei konnte nur Halbes herauskommen. Ein kurfürstliches Reskript vom 20. April, durch welches das vom 12. Februar aufgehoben wurde, gestattete, um den

dringendsten Bedürfnissen der Universität abzuhelfen, die Aufnahme von 14 000 fl. auf den Lazaristenfond und die Verwendung jener Summe namentlich auch zur Bezahlung der rückständigen Besoldungen. Die gute Absicht, von welcher diese Verfügung eingegeben war, ist unverkennbar; jedoch selbst wenn es gelungen wäre, die 14 000 fl. aufzunehmen, so hätten damit noch lange nicht alle Rückstände bezahlt werden können, die schon zu Ende des Februar etwa 17 500 fl. betragen hatten, geschweige daß damit der Wiederkehr ähnlicher Bedrängnisse vorgebeugt oder der Betrieb überhaupt gesichert worden wäre. Nun aber wollte es für's Erste nicht einmal gelingen, jene 14 000 fl. aufzubringen, nicht blos weil der Kredit des Staates sowohl als der der Universität sehr gering und der Krieg in vollem Gange war, sondern auch, weil sich das Gerücht verbreitete, der Lazaristenfond, der das Unterpfand abgeben sollte, sei inzwischen der reformirten Kirchenkasse zugesichert worden. So kam es, daß in der Mitte des August erst 4500 fl. aufgebracht waren, von welchen nicht ganz 3000 fl. für die Besoldungsrückstände hatten verwendet werden können. Diese waren bis zum 22. August sogar auf fast 23 000 fl. angewachsen und in gleichem Verhältnisse war auch das Elend unter den der Universität Angehörigen gestiegen. Wie sollte, fragte sie in einer neuen beweglichen Eingabe, der Lehrer seine Vorlesungen mit Eifer und Muth besorgen, da er von Nahrungssorgen gequält den Lehrstuhl besteige und mit eben denselben traurigen Gedanken ihn verlasse, da er Schulden auf Schulden häufen müsse, die zu tilgen er außer Stande ist? Die Universität bat am 3. Oktober um eine nochmalige Anweisung von 14 000 fl. auf den Lazaristenfond, auf welche dann der Rothgerber Johann Peter Werle Geld vorschießen wolle, gegen Verpfändung des Stifts Neuburg, fünf Procent Zinsen und 630 fl. Provision. Indessen 14 Tage später, am 17. Oktober, gerieth Heidelberg selbst in die Gewalt der Franzosen und die Universität blieb natürlich während der ganzen Dauer der Occupation, bis zum 5. December, außer allem Verkehre mit der Regierung in München und erst am 9. Dec. ist von dort jenes Angebot Werle's genehmigt worden, dessen Realisiruug dann aber wieder längere Zeit durch Einsprachen sowohl des katholischen Fundus clericorum als auch der reformirten geistlichen Administration verzögert

wurde, welche wenigstens einen Theil der auf Neuburg aufzunehmenden Gelder für sich verlangte. Diese Mitbewerber mußten erst wieder durch besondere Reskripte zur Ruhe verwiesen werden.

Ueber das Jahr 1800 ist weniger zu sagen. Die Zahl der die Universität betreffenden Aktenstücke ist gering, nicht als ob ihre Lage sich nun gebessert hätte, aber durch das erneuerte Erscheinen der Franzosen in Süddeutschland wurde wieder die Verbindung mit München erschwert. Erst durch den Stillstand von Parsdorf vom 15. Juli wurde die kurfürstliche Regierung in den Stand gesetzt, einen außerordentlichen Kommissarius in die Rheinpfalz abzuordnen, der am 28. August auch beauftragt wurde, zu berichten, aus welchen Mitteln der Universität eine Unterstützung geleistet werden könnte. Der Bericht dieses Kommissärs es ist der schon genannte von Reibeld

lautet nun, daß zunächst keine derartige Mittel vorhanden seien, solche sich erst aus einem noch aufzustellenden Plane über diejenigen Institute ergeben könnten, welche zum Besten der übrigen beizubehaltenden aufzuheben seien; man möge deshalb bis zur Vorlage dieses Generalplans jede weitere Entschließung aussetzen. Die Regierung war damit einverstanden; aber da, wie es in einem von Montgelas und Zentner gezeichneten Erlasse vom 5. December heißt, die Universität und ihre Mitglieder inzwischen doch nicht ohne alle Unterstützung bleiben könnten, wurde Reibeld ermächtigt, aus den für die Rheinpfalz aufzunehmenden Staatsanlehen eine verhältnißmäßige Summe ihr abzugeben, das heißt doch wohl nur, daß ihr eine Anzahl der neu zu emittirenden Staatsobligationen zur Verfügung gestellt werden sollte, die sie dann versilbern mochte, so gut oder so schlecht es ging. In ähnlicher Weise hatte man schon im Frühlinge den Professoren der staatswirthschaftlichen Schule, auf deren Fortbestand in den kurfürstlichen Reskripten stets ein ganz besonderer Nachdruck gelegt wird, ihre Besoldungsrückstände in älteren sehr entwertheten Staatsobligationen ausgezahlt, die von ihnen zum Nominalwerthe angenommen werden mußten. Diese Professoren waren also, wenn auch mit einigem Verluste, zu dem ihrigen gekommen; denen an der Universität aber wurde es nicht so gut. Denn jenes neue rheinpfälzische Staatsanlehen, aus welchem sie unterstützt werden sollten,

kam nicht zu Stande und sie waren somit neuerdings angewiesen, von der Hoffnung auf bessere Zeiten zu leben.

Der Friede zu Luneville vom 9. Februar 1801 gab diesen Hoffnungen auf die Zukunft einen neuen Impuls. Der Stadtrath von Heidelberg bat die Regierung, die Universität durch Verstärkung der Lehrkräfte, Berufungen und allerlei Begünstigungen wieder emporzubringen; die Universität ihrerseits wandte sich direkt an den Präfekten des französischen Departements Donnersberg und verlangte die Herausgabe ihrer sequestrirten überrheinischen Güter mit Berufung auf Artikel 9 und 10 des Luneviller Friedens, welche bestimmten, daß die Sequestration der Güter und Einkünfte deutscher Privaten in den an Frankreich abgetretenen Landestheilen und in Frankreich überhaupt aufgehoben werden sollte. Ich brauche kaum. zu sagen, daß keine dieser Hoffnungen sich erfüllte. Die pfalzbairische Regierung war auch jetzt nicht in der Lage, außerordentliche Aufwendungen zu machen, und die französische nicht geneigt, die Universität als eine Privatperson zu behandeln und in ihren rheinischen Departements Gerechtsame wiederherzustellen, welche die Nacht des 4. August für Frankreich beseitigt hatte. Ebensowenig vermochte die Universität dort Rechtshülfe zu finden, wenn es sich um ihre im Ueberrhein ausstehenden Kapitalien im Betrage von 47 312 fl. und deren rückständige Zinsen im Betrage von 23 134 fl. handelte. Das theuer eingelöste Gut Dannstadt war längst französisches Nationaleigenthum geworden und also sammt der Einlösungssumme von 22 000 fl. verloren. Kurz durch den Luneviller Frieden wurde die Lage der Universität nicht nur nicht gebessert, sondern vielmehr beim Mangel irgend einer ausreichenden Unterstützung von Monat zu Monat mitleidenswürdiger. Im Oktober 1801 hatte man keine Mittel, um Holz zur Heizung der Senatsstube, der Bibliothek und des botanischen Gartens zu kaufen. Im November berichtet der Senat, dessen Mitglieder auf acht zusammengeschmolzen sind: sie hätten jetzt ihr Weniges aufgezehrt, ganz und gar keinen Kredit und wenn nicht Hülfe komme, den Hungertod vor sich. Die Obercuratel kann nicht umhin, dieses so erbarmungswürdig täglich wachsende Elend" zu bestätigen. Am 3. April 1802 wiederholen die Professoren die Schilderung ihrer Noth: mit ihren zusammengelegten Pfennigen hätten sie soviel als möglich

dem Elende der Subalternen gesteuert, aber jetzt gebe es sogar Professoren, welche nur noch durch wöchentliche Almosen ihr Leben fristeten. Wer von ihnen noch etwas habe, werde sich zu helfen suchen; sie bäten nur darum, daß wenigstens den Hülfsbedürftigeren etwas geholfen werde. Mag der Eine oder der Andere die Anfänge der finanziellen Zerrüttung mitverschuldet haben, sie haben ihre Schuld an sich selbst hart gebüßt und darum allen Respekt vor diesen Männern, die nicht blos, wie sie einmal sagen, trotz denen dieser Stadt Tod und Verderben drohenden Kugeln in ihren Vorlesungen unverrückt gestanden", sondern ihre Pflicht auch dann erfüllten, als Jahre lang tagtäglich Noth und Hunger ihre Gefährten waren, und die in dieser entsetzlichen Bedrängniß doch vor Allem um die Erhaltung der alten Universität sorgten, welcher sie einst in besseren Tagen geschworen hatten.

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Es war der Augenblick gekommen, in welchem über das Sein der Ruperta entschieden werden mußte. Die Schuld war auf 63 000 fl., die Summe der rückständigen Zinsen auf 5513 f. gewachsen; ein großer Theil der Kapitalschulden war schon gekündigt und eingeklagt; zu ihrer Bezahlung keine Aussicht. Eine Uebersicht des Activvermögens beziffert dieses allerdings auf 110 000 fl., so daß die Activa in welche hier die überrheinischen Güter schon nicht mehr eingerechnet sind noch um 41 000 fl. die Passiva überstiegen. Aber unter den Activa waren mitgerechnet die Gebäude und Gärten der Universität mit 35 326 fl., Einkünfte vom Rheinzoll mit 15 492 fl., ausstehende Kapitalien und Zinsen 20 631 fl., Posten, welche entweder gar nicht oder voraussichtlich nicht sobald realisirbar waren, so daß in der That die verfügbaren Activa sehr zusammenschrumpften und lange nicht die Passiva hätten decken können. Man war vollständig bankerott.

Wäre in diesem Augenblicke die Universität zu Grunde gegangen, man darf wohl zweifeln, ob Karl Friedrich sie nachher wieder in's Leben gerufen hätte. Gerettet aber wurde sie durch von Zentner, der als Referent über jenen jämmerlichen Bericht vom 3. April auf ein Hülfsmittel verfiel, auf welches noch Niemand verfallen war, durch Montgelas, der Zentners neue Vorschläge unterstützte, und endlich durch den Kurfürsten selbst, der sie am 28. Mai 1802 sanctionirte. Hautz sagt in seiner Geschichte der Universität Heidelberg II, 307, der

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