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Vereinsamt und ohne den Trost, die Eigenlande einem erbberechtigten Sohne zu hinterlassen, schied Erzherzog Ferdinand von Tirol im ersten Monate des Jahres 1595 aus dem Leben. Die beiden Söhne, stammend aus der ungleichen Ehe mit der schönen Welserin, besassen kein Successionsrecht. Sie waren den übrigen Verwandten wie Inventarstücke, die ihnen unliebsame Verlegenheiten bereitend im Wege standen. Mit dem einen Satze aber, dass Cardinal Andreas und Markgraf Karl nicht nachzufolgen haben, war die Frage, wer nun Tirol und die Vorlande regieren sollte, noch nicht gelöst. Zunächst, ohne viel Umfrage zu halten, nahm Rudolf II. das,Wesen' in die Hand; zum Zeichen dafür hatte Regiment und Kammer bei den Ausfertigungen sich des kaiserlichen Secretsiegels zu bedienen. Der Kaiser stand damals schon in der Periode krank

hafter Abschliessung nach aussen. Das machte den Mangel eines gegenwärtigen Landesfürsten noch empfindlicher. Der gemeine Mann glaubte, es gäbe vorläufig keinen Herrn. Jene Bevölkerungstheile, die sich besonders gedrückt fühlten, schickten sich an zur Selbsthilfe. Die Schwazer Knappen, unter denen es schon vor zwanzig Jahren Auflauf gab wegen der Neuerungen im Scheidwerke mit dem Rebsieb, rotteten sich zusammen und nahmen gegen die Factoren, die Vertreter der Gewerken, eine drohende Haltung an. Mit Mühe stellte man allmälig die Ruhe her.4

1 Vgl. Hirn, Erzherzog Ferdinand II., II. Bd., p. 518. Die dort gebrauchten Abkürzungen für die citierten Archivalien kommen auch in dieser Abhandlung zur Verwendung. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien ist mit St.-A. bezeichnet. Herrn Sectionsrath Felgel schulde ich besonderen Dank.

2 Kaiserliche Weisung vom 22. Februar 1595. G. v. H., fol. 6.

3 Hirn 1. c. I, p. 562.

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* Ueber diese Knappenbewegung werde ich an anderem Orte ausführlicher handeln.

Die Bauernschaft hatte eine andere Beschwerde. Aehnlich wie sein Grossvater Maximilian I. hatte der verstorbene Erzherzog das Jagdregal ausgenützt. Manche Landestheile schienen vornehmlich nur zu Forsten bestimmt, zur Befriedigung der fürstlichen Waidmannslust. Hirsche und Schwarzwild verursachten grossen Schaden, ohne dass es dem Bauer gestattet war, sich dagegen zu schützen. Das Forstpersonal zeigte nicht selten empörende Härte und Willkür. Die auf den Landtagen vorgebrachten Beschwerden hatten keine Abhilfe gebracht. Nun lebten zwar nur ganz wenig Leute, welche noch die grosse Bauernerhebung in den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts mit angesehen hatten, aber die Erinnerung daran, durch die fortdauernden Misstände genährt, war noch nicht erloschen. Gerade vor einem Jahre hatte Ferdinand noch einen offenen Landtag gehalten, auf dem auch die Klage ob des zahllosen Wildes erneuert worden war. Man hatte Abhilfe in Aussicht gestellt, und in der Hoffnung, dass dies ernst gemeint sei, hatten die Bauern Zäune angelegt, um sich ihre Saaten zu schützen. Alsbald aber waren die fürstlichen Jagdleute zur Stelle und nöthigten zur Entfernung der Gehege, damit das Wild seinen freien Gang habe. Das erzeugte Erbitterung. Wie man nun vom Tode des Erzherzogs erfuhr, machte sich der Unwille Luft. Es gab Worte zu hören wie nach dem Hinscheiden Maximilians: jetzt gäbe es keinen Landesfürsten mehr, weiss Gott, wann einer wieder ins Land komme; man wolle die Hirsche erwürgen und Alle, die dawider redeten. Manche beriefen sich auf ein angebliches Recht, demzufolge sie von altersher befreit seien, nach dem Tode eines Landesherrn sich selbst des Wildes zu entledigen. In den ersten Tagen des Februar 1595 gab es in den Gerichten des Inn- und Wippthales eine arge Razzia gegen alles Jagdgethier, namentlich die Hirsche. Im Dorfe Mils allein rotteten sich 300 Bauern. Als einige Jäger erschienen und sie mit groben Worten zurechtwiesen, wurden sie übel tractiert und ihrer Waffen beraubt. Besonders arg ward im Reviere um den Ahensee gehaust. Dort stellte sich ein gefürchteter Wilderer, das,Hirschmandl', gegen den schon Ferdinand eigene

1 Bei Hall.

2 A. K. M. 1595, fol. 15, 369, 410, C. D. 1595, fol. 358.

Mandate erlassen hatte, als ,rechter aufwiegler und principal wildbretschütz' an die Spitze der erbosten Bauern. Eine Menge Wild wurde erlegt, sie haben es,daselbst und gar in der roten fürstsbehausung, die sie zu ihrem unterschleif gebraucht, verdampfet und verbrasset'. Es ward eine solche Niederlage angerichtet, dass Markgraf Karl von Burgau, als er nach Jahr und Tag die Ahenthaler Forste durchstreifte, nicht ein einziges Stück Wild zu sehen bekam.1 Zu kräftigen Gegenmassregeln fehlten der Regierung die Mittel, sie musste also subtile wählen. Es ergiengen Mahnschreiben, worin Abhilfe in Aussicht gestellt wurde. Den Leuten wurde erlaubt, Zäune zu bauen und Hunde zu halten. Der oberste Forstmeister Ipphofer wurde angewiesen, seine Leute zur Bescheidenheit zu verhalten. Indem die Räthe die peinlichen Vorgänge nach Prag berichteten, wiesen sie darauf hin, dass leider mehr Wild gehegt würde, als ,das enge gebirg ertragen kann. Leider hätten ihre Rathschläge beim verstorbenen Erzherzog nichts gefruchtet; es sei zu bedenken, dass der grosse Bauernkrieg mit einem gleichartigen Rumor begonnen habe. Vom Kaiserhofe kamen beruhigende Weisungen: es möge Alles geschehen, was auf den letzten Landtagen zugesagt wurde; mit Jägern und Forstmeistern sollen die Unterthanen möglichst verschont, ,mit dem überflüssigen geheg soll innegehalten werden. Die besonnenen Elemente unter der Bauernschaft thaten sich zusammen, formulierten ihre Beschwerdeschriften gegen Alles, wodurch sie sich der Jagd halber beschwert fühlten, und leiteten sie an die Regierung. Diese beeilte sich, dem kaiserlichen Auftrage nachzukommen, verbot den Verkauf von Waffen und Schiessbedarf, stellte Verzeihung in Aussicht, wenn Ruhe einträte, und begnügte sich, ein paar Rädelsführer mit zeitweiliger Landesverweisung zu bestrafen. Dass im Frühjahre zahlreiche Truppen,

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1 Bericht Karls an die Kammer, 30. Juni 1598, Leop. A. 339.

2 Ein anderesmal sagt die Regierung, die Leute seien wirklich durch unbilligen zwang und mutwillen der Jäger arg geschädigt worden. A. K. M. 1595, fol. 367.

3 So die Gerichte Thaur, Sonnenburg und Steinach. In letzterem klagten die Leute auch namentlich darüber, dass sie zum Treiben genöthigt wurden.

So wurde Blasi Haller in Mils (bei Hall) auf drei Jahre verbannt, obgleich er nur ein Stück Wild gefällt hatte; aber er hatte die Bauern

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