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sieben Jahre vor dem Hausarchiv als selbständige Hofstelle gegründeten Geheimen Hof- und Staatskanzlei findet sich noch keine Spur, obgleich diese bei ihrer Errichtung die Besorgung der Angelegenheiten des kaiserlichen Hauses überkommen hatte und schon in der Zeit Karls VI.1 auf die Competenz des Staatskanzlers hingewiesen worden war (welche Stelle damals der eine der beiden Chefs der Hofkanzlei bekleidete). So war es denn auch Haugwitz, der sich schon früh mit dem Gedanken beschäftigte dem Archivar Hülfskräfte an die Seite zu stellen, die ihn bei der Erfüllung seiner weitaussehenden Aufgabe unterstützen sollten. Noch während Rosenthal in Innsbruck arbeitete, richtete Haugwitz einen Erlass an ihn, worin er ihm eröffnete, das Directorium habe in reife Erwägung gezogen, ,wie das Geheime Haupthausarchiv ein solches grosses und wichtiges Werk sei, dass er diesem nach Erfordernis allein vorzustehen nicht wohl vermögen werde, folglich zur Beförderung des allerhöchsten Dienstes eines in Archivsachen wohlgeübten Gehülfen unentbehrlich vonnöthen habe. Als einen solchen nennt der Präsident den k. k. Bibliothekar und Hof-SchatzregistratursAdjuncten zu Innsbruck Lic. Anton Roschmann, der sich durch mehrere Abhandlungen besonders über mittelalterliche Geschichte vortheilhaft bekannt gemacht hatte. Da jedoch dieser ablehnte theils wegen seines hohen Alters und ,armen Familienzustandes', theils wegen mehrerer schriftstellerischer Arbeiten die er noch zu vollenden wünschte ernannte die Kaiserin am 6. October 1751 auf Rosenthals Vorschlag den bei der venetianischen Grenzcommission zu Roveredo als österreichischer Actuar verwendeten Josef von Sperges zum Geheimen Hausarchivadjuncten. Uebrigens trat Sperges diese Stelle erst drei Jahre später an, da er früher in Roveredo nicht entbehrt werden konnte.5

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Im Spätherbst des Jahres 1753 legte Rosenthal dem Directorium seine Anträge wegen Bestellung des Archivpersonals vor. Mit einigen Einschränkungen, durch die das Erfordernist von 10.800 fl. um 1375 fl. vermindert wurde, empfahl sie

1 S. oben S. 13.

2 Am 5. December 1750. VA. 1o, Nr. 451/2.

3 Ueber ihn Wurzbach 26, 346 ff.

4 Ueber ihn Wurzbach 36, 138 ff.

5 VA. Fasc. 2, Nr. 511⁄2 a. Fasc. 3, Nr. 25. Fasc. 4, Nr. 36.

das Directorium der Kaiserin zur Annahme, und diese zögerte nicht mit der Ertheilung ihres Placet.1 Aber aus eigener Initiative fügte sie bei:,und mögte Bartenstein die Direction darüber übernehmen und Rosenthal an ihme weisen, die Arbeit beschleunigen'.2

Nichts gibt von der grossen Bedeutung die Maria Theresia ihrem Hausarchive beimass, eine so bestimmte Vorstellung wie die Thatsache, dass sie den Freiherrn Johann Christoph von Bartenstein3 an seine Spitze stellte: den Mann, der durch lange Jahre ihres Vaters und ihr eigener bevorzugter und einflussreichster Rathgeber vornehmlich auf dem Gebiete der äussern Politik gewesen war, ihn, von dem sie sagte, dass er ihr, Vieles an die Hand gegeben und das wahre Licht angezündet, dem sie die Erhaltung der Monarchie schuldig zu sein erklärte, ohne den nach ihrer Aeusserung Alles zugrunde gegangen wäre. Einem noch Grössern weichend, hatte er im Mai 1753, ein halbes Jahr vor seiner Ernennung zum Archivdirector, die führende Stellung in den auswärtigen Geschäften mit einer gleich massgebenden in der innern Verwaltung vertauscht: deren wichtigste Angelegenheiten lagen fortan in seiner, des Directorial-Vicekanzlers Hand. Und auch für den Beruf eines Archivleiters war der vielseitige, mit einer ungeheuern Arbeitskraft ausgerüstete Mann wohl vorbereitet. Geschichte und Recht waren allzeit sein Lieblingsstudium gewesen; selbst zu den damals noch ziemlich neuen historischen Hülfswissenschaften hatte er schon in jungen Jahren Beziehung gewonnen, als er in Frankreich mit den gelehrten Benedictinern von St. Maur enge Verbindungen gepflegt hatte; auch Vertrautheit mit alten Handschriften war ihm eigen.

Unter diesem Director standen folgende Beamte: ein erster Archivar (Rosenthal) mit 3000 fl. Gehalt und 1000 f.

1 Vortrag des Directoriums vom 8. November 1753 mit der eigenhändigen kaiserlichen Resolution, Orig. MI., NÖ. Vgl. VA. Fasc. 4, Nr. 35. Wolf, S. 29. 2 Schon am 3. November hatte das Directorium einen Erlass an Rosenthal gerichtet, der ihm anzeigt, die Kaiserin hätte ihres Dienstes zu sein befunden, dass er die ihm bei Einrichtung des Archivs obliegenden Arbeiten nach Bartensteins Anleitung vorzunehmen habe. VA. Fasc. 4, Nr. 391/2.

3 Ueber ihn v. Arneth, J. Chr. Bartenstein und seine Zeit, im Archiv für österreichische Geschichte, 46 (1871), 3-71.

Zulage, ein zweiter Archivar (Ferdinand von Freyssleben)1 mit 2000 fl. Gehalt, ein Archivadjunctus (v. Sperges) mit 800 fl. Gehalt und 200 fl. Zulage, ein Amtsexpeditor (Hops) mit 300 fl. Gehalt und 500 fl. Zulage, zwei Kanzlisten mit 725 fl. (davon 500 fl. Zulage) und 300 fl., zwei Accessisten mit je 200 fl.; ein Heizer mit 200 fl. Gehalt. Die Geschäfte des Archivadjuncten und des Amtsregistrators werden besonders beschrieben. Jener hat an dem Haupteinrichtungswerk des Archivs Hülfe zu leisten, besonders bei der Anfertigung der Kataloge (repertoriorum extractivorum et chronologicorum) und der Realindices und in anderen wichtigen Nebenausarbeitungen. Der Registrator führt die Aufsicht über die von den Archivaren den Kanzlisten täglich zugewiesenen Arbeiten; er nimmt die erste und vorläufige Collationierung (litteratenus') der Macularabschriften' vor; er hat die Kanzleiregistratur des Archivs in Ordnung zu halten und darüber Protokoll zu führen sowie die Expeditionen auszufertigen. Der Bereich der Geschäfte die den beiden Archivaren zufallen, wird vom Directorium erst einige Wochen später abgegrenzt. Der erste soll fortfahren den einzelnen Stücken beizufügen, was zur Erläuterung des Orts- und Zeitdatums dienlich ist; er hat das begonnene Verzeichnis der in der Literatur erwähnten Urkunden fortzusetzen deren Originale noch nicht zustande gebracht sind; ihm obliegt die weitere Sammlung der

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1 Bis dahin in der Staatskanzlei bedienstet. Er wurde (1779 September) Rosenthals Nachfolger, trat aber schon bei der Ernennung des Abbé Schmidt (1780, 3. October) in den Ruhestand über.

2 Rosenthal hatte beantragt für den Archivadjuncten 400 fl. Zulage, für den Amtsexpeditor 1000 fl. Gehalt, statt der zwei Kanzlisten und zwei Accessisten: vier Kanzlisten mit 800, 600, 400 und 300 und einen,Supernumerari-Kanzlisten' mit 200 fl. Gehalt. Von den vorgeschlagenen Kanzlisten wird bemerkt, dass der eine der böhmischen, ein anderer der französischen Sprache kundig sei; beide Accessisten bezeichnet das Directorium als des Französischen und Italienischen mächtig. Einer der von Rosenthal verlangten Kanzlisten,besitzt die Zeichnungskunst, welche man beim Archiv (wo viele Sigilla und alte Schreibarten ex diplomatibus zu zeichnen sind) unumgänglich nöthig hat. Der SupernumerariKanzlist sollte Amanuensis des ersten Archivars bei ihm im Hause sein. Vgl. auch unten S. 48 f., Anm. 3 ff.

3 24. December 1753, VA. Fasc. 4, Nr. 40 und MI., NÖ. Wolf, S. 32. Dieser Erlass ergieng auf Grund und im Wortlaut eines von Bartenstein der Kaiserin am 19. December vorgelegten und von ihr genehmigten Entwurfs.

Materialien die zur Abfassung einer österreichischen und böhmischen Geschichte auf diplomatischer Grundlage nothwendig sind; er soll dem Freiherrn von Bartenstein an die Hand geben was diesem zum Staatsunterricht des Erzherzogs Josef tauglich ist, und endlich die genaue und rasche Anfertigung der nothwendigen Abschriften überwachen. Dem zweiten Archivar aber, der in Allem nach den Anweisungen des ersten zu verfahren hat, fällt die Repertorisierung und Indicierung der Archivbestände zu. Sie ist in deutscher Sprache zu führen. Was die Kanzlisten betrifft, so ist bemerkenswerth, dass bei den Vorschlägen zu ihrer Ernennung und bei dieser selbst nicht nur Sprachkenntnisse sondern auch die Fertigkeit im Zeichnen die Einzelne besitzen, empfehlend und begründend betont werden.1 Die Fertigkeit im Zeichnen war es auch, die dem Anton Weinkopf zu der Archivkanzlistenstelle Rauffers im Hausarchive verhalf, als dieser Ende 1754 schuldenhalber entwichen war. Ihm fehlte,weiter nichts als die zur leichtern Vervielfältigung der .... benöthigten Zeichnungen, mithin zu Ersparung vieler Zeit und mehrfältiger Mühe sehr diensame Kupferstecherei- oder Aetzkunst'. Rosenthal liess ihn darin von dem damals schon vortheilhaft bekannten Jakob Schmutzer unterweisen und erwirkte bei Haugwitz, dass das von diesem Künstler beanspruchte Honorar von 100 fl. beim Universal-Cameral-Zahlamt angewiesen wurde.3

1 S. oben S. 46, Anm. 2 und unten S. 49, Anm. 1. In seinem Besetzungsvorschlag für die durch Rauffers Flucht (s. o.) erledigte Stelle sagt Rosenthal, die Zeichnungskunst sei,beim Hausarchiv zur nöthigen Abzeichnung der dienlichen Siegel, alten Schreibarten und Monogrammatum um so unentbehrlicher, als der Gebrauch derselben theils täglich vorkommt, theils aber, bevorab der Siegel, nicht allein in der überhaupt noch sehr unvollkommenen diplomatischen Wissenschaft, insonderheit von den ungarischen, böhmischen und österreichischen Reichen und Ländern ungemein gross und nützlich ist, sondern auch in der Heraldik und vornehmlich in den Geschichten und dem teutschen sowohl als erbländischen Staatsrecht zur Erläuterung vieler zweifelhaften Umstände, zu Widerlegung mancher Irrthümer und zu Entscheidung verschiedener Controversen wie auch zu Unterstützung der allerhöchsten Gerechtsame sehr viele, bisher gänzlich unbekannte und vielleicht in keinen anderen Archiven befindliche Beispiele und Beweisthümer an die Hand gibt'. VA. Fasc. 5, Nr. 27 (von 1754). 2 Geboren 1733; 1768 Director der Kupferstecher- und Zeichnungsakademie in Wien.

3 VA. Fasc. 5, 1754/27 u. 29. Fasc. 6, 1755, 1. Fasc. 8, 1757/3. Später heisst es von Weinkopf, dass man zu solcher für ein Archiv nöthigen Arbeit

Eine verständige und wahrlich nicht kargende Fürsorge für die Bedürfnisse des jungen Institutes drückt sich in dieser ersten Organisierung seines Beamtenkörpers aus. Allerdings scheint die Zahl von fünf Kanzleibeamten zu der von drei für die archivistische Thätigkeit Berufenen in einem Missverhältnis zu stehen. Allein wenn dem Archiv damals eine Menge mechanischer Copierarbeit1 zugemuthet war, die man heute schwerlich zu den Aufgaben einer solchen Anstalt zählen dürfte; wenn der Anschauung die ihr gebührende Berechtigung zuerkannt wird, dass eine wohlbestellte Kanzlei ganz wesentlich zum Gedeihen jeglicher Archivverwaltung beiträgt: so wird jenes scheinbare Missverhältnis weniger Verwunderung erregen als das heute so häufig thatsächlich bestehende umgekehrte.

Vom 21. November 1753 sind die Decrete datiert, mit denen das nicht ganz vierzehn Tage früher ausgesprochene Placet der Herrscherin durchgeführt wurde. Das an Bartenstein sagt, die Kaiserin hätte sich bei Genehmigung des Personal- und Besoldungsstandes geäussert, dass er in gnädigster Rücksicht seines zu Aufnehm- und Beförderung des allerhöchsten Dienstes tragenden, bekanntrühmlichen Eifers die Direction der von dem Hausarchivar v. Rosenthal zu besorgenden Einrichtung des geheimen Hausarchivs und der dabei obliegenden Arbeiten übernehmen möchte'. Rosenthal erhält die Mittheilung von der Genehmigung des Beamtenstandes mit einer Namens- und Besoldungsliste desselben und den Befehl seine Arbeiten nach Anleitung Bartensteins zu beschleunigen. Ausserdem liegen noch die Decrete vor für den Amtsexpeditor Hops, die Kanzlisten Strahl1

eine andere ebenso geschickte und geübte Hand nicht leicht finden dürfte'. VA. Fasc. 10, 1764/1. Ueber Weinkopf vgl. Wurzbach 54, 48 u. f. 1 Wie sie betrieben wurde, zeigt ein späterer Archivbericht: manche Urkunden waren vier- bis fünfmal, andere gar nicht abgeschrieben worden. VA. Fasc. 17, 1780/11.

2 VA. Fasc. 4, Nr. 38. 39. 392. MI., NÖ.

3,In Betrachtung seiner mit dem . . . . v. Rosenthal bei Sammlung der Archivacten gemachten Reisen und in den Archivarbeiten bereits durch vier Jahre erworbenen Fähigkeit und Kenntnis.'

4 ,In Anbetracht seiner guten und fertigen Handschrift, auch dass er der böhmischen Sprache vollkommen kundig, dann schon a. 1749 und 1750 von . . . Rosenthal zu Prag gebraucht, zur Kenntnis alter Schriften angeleitet worden. (Er war bisher Kanzlist bei der k. k. Repräsentation und Kammer in Böhmen.)

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