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Literatur.

Die Geschichte des k. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs ist im Lauf des 19. Jahrhunderts dreimal der Gegenstand literarischer Arbeit gewesen. Zuerst beschäftigte sich damit im Jahre 1808 der damalige Director des Instituts, Freiherr Josef v. Hormayr. Ohne seinen Namen zu nennen, brachte der erste Band der,Vaterländischen Blätter für den österreichischen Kaiserstaat, herausgegeben von mehreren Geschäftsmännern und Gelehrten' (Wien 1808, 4o), Nr. 19-21, S. 157-161. 165-171. 173-178 einen Aufsatz aus seiner Feder unter dem Titel: Das geheime Staats-, Hof- und Hausarchiv in Wien. Ein Beitrag zur Geschichte des Archivwesens und historischen Quellenstudiums in Oesterreich überhaupt.' Die breiten Ausführungen verlassen vielfach das in dem ersten Theile dieses Titels bezeichnete Thema. Beruhen sie zumeist auf den Archivacten, so sind sie doch nicht überall zuverlässig. Mit mehreren Erweiterungen, die aber nicht der Geschichte des Archivs zugute kamen, da sie hauptsächlich der Geschichte der österreichischen Historiographie gelten, ist diese Arbeit, abermals anonym, wiederholt in dem Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst', 1. Jahrgang (Wien 1810, 4o), Nr. 95-99, S. 405-423. In wesentlich kürzerer Fassung hat sie dann Hormayr zum dritten Mal veröffentlicht in seinem Werke: Wien, seine Geschichte und seine Denkwürdigkeiten', 2. Jahrgang, 2. Band, 2. und 3. Heft (Wien 1825), S. 57–75. Eine sehr kurze, aber actenmässige und meist zutreffende Uebersicht über die Geschichte des Archivs gab ein ungenannter Verfasser (es ist der Archivar Friedrich Firnhaber)1 in dem ersten (und einzigen) Hefte des Oesterreichischen Volksbuches. National-Encyklopädie. Alphabetische Darstellung

1 Ueber ihn der Almanach der kais. Akademie der Wissensch. zu Wien, 11 (1861), 127 f.

des Wissenswürdigsten aus dem Gebiete des . . . österreichischen Kaiserreichs', 2. Auflage (der Oesterreichischen NationalEncyklopädie von Gräffer und Czikann), besorgt durch J. Neumann, A. Schmidl und M. v. Stubenrauch (Wien 1850, gr.-8°), S. 154-160. Dieser Artikel ist ein Auszug aus einer weitläufigern Arbeit desselben Verfassers, die unveröffentlicht geblieben ist. Ihr Manuscript wird im Haus-, Hof- und Staatsarchive (aus Ernst v. Birks Nachlass) aufbewahrt.

Endlich widmete dem Gegenstande Gerson Wolf die SS. 25—102 und 213–236 seiner,Geschichte der k. k. Archive in Wien (Wien 1871, 8o). Dieser Arbeit kann leider der Vorwurf nicht erspart werden, dass sie flüchtig, verworren und voll grober Irrthümer und Nachlässigkeiten ist. Obwohl sie auf breiterer Actengrundlage ruht als beide Aufsätze Firnhabers, verdienen diese doch bei weitem den Vorzug.

Abkürzungen.

StA.: K. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien.
Verwaltungs- (sogenannte Current-) Acten des StA.

VA.:
MI.:

Archiv des k. k. Ministeriums des Innern, Abtheilung II. B. 1 (zerfallend in die Gruppen Niederösterreich, Steiermark, Tirol, Böhmen). HKA.: K. und k. gemeinsames Finanz- (ehemals Hofkammer-) Archiv zu Wien. Hops 1780: Eine von dem damaligen Archivar Adam Hops1 c. 1780 (nach

Maria Theresias Tode) der Staatskanzlei überreichte Denkschrift, worin er den Einrichtungsplan Rosenthals gegen die ihn bedrohenden Absichten des Abbé Schmidt vertheidigt. VA. Fasc. 16, 1779/6. Die drei Veröffentlichungen Hormayrs sind mit dem Namen des Verfassers citiert und durch Beisetzung der Jahreszahl des Erscheinens unterschieden.

1 1753 Amtsexpeditor im Hausarchiv, 1759 Archivadjunct (seit 1764 mit Hofsecretärs-Charakter), 1779 (nach Rosenthals Tod) k. k. Rath und zweiter Hausarchivar; gestorben am 8. Mai 1782 (Wiener Zeitung vom 25. Mai 1782, Nr. 42, in der Todtenliste).

I.

Der Gedanke, die Urkunden vorräthe der österreichischen Landesfürsten aus dem habsburgischen Hause an éinem Orte, in einer Hand zu vereinigen, ist älter als die Unternehmungen, die darauf abzielten aus den Ländern dieser Herrscher ein Ganzes zu schaffen und sie in ihren gemeinschaftlichen Angelegenheiten centralistisch zu verwalten. Waren solche Unternehmungen zuerst von Maximilian I. ohne rechtes Gelingen, dann von seinem jüngern Enkel mit dauerndem Erfolg ins Werk gesetzt worden, so ist die Absicht wenigstens die das gesammte Erzhaus betreffenden Documente in éiner Hand, in der des Aeltesten gesammelt zu bewahren, schon in der Hausordnung vom 18. November 1364 angedeutet. In den zahlreichen späteren Hausverträgen des Mittelalters 2 ist sie nicht wieder ausgesprochen. Schon seit 1373 schwindet ja aus ihnen der Grundsatz der ,obersten Herrschaft und grössten Gewalt' des Aeltesten, und der Neuberger Vertrag von 1379 schuf eine Realtheilung der habsburgischen Lande, die mit kurzer Unterbrechung hundertzehn Jahre währte. Im 15. Jahrhundert lagen die Urkundenvorräthe des Erzhauses die sich in Wien angesammelt hatten, in dem obern der zwei an die Burgkapelle

1 Schwind und Dopsch, Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österreichischen Erblande im Mittelalter, S. 234.20 ff. Vgl. Hauke, Die geschichtlichen Grundlagen des Monarchenrechts (Wien 1894), S. 14 ff. 1358 spricht Herzog Albrecht III. von nostra scrinea (!) secretorum nostrorum, Lichnowsky 3, Reg. Nr. 1006.

2 Ueber ähnliche Absichten unter Rudolf II. s. Jos. Fischer in der Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg, 3. Folge, Heft 41 (1897), S. 23 ff. 44 (1577/78). Lünig, Cod. Germ. dipl., 2, 634, Art. 10 (1602), dazu Bidermann, Geschichte der österreichischen Gesammtstaatsidee 1, 27. 83, Anm. 20.

stossenden,Sagrer';1 in dem darunter gelegenen war der Hausschatz verwahrt.2

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In allem Ernst und in bestimmter Absicht hat sich mit dem Gedanken ein Gesammtarchiv des Erzhauses zu gründen, erst Maximilian I. beschäftigt, in dessen Händen sich der seit 1379 zersplitterte Länderbesitz wieder vereinigte: der ideenreiche, rastlose Herrscher, dem die österreichische Länderverwaltung die Anfänge ihrer Centralisierung verdankt. Zu Innsbruck sollte es entstehen, in der Lieblingsresidenz des Königs, die den Archivbestand der ältern tirolischen Linie des habsburgischen Hauses barg, die von ihm zu einer Centralstelle für die Verwaltung der Erbländer und des Reiches gemacht worden war und wo sich in den Registraturen der dort von ihm errichteten Behörden die Grundlagen von Archiven zu entwickeln begannen, die nicht nur für die österreichische Länder und Staats- sondern auch für die Reichsgeschichte von grösster Wichtigkeit werden mussten. Am 10. Februar 1501 beauftragte Maximilian I. seinen dortigen Hauskämmerer, in dem alten Hause hinten in der tirolischen Kanzlei ein schönes, grosses Gewölbe erbauen zu lassen und Sorge zu tragen, dass es bis zum nächsten Sommer vollendet sei; es solle durchaus feuersicher sein, eine Decke aus geschlagenem Estrich und ein gutes Ziegeldach,auf den neuen Form' haben; darin wolle der König,alle seine und seines Hauses Urkunden und Register und Anderes daran ihm viel gelegen, wohl versorgt aufbewahren. Wie so mancher andere Plan Maximilians ist auch dieser über die Anfänge der Ausführung nicht hinausgediehen. Eben damals wandten sich ja die organisatorischen Unternehmungen des Königs, insofern sie der Schaffung von Centralbehörden galten, wieder der niederösterreichischen Gruppe seiner Länder zu.5

1 Sacrarium, Sacristei. Vgl. die Urkunde von 1419 März 30, Lichnowsky 5, Reg. Nr. 1889.

2 Karajan in den Berichten und Mittheilungen des Alterthumsvereins zu Wien, 6 (1863), 33. 34. 35. 115. 116. 140.

3 Adler, Die Organisation der Centralverwaltung unter K. Maximilian I., S. 431 ff.

'HKA., Gedenkbücher Maximilians I., Bd. 9, Bl. 22. Der entsprechende Auftrag an die Raitkammer zu Innsbruck (vom 12. Februar) ebend, Bd. 8, Bl. 30.

5 Adler, S. 223 ff. 437,

In der That besitzen wir einen allerdings um elf Jahre jüngern Erlass des Kaisers,1 der eine andere Archivgründung, und zwar im Centrum der niederösterreichischen Ländergruppe zum Ziel zu haben scheint. Eine Commission von sechs Räthen und Secretären des Kaisers, unter ihnen aber nicht an erster Stelle - Dr. Johann Cuspinian, wird beauftragt alle Satz- und Pfandbriefe und alle anderen brieflichen Urkunden bei dem Regimente, der Kanzlei, der Raitkammer, bei einigen namentlich angeführten landesfürstlichen Beamten und anderwärts zu sammeln, zu sichten, geordnet in Bücher einzutragen und in Laden, Truhen oder ,Scateln zu reihen. Alle Händel die den Kaiser oder sein Haus angehen und von Interesse oder Nutzen sein können, sind in ein besonderes Buch einzuschreiben. Das Ganze aber, Urkunden und Bücher, soll,an ein gelegen Ort und Gemach zusammengelegt und gethan werden'. Dieses ist von zwei Räthen der Wiener Raitkammer mit ihren Petschaften zu versecretieren und mit zwei Schlüsseln zu versperren, deren einen der Vizthum in Niederösterreich, Laurenz Saurer, deren andern der kaiserliche Secretär Lucas Breitschwert zu verwahren hat.

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Das gelegen Ort und Gemach' für die landesfürstlichen Urkundenvorräthe dürfte endlich in dem Schatzgewölbe des Widmerthurms in der kaiserlichen Burg gefunden worden sein. Denn dieses, und nicht mehr der Sagrer neben der Burgkapelle, wird seit dem 16. Jahrhundert als der Lagerort der österreichischen Haus- und Staatsurkunden genannt.1

1 Vom 9. Jänner 1512. Orig. im StA., Rep. I. Vgl. Adler, a. a. O., S. 296 f. 2 Ihre Namen bei Adler, a. a. O., Anm. 2.

3,In dem Thurm worauf die Figur des Jägers mit dem Hirschen ist', Ohnvorgreifliche Reflexiones (s. unten S. 12). Er stand an der westlichen Ecke des alten Burg- (jetzt Schweizer-) Hofes und wurde 1753 abgetragen. Die Figuren sollen 1670 darauf angebracht worden sein zum Zeichen, dass hier vormals ein Wald gestanden hatte. Beschreibung der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, als der 3. Theil der Oesterreichischen Topographie (von Weiskern), Wien 1770, S. 146. Vgl. Hormayr 1825, S. 20. Dagegen Geusau, Geschichte von Wien, 4 (Wien 1793), S. 182f., Anm. v.

4 Aber noch 1523 ist die Rede von landesfürstlichen Briefen, die in der Burg zu Wien in einem Gewölbe liegen, welches,neben der Kapelle hernieden' ganz feucht ist. Act vom 9. Februar 1523 im HKA., Oesterr. Herrschaftsacten, Fasc. W 17.

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