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DIE

ÄLTESTEN DEUTSCHEN

BILDER BIBELN.

BIBLIOGRAPHISCH UND KUNSTGESCHICHTLICH

BESCHRIEBEN

VON

DR. RICHARD MUTHER.

BLIOT!

MÜNCHEN.

LITERARISCHES INSTITUT VON DR. MAX HUTTLER.

1883.

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Uf das Gebiet der Bibelillustration hat neuerdings besonders Voegelin in seinen Ergänzungen und Nachweisungen zum Holzschnittwerk Hans Holbeins d. J.« die Aufmerksamkeit gelenkt.')

Es ist ein Grundzug im Illustrationswesen des 15ten und 16ten Jahrhunderts, dass, sobald für ein häufig gedrucktes Buch ein Illustrationscyklus festgestellt ist, dieser auch in allen folgenden Ausgaben stereotyp festgehalten wird. Als im Jahre 1510 Johann Knoblouch in Strassburg die 8te Ausgabe von des Guido de Columna » Histori von der Zerstörung der Stadt Troia druckte, verwendete er darin dieselben Holzschnitte, welche bereits Zainer in Augsburg in seiner um 1470 erschienenen ersten Ausgabe gebraucht hatte. In der 12ten Ausgabe der von Johann Hartlieb verfassten » Geschichte des grossen Alexander nach Eusebius, welche Mathias Hupfuff in Strassburg 1514 veranstaltete, findet man dieselben Illustrationen, welche Johann Bämler in Augsburg für seine Ausgabe von 1473 hatte anfertigen lassen. Aehnlich ist es bei den verschiedenen Ausgaben des Hortus sanitatis, des Meisters Elucidarius, der vierundzwanzig Alten, des Rolevinkschen Fasciculus temporum, aes Spiegels der menschlichen Behaltniss, des Belial, der Verzückungen des Tondalus, des Seelenwurzgartens, des Horologium devotionis und

1) Salomon Voegelin: Ergänzungen und Nachweisungen zum Holzschnittwerk Hans Holbeins d. J., Repertorium für Kunstwissenschaft II p. 162 und 312, V. p. 179.

vieler anderer Lieblingsbücher des 15ten und 16ten Jahrhunderts. Nur selten wurden die alten Holzstöcke neu umgearbeitet, wie es 2 B. Heinrich Steiner in Augsburg that, als er 1541 die 5te Ausgabe von Boccaccio's Compendium de praeclaris mulieribus veranstaltete, oder als er 1536 Ulrich von Reichenthals Beschreibung des Concils von Kostnitz wiederholte. Fast nie wurden für die spätere Auflage eines Buches völlig neue Compositionen angefertigt.

So nah es lag, auch für das Gebiet der Bibelillustration einen solchen Zusammenhang zwischen den Holzschnitten früherer und späterer Ausgaben anzunehmen, so war dieser Punct doch von Woltmann, als er das 10te Capitel eines Holbein schrieb, vollständig ausser Acht gelassen worden. Holbeins Illustrationen zur Apokalypse und zu den Petrischen Ausgaben des Alten und Neuen Testamentes galten Woltmann als freie Originalschöpfungen des Meisters. Erst Voegelin wies nach, wie eng sich Holbein bei diesen Compositionen an Blätter der kölnischen Bibel von 1480 und an solche der Wittenbergischen Bibelausgaben angeschlossen hatte.

Dieser Zusammenhang in den Illustrationen der deutschen Bibeln aus den Jahren 1470 bis 1530 soll hier des Näheren verfolgt werden. Als bibliographische Grundlage dienen die verschiedenen die Bibel betreffenden Schriften Panzers.1)

1) Georg Wolfgang Panzer: Litterarische Nachricht von den aller ältesten gedruckten deutschen Bibeln aus dem 15ten Jahrhundert. Nürnberg 1777.

Idem Geschichte der Nürnbergischen Ausgaben der Bibel, Nürnberg 1778.

Idem Ausführliche Beschreibung der ältesten Augsburgischen Ausgaben der Bibel, Nürnberg 1780.

Idem Versuch einer kurzen Geschichte der römisch-katholischen deutschen Bibelübersetzung, Nürnberg 1781.

Idem: Entwurf einer vollständigen Geschichte der deutschen Bibelübersetzung Dr. Martin Luthers, Nürnberg 1783.

CAP. I.

DIE DEUTSCHEN BIBELN VOR LUTHER.

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Nter den vor Luther gedruckten deutschen Bibeln erschien die erste 1462 bei Fust und Schöffer in Mainz, die zweite 1466 bei Johann Mentel in Strassburg. Beide haben keine Illustrationen.

Die erste illustrirte deutsche Bibel, 1) die dritte in der 1. Reihe der deutschen Bibeln, entstand um 1470 durch die Bemühungen des Augsburger Notars Jodoc Pflanzmann, dessen Name sich in den dortigen Steuerbüchern von 1470-1497 und zwar zuerst unter der Ortsbezeichnung >>St. Antonin«, von 1490 an unter der Rubrik >> Auf unser Frauen Graben vorfindet. Sie ist mit 55 je eine Columne einnehmenden, gewöhnlich 105 mm hohen und 80 mm breiten, dem ersten Capitel jedes Buches vorgesetzten Holzschnitten versehen. Der erste schildert die Schöpfung. Gottvater, ein alter Mann mit langem schwarzen Gewande und grauem Haupt- und Barthaar hält in der linken Hand eine grosse Scheibe und macht mit der rechten ein Zeichen. Auf der Scheibe sieht man Sonne, Mond und Sterne, eine mittelalterliche, rosaroth gemalte, mit Thürmen befestigte Stadt, Felsen, Bäume, einen Hasen und schon säuberlich in rothen Rock und blaue Beinkleider gehüllt den ersten Menschen. In dem Bilde der Erschaffung der Eva kommt dieselbe mittelalterliche Stadt mit ihren Mauern und Thürmen vor. Im weiteren Verlauf wird die Verwendung der nämlichen Holzstöcke für ähnliche Gegenstände in der ausgedehntesten Weise betrieben. Ein alter Mann mit Turban und langem Gewande, der in einem Zimmer an einem Tische sitzt und die Hand in ein aufgeschlagenes Buch legt, muss für die ganze Reihe der 1) Gr. fol. - s. 1. e. a.-Hain, Repertorium bibliographicum I. p. 417 No. 3131.- Panzer, litterarische Nachricht p. 61.

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